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RuneQuest - Main Rulebook
Bewertung:
(4.4)
Von: Nico „Cut“ Bracht
Am: 16.08.2006
Autor:Matthew Sprange
Typ:
System:D100
Setting:Universelles Regelwerk
VerlagMongoose Publishing
ISBN/ASIN:1-905471-10-6
Inhalt:126 Seiten, Hardcover
Sprache:Englisch

Runequest

Einleitung:

Die gute Nachricht vorne weg: RuneQuest ist zurück.

Das nach Dungeons & Dragons wohl – zumindest in den Vereinigten Staaten - bekannteste Rollenspiel System liegt jetzt in einer nagelneuen Version von Mongoose Publishing (kurz MP) vor. Damit man die neue Version nicht mit einer der letzten Inkarnationen des Regelwerkes verwechselt, werde ich für diese Rezension die im Forum von MP benutzte Nomenklatur Mongoose RuneQuest (MRQ) verwenden.

 

Sprache und Vorrausetzungen:

Das MRQ erscheint im August 2006 und ist (vorerst?) nur auf Englisch erhältlich.

Beim MRQ handelt es sich nicht um D20-Buch. Vielmehr basiert das Spielsystem, klassischerweise für RuneQuest, auf Prozentwürfen (W100).

Im Grundbuch sind alle notwendigen Regeln zur Abenteurer Erschaffung enthalten.

Wird aber angestrebt, eine ernsthafte MRQ Kampagne an den Start zu bringen, empfiehlt es sich dringend, weitere Produkte, wie etwa den RuneQuest Companion (MRQC) und das klassische Glorantha Setting Buch anzuschaffen.

Beide Produkte werden in den kommenden Wochen von MP veröffentlicht.

 

Zum Inhalt:

Das Buch verschwendet keinen Platz für lange Einführungen. Im ersten Kapitel („Introduction“) werden auf einer Doppelseite die Abenteurer (Alte und Neue) begrüsst. Hier werden kurz die Unterschiede angesprochen, die MRQ von anderen Fantasy Rollenspielen unterscheidet.

Dann geht’s auch schon richtig ans Eingemachte: Das Regelwerk startet mit dem was essentiell für jedes Rollenspiel ist: Der Charaktererschaffung („Creating an Adventurer“).

Auf 14 Seiten folgen nun verständliche, von vielen Beispielen begleitete Erklärungen zur Erstellung eines Abenteuers. Grundsätzlich sind ersteinmal nur Menschen als Abenteurer vorgesehen. Kein anderes Volk wird zu diesem Zeitpunkt als Spielercharakter angeboten, es wird aber auf Regeln weiter hinten im Buch verwiesen („Creatures“) mit denen man beispielsweise auch einen elfischen oder zwergischen Abenteurer erschaffen kann. Dies ist etwas hinderlich, aber durchaus lösbar.

Jeder Charakter wird durch sieben sog. „Characteristics“ beschrieben. Diese ähneln Attributen.

Es gibt folgende: Strength, Constitution, Dexterity, Size, Intelligence, Power und Charisma.

Diese werden nach einem bestimmten Schlüssel ausgewürfelt und entsprechend einer Tabelle im Buch weiter modifiziert.

 

Bei den Fähigkeiten („Skills“) wird nach den sog. „Basic Skills“ und „Advanced Skills“ unterschieden. Die Basis Fähigkeiten beinhalten Dinge des Alltags, bis hin zum Waffengebrauch. Während sich in der Gruppe der Fortentwickelten Fähigkeiten speziellere, wie etwa die Magischen, befinden.

Anhand einer Tabelle werden jedem Charakter seine Basisfähigkeiten (davon hat er gut 20 Stück) berechnet. Zu jeder Fähigkeit gehören eine oder mehrere der weiter oben genannten Characteristica. Diese bestimmen den Basis Wert einer Fähigkeit. Dieser Wert wird in Prozent ausgedrückt.

Wann immer ein Test gemacht werden muss, macht man mit 2W10 einen Prozentwurf und versucht unter oder zumindest genau auf den Wert zu kommen, den man in einer bestimmten Fähigkeit hat. Dann ist der Test bestanden.

 

Als nächstes werden vier kulturelle Schichten („Cultural Backgrounds“) vorgestellt aus denen der Spieler auswählen kann um die Herkunft seines Abenteurers zu bestimmen.

Diese sind Barbar, Landbewohner, Stadtmensch und Adliger.

Diese Pakete geben dann Bonusse auf verschiedene Basic Skills und bieten Zugang zu manchen Advanced Skills. Desweiteren bestimmen sie die Geldmenge mit der vor Spielstart Ausrüstung gekauft werden kann. Je nach dem welchen Hintergrund man sich gegeben hat, wählt man einen dazu passenden Beruf aus einer Liste von sog. „Professions“ aus. Hiervon stehen im MRQ schon über 30 verschiedene zur Auswahl. Es ist angekündigt, dass sich in späteren Publikationen weitere Wahlmöglichkeiten, sowohl für Hintergrundpakete als auch Berufe finden werden.

Angemessenerweise sind nicht alle Kombinationen aus Hintergrund und Beruf frei wählbar. Eine Tabelle gibt Aufschluss über passende Kombinationen. Die gewählte Profession gibt erneut Bonusse auf diverse Skills (sowohl Basic, wie Advanced), so dass immer höhere Prozentwerte zu Buche stehen. Zu Guter Letzt werden nochmals freie Punkte nach eigenem Ermessen auf die verschiedenen Basis Fähigkeiten verteilt.

 

Auch in MRQ wird die Widerstandskraft eines Helden gegen Schaden ganz klassisch in Trefferpunkten bemessen. Was nicht unbedingt klassisch anmutet ist, dass die Trefferpunkte nicht einen Gesamtwert haben, sondern vielmehr auf sieben verschiedene Trefferzonen (Arme und Beine (je links und rechts), Brust, Kopf und Unterleib) verteilt sind.

 

Eine Beschreibung der einzelnen Basic und Advanced Skills sowie die Erläuterungen über die Abläufe diverser Test füllen das wieder 14-seitige Kapitel „Skills“.

Auch hier wird alles sehr anschaulich erklärt und mit Beispielen belegt.

Dieses in jedem Grundregelwerk standardmässig enthaltene Kapitel kommt ordentlich daher, bietet aber keine Überraschungen.

Erwähnenswert ist, dass es im Gegensatz zu etwa D&D, keine Stufen bei MRQ gibt.

Das nächste Kapitel („Equipment“) widmet sich ausführlich der zur Verfügung stehenden Ausrüstung und deren Preisen und Verwendungsmöglichkeiten.

Hierunter fallen nicht nur Gegenstände des täglichen Lebens, sondern auch die Waffen!

 

Das grösste Kapitel des Buches („Combat“) ist wie so oft bei Rollenspielbüchern dem Kampf gewidmet. Dieser wird in Runden ausgespielt, es gibt Kampfaktionen, eine bestimmte Anzahl von möglichen Reaktionen (inklusive etwas ähnlichem wie dem aus D&D bekannten Gelegenheitsangriff), Regeln für (un-)bewaffneten Nahkampf und Fernkampf. Auf mich machte das Kampfsystem einen schnellen, soliden Eindruck. Richtig schnell werden Kämpfe aber sicherlich erst dann, wenn man sich mit dem Prozentwurf System etwas vertraut gemacht hat.

Ausführungen über Verwundungen und Heilungsmöglichkeiten runden das Kapitel ab, bevor wir an dessen Schluss noch auf eine Besonderheit des MRQ Systems stossen, die Helden Punkte („Hero Points“). Mit diesen Punkten hat der Spieler die Möglichkeit, Würfe die seinen Character betreffen zu wiederholen oder aber wiederholen zu lassen (beispielsweise im Falle eines zu hohen Schadenswurfes gegen den Charakter).

Die Hero Points werden des weiteren später auch zur Weiterentwicklung des Abenteurers eingesetzt, um Legendäre Fertigkeiten zu erlernen.

 

In der Welt von MRQ wird es diverse Magiearten geben, derer sich Helden und Bösewichte gleichermassen werden bedienen können. Diese werden im nächsten Kapitel („Magic“) besprochen. In Anbetracht das hier aber nur ein Basis Regelwerk vorliegt, werden wir nur in das namensgebende Magiewesen, die Runen Magie, eingeführt.

Magier in RuneQuest wirken ihre Sprüche, indem sie gefunden Runen verinnerlichen.

Runen sind Blutstropfen der Götter, die auf die Erde fallen und dort in der Form von Steinen oder anderen natürlichen Formationen gefunden werden können.

Diese magische Gegenständen sind jeweils mit einer Rune versehen, die sie mit magischer Kraft ausstattet. Anhand der Rune die sich auf einem Gegenstand befindet, kann man ablesen, welche Kräfte diesem Innewohnen. (Siehe den Link zum offiziellen MRQ Runenbogen).

Es folgt eine Aufzählung und Erläuterung vieler verschiedener Zaubersprüche mit den dazugehörigen Runen und sonstigen Beschreibungen.

In Bezug auf fünf weitere Magieformen werden wir wieder auf später erscheinende Werke (hier wird namentlich das MRQ Compendium genannt) vertröstet.

Dies ist zugegeben bedauerlich, da mit der im MRQ enthaltenen Kurzbeschreibung der anderen Magiearten erst Interesse an diesen geweckt und dann nicht befriedigt wird.

Im Kapitel „Cults“ kommt es dann doch noch zu einer kleinen Annäherung an das klassische RuneQuest Setting Glorantha.

Hier werden nun allgemein gehalten und damit auch für andere Settings verwendbar, verschiedene Kulte beschrieben. Es gibt gute wie böse Kulte, denen sich der Abenteurer verpflichten.

Von Mitgliedern seines Kultes kann der Abenteurer lernen oder langsam in der Kult-Hierarchie aufsteigen. Er kann verpflichtet werden andere Kulte zu bekämpfen oder zu unterstützen.

Man sieht schon, mittels dieser Kulte ist es möglich, viele Rollenspielaspekte ins Spiel einzubinden. Alles in allem ist sicherlich etwas Hintergrundwissen aus vorherigen Auflagen von RuneQuest über das Glorantha Setting hilfreich. Wenn man dies nicht hat, so muss man eben auf das bald erscheinende Buch „Glorantha – The Second Age“ von MP warten oder aber die gegebenen Informationen nehmen und in sein eigenes Setting einweben, was nicht allzu schwer fallen dürfte.

 

Es schliesst sich ein Kapitel („Adventuring“) mit Regeln über den technischen Verlauf von Abenteuern an. Hier finden wir etwa Hinweise über das Zurücklegen von Reisestrecken. Über die Auswirkungen der Ermüdung bei zu viel Aktion und zu wenig Ruhe; Infos zur Traglastbehinderungen und Ausführungen zu Krankheiten und Giften (mit Beispielen) sowie deren Heilung (magischer und natürlicher) sind auch enthalten.

 

Das vorletzte Kapitel („Improving Adventureres“) widmet sich den verschiedenen Möglichkeiten, die ein Charakter hat, sich und seine Fähigkeiten weiter zu entwickeln.

Da MRQ kein Stufen System hat, werden auch keine Erfahrungspunkte verteilt. Statt dessen werden nach ein paar Spielsessions vom GM (nach seinem Ermessen) sowohl einige Helden Punkte und sog. Verbesserungs-Würfe („Improvement Rolls“) vergeben.

Die Anzahl sollte immer danach gestaffelt werden wie gut oder eben dämlich sich ein Spieler verhalten hat, seit der letzten Ausschüttung, wobei angeregt wird, dass immer mindestens ein Verbesserungs-Wurf gestattet werden soll.

Mit diesem kann man versuchen eine Basisfähigkeit um bis zu 5 Prozent zu steigern. Hat man zwei Würfe zur Verfügung kann man sogar versuchen einen neue Advanced Skill zu erlernen.

Weiterhin reizvoll wird es sein, erfahreneren Abenteurern die Möglichkeit zu eröffnen mit Helden Punkten Legendäre Fertigkeiten zu erlernen, diese werden manchmal aber auch noch davon beeinflusst, welchen Rang der jeweilige Charakter bei seinem Kult inne hat.

Alles in allem weiss auch hier das einfache System zu überzeugen.

 

Das letzte Kapitel des Buches („Creatures“) stellt uns nun noch andere Bewohner der RuneQuest Welt vor. Dabei sind – unter anderem - klassische Fantasy Figuren wie Drachen, der Greif, das Einhorn, der Manticore oder eben Elfen und Zwerge vertreten. In diesen Statistikblöcken finden sich denn dann auch die Informationen die man bräuchte, um einen elfischen oder zwergischen Spielercharakter zu entwickeln.

Es finden sich aber auch RuneQuest typische Wesen wie Trollkin, die Broo und Ducks.

Daneben haben auch Tiere wie der Braunbär, der Wolf oder der Löwe Berücksichtigung gefunden.

 

Es folgt ein ordentlich gemachter Index.

Ich empfinde Indices stets als hilfreich, grade wenn ich mich erstmalig mit einem neuen Regelsystem eingehend auseinandersetze.

 

Ein Bogen mit allen Runen, ihren Symbolen und Kräften (der sog. „Rune Sheet“) und ein dreiseitiger Charakterbogen runden das Werk ab.

 

Abgesehen vom Index kann man die letzten Seiten auch von der MP Homepage kostenfrei herunterladen und muss so sein Regelbuch nicht strapaziösen Kopiervorgängen aussetzen.

 

Überhaupt ist die Unterstützung der Produkte über die firmeneigene Homepage im Internet ein dickes Plus von Mongoose Publishing. Regelmässig stehen dort praktische Downloads und Previews kostenlos und allzeit bereit zur Verfügung.

 

Qualität und Verarbeitung:

Das Harcoverbuch kommt mit einer stabilen Bindung daher. Das gefällt mir gut, schliesslich gibt es nichts schlimmeres, als ein wertvolles Spielebuch, welches den Strapazen eines Spieleabends oder seiner Vorbereitung nicht gewachsen ist und sich bereits nach dem erstmaligen Lesen in eine lose Blatt Sammlung verwandelt. Dies ist beim MRQ sicher nicht zu befürchten. Das Papier ist zwar einigemassen dünn, aber von guter Qualität. Der schwarz-weiss Druck ist klar und deutlich und in meiner Ausgabe völlig frei von Verschmierungen. Ich bin der Meinung, es muss nicht immer beschichtetes Hochglanzpapier sein und bin deshalb mit dieser Ausführung glücklich. Ist das Werk ordentlich gestaltet und handwerklich sauber gemacht, bin ich es zufrieden.

Dies ist hier der Fall.

 

Die Optik:

Optisch ist das Buchcover in dunklen Rottönen gehalten, mit dem RuneQuest Logo und einer Rune im Steinkreis. Das Bild selbst ist nicht aktionorientiert wie viele der neueren Rollenspiel-Werke, aber mir gefällt es – vielleicht grade deshalb auch - richtig gut.

Als ich das Buch das erste Mal in die Hände nahm, hat es mich gleich positiv angesprochen.

Im Inneren setzt sich der gute Eindruck fort.

Die Seiten sind durchgehend in der Art verziert, dass der Eindruck entsteht, man lese in einem alten, ehrwürdigen Buch. Das macht MP gerne und hier ist es ihnen ausgesprochen gut gelungen.

(Gut vorab in einer der Previews zu sehen, siehe die Links zur Rezi.)

Das Layout ist ansprechend und liebevoll gestaltet.

Auch die alle samt schwarz-weissen Zeichnungen sind im Grossen und Ganzen ordentlich gezeichnet und passend eingebaut.

Die Optik des gesamten Werkes ist schlicht, unaufdringlich und liebevoll.

Damit ist das MRQ ein Buch genau nach meinem Geschmack.

 

Fazit:

Als erstes Produkt der neuen RuneQuest Serie liefert Autor Matthew Sprange ein 126seitiges Hardcover Regelwerk ab.

Die Länge des Werkes ist zu gleich die grösste Schwäche und die grösste Chance des Buches.

Einerseits bieten die 126 Seiten ziemlich wenig Platz, selbst wenn man sich, wie beim MRQ geschehen, nur auf die Regelerläuterung beschränkt und, bis auf die Beschreibung der Kulte und ein paar Monstern, kein richtiges Hintergrundmaterial über das Setting einbindet.

Dies verwundert, da das MRQ eben nicht ein Produkt der OGL für den breiten d20 Markt ist, wo Setting-Freiheit eher eine Chance, denn ein Manko wäre, sondern ein Regelbuch für eine sehr bekannte und etablierte Fantasy Welt darstellt.

Andererseits bietet sich hier die einmalige Chance auf wenigen Seiten, ein reizvolles, anderes Spielsystem zu etablieren, dessen Erlernen nicht die Lektüre von mehreren hundert Seiten Regeltext voraussetzt - und diese Chance hat Matthew Sprange in meinen Augen absolut nutzen können!

Das MRQ bietet ein komplett spielbares, vielseitiges Regelsystem. Welches sich nach Belieben erweitern lassen dürfte, eine Erweiterung aber nicht wirklich nötig hat, weil es in der hier vorliegenden Form schon alles hat, was man für ein gelungenes Rollenspiel braucht, egal ob man wieder zu RuneQuest zurückkehrt, oder ob man sich mit RuneQuest das erste mal einem Fantasy Rollenspiel nähert. Prinzipiell ist davon auszugehen, dass sich, ähnlich wie bei D&D auch, das MRQ als Basiswerk für einen jeden Spieler einer RuneQuest Runde etablieren wird.

Der Spielleiter (und vielleicht der eine oder andere geneigte Spieler auch) wird sich darüber hinaus noch mit ein paar weiteren Bänden ausstatten wollen, wobei sicherlich die beiden Bände „RuneQuest Companion“ und „Glorantha – The Second Age“ die erste Wahl sein dürften.

Ich für meinen Teil halte MRQ für eine gelungene Adaption und es wird sich sicherlich in meiner Gruppe grosser Beliebtheit erfreuen.