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Bad Boy
Bewertung:
(3.8)
Von: Jörg Deutesfeld
Alias: Debaser
Am: 14.09.2009
Autor:Autor: Frank Miller, Zeichner: Simon Bisley
Übersetzer:Claudia Fliege
Typ:Comic / Graphic Novel - SF
System:--
Setting:Alternative SF
VerlagPanini Comics
ISBN/ASIN:978-3-86607-347-0
Inhalt:52 Seiten, Hardcover (Großformat)
Preis:12,95 EUR
Sprache:Deutsch

Inhalt:

In „Bad Boy“ dreht sich alles um die Geschichte eines vermeintlich kleinen und bösen Jungen, der ohne jegliche Erinnerung an seine Vergangenheit und seine Eltern in einem Krankhaus aufwacht und sich nicht mit der Welt abfinden möchte, in die er mehr oder weniger durch Zufall hineingeraten ist. Denn eins steht für ihn direkt fest: Die Menschen, die vor seinem Bett im Krankenhaus stehen, sind nicht seine wahren Eltern.

Langsam arbeitet sich der Junge in seiner neuen Umwelt vor und muss erkennen, von einer Forschergruppe für ein Experiment in einer Art Scheinwelt namens „Sacred Oaks“ entführt worden zu sein. Hinter dem Namen „Sacred Oaks“ verbirgt sich ein Öko-System in perfekter Harmonie und der Prototyp einer schönen neuen Welt ohne Hass, Gewalt, Gift, Drogen, Fleisch und vor allem – Nikotin. Der futuristische Hintergrund dieser Welt scheint ein Netz aus Lügen, Hologrammen und brutaler Verfolgung und Unterdrückung zu sein, wie man sie aus anderen Science-Fiction-Bereichen kennen gelernt hat, in dem Miller, trotz aller Klischees, einen Charakter in Szene setzt, der gegen die Autorität dieser Quasidiktatur aufbegehrt.

Der kleine Junge, von seinen „Eltern“ Jason genannt, hat nur einen Wunsch – der Scheinwelt zu entfliehen, sein wahres Ich zu finden und endlich eine Zigarette zu rauchen. Doch immer wieder wird er von seltsamen roboterähnlichen Wächtern an seiner Flucht gehindert, die ihn zu seinem Glück in der neuen Welt zwingen wollen. Doch Jason lässt nicht locker und schafft es endlich, sich auf die Flucht ins Ungewisse zu machen. Und eins sei an dieser Stelle schon verraten, er wird seine Zigarette bekommen!

 

Schreibstil & Artwork:

In der Comicszene ist Autor, Zeichner und Regisseur Frank Miller längst eine legendäre Kultfigur geworden und es würde den Rahmen dieser Rezension sprengen, seinen kompletten Lebenslauf zu skizzieren. Deshalb in aller Kürze: Frank Miller (Jahrgang 1957) begann schon während seiner Zeit an der Highschool mit dem Schreiben, veröffentlichte erste Comics und arbeitete bald für große Verlage wie Marvel und DC. Seine Werke als Zeichner werden durch starke bis überzeichnete grafische Kontraste geprägt, wobei er Schwarz-Weiß mit punktuell eingesetzten Farbelementen bevorzugt. Große Bekanntheit erlangte Frank Miller vor allem durch seine Neuinterpretationen von Comic-Ikonen wie „Batman“ und „Daredevil“. Die eher schlichten und in Schwarz-Weiß gehaltenen Kriminalgeschichten von „Sin City“ waren Millers erstes Solo-Projekt, das von Robert Rodriguez erfolgreich als Kinofilm adaptiert worden ist.

Miller prägte richtungsweisend für eine ganze Generation Comic-Schaffender sowohl einen neuen Stil der Superhelden-Comics als auch deren Charakteristika: Zynische Außenseiter, die manchmal von fragwürdigen Idealen geleitet irgendwo zwischen gut und böse anzusiedeln sind und längst nicht mehr vor brutaler Gewalt zurückschrecken.

 

Nicht ganz so spektakulär ist der Werdegang des 1962 geborenen Briten Simon Bisley, der sich mittlerweile nicht nur in der Comic-Szene einen guten Ruf erarbeitet hat. Zu seinen bekanntesten Arbeiten in den 90er Jahren dürften sicher „ABC-Warriors“, „Lobo“ und „Slaine“ gehören. Sein selbstbewusster Stil wurde durch Frank Frazetta und Bill Sienkiewicz stark beeinflusst, wobei er sich aber auch gerne an Rockalbum-Covern, Graffiti oder traditionellen Comics orientiert.

 

Mehr als 12 Jahre nach seinem ersten Erscheinen 1997 präsentiert sich das Album „Bad Boy“ längst nicht mehr als mit so innovativen Bildern gesegnet, wie sie es vielleicht zum Zeitpunkt ihres Erscheinens waren, doch merkt man der Geschichte selbst eine gewisse Zeitlosigkeit an, die trotz ihrer rohen und derben Sprache immer noch zu begeistern weiß, wobei die zum Teil derben und kantigen Illustrationen von Simon Bisley die Geschichte hierbei maßgeblich unterstützen!

 

Qualität, Ausstattung & Übersetzung

Frank Miller schrieb diese von Simon Bisley illustrierte Graphic Novel ursprünglich für die Britische Ausgabe des GQ-Magazins, die dann 1997 komplett bei Oni Press veröffentlicht wurde. Der deutsche Leser kam erst einige Jahre später in den Genuss dieses Albums, das vom Verlag Schreiber und Leser im Jahr 2000 veröffentlich wurde. Das Album wurde im Juli 2008 in Amerika von Dynamite Entertainment mit zwei verschiedenen Covern neu aufgelegt – ein Cover stammt von Simon Bisley, das andere von Frank Miller. Auch wenn die deutsche Ausgabe unter der Lizenz von Dynamite Entertainment läuft, so gab es leider für den deutschen Kunden keine Variantcover – schade. Dafür gibt es in der neuen Auflage von Panini-Comics als Bonus einige zusätzliche Seiten Artwork von Simon Bisley zu „Bad Boy“, die ein Stück weit hierfür entschädigen.

 

Fazit:

Sicherlich zählt der One-Shot „Bad Boy“ nicht zu den bekanntesten (und auch nicht unbedingt zu den besten) Alben von Frank Miller, doch macht es auch noch etliche Jahre nach dem ersten Erscheinen einen diebischen Spaß, dieses Album zu lesen, und man bekommt rückblickend das Gefühl, einige Entwicklungen wie beispielsweise „Sin City“ wären vielleicht ohne diesen Comic in ihrer Entwicklung nicht möglich gewesen.

Der brachiale Stil von Simon Bisley und der von Frank Miller lautstark postulierte Ruf nach Freiheit in einer weichgespülten Kulturlandschaft sind sicherlich nicht nur für Fans der beiden Künstler interessant, sondern auch für Leser, die es gerne etwas drastischer mögen, ihre Freude an satirischen gemeinten Gewaltexzessen haben und trotz alledem eine Geschichte zu schätzen wissen, die ihre Wurzeln im Paranoia-Kosmos eines Philip K. Dick nicht leugnet. Für mich eine absolute Kaufempfehlung, auch wenn der Stil von Simon Bisley nicht jedermanns Geschmack sein dürfte.