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Savage Worlds - Necropolis 2350
Bewertung:
(4.6)
Von: Heretic
Alias: Heretic
Am: 12.10.2009
Autor:Paul "Wiggy" Wade-Williams
Übersetzer:Daniel Mayer, Sascha Schnitzer
Typ:Setting / Kampagnenwelt
System:Savage Worlds
Setting:Necropolis 2350
VerlagPrometheus Games
ISBN/ASIN:978-3-941077-19-5
Inhalt:284 Seiten (inklusive Schablonen+Bögen), Hardcover
Preis:29,95 EUR
Sprache:Deutsch

Inhalt

Es ist noch gar nicht so lange her, da erschien das Grundregelwerk für "Savage Worlds" auf Deutsch, die sogenannte "Gentleman's Edition".

Der nun auch auf deutsch erhältliche Kampagnenband "Necropolis 2350", im Original von Triple Ace Games, dreht sich um den Kampf der Menschheit in der düsteren Zukunft des Jahres 2350.

Die Erde wurde zerstört und die Truppen der Kirche der Dritten Reformation kämpfen auf dem erdähnlichen Planeten Salus (der im Volksmund gern "Necropolis" genannt wird) einen erbitterten Kampf gegen die Rephaim, Untote aus einer fremden Dimension. Diese setzen alles daran, die menschlichen Kolonien zu erobern und die Seuche des Untods über ganz Salus zu verbreiten.

 

Der Hintergrund von "Necropolis 2350":

Die Menschheit hat mit Hilfe von überlichtschnellen Raumschiffen den Weltraum erkundet und Kolonien gegründet, die Erde wurde zerstört, der Kontakt zu den Kolonien riss ab. Der einzige Planet, auf dem die Menschheit überlebt hat, ist der Planet Salus, auf dem sowohl die "Kirche der Dritten Reformation" als auch einige Konzerne Ländereien besitzen und diese nach eigenem Gutdünken regieren und verwalten. Die Konzerne liegen größtenteils mit der Kirche über Kreuz, ab und an gibt es Gefechte und Scharmützel, die Konzerne sind der Kirche zu freigeistig und ketzerisch, die Kirche ist den Konzernen zu engstirnig und fanatisch. Es gibt und gab Kriege zwischen der Konzern-Union und der Kirche, aufgrund mangelnder Diplomatie und konkurrierender Machtinteressen. Die ersten "Dämonen" werden gesichtet, Untote, die man Rephaim nennt, und die kurz darauf einen offenen Krieg gegen die Kolonisten auf Salus beginnen.

Die Kirche des Vatikan wird als "Kirche der Dritten Reformation" neu gegründet, der Papst gründet in den Jahren nach und nach die Orden der kämpfenden Ritter, die den Kampf gegen Rephaim und die Konzerne aufnehmen. Als letzter der sechs Orden (eigentlich fünf) wird der Orden der Büßer gegründet, der als Strafbataillon für die Sünder der anderen Orden dient, quasi als "Zweite Chance" zur Wiederaufnahme in den ursprünglichen Orden, aus dem der Sünder stammte.

 

Die Orden, auch bekannt als "Sacri Ordines":

 

Ordo Hastae Sanctae: Die Pfähler bekämpfen die Rephaim und vor allem deren Vampire gern Auge in Auge, indem sie sie mit Speeren und "Herzensbrechern" aufspießen, um sie zu fixieren, während die Ordensbrüder die Untoten mit Schwert und Schild bekämpfen.

 

Ordo Lazari Sancti: Die Lazariter bekämpfen zwar ebenfalls die Rephaim, doch ihre vom Papst direkt gegebene Aufgabe ist die Untersuchung dieser untoten Kreaturen, und so sind sie geschult im Umgang mit speziellen Geräten, "Leichenfängern" genannt, mit denen sie "lebende" Exemplare fangen, um sie später in speziellen Laboren zu untersuchen.

 

Ordo Sacrae Flammae: Die Ritter der anderen Orden bekämpfen ihre Gegner mit den kircheneigenen Flechettwaffen oder Schwertern und Schilden. Nicht so die Brenner, die geradezu Feuer und Flamme sind, wenn es darum geht, die Rephaim zu vernichten. Sie sind der Ansicht, dass nur das Feuer verhindern kann, dass ein Kadaver von den Toten zurückkehrt, denn was verbrannt wurde, das kann selbst von den Todlosen der Rephaim nicht zurückgeholt werden.

 

Ordo Templi Novi: Die motorisierten Verbände und die Artilleriunterstützung der Templer sind bei den anderen Orden gern gesehen, die äußerst fanatische Einstellung, sich niemals zurückzuziehen, eher weniger. Motorisierte Truppen gibt es auch bei den anderen Sacri Ordines, doch nur die Truppen der Templer werden als wahre Fahrzeugexperten betrachtet.

 

Ordo Verbi Benedicti: Obwohl fast alle Sacri Ordines an den Kämpfen gegen die Rephaim und die Konzerne beteiligt sind, liegt die Hauptaufgabe der Prediger darin, die Milizen zu organisieren und sich um das Seelenheil der Kolonisten zu kümmern sowie neue Mitglieder für die Servientenverbände und die Ritterschaft der Orden zu rekrutieren.

 

Ordo Penitaentiae: Der Orden der Büßer ist kein regulärer Orden, sondern dient einzig und allein der Bestrafung sündiger Ritter oder Servienten der Kirche, die bis auf ihr Molekularschwert keine Waffen benutzen dürfen, und erst nach Ablauf ihrer "Dienstzeit" zu ihrem alten Orden zurückkehren dürfen.

 

Das Buch ist in zwei Kapitel unterteilt, ein Kapitel für Spieler, und eines für den Spielleiter, der bei "Necropolis 2350" "Kriegsmeister" genannt wird.

Der Spielerteil erläutert noch einmal die Charaktergenerierungsregeln von Savage Worlds und geht auf die Besonderheiten ein, die bei Necropolis beachtet werden müssen. So ist die grundlegende Prämisse, dass die Spieler entweder Ritter oder Kapläne der Kirche der Dritten Reformation darstellen, der Fokus von "Necropolis 2350" liegt auf dem Spiel in den Präzeptoreien als Teil der "Sacri Ordines". Weiter ist zu erwähnen, dass einer der Spieler die Rolle des "Ersten Ritters" der Gruppe übernehmen sollte, der sie führt und den anderen Rittern der Gruppe Befehle erteilt. Wer keinen Spaß daran hat, im RPG kooperativ zu spielen und unter Umständen Empfänger in einer Befehlskette zu sein, der wird an Necropolis wohl keinen rechten Gefallen finden. Die Ordenszugehörigkeit selbst ist frei wählbar, und bringt noch zusätzlich weitere Vorteile mit sich, so sind die Ritter der Lazariter beispielsweise darin ausgebildet, mit "Leichenfängern"

(Geräten mit denen "lebende" Rephaim eingefangen werden können) besser umgehen zu können als ihre Ritterbrüder aus den anderen Orden.

 

Die Zugehörigkeit zu einzelnen Truppenzweigen wird hingegen über gewisse Mindestvoraussetzungen an Attribute und/oder Fertigkeiten, die während der Generierung zu erfüllen sind, mit bestimmt, und ist nicht so ohne weiteres frei wählbar. So muss ein Ritter der Sturmtruppen schon recht kompetent schießen können, während ein Ritter der Sanitätstruppen gute Kenntnisse der Heilkunde haben muss. Klingt blöd, oder beschränkend in der Charakterauswahl? Ist es aber nicht, denn jeder SC-Ritter hat eine gewisse Nische, die er voll bedienen können muss, um sein eigenes Überleben und das der Gruppe zu sichern. Charaktere, die keine Mindestvoraussetzung eines Truppenzweiges erfüllen, werden der Hilfstruppe der Servienten zugeteilt, Knappen, die zwar kämpfende Mitglieder der Kirche sind, aber (noch) keine vollwertigen Ritter, sondern einfache Mitglieder des Ordens.

 

Außerhalb der Ritterschaft gibt es noch die Kapläne, die mitunter göttliche Wunder wirken können und deren Aufgabe es ist, sowohl die Moral der Truppe zu stärken als auch als Ersatzsanitäter tätig zu werden, so der Gruppe kein Ritter der Sanitätstruppe zugeteilt ist. SC-Gruppen mit verschiedenen Ordenszugehörigkeiten sind durchaus möglich und gewollt. So könnte der Erste Ritter einer Gruppe zum Orden der Prediger gehören, während der Infanterieunterstützungsritter den Brennern angehört und die Gruppe von einem Templer ins Einsatzgebiet befördert wird. Die Truppenzugehörigkeit regelt überdies hinaus noch die Startausrüstung, die der Charakter zu Spielbeginn erhält. Das Spielerkapitel enthält zudem neue Vorteile und Handicaps, neue Fahrzeuge und Ausrüstungsowie Regeln zum Einsatz und Anfordern von Unterstützung durch den Ersten Ritter. Das Spielerkapitel enthält zusätzlich noch Informationen über die Geographie und Geschichte von Salus und schließt mit kurzen, aber brauchbaren Informationen zu Aufbau, Medien und Kirchenrecht der Kirche der Dritten Reformation, die Mater Ecclesia. So wird man unter Anderem darüber aufgeklärt, dass Ersttäter, die die Sünde der Blasphemie begehen, mit 10 Peitschenhieben bestraft werden, und dass im Wiederholungsfalle die Inquisition eingeschaltet werden kann.

 

Das Spielleiterkapitel, das den restlichen Teil des Buches einnimmt, enthält einiges an Informationen, die man den Spielern nur nach und nach im Spiel vermitteln sollte. Es bietet Informationen über die Firmen der Konzernunion und ihre militärische Hardware sowie über ihre Beziehungen untereinander und zur Mater Ecclesia. Man erfährt einiges über die Herkunft der Rephaim, wie sie organisiert sind, wie ihre nekromantischen Gizmos funktionieren, und dass es einige interessante Twists gibt, die man so nicht unbedingt vermutet hatte. Zudem werden neue Waffen, Gizmos und Fahrzeuge der Rephaim gelistet und erklärt, ebenso die Ansätze und Inhalte einiger populärer, unter den menschlichen Sympathisanten der Rephaim gängigen Häresien. Im Anschluss folgt ein Kapitel, das den Titel "Operationen" trägt, und sowohl Regeln für die Zerstörung von Gebäuden und Bunkern, als auch Regeln für Stacheldraht/Ziehharmonikadraht/Klingendraht und das Legen und Räumen von Minen enthält. Necropolis ist ein Rollenspielsetting, das sein Genre "Military Role Play" sehr ernst nimmt, und das merkt man beim Lesen auch - was durchaus positiv zu verstehen ist. Ihr seid ein SL, der gern Necropolis spielen würde, und das, ohne selbst direkt ein Abenteuer schreiben zu müssen?

Kein Problem, denn Necropolis bietet einen Abenteuergenerator, der von einfachen Rekrutierungsmissionen in Kolonistendörfern mit Spannung durch Konzernpräsenz bis hin zu offenen Feldschlachten gegen die Rephaim alles bietet, was man sich so vorstellen kann. Noch nicht genug Abenteuer? Kein Problem, denn der SL-Teil bietet zudem noch einige "Savage Tales" an, Kurzabenteuer in Form von unabhängig spielbaren Episoden, die in laufende Kampagnen eingestreut werden können, zum Beispiel wenn der SL mal ein kreatives Tief hat, und trotzdem mit seiner Gruppe spielen möchte.

 

Doch es wird noch besser: Necropolis 2350 bietet mit der beinharten (Neue Spieler und ihre SCs sollten erst einmal Erfahrung mit leichteren Abenteuern wie den Savage Tales sammeln. Neu-Budapest kann für unkoordinierte oder unerfahrene Gruppen ganz schnell vorbei sein.) Schlacht um Neu-Budapest eine voll ausgebaute "Plot-Ploint-Kampagne", in der die SC-Gruppe einen entscheidenden Einfluss in dem Konflikt gegen die Rephaim haben wird. Was ist eine Plot-Point-Kampagne? Eine Kampagne, deren einzelne Abenteuer auf einem Entscheidungsbaum aufbauen, und deren Verlauf direkt vom Erfolg oder Misserfolg der SCs abhängt. Das heißt, dass (in einem gewissen begrenzten Rahmen natürlich) die Spieler und ihre SCs direkt etwas bewirken können, und nicht nur dem Plot auf Schienen folgen müssen. Das bedeutet jedoch auch, dass die Spieler die Kampagne auch verlieren können und die Rephaim mit den Sacrii Ordines kurzen Prozess machen und den "Eisengürtel", die Frontlinie zwischen den Untoten und der Kirche überrennen könnten. Eebenso bietet die Kampagne die Chance, dass die Menschheit die Oberhand im Krieg gegen die Rephaim erlangt, und diese zurückdrängen kann, und somit der erste Schritt getan ist, um die Rephaim endgültig zu vernichten.

 

Das Bestiarium mit Spielwerten für Verbündete und Gegner bildet zusammen mit dem Anhang, in dem sich neben Bodenplänen der Savage Tales und der Missionen der Plot-Point-Kampagne noch einiges Zusatzmaterial wie Regeln zu auf Salus gebräuchlichen (Kampf-)Drogen und weiterer Zusatzinfos, die im englischen Original als kostenlose Download-PDFs verfügbar waren. Als Bonus findet sich auf den letzten Seiten ein kompletter Satz an Standard-Schablonen, die man bei Necropolis benötigt, plus Charakterbogen, Fahrzeugbogen und Missionsbogen sowie Verbündetenbogen.

Zum Buch lässt sich an sich sagen, dass es als DIN A 5 Hardcoverband daherkommt, jedoch leider kein Lesebändchen mehr aufweist. Die Bindung ist sogar noch einiges robuster als bei der GE, das Papier ist dicker und griffiger als das der Gentleman's Edition, und damit in Verbindung mit dem dezenten Layout angenehmer zu lesen.

 

Fazit:

Der Settingband bietet alles, was ein militärisches Rollenspiel wie Necropolis 2350 haben sollte, auch wenn das "Kettenkanone"-Malheur (Der Terminus "Schienenkanone" wurde bei manchen Fahrzeugen stattdessen mit "Kettenkanone" ersetzt, aus der Kaliberangabe des Geschützes geht jedoch hervor, dass es sich um die Schienenkanone handelt.) oder die Tatsache, dass gewisse Dinge in der Settingbeschreibung nur knapp beschrieben werden, etwa das Leben der einfachen Bevölkerung an sich oder die genaue Glaubensausgestaltung der Kirche der Dritten Reformation (die am ehesten einem alttestamentarischen Gottesglauben, ohne Jesus, entsprechen würde), die jeweils nur grob umrissen werden. Jede Gruppe kann dies selbst ausformulieren, wenn darauf Wert gelegt wird, den Alltag der Bewohner von Salus mehr in den Fokus zu rücken. Abseits dieser kleinen Mängel ist Necropolis 2350 jedoch ein sehr guter Settingband für Savage Worlds. Wem dürfte Necropolis 2350 gefallen? Gruppen, die Spaß an militärischen Rollenspielen haben, die gerne taktisch spielen, und die Lust auf ein düsteres, teilweise sogar recht morbides Setting haben, in dem jedoch Hoffnung auf Besserung besteht. Necropolis bedient sich bekannter positiver Tropen des "Dark Future"-Genres, mixt diese mit bodenständiger, handfester Action und einem guten Schuss Horror und am Ende kommt dabei ein Setting heraus, das man sich zumindest einmal genauer anschauen sollte. Wer jedoch Berührungsängste mit "military role play" hat, und nicht damit klarkommt, dass sein SC gegebenenfalls Befehlsempfänger eines anderen Spielercharakters ist, für den wird Necropolis vermutlich das falsche Setting sein.