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Orbital 2.1 - Nomaden
Bewertung:
(3.7)
Von: Jörg Deutesfeld
Alias: Debaser
Am: 09.11.2009
Autor:Autor: Sylvain Runberg; Zeichner: Serge Pellé
Übersetzer:Tanja Krämling
Typ:Graphic Novel – Science-Fiction
VerlagSplitter Verlag
ISBN/ASIN:978-3-939823-50-6
Inhalt:56 Seiten, Hardcover
Preis:13,80 EUR
Sprache:Deutsch

Inhalt

Die Menschheit willigt im Jahre 2278 in einem großen Referendum dem Beitritt in die Konföderation ein, einer Vereinigung von Planeten, die insgesamt 781 Rassen aus dem gesamten bekannten Universum friedlich unter ihrem Schutz verbindet. Ein wesentliches Element zur friedlichen Beilegung von Konflikten bildet dabei die Interweltliche Diplomatische Abteilung (IDA). Mitarbeiter der IDA arbeiten immer zu zweit als sogenanntes Binom und so konnte man bereits im ersten Band von „Orbital“ die Geschichte des ungleichen Duos des Menschen Kaleb Swann und der Sandjarin Mezoke verfolgen, die Jahre nach dem Ende eines mörderischen Krieges zwischen den beiden Rassen zu diplomatischen Agenten der Konföderation ernannt wurden.

 

Wegen ihres Krieges gegen die Sandjaren wurden die Menschen von der Konföderation über viele Jahre hinweg geradezu geächtet und von höheren Ämtern in der Konföderation ausgeschlossen. Doch die Zeit scheint nun gekommen zu sein, das Verhältnis der beiden Konföderationsmitglieder der Versöhnung zukommen zu lassen. Im Rahmen eines großen Festaktes auf der Erde in Kuala Lumpur sollen wichtige Repräsentanten der Sandjaren und der Menschen in einer großen Zeremonie vor anderen Vertretern der Konföderation feierlich symbolisch Frieden schließen. Doch scheint dieser Festakt in Gefahr zu geraten, da es in den Mangrovensümpfen unweit der Stadt zu einem unvorgesehenen Zwischenfall kommt.

 

Wer wäre in dieser Situation besser geeignet, um den mysteriösen Vorfällen in den Mangrovensümpfen vor den Toren Kuala Lumpurs nachzugehen, als die beiden IDA-Agenten Kaleb und Mezoke. Bei ihren Nachforschungen stoßen Kaleb und Mezoke auf die Rasse der Rapakhuns, die als Nomaden das All durchreisen und sich für einen kurzen Aufenthalt auf der Erde die Mangrovensümpfe an der Küste Malaysias ausgesucht haben. Die Stimmung an der Küste ist aufgeheizt, bedrohen die Rapakhuns mit ihrer Anwesenheit doch nicht zuletzt die Fanggründe der ansässigen Fischer. Nur eine Blockade des Küstenstreifens durch die Marine kann zunächst das Schlimmste verhindern und den ungezügelten Hass der Fischer auf die Fremden stoppen.

Die Rapakhuns sind ohnehin nirgendwo sonderlich gerne gesehen, haben sie sich doch in der Vergangenheit stets geweigert, einen Vertreter ihrer Rasse in die konföderierte Versammlung zu entsenden, und ihr gesamtes „seltsames“ Auftreten scheint den herrschenden Vorurteilen Recht zu geben. Dennoch beteuern sie, mit den Vorkommnissen im Sumpf (an dieser Stelle sei nicht zu viel verraten) nichts zu tun zu haben.

Doch dann eskaliert der Konflikt und die Fischer schaffen es, die Blockade zu durchbrechen, wobei sie sogar hierbei von Teilen der malaysischen Marine unterstützt werden. Scheinbar steckt also wesentlich mehr hinter dem plötzlichem Auftauchen der Rapakhuns, als man auf den ersten Blick meint, und noch gänzlich andere Personen haben ein Interesse daran, den großen und friedlichen Festakt der Konföderation in Kuala Lumpur nachhaltig zu stören. Es liegt an Kaleb und Mezoke, die Vorkommnisse zu klären und Schlimmeres zu verhindern.

 

Schreibstil & Artwork:

Sylvain Runberg wurde 1971 in Tournai geboren und wuchs in Südfrankreich auf. Seinen Hunger nach Comics stillte er in seiner Kindheit mit Asterix, Batman und Spirou und nährte seine Fantasiewelt zwischendurch mit historischen Erzählungen und zahllosen anderen Romanen.

Nach seinem Abitur (das er unter anderem im Fach Bildende Kunst macht) trieb es ihn an die Universität nach Aix-en-Provence, die er mit einem Magister in Geschichte verließ. Während seiner Studienjahre unternahm er viele Reisen durch Europa und veranstaltete unter anderem Konzerte mit Rockgruppen aus dem Independent-Bereich.

Nach seinem Abschluss an der Universität arbeitet Runberg mehrere Jahre als Buchhändler, bevor er in der Verlagslandschaft Fuß fasst. Er zieht nach Paris und tritt eine Stelle bei dem Verlag „Les Humanoides Associés“ an.

 

Nach einem schweren Unfall im Jahr 2001 macht er sich ans Schreiben und stellt seine eigentliche Berufung fest. 2004 erscheint sein erstes Album „Astrid“ beim Verlag „Soleil“, das er gemeinsam mit Karim Friha realisiert. Danach folgen diverse Projekte unterschiedlicher Genres: „Les Colcataires“ entsteht in Zusammenarbeit mit Christopher beim Dupuis-Verlag, eine Serie, die an seine Studienjahre in Aix anknüpft, „Hammerfall“ mit Boris Talijanic, eine fantastisch-mittelalterliche Saga, die im 8. Jahrhundert in Skandinavien angesiedelt ist und nicht zuletzt die Science-Fiction-Serie „Orbital“, die er gemeinsam mit Serge Pellé als Zeichner realisiert.

 

Auch im ersten Band des zweiten Teils von „Orbital“ erdrückt Runberg den Leser nicht mit einer bombastischen und actionreichen Geschichte, sondern führt den Leser in den Alltag einer durchaus denkbaren und real erscheinende Zukunftsmöglichkeit. Und auch hier entwickelt er eine solide Geschichte, bei der nicht nur die Geschehnisse des ungleichen IDA-Teams im Vordergrund stehen, sondern erneut politische Intrigen und der Kampf mit Vorurteilen in einem „globalisierten“ Weltall.

 

Der als Comic-Zeichner einem großen Publikum sicherlich noch etwas unbekannte Serge Pellé wurde 1969 geboren und studierte an der Brassart-Schule, die er 1989 mit einem Abschluss als Werbegrafiker verließ. Danach zog es ihn nach Paris, wo er seine Karriere zunächst in der Werbebranche begann und er Rasenmäher, Waschmaschinen, Schutzhüllen für Autos und andere Dinge zeichnete ...

1993 traf er Laurent Galmont vom Vent-d'Óuest-Verlag und realisierte mehrer Auftragsalben mit Thomas Mosdi als Texter. Im Jahr 1996 zeichnet er unter dem Namen Torgnoll den ersten Band der Serie „Le Grand Chambardement“, die beim Téméraire-Verlag erscheint. Da dieser Verlag bedauerlicherweise schon recht bald aus finanziellen Gründen seine Tore schließen musste, endet auch die Serie vorzeitig.

In der Folgezeit hat Pellé sein vielfältiges Talent unter anderem beim Entwerfen von Bühnenbildern, beim Design von Videospielen und beim Zeichnen von Trickfilmen unter Beweis gestellt. So arbeitete er unter anderem für die Fernsehserie „Malo Korrigan“ und hat an dem Storybord für die Serie „Kaputt & Zosky“ mitgearbeitet. Seit 2005 realisiert er gemeinsam mit Sylvain Runberg die Comicserie „Orbital“, die in Frankreich beim Dupuis-Verlag erscheint.

 

Auch weiterhin gibt es in Sachen Seitenlayout von Serge Pellé keine Experimente und so erfolgt der Aufbau Panels in geradezu klassischen Anordnung, was der Handlung aber sehr gut tut, wobei die zeichnerische Stärken von Pellé ohnehin vielmehr in der glaubhaften Darstellung der Mimik und Bewegung der Charaktere liegt.

Konnte sich Pellé im ersten Band allerdings noch oftmals in den großformatigen und detailreichen Zeichnungen von Raumschiffen, Fahrzeugen oder futuristischen Gebäude oder Gerätschaften austoben, so zeigt er nunmehr eindrucksvolle Bilder der Mangrovenlandschaft oder der Küste von Malaysia, die vor wunderschönen, aber auch befremdenden Details strotzen. Dabei gelingt es ihm auch weiterhin, den passenden Rahmen für die Geschichte von Runberg zu schaffen.

 

War die Koloration von Pellé im ersten Band noch etwas hell, so hat sich der Grundton der Zeichnungen an die neue Umgebung angepasst und unterstützt das üppige und dichte Grün der Sümpfe, des Dschungels aber auch das strahlende Blau des Himmels und des Meeres. Auch hier schafft es Pellé, seine Bilder zu einer insgesamt visuell sehr ansprechenden Komposition zusammenzufügen.

 

Qualität, Ausstattung & Übersetzung

Die Qualität der Verarbeitung war beim Splitter-Verlag eigentlich bisher noch nie ein Problem und so gibt es hier ein solides Hardcover mit haltbarer Fadenheftung und recht guter Druckqualität. Allerdings ist die Ausstattung in diesem Band zu bemängeln: Gab es im ersten Doppelband noch eine Fülle von kleinen Extras, so erhält man diesmal nur den reinen Comic. Das ist sehr bedauerlich, da man sicherlich gerne noch mehr über die Konföderation erfahren hätte oder aber auch einige Skizzen oder alternative Cover gesehen hätte. Vielleicht tut sich ja noch was im zweiten Band?

 

Fazit

Nach dem ersten Doppelband war ich der festen Meinung, inhaltlich bei „Orbital“ mehr als nur einen konventionellen SF-Mix aus Agenten- und Abenteuerstory zu lesen, doch leider hat mir der erste Band des zweiten Teils bislang noch nicht so richtig zusagen können.

Die komplex angelegte Geschichte mit einem äußerst ungleichen „Binom“ von Mensch und Sandjarin hat mich zwar erneut begeistert, doch der rechte Funke mochte nicht so ganz überspringen, da der Spannungsbogen des ersten Teils der Geschichte bis zum letztendlichen Cliffhanger ziemlich flach war.

Die zum Teil etwas stark thematisierte Darstellung der Vorurteile zwischen einzelnen Rassen, die in diesem Band etwas zu häufig in den Vordergrund gerückt wurde, war ein weiterer Grund für mein Missfallen, da es ja scheinbar mehr als genug Rassen innerhalb der Konföderation gibt, die ein friedliches Miteinander vorleben und man als erwachsener Leser nicht ständig den erhobenen Zeigefinger benötigt, um die moralische Absicht des Autors zu verstehen.

Zudem ist es für den Leser natürlich absehbar, dass es sicherlich mehr als genug Personen (auch innerhalb der Konföderation) gibt, die ein Fiasko der Friedenszeremonie in Kuala Lumpur begrüßen würden, doch bleibt der Plot der Geschichte dabei ziemlich leidenschaftslos und offenbart bis zum Ende des ersten Teils noch nichts Wesentliches.

 

Bei aller vorgebrachten Kritik scheint mir dem Duo Runberg und Pellé dennoch etwas sehr Bemerkenswertes gelungen zu sein: Sie haben einen phantastischen Entwurf für einen sehr komplexen SF-Hintergrund vorgelegt, der wahrscheinlich in dieser Form zurzeit seinesgleichen sucht. Und so warte ich gebannt auf den zweiten Teil, um mir dann ein hoffentlich abschließendes Urteil bilden zu können, nachdem der erste Band des zweiten Teils der Reihe nicht gänzlich überzeugte. Insofern – wer an „Orbital“ bislang seine Freude hat, wird nicht gänzlich enttäuscht, sollte sich aber in Geduld üben, bis der zweite Band erscheint.