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Robin's Laws of Good Game Mastering
Bewertung:
(4.3)
Von: Patrick Pricken
Am: 25.11.2003
Autor:Robin D. Laws
Typ:
System:Unabhängig
Setting:Unabhängig
VerlagSteve Jackson Games
ISBN/ASIN:1-55634-629-8
Inhalt:33 Seiten Softcover
Sprache:Englisch

Robin's Laws of Good Game Mastering

Spielleiter: Langsam schält sich eine dunkle Gestalt aus dem Schatten der Höhle. Rostfarbene, handtellergroße Schuppen bedecken den massigen Körper. Ein breiter Hals führt hinauf, wo in zehn Metern Höhe ein Pferdegroßes Maul mit klingenähnlichen Zähnen auf euch lauert. Rhyxivar, der Rote Drache, scheint Hunger zu haben.

Spieler 1: Ich springe gegen die Seitenwand der Höhle, katapultiere mich in die Luft, und hacke mit meinem +3-Schwert nach seinem Schädel.

Spieler 2: Ein Drache! Ich kauere mich in den Schatten und hebe schützend die Hände.

Spieler 3: Schon wieder ein Drache? Laangweilig!

Spielleiter: ...

 

Jeder Spielleiter, der mindestens ein Abenteuer geleitet hat, kennt diese Situation: Plötzlich droht einem das Geschehen aus der Hand zu gleiten. Und jeder Spielleiter, ob unerfahren oder seit Jahrzehnten im Amt, kann irgendetwas an seiner Erzählweise verbessern - so sehe ich es jedenfalls. Und deshalb kaufte ich mir das oft gelobte "Robin's Laws of Good Game Mastering" (Robin's Laws) in der Hoffnung, das dort nicht nur Tipps für Neulinge drin stehen.

 

Der Text auf der Rückseite behauptet jedenfalls, das Buch verbessere jeden Spielleiter schneller, als er nach Initiativewürfen verlangen könne. Vielversprechend.

 

Erster Eindruck

Das Buch ist in DIN A 3 gehalten, Softcover und schwarzweiß. Es gibt einige Illustrationen, die sich allerdings auf Tabellen und Flussdiagramme beschränken. Die Rückseite des Covers ist Werbung, ebenso Teile der Rückseite des Buchrückens - der andere Teil ist allerdings noch mit den Schlussworten des Autors bedruckt. Die Schrift ist schmucklos; immer wieder sind Schlagworte aus dem Text vergrößert abgedruckt.

 

Das Buch ist systemunabhängig geschrieben, es finden sich also keine Spielwerte o.ä. im Text. Eine Vielzahl von Rollenspielsystemen wird erwähnt, ohne dass eines bevorzugt wird. Tatsächlich behandelt das Buch sogar die richtige Wahl des Systems - aber dazu später mehr.

 

Blick aufs Detail

Der Text ist in neun Abschnitte geteilt, die ich nun einzeln nacheinander behandeln werde.

 

The Great, Immmutable, Ironclad Law behandelt in groben Zügen die Voraussetzungen einer erfolgreichen Kampagne und die Rolle des Spielleiters (SL) darin. Hier wird ebenfalls erwähnt, dass das Buch zwar zum Einstieg in die SL-Karriere hilfreich sein kann, aber eher an erfahrenere SLs gerichtet ist. Das Gesetz aus dem Titel besagt übrigens, Rollenspiel sei primär zur Unterhaltung bestimmt, und die Aufgabe des SL sei es, allen Spielern möglichst große Unterhaltung zu bieten. Hier deutet sich schon an, dass vieles des hier Gesagten schon einmal gehört wurde, aber eben selten geordnet und ausführlich aufgeschrieben wurde.

 

Knowing your Players behandelt die unterschiedlichen Spielstile und Erwartungen, die Vertreter solcher Stile an eine Kampagne richten. Laws unterscheidet dabei sieben Spieltypen, die häufig vorkommen. Er erwähnt aber auch, dass Spieler oft mehreren Typen entsprechen und unterschiedlich starke Ausprägungen haben. Die Typen sind: Power Gamer (will Macht, was immer das heißt), Butt Kicker (will nur Dampf ablassen), Tactician (liebt strategisches Spiel), Specialist (spielt oft dieselben Charaktere, z.B. immer Ninjas), Method Actor (liebt es, sich in Charaktere hineinzuversetzen), Storyteller (will großartige Geschichten erleben), und der Casual Gamer (macht halt mit, was seine Kumpels machen). Als nächstes geht der Autor auf die Wünsche dieser Typen ein, wie man ihnen ein Abenteuer schmackhaft machen kann, und wie man seine Gruppe in diese Typen einteilt.

 

Picking your Ruleset geht einen Schritt weiter. Wenn man seine Spieler und seine eigenen Vorlieben eingeordnet hat, Sollte man ein Rollenspielsystemsuchen, dass die daraus folgende Spielweise unterstützt. Welche Atmosphäre schafft das System, wie schnell findet man sich ein, ist es ausbalanciert? Letztendlich fließ das alles in ein Diagramm ein, dass in zwei Richtungen geht: freie Regeln oder alles eng ausgelegt. Es sollte nicht überraschen, dass D&D eines der regelfesteren Systeme ist, während für das Gegenteil z.B. Vampire: die Maskerade herhält.

 

Da man nun ja weiß, wie und in welchem System man leiten sollte, kommt nun der erste handfeste Tipp: Campaign Design. Welches Genre wähle ich, welche Art von Setting (offiziell oder selbst kreiert?), welche Missionen lasse ich die Spieler erfüllen. Die hier gegebenen Tipps sind nach der etwas theoretischen Phase der letzten zwei Abschnitte wirklich der erste Schritt zu handfester Hilfe.

 

Richtig handfest wird es dann mit Adventure Design. Hier geht es wirklich in die Details, die Möglichkeiten des Abenteueraufbaus - bei der Frage, wie viel Struktur man als SL vorgeben sollte, werden auch die Spielertypen wieder aufgegriffen - und ihre jeweiligen Vor- und Nachteile, wie man die Spieler ins Abenteuer bringt, welche Ziele man einbauen sollte, etc. Vor allem die detaillierte Besprechung der unterschiedlichen Abenteuerstrukturen ist immens hilfreich, zeigt sie einem doch Vor- und Nachteile auf. Zu den unterschiedlichen Strukturen gibt es noch Diagramme, die sie anschaulich machen sollen.

 

Als nächstes kommt Preparing To Be Spontaneous. Jeder SL muss früher oder später improvisieren, und dieser Abschnitt befasst sich mit Möglichkeiten, die Improvisation im Voraus zu erleichtern, besonders im Hinblick auf NSC - schließlich sind plötzliche Umwege über die lokale Schmiede die häufigsten Gründe, schnell einen halbwegs überzeugenden Hintergrund aufzubauen: Namen, Persönlichkeit, und Redeweise sind die Hauptthemen hier. Auch hier sind neben allgemeinen Erwägungen wieder konkrete Hilfestellungen dabei, die einem das eigentliche Leiten eines Spiels erleichtern.

 

Langsam geht es dem Ende zu. Confidence, Mood, and Focus befasst sich mit den äußeren Einflüssen während des Spiels. Vernachlässigt man Spieler oder bevorzugt man andere? Wie kann ich die Aufmerksamkeit der Spieler halten? Wie kann ich das Spiel wieder in Gang bringen, wenn es aufgehalten wird. Diese Tipps sind sehr hilfreich, da jeder Spieltermin schnell zu einem Stopp kommen kann, wenn einige Spieler abschalten und sich über die letzte Buffy-Folge unterhalten, oder Regeldebatten zu dominieren drohen.

 

Improvising befasst sich mit der wichtigsten Kunst des Spielleiters. Was tun, wenn die Spieler etwas Unvorhergesehenes tun? Sie tun das nämlich immer! Hier gibt der Autor eine sehr nützliche Liste vor, die man schnell memoriert hat und dann auch relativ schnell verinnerlicht, so dass man gar nicht mehr über die einzelnen Punkte nachdenkt, sondern einfach improvisiert. Selbst ein paar Worte zur Improvisation ganzer Abenteuer werden hier verloren, und wie man immer das Tempo bei einem solchen Abenteuer beibehält.

 

Das Buch endet mit A Final Word on the Ultimate Dilemma, ein paar letzten Hinweisen über nicht zu vereinbarende Konflikte zwischen Spielleiter-Stil und Spielertypen. Schließlich erweist Laws all jenen eine Absage, die gerne auf bestimmte Spielweisen herabsehen, indem er schließt: "Wenn du und deine Spieler Spaß haben, bist du ein guter SL."

 

Obwohl der Text jetzt schon die Hälfte der Rückseite des Buchrückens einnimmt, folgen noch einige Worte About the Author und eine etwa ein Fünftel des Umschlags umfassende Anzeige.

 

Fazit:

Robin Laws hätte bestimmt gerne mehr Seiten für seine Hilfen zur Verfügung gehabt, aber er macht das Bestmögliche aus dem vorhandenen Platz. In einem sehr anschaulichen und manchmal humorvollen - und dadurch sehr gut lesbarem - Stil befasst er sich mit den gängigen Problemen des SL von der Gruppenzusammenstellung bis zur eigentlichen Spielsitzung. Je nach Erfahrung hat man als Leser mehr oder weniger dieser Hilfen schon einmal gehört, dennoch ist es sehr nützlich, sie zusammen und aufeinander aufbauend in einem Buch zu wissen.

 

Jeder Spielleiter weiß wahrscheinlich um seine Stärken und Schwächen, und wahrscheinlich wird er hier Tipps finden, um beides zu verbessern. Wenn auch manche Dinge selbstverständlich sein sollten, sind sie es doch oft nicht, und andere Hinweise öffnen einem vielleicht die Augen. Insgesamt muss ich feststellen, dass Robin's Laws seinen guten Ruf zurecht hat. Es hat mir geholfen, meine Entscheidungen bewusster zu treffen (wenn auch nicht notwendigerweise anders) und mir über einige meiner Fehler erst bewusst zu werden. Mehr Platz und ein Verzicht auf manche der allgemeineren Hinweise (die für unerfahrenere Spielleiter wohl trotzdem nützlich sind) wären dennoch schön gewesen.

 

Ein Buch, dass man als Spielleiter zumindest mal gelesen haben sollte!

 

 

SL: Spieler 1, du schnellst von der Wand und führst deine Waffe in einem Bogen gegen den Kopf der Kreatur. Dein Hieb lässt die Illusion unter sich zusammenbrechen, und vor euch steht ein Gnom, der mit großen Augen auf den in seiner Hand zerfallenden Zauberstab blickt, und dann zu Euch.

Spieler 1: He, ich habe die Illusion gebrochen. Cool!

Spieler 3: Das ist gar kein Drache? Nicht schlecht.

Spieler 2: Ich erhebe mich und gehe mit beruhigenden Gesten auf den Gnom zu, während ich ihn auf orkisch anspreche: "Keine Angst. Wir kommen in Frieden!"

SL (grinst in sich hinein).