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Northlanders 2 - Hammer und Kreuz
Bewertung:
(3.2)
Von: Jörg Deutesfeld
Alias: Debaser
Am: 18.04.2010
Autor:Autor: Brian Wood, Zeichner: und Ryan Kelly
Übersetzer:Bernd Kronsbein
Typ:Comic / Graphic Novel
VerlagPanini Comics
ISBN/ASIN:978-3-86607-928-1
Inhalt:148 Seiten, Softcover
Preis:16,95 EUR
Sprache:Deutsch

Sowohl Irland als auch England und Schottland waren in der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts von den Raubzügen der Wikinger betroffen, die nach und nach begannen, Stützpunkte an der irischen Küste zu errichten. Dort verbrachten sie zunächst nur die Wintermonate, doch schon bald folgten die ersten festen Siedlungen, zu denen die heutigen Städte Waterford, Wexford und natürlich Dublin zählen. Von diesen Siedlungen gingen in den kommenden Jahrzehnten Raubzüge in ganz Irland aus, die auch zu einer Eroberung von großen Teilen der Insel durch die Wikinger führten.

 

Die Vorherrschaft der Nordmänner wurde erst durch die verbündeten Kräfte von Maelsechlainn II. (König von Meath) und dem irischen Hochkönig Brian Boru am 23.04.1014 in der Schlacht von Clontarf beendet, als die Nordmänner aus Dublin und von der Isle of Man sowie deren irische Verbündete vernichtend geschlagen wurden. Diese entscheidende Niederlage führte zwar nicht zu einer endgültigen Vertreibung der Nordländer aus Irland, aber deren politische Macht auf der Insel war mit der Niederlage gebrochen und so gingen sie im Laufe der folgenden Jahrzehnte nach und nach in der ansässigen Bevölkerung auf.

 

Inhalt:

Brian Wood siedelt seine Geschichte in diesem entscheidenden Jahr 1014 an, als die Herrschaft der Nordmänner in Irland ihren absoluten Höhepunkt erreicht hat und weite Teile des Landes unter ihrer Kontrolle standen. Der alteingesessene Adel ist entmachtet und die Bevölkerung ist auf Gedeih und Verderb ihren neuen Herrschern ausgeliefert.

 

Irgendwo bei einem einsamen Bauerngehöft in der Nähe von Dublin liegen drei tote Körper im Gras. Bei ihnen handelt es sich um Nordmänner, die grausam umgebracht worden sind. Und dies war in den vergangenen Monaten kein Einzelfall. Die steigende Zahl der bestialischen Morde hat auch die Adeligen des Landes alarmiert, so das König Sigtrygg seinen Landherr Ragnar Ragnarsson damit beauftragt, die Hintermänner dieser Überfälle dingfest zu machen und ihrer gerechten Strafe zuzuführen. Gemeinsam mit einem Tross von Nordmännern machen sie sich auf die Suche nach den vermeintlichen Rebellen und müssen feststellen, dass es sich nicht um eine Armee Freiwilliger handelt, die sich im Kampf gegen die Nordmänner zusammengeschlossen hat, sondern um einen einzelnen Mann, der in Begleitung seiner Tochter das Land durchstreift und wahllos Gehöfte und andere Ansiedlungen der Nordmänner angreift.

Im stetigen Wechsel nimmt der Leser einerseits teil an der Welt von Magnus, dem ehemals stolzen Landbesitzer und Iren, der sich in seinem einsamen Kampf gegen die Besatzer stellt und in seinem eigenen, sehr persönlichen Guerillakrieg eine Spur des Blutes quer durch das Land hinter sich her zieht. Andererseits sieht er die Welt aus der Sicht des äußerlich rauen, aber dennoch recht gebildeten Ragnar, der sich anschickt, diesem wahnsinnigen Morden ein Ende zu bereiten. Doch Magnus ist nicht alleine unterwegs, da seine Tochter Brigid ihn begleitet. Gemeinsam bilden sie ein sehr ungleiches Paar und dennoch scheint der eine nicht ohne den anderen (über)leben zu können.

 

Ragnar gelingt es schließlich, Magnus nach einer langen Jagd und schmerzlichen Verlusten eine Falle zu stellen und seiner habhaft zu werden. Während der Leser immer wieder zwischen den Handlungen von Magnus und Ragnar hin- und hergezogen wird, bekommt er immer wieder in Bruchstücken die Vorbereitungen der großen Schlacht von Clontarf im Hintergrund geschildert, deren Ende sich fatal für die Nordmänner auswirkt. Doch während die Schlacht für die Iren gewonnen wird, harrt Magnus in seiner Gefangenschaft aus und die Geschichte nimmt eine sehr unerwartete Wendung, an der ich an dieser Stelle dem Leser nicht zu viel erzählen möchte.

 

Schreibstil & Artwork:

Der Autor Brian Wood wurde 1972 in Essex Junction, Vermont (USA) geboren und lebt seit 1991 in New York City, wo er 1997 an der „Parsons School of Design“ seinen Bachelor in Illustrationen machte. Seine Abschlussarbeit, die anti-utopistische SF-Miniserie „Channel Zero“ wurde im gleichen Jahr vom Image-Verlag veröffentlicht. Seinen Lebensunterhalt verdiente er sich bis 2003 bei der Spiele-Schmiede „Rockstar Games“, wo er unter anderem an der Entwicklung von Spielen wie „Grand Theft Auto“, „Max Payne“ und „Manhunt“ beteiligt war.

Parallel dazu spielte sich seine Karriere als Comic-Autor (und Zeichner) eher im Independent-Bereich ab. So entstanden für „AIT“ und „Oni“ mehrere Mini-Serien, darunter auch die erfolgreiche Reihe „Demo“. Im Jahr 2003 begann seine Zusammenarbeit mit DC/Vertigo, bei denen er sich vornehmlich als Autor betätigte. Nach dem von Mangas inspirierten „Fight for Tomorrow“ folgte 2005 „DMZ“, sein bisher kommerziell größter Erfolg.

 

Die Vorliebe von Brian Wood für harte und bodenständige Geschichten lässt sich nach dem ersten Band von „Northlanders“ nicht leugnen, drehte es sich doch schon hier, bei der Rückkehr von Sven in sein altes Heimatdorf, letztlich um zentrale Themen wie Krieg, Gewalt, Verrat und Ehre.

So dürfte es den Leser nicht wundern, es erneut mit einer geradezu tragischen Gestalt zu tun haben, die rastlos durch das besetzte Irland streift und als vermeintlich wahnsinniger Berserker verfolgt wird. Mit der Figur von Magnus zeigt Wood erneut sein Gespür für vielschichtige Charaktere, die trotz der rohen Gewalt und Brutalität auch ihre stillen Momente haben. Auch wenn die Geschichte selbst sicherlich ein gut Stück weit von dieser offen zur Schau getragener Gewalt lebt.

So kann auch der vermeintliche Gegenspieler Ragnar Ragnarson mit seinem Charakter letztlich sehr wohl überzeugen, da es sich bei der Geschichte um Magnus um weit aus mehr handelt als um die vermeintliche Adaption von Motiven aus „Robin Hood“. Der Besatzer zeigt sich als der intellektuell überlegene Part, auch wenn Irland nicht seine Heimat ist und die Nordmänner die Iren zum Teil brutal unterdrücken.

Wood gelingt es recht gut diese Geschichte zwischen zwei ungleichen Männern vor dem Hintergrund der Schlacht von Clontarf in Szene zu setzen, ohne dass es sich um eine trockene Geschichtsstunde handelt, sondern um solide Unterhaltung, die in einer harschen und unbarmherzigen Zeit angesiedelt ist.

 

Ryan Kelly wurde 1976 geboren und lebt in Saint Paul, Minnesota. Er machte 1998 seinen Abschluss am „Minneapolis College of Art and Design“, wo er unter anderem bei Comic-Zeichner Peter Gross studierte. Mit ihm arbeitete er auch an den DC/Vertigo-Serien „Lucifer“ und „The Books of Magic“. Gemeinsam mit Brian Wood als Autor entstand zwischen 2005 und 2008 die 12 Bände umfassende Serie „Local“ für Oni Press und 2007 „The New York Four“ für DC/Minx. Neben seiner Arbeit als Comic-Zeichner produziert er auch Illustrationen für namhafte Magazine wie das „Time Magazin“ oder auch „Rolling Stone“. Seine Hang zur Malerei brachte ihm schon mehrere Ausstellungen in Minneapolis und Umgebung ein.

 

Die Geschichte von Brian Wood hat es in sich und so obliegt es Ryan Kelly, ein weiteres bluttriefendes und brutales Kapitel der Northlanders-Saga aufzumachen. Die Zeichnungen sind dabei eher klassisch orientiert, wobei die Charaktere wegen ihrem Detailreichtum schon kurz davor stehen als überzeichnet zu gelten. Während Zeichner Gianfelice im ersten Band von „Northlanders“ noch die Balance halten konnte, scheint Kelly diese meines Erachtens nach zu überschreiten: Die Gesichter strotzen nur so vor Falten, Furchen und finsteren Bärten und auch so mancher Muskelbau stimmt mich aus anatomischer Sicht etwas seltsam.

Ein sehr schönes Geschick stellt Kelly allerdings bei Kampfszenen unter Beweis, wenn es ihm gelingt, Panels modern anzuordnen und elegant Perspektiven zu wechseln – eine wunderbare Dynamik entsteht, bei der lediglich die manchmal nicht so sauber dargestellten Figuren ein wenig enttäuschen. Die Koloration von Dave McCaig unterstreicht das irische Flair mit reichlich Grüntönen und erdigen dunklen Farben und immer wieder gelingt es Kelly mit eindrucksvollen Panoramabildern die wunderschöne Landschaft einzufangen.

 

Qualität, Ausstattung & Übersetzung

In Sachen Qualität gibt es bei „Northlanders“ nichts zu bemängeln, auch wenn es sich um einen Softcoverband handelt. Dieser ist solide geklebt und macht einen überaus haltbaren Eindruck, wie man ihn bei Panini gewohnt ist. Außer den gesammelten 8 Heften (Northlanders #11 – #16) der abgeschlossenen Geschichte um Magnus und Ragnar gibt es in Sachen Ausstattung noch die zum Teil martialischen, aber wunderbar gestalteten Originalcover von Massimo Carnevale zu entdecken. Die Übersetzung erfolgte durch Bernd Kronsbein und wie bereits bei Band 1 gibt es im Faltcover einen knappen Text mit Informationen zu Autor und Zeichner.

 

Fazit:

Der Leser sollte den historischen Hintergrund den Brian Wood in seiner Geschichte ausbreitet nicht allzu genau nehmen, da dieser im vorliegenden Fall eigentlich nur ein Mittel zum Zweck ist und die überaus tragische Geschichte von Magnus und Ragnar im Vordergrund steht. Gewalt ist dabei ein dominierendes Thema und so scheut sich Wood nicht, diese in einer finsteren und dunklen Zeit des frühen europäischen Mittelalters zu erzählen, wobei ihn Ryan Kelly mit zum Teil sehr eindrucksvollen und gelungenen Zeichnungen unterstützt.

 

Seinen Figuren hat Brian Wood ein äußerst modernes und meines Erachtens nach nicht sonderlich zeitgenössisches Auftreten verpasst. So sollte der Leser also nicht über den ziemlich lockeren Tonfall erstaunt sein, der zwischen den Akteuren vorherrscht oder über manch eher „modern“ klingende Floskel. Dies dürfte sicherlich ein Zugeständnis an die leichtere Lesbarkeit sein, doch nimmt es der Geschichte manchmal ein wenig den Reiz.

Ebenso hat man bei Ragnar den Eindruck, als würde man sich im Jahre 1014 schon intensiv mit den Feinheiten des „Profiling“ eines gesuchten Mörders auseinandersetzen, wie man es vom FBI oder anderen Strafverfolgungsbehörden der Gegenwart kennt. Das wirkt manchmal etwas überzogen, doch zerstören diese modernen Stilelemente nicht die überaus interessant angelegte Geschichte um Magnus und dessen Tochter, die sich im Laufe der Erzählung seinem vermeintlichen Gegenspieler zuwendet und einige neue und unerwartete Aspekte ins Licht bringt.

 

Obwohl sicherlich ein Hauptaugenmerk auf die raue und brutale Welt des Jahres 1014 in Irland gelegt wird, baut die Geschichte von Brian Wood doch Stück für Stück ihre eigene Zielsetzung auf und stellt dem Leser indirekt die Frage nach dem gerechten Krieg und dem besseren Menschen: Ist es der Nordmann, der Kultur und Zivilisation nach Irland bringt oder der ungebildete Ire, der sich gegen die Besatzer zur Wehr setzt? Überzeichnete Charaktere in einer tragisch-brutalen Geschichte vor der Kulisse Irlands – eine Rechnung die trotz einiger Schwächen aufgeht und zu unterhalten weiß.