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Martha Washington 1 - Ein amerikanischer Traum
Bewertung:
(4.5)
Von: Gordon Gurray
Alias: Talamar
Am: 20.05.2010
Autor:Autor: Frank Miller, Zeichner: Dave Gibbons
Übersetzer:Bernd Kronsbein
Typ:Comic / Graphic Novel
Setting:Fiktive USA ab 1995
VerlagPanini Comics
ISBN/ASIN:978-3-86607-996-0
Inhalt: Seiten, Softcover, US-Format, Band 1 von 3
Preis:19,95 EUR
Sprache:Deutsch

Frank Miller ist mittlerweile ein Name, der nicht nur im Comic-Business eine bekannte Größe ist, was vor allem an verschiedenen Verfilmungen seiner Werke (bspw. Sin CIty) liegt. Bekannt geworden ist Miller jedoch durch seine extravaganten Comics, allen voran seine Interpretation von Batman (Die Rückkehr des Dunklen Ritters) aus dem Jahr 1986. Vor 20 Jahren (1990) tat sich Miller mit Dave Gibbons (Watchmen) zusammen und fabrizierte eine Sci-Fi-Polit-Satire, die gnadenlos über die damalige Gesellschaft und Regierung der USA herzog. Der Titel Martha Washington erscheint zunächst fiktiv, aber bei genauerer Betrachtung trug die Ehefrau des ersten US-Präsidenten George Washington genau denselben Namen. Ein Zufall? Bei Frank Miller wohl kaum, aber dazu später mehr. In Deutschland ist die Serie bis dato nie erschienen, was Panini Comics nun ändern...

 

Inhalt:

Martha Washington wird in ein Amerika geboren, das nicht mehr das ist, was es einmal war. Einst hatte hier jeder irgendwo die Chance etwas aus sich zu machen, doch seit Präsident Rexall geltende Gesetzte gekippt hat und sich seit Jahrzehnten immer wieder wählen hat lassen, sind Wunder nur noch Fantasien. Martha führt - wie tausende andere - ein erbärmliches Leben in den ummauerten Slums von Chicago. Doch Martha hat Ehrgeiz und den Willen was zu bewirken und so ergreift sie die Chance und tritt der Söldnertruppe Pax bei. Pax ist quasi der Rettungstrupp der USA und kommt immer dort zum Einsatz wo es wirklich brennt und das ist derzeit der Regenwald am Amazonas, der vor den großen Hamburger-Ketten geschützt werden muss. Diese holzen den Wald systematisch ab um ihre Profitgier zu stillen und unterhalten eine eigene Privatarmee gegen die sich Pax behaupten muss. Martha ist mittendrin und immer dort wo sie gebraucht wird. Mehr und mehr arbeitet sie sich die Karriereleiter hoch und wird zur Heldin. Und das gibt ihr die Möglichkeit dem korrupten Amerika den Stinkefinger zu zeigen...

 

Zu Story, Schreibstil & Artwork:

Zunächst einmal ist das Setting zu Martha Washington erschreckend realistisch, gerade für damalige Verhältnisse zu Zeiten wo Umweltschutz absolut kein Thema war. Gut, heute ist das alles auch nicht viel anders und noch mehr, das Setting wirkt heute noch viel realistischer als damals, wenn die Story und die Brutalität vielleicht auch ein wenig sehr überzogen wirkt dabei. Wie dem auch sei, Miller zeigt ein Amerika das bei jedem Konflikt in erster Reihe steht und das obwohl es intern genug Probleme gibt. Wirtschaftlich geht es dem Land nicht gut und die Amis werden dank der Fast-Food-Ketten immer fetter. Diese sind sowieso skrupellos und denken nur an den Profit. Auf der anderen Seite wird die Armut immer größer und mehr und mehr Menschen werden in den Slums geboren, wachsen dort auf und sterben dort - oft sehr früh. Auch eine Parallele, die damals wie heute mehr als aktuell in Amerika ist.

 

Zur Person Martha Washington. Wie oben bereits erwähnt kommt die Namensgleichheit zur allerersten First Lady der USA nicht von ungefähr und auch hier gibt es einige Parallelen zur echten und der fiktiven Martha. Auch die echte Martha rebellierte ein wenig gegen die Regierung sprich gegen ihren Mann und war gegen seine Einsetzung als Präsident. Außerdem war sie selbst auf den Schlachtfeldern des Unabhängigkeitskrieges an seiner Seite und sorgte für die Moral der Truppen. Diese Charakterzüge hat Miller auch seiner farbigen Martha aufgedrückt und so wird klar, das die Namensgebung definitiv kein Zufall war.

 

Die Story selbst schildert den Werdegang von Martha quasi von Geburt an, zeigt ihren Lebensweg bis sie der Slum-Hölle entkommt um in die nächste Hölle geworfen zu werden. Kaum in der Armee wird klar, das Lt. Moretti der Bösewicht ist, der von Marthas Erfolg mehr als nur profitiert und die Dame natürlich vollkommen ausnutzt. Doch Martha lässt sich nicht unterkriegen und selbst als sie quasi zum Abschuss freigegeben wird, schafft sie es ihren Hals aus der Schlinge zu ziehen.

Auf ihrem Weg hat Martha es mit allerlei skurrilen Gegnern und Parteien zu tun: machtgeile Nazis, einen wahnsinnigen Doktor, profitgierige Fast-Food-Konzerne und letztendlich auch die US-Regierung selbst.

 

Miller erzählt das Ganze äußerst satirisch und sarkastisch, aber auch spannend und ergreifend. Miller typisch ist der Comic auch nichts für schwache Nerven und ziemlich brutal in seiner Darstellung, was natürlich auch mit an den Artworks von Dave Gibbons liegt, die nicht ohne sind. Seine Illustrationen bestechen durch viele Details und feine Konturen und eine kraftvolle Kolorierung. Parallelen zu "Watchmen" sind hier unverkennbar, aber das Ganze passt einfach sehr gut zum Setting und der Erzählung.

 

Qualität & Ausstattung:

Der Band kommt im Softcover mit Faltklappen. Das üppige Buch ist optisch sehr amerikanisch aufgemacht. Die Produktionsqualität weiß zu überzeugen. Extras gibt es nicht. Der Band umfasst den ersten Zyklus und ist die erste von drei Episoden.

 

Fazit:

"Martha Washington" gilt in Fachkreisen als satirisches Sci-Fi-Meisterwerk und wurde nicht umsonst mit einem Eisner-Award prämiert. Der 1990 veröffentliche Klassiker aus der Feder von Frank Miller und Dave Gibbons fand allerdings bis heute nie seinen Weg in die deutsche Sprache, was sich nun aber dank Panini geändert hat.

Martha ist eine bitterböse satirische Zukunftsvision der USA (aus damaliger Sicht), die heute mehr denn je aktuell zu sein scheint. Martha nimmt nicht nur den amerikanischen Traum ins Kreuzfeuer, sondern auch Regierung und Gesellschaft und zeigt gnadenlos wohin der Weg der USA aus Sicht des Autors führt. Dabei nimmt die Erzählung kein Blatt vor den Mund, weder in sprachlicher noch optischer Hinsicht und ist extrem brutal. Dennoch ist die Story spannend und fesselnd und regt auch zum Nachdenken an. Eine Sache, die nicht viele Comics von sich behaupten können. "Martha Washington" gehört zu den großen Comicklassikern und ist in einem Atemzug mit "Watchmen" und ähnlichen Werken zu nennen. Dieses Werk gehört definitiv in die Sammlung aller, die extravagante und mutige Comics mögen. Zugreifen!