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Wildwechsel
Bewertung:
(3.6)
Von: Dirk Schlösser
Alias: Drumlin
Am: 02.08.2010
Autor:Falk Behr, Lars Blumenstein, Robert Derie, John Dunn, Patrick Goodman, Jennifer Harding, Adam Large, Stephen McQuillian, Aaron Pavao, Benjamin Plaga, Melanie Schulze, Malik Toms
Übersetzer:André Wiesler
Typ:Regelerweiterung/Kampagnenweltbeschreibung
System:Shadowrun 4.01D
Setting:Die sechste Welt 2072
VerlagPegasus Press
ISBN/ASIN:978-3-941976-07-8
Inhalt:232 Seiten, Hardcover
Preis:29,95 EUR
Sprache:Deutsch

 

Wildwechsel stellt das Critterdossier der vierten Version von Shadowrun dar. Damit impliziert es, eine Art Monsterhandbuch für die Welt 2072 zu sein.

Erster Eindruck

Wildwechsel kommt, wie eigentlich alle Shadowrunbücher von Pegasus, mit einem stabilen Hardcover. Das Coverbild erinnert ein wenig an klassische Rollenspielcover, wie beispielsweise das vom Pathfinder RPG. Natürlich nimmt es aber Elemente der sechsten Welt, um seine Wirkung zu erzielen. So wird die Gruppe zum Beispiel von vercyberten Höllenhunden angegriffen, der axtschwingende Kämpfer wurde durch einen weiblichen Ork-Pistolero ersetzt, der Magier ist diesmal ein Zwerg und im Vordergrund versucht verzweifelt ein Hacker seinen Job zu machen.

Wie in den vielen anderen Shadowrun-Erweiterungs- und -Quellenbüchern von Pegasus, finden wir auch hier die üblichen Zugaben. Ein nettes Leseband, hochwertiges, stabiles Papier für die Seiten und Illustrationen von relativ hoher Qualität. Sogar ein Index für die Critter und ihre Kräfte findet sich am Ende des Buches, der sogar die Critter und Kräfte aus dem Grundregelwerk und den Büchern Straßenmagie und Bodytech mit den dortigen Seitenzahlen aufführt.

Leider finden sich in Wildwechsel auch die üblichen negativen Punkte. So sind die Illustrationen allesamt schwarz-weiß, wodurch sie einiges Potential einbüßen. Genauso tauchen auch die Rechtschreibfehler der üblichen Art auf. Hier mal ein Wort zu viel, da mal eins. Und zum Ausgleich werden woanders welche weggelassen. Diese Fehler sind aber nicht so katastrophal, dass sie allzu sehr auf die Nerven gehen oder gar zu Unverständlichkeit führen.

Inhalt

Wildwechsel besitzt insgesamt elf Kapitel. Das Erste ist dabei mehr eine Einleitung und beschreibt den Zustand der Flora und Fauna im Jahre 2072. Hierzu wird auch eine Liste der seit 2010 ausgestorbenen Tiere geliefert. Ebenso werden kurz domestizierte Tiere vorgestellt. Das umfasst sowohl Haustiere als auch Sicherheitscritter. Außerdem werden hier auch noch kurz Geister und die neuen Technocritter angesprochen. Schließlich wird dem Leser das Wesen der modernen Jagd dargelegt – sowohl der legalen als auch der Wilderei. Außerdem wird noch aufgezeigt, welche Schwierigkeiten beim Tierschmuggel auftreten können.

Den Abschluss dieses Kapitels bildet eine vollständige Beschreibung von Hagenbecks Tierpark, in Hamburg, inklusive Geschichte, Karten und was man sonst noch alles als Spielleiter brauchen könnte. Man erhält hier dadurch so viele Aufhänger für Runs, dass niemand mehr behaupten kann, er wüsste nicht, was er seinen Spielern bieten solle. Negativ fiel mir hier jedoch auf, dass die Karten von Hagenbecks Tierpark schwach gedruckt sind, so dass man schon gute Augen braucht, um etwas zu erkennen. Desweiteren fehlen eine Legende und eine Kompassrose. So muss man aus dem Text schließen, wo Norden ist und die Lage der Gebäude abschätzen.

 

Das zweite Kapitel in Wildwechsel erweitert die Critterregeln. Es stellt dar, wie sich Critter im Sicherheitsdienst verhalten, welche regeltechnischen Auswirkungen es hat, wenn sie vercybert werden, Haltung und Pflege und so weiter.

Ebenso werden die Rollen von Haustieren und von Crittern im öffentlichen Einsatz erklärt, zum Beispiel im Such- und Rettungsdienst.

Anschließend werden noch die verschiedenen Critterarten kurz vorgestellt, die da wären: Mundan, Paranormal und Emergent. Dazu kommt noch die Art der sapienten Critter. Es werden auch Regeln für Schwärme und Rotten von Crittern geboten, die jedoch auf mich relativ kompliziert wirken und wohl öfters nachgelesen werden müssen, bis man sie drauf hat.

Falls einem die normalen Critter langweilig werden, werden hier auch Regeln zur Erschaffung von Kriegsformen und Chimären geboten, die die großen Konzerne gerne einsetzen. Dies sind, im Prinzip, genmanipulierte Critter, die nun extrem stark und widerstandsfähig sind oder irgendwelche besonderen Eigenschaften haben. Hier dürfen die Regeln für ihre Erschaffung, inklusive Beispielen und die Regeln zur Vercyberung von Crittern natürlich nicht fehlen. Biodrohnen werden ebenfalls kurz angesprochen, dann jedoch, sehr unschön, wird auf Bodytech verwiesen.

Da jeder, der einen Critter haben will, wissen muss wie man einen solchen bekommt, enthält dieses Kapitel eine Tabelle für Anschaffungs- und Unterhaltungskosten, Informationen wie man an welche Critter kommt und die neue Fertigkeitsgruppe der Tierhaltung. Sie besteht aus den ebenfalls neuen Fertigkeiten Abrichten, Reiten, Tierführung und Vettech. Letzteres wird zur medizinischen Behandlung von Crittern benötigt.

Ein großer Abschnitt beschreibt schließlich noch die Abrichtung von sowohl Einzeltieren, als auch von ganzen Rudeln, Rotten und sogar Schwärmen.

Den Abschluss bilden die zusätzlichen Lebensstilkosten für ein Haustier, zusammen mit ein paar neuen Lebensstilgaben für diejenigen, die die erweiterten Lebensstilregeln nutzen.

 

Das nächste Kapitel widmet sich vollständig den sapienten Crittern. Dazu gehören die Arten von Sapienten, ihre Rechte und ihr Leben in der Welt und den verschiedenen Ländern.

Hier werden die nichtmenschlichen Kulturen beschrieben und wie die einzelnen Wesen mit der hochtechnisierten metamenschlichen Gesellschaft von 2072 zurechtkommen.

Die Kulturen der Nagas, Zentauren und Gestaltwandler werden hier genauer vorgestellt.

 

Auch den vom MMVV Infizierten wurde ein eigenes Kapitel gewidmet. Dieses Kapitel widmet sich jeder der Varianten dieses Virus einzeln. Bei jeder Variante werden die Arten der Übertragung und die Symptome der Krankheit beschrieben. Dazu gibt es eine Tabelle, die die Auswirkungen von MMVV nach Variante und Metatyp auflistet. Jedoch fällt hier negativ auf, dass eine Trollvariante fehlt.

Da MMVV sich nicht gerade wie ein normaler Virus verhält, wird hier noch einmal auf seine magische Natur, als auch auf sein sonstiges seltsames Verhalten hingewiesen. Außerdem werden noch Namen einiger Critter genannt, die das MMVV übertragen, ohne selbst daran zu leiden.

Damit der Spielleiter Infizierte auch einsetzen kann, werden hier Werte für alle Arten von Infizierten geboten. Als Neuerung wird noch die Droge Renfield eingeführt, die Infizierte herstellen, um sich Lakaien, „Renfields“, zu beschaffen. Wer wollte nicht schon immer seinen eigenen Renfield haben?

Zu diesem Kapitel sei gesagt, dass Spieler, die einen Infizierten spielen wollen, zum Runnerkompendium greifen sollten, da hier nur die NSC-Variante besprochen wird.

 

Welche Critter sind wohl, in der Welt von Shadowrun, die wichtigsten? Richtig, die Drachen. Deshalb widmet sich das fünfte Kapitel von Wildwechsel diesen einmaligen Wesen. Es beginnt mit der Beschreibung von Draka und Drakes. Danach folgen ähnliche Infos über Drakomorphe und Drakoformen. Diese sind jedoch immer sehr knapp gehalten, genau wie die Darstellung des Lebenszyklus der Drachen. Danach wird noch kurz auf die Drachenkultur eingegangen und dann das wichtigste dieses Kapitels geliefert: Eine Auflistung aller siebzehn großen Drachen der Welt, jeweils mit kurzem Lebenslauf und dem Ort ihres Hortes. Zusätzlich werden noch vier der gewöhnlichen Drachen vorgestellt.

Zwei Drachenlegenden werden noch kurz angerissen, bevor es zu den Werten der einzelnen Drachenarten geht. Hier fehlen jedoch die aus dem Grundregelwerk, dafür gibt es jede Menge neue Arten, wie die Hydra, der Eisdrakon oder der Lindwurm. Wer jedoch nach Werten von Drakas, Drakoformen oder Drakomorphen sucht, wird hier nur auf das Runnerkompendium verwiesen, da sie fast immer Top-Runner oder Spielercharakter sein sollten. Etwas seltsam. Insgesamt hätte das Kapitel ruhig etwas länger sein können, geht es doch hier um die Critter mit dem größten Einfluss auf die Metamenschheit.

 

Das Kapitel über mundane Critter liefert nicht viel Informationen, dafür umso mehr Spielwerte. Hier werden jede Menge Tiere vorgestellt und die jeweiligen Werte geliefert. Hier ist einiges an nützlichem dabei, doch fragt man sich bei so manchen nach dem Sinn. Zum Beispiel beim Goldfisch. Es passiert schließlich ständig, dass man ganz dringend die Werte für einen maximal faustgroßen Fisch braucht.

 

„Paranormale Critter“ wird dafür von Anfang interessanter. Es werden die unterschiedlichsten Kreaturen mit den seltsamsten Fähigkeiten vorgestellt. Sortiert sind sie dabei nach Verbreitungsgebiet, was einem die Suche nach dem passenden Critter erleichtert. Aber auch hier fallen einige Kuriositäten, sowohl im Konzept als auch in der Namensgebung auf. So sorgte bei mir der Munchkin für ein Schmunzeln, ebenso wie die Rollschlange, die sich in den Schwanz beißt und versucht, den Gegner zu überrollen. Ansonsten wirken die Critter aber gut durchdacht und stimmig.

 

Das folgende, recht kurze Kapitel behandelt die mutierten und die toxischen Critter. Dabei wird erst einmal kurz auf die Herkunft mutierter und toxischer Critter eingegangen, bevor die Regeln zur Erschaffung solcher, mit jeweils sechs Beispielen, erläutert werden.

 

Ein weiteres Kapitel widmet sich den „Fremdartigen Geistern“. Darunter zählen Feenwesen, Gespenster, Omen, Kobolde und Urgeister. Zu allen werden natürlich Werte geliefert, das Verhalten und das Vorkommen beschrieben. Erläuterungen, wie man mit diesen Fremdartigen Geisterpakte eingeht, werden zwar auch geliefert, sind aber ohne Straßenmagie eigentlich nicht zu gebrauchen.

 

Eine neue Art von Critter hat sich in der sechsten Welt eine Nische erobert. Die sogenannten Technocritter. Auch deshalb haben sie ein eigenes Kapitel erhalten. Technocritter sind im Prinzip nichts anderes, als die Technomancer der Tierwelt. Deshalb widmet sich dieses Kapitel hauptsächlich dem Verhalten dieser Tiere und ihren Matrixattributen.

Vom Konzept der Technocritter mag jeder halten, was er will. Mir gefällt es, aber mich würde es nicht wundern, wenn es der ein oder andere als verstörend oder lächerlich empfindet.

 

Das nächste Kapitel schließt thematisch an die Technocritter an und wirft einen Blick auf protosapiente Kis (Vom Verhalten eher tierartige KIs). Auch hier werden einige Hintergrundinformationen zu Gewohnheiten und sonstigem Verhalten geboten und natürlich einige protosapiente KIs mit Werten, unterteilt nach Art der KI.

 

Das letzte Kapitel „Critterkräfte“ ist im Prinzip nichts anderes, als eine Aufzählung und regeltechnische Erklärung derselben. Die Kräfte werden in mundan, paranormal und emergent unterteilt. Da einige Critter auch Schwächen haben, werden natürlich auch diese aufgeführt. Positiv ist hier anzumerken, dass auch die Kräfte und Schwächen aus dem Grundregelwerk aufgeführt werden. Das spart herumblättern, wenn der Spielleiter einen neuen Critter erschafft.

 

Abgeschlossen wird das Buch von einem durchaus brauchbaren Index, der alle Critter und ihre Kräfte aufzählt, inklusive denjenigen im Grundregelwerk, Straßenmagie und Bodytech.

Fazit:

Wildwechsel ist ein weiteres Quellenbuch für Shadowrun 4 aus dem Hause Pegasus. Für Spielleiter ist es durchaus brauchbar, vor allem, wenn man sie unter Einfallslosigkeit leiden. Beim Lesen hat man oft das Gefühl, die Autoren halten ein Schild hoch, auf dem steht: „Mach einen Run daraus!“, und schlagen es ihm dann ins Gesicht. Auch für traditionellere Runs bietet Wildwechsel zumindest ein paar Sicherheitscritter.

Aber bei all den guten Seiten, hat das Buch auch seine Nachteile. Zum Einen kommen doch einige Merkwürdigkeiten darin vor, bei denen man sich nicht sicher ist, ob sie wirklich ernst gemeint sind, wie der Munchkin oder der Goldfisch. Zum Anderen hat sich auch der ein oder andere Fehler eingeschlichen, wie eine vergessene Version des Trollvirus in einer Tabelle oder auch ein oder zwei Critter, die zwar im Text erwähnt werden, aber dann nie wieder auftauchen.

Für Spieler ist das Buch außerdem fast komplett nutzlos, außer dem Kapitel „Erweiterte Critterregeln“, das die neue Fertigkeitsgruppe Tierhaltung enthält und die Regeln für Haustiere. Da es aber eher als Quellenbuch für den Spielleiter gedacht ist, sei dies entschuldigt.

Doch selbst als Spielleiter ist man ohne die Bücher Straßenmagie, Bodytech und eventuell Vernetzt leicht aufgeschmissen, da man dann viele Optionen nicht nutzen kann.

Ansonsten ist das Buch aber sehr gut geschrieben, schreit förmlich danach genutzt zu werden und ist eine große Hilfe für das Spiel, daher gibt es von den fünf möglichen Punkten 3,6. Und damit ist der Neupreis von 29,95 durchaus vertretbar.