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Halo 2 - Die Invasion
Bewertung:
(4.1)
Von: Peter Basedau
Alias: Zanan
Am: 13.11.2010
Autor:William C. Dietz
Übersetzer:Claudia Kern
Typ:Sci-Fi - Militärroman
Setting:Halo
VerlagPanini Comics
ISBN/ASIN:978-3-8332-1082-2
Inhalt:410 Seiten, Softcover
Sprache:Deutsch

Orna 'Fulsamee kämpfte einen Moment lang gegen seinen Ekel an. Dass diese schmutzigen Primaten überhaupt einen Namen erhalten hatten, dass man sogar ihren minderwertigen Konstruktionen Namen verlieh, widerstrebte ihm zutiefst. Es war pervers. Namen implizierten Rechtmäßigkeit, und diese Parasiten hatten nur das Recht auf Ausrottung.

 

Vorab

Das vorliegende Halo II – Die Invasion (The Flood) stellt den offiziellen Roman zum Videospiel Halo – Combat Evolved dar, welches als Launch-Produkt der x-box erschien. Er ist bislang in der Romanserie der einzige seiner Art, die Handlungen der anderen Bücher spielen sich vor, zwischen oder jenseits von den Videospielen ab.

William C. Dietz schrieb zuvor Legion of the Damned, Deathday und auch Earthrise, weitere Bücher der Halo-Reihe überließ man anderen Autoren. Die Numerierung der Romanreihe wird hier zu Abgrenzung von den Spielen mit römischen Ziffern angegeben.

 

Aufmachung

Panini hat wiederum das Originalcover von Ballantine Books übernommen, welches in gewohntem Hochglanz den „Master Chief“ zeigt, der sich gegen die „Kreaturen der Flut“ genannten Aliens zur Wehr setzen muss. Über Allem prangt das bekannte Halo-Zeichen. Der Originaltitel The Flood bringt den Inhalt des Romans zwar nicht völlig auf den Punkt, worauf der deutsche Titel allerdings abzielt, ist ein noch größeres Rätsel.

Das vorliegende Exemplar entstammt der 6. Auflage (März 2010) des 2004 erstmalig auf deutsch erschienenen Romans.

 

Inhalt

Halo II setzt nahtlos am Ende von Halo I – Die Schlacht um Reach an, in dem der Angriff der Allianz auf eine der wichtigsten Militärbasen der UNSC beschrieben wird. Eigentlich für einen Spezialauftrag ausgerüstet, bei dem nicht zuletzt die Spartaner genannten Elitesoldaten des UNSC eine wichtige Rolle spielen, wird die „Pillar of Autumn“, ein Kreuzer der Halcyon-Klasse, in die Schlacht verwickelt, muss jedoch fliehen, um nicht der Vernichtung anheim zu fallen. Der Spartaner-117, auch „Master Chief“ genannt, ist mit an Bord, ebenso wie die in einer Cryokapsel tiefgefrorene, tödlich verletzte Spartanerin-058 (Linda). Von dieser weiß der Master Chief jedoch ebenso wenig, wie vom Kurs, den die Pillar einschlägt. Cortana, die hochentwickelte Künstliche Intelligenz (KI), welche der Infiltrationsmission der Pillar zugeteilt wurde, hatte diesen Kurs aus den Daten der Allianz und einer unbekannten Spezies extrahiert. Am Zielort angekommen, entdeckt der Captain der Pillar, Jacob Keyes, nicht nur Allianzschiffe, sondern ein Gebilde, welches sich zwischen dem Gasriesen Threshold und dessen Mond befand.

 

„Der Ring hat einen Durchmesser von zehntausend Kilometern,“ meldete Cortana. „Er ist zweiundzwanzig Komma drei Kilometer tief. Die Spektralanalyse ist ergebnislos, aber die Muster passen zu keinem bekannten Allianz-Material, Sir.“

 

Dieser Ring, im Folgenden Halo genannt, ist eine Raumstation der im Spiel Blutsväter genannten Rasse. Halo ist, wie später herauskommt, nicht einzigartig ist und trägt eigentlich den Namen „Einrichtung 04“. Von hier an beginnt die Beschreibung der Handlung des Videospiels, welche Dietz natürlich um viele im Spiel nicht deutlich gewordene Details erweitert. Die Pillar of Autumn wird durch Feindbeschuss zum Absturz gezwungen, doch Captain Keyes gelingt es, einen Großteil der Besatzung vor dem Aufprall in Sicherheit zu bringen. Dazu gehört der im Schnellverfahren aus dem Cryoschlaf geweckte Master Chief, der sich zunächst an Bord der Pillar mit Enterkommandos der Allianz herumschlagen muss. Auch die Landung geht nicht glatt und so bleibt dem Spartaner nichts anderes übrig, als sich auf der beeindruckenden Oberfläche von Halo auf die Suche nach anderen Überlebenden zu machen. Zudem hat natürlich auch die Erkundung dieses fremdartigen Konstrukts eine hohe Priorität. Auf der Mission wird er von der KI des Schiffes begleitet, die auf Keyes’ Befehl hin per Speicherchip in die MJOLNIR-Panzerung des Spartaners übertragen wird.

Während nun der Master Chief entsprechend dem Spiel von einem Handlungsort zum anderen reist, erfahren die Leser des Romans weitaus mehr als nur eine monotone Abfolge der Geschehnisse im Spiel. Denn Dietz spinnt mehrere Handlungsfäden neben dem des Spartaners und gibt uns erstmalig auch Einblicke in die Kultur der Allianz. Der Erfolg der Spartaner ist nämlich dem Nachrichtendienst der Allianz mitnichten entgangen und ein Krieger aus den Reihen der Eliten (einem der Völker der Allianz) namens Zuka 'Zamamee verfolgt den Spartaner durch die einzelnen Berichte über dessen Aktionen. Ihm zur Seite steht – sehr unfreiwillig – der „Grunt“ Yayap, einer der kleinen, methan-atmenden Krieger der Allianz. Wir begleiten diese beiden von ihrem ersten bis zu ihrem letzten Aufeinandertreffen mit dem Master Chief – 'Zamamee stellt ihm beispielsweise eine Falle, die im Spiel in der Mission „Der Schweigende Kartograph“ zu überstehen ist. Parallel dazu erzählt uns Dietz auch die Geschichte um andere Überlebende des Absturzes der Pillar, die sich um den ODST Major Silva und dessen Stellvertreterin FL Melissa McKay sammeln. Die UNSC-Truppen bauen eine eigene Basis auf, von der aus sie mit und ohne den Master Chief agieren und versuchen, der Allianz Paroli zu bieten. Zu diesen Truppen gehört auch die Pilotin des Pelican-Landungsbootes Echo 419, Carol „Foehammer“ Rawley, die im Spiel ein ums andere Mal dem Spartaner zur Seite steht. Dietz verbindet und entwirrt die Handlungsfäden mehrfach, bevor sie sich am Ende des Romans doch alle erneut in einem Hauptstrang treffen. Einzig am Schicksal einiger Nebenakteure hätte er noch etwas feilen können.

 

Übersetzung

Obgleich Dietz kein Nylund ist, wurde die allgemeine Übersetzung wiederum nahezu perfekt umgesetzt und das Halo-Gefühl kommt nie abhanden. Vieles von dem, was im Folgenden angesprochen wird, kann der Leser, dem das Spiel gänzlich unbekannt ist, getrost ignorieren, es wird lediglich den Mitgliedern der sogenannten Halo Nation auffallen.

Anders als im ersten Roman gibt es hier eine direkte Vorlage für die verwendeten Bezeichnungen und „Fachbegriffe“, da diese sowohl im Spiel, als auch in dessen Beiheft aufgeführt sind. Zunächst wird dem Halo-Veteranen auffallen, dass Cortana den Master Chief mit „du“ anspricht, was in keinem der drei Halo-Spiele, in denen er die Hauptrolle spielt, der Fall ist. Zwar waren zum Zeitpunkt des Erscheinens die Rassennamen der Allianz noch nicht bekannt, doch ist dies seit Halo VI – Das Cole – Protokoll (vgl. dessen Rezension) bzw. der Halo Encyclopedia nicht mehr der Fall. Dahingehend kann man z.B. in zukünftigen Auflagen Kommentare der Eliten über Grunts und Schakale doch eher mit den Allianznamen versehen, denn es ist kaum wahrscheinlich, daß die Allianz untereinander Menschenbezeichnungen für ihresgleichen verwendet. Zu den bereits unpassend englisch belassenen Huntern und Jackals (im ersten Spiel schon deutsch) gesellen sich nun auch Schiffsnamen, die mal englisch, mal deutsch auftreten. Im Roman werden die Schiffe der Allianz stets übersetzt, was im Spiel nicht der Fall ist. Das sorgt natürlich bei einem „Roman zum Spiel“ für ein wenig Verwirrung. Die Truth and Reconciliation wird so etwa zur Wahrheit und Versöhnung. Die Schiffe der UNSC, im gleichen Englisch wie die der Allianz, bleiben jedoch im Original. Auch wurden Kapitel, die zum Teil mit denen des Spiels völlig übereinstimmen, anders benannt (Der Schweigende Kartograph -> Der Stille Kartograph). Fragt man sich natürlich: warum? Ein kurzer Blick ins Spiel oder die Nachfrage bei den Spielern, der genannten „Halo Nation“, hätte hier schnell geholfen. Daher gibt es „Abzüge in der B-Note“. Ansonsten gibt es nur kleine Ungereimtheiten, über die man gerne hinwegsieht. Das Bordgeschütz des Pelican ist eine 70 mm Kanone, die im Original als „machine gun“ bezeichnet wird. Natürlich ist dies im Deutschen kein „Maschinengewehr“, denn Waffen mit einem Kaliber, welches dem eines Kampfpanzers vom Typ Panther oder T 34 bzw. einer modernen Fregatte entspricht, kann man durchaus als Maschinenkanone oder gleich als Bordgeschütz bezeichnen.

Gerade bei den Dialogen und Idiomen zeigt die Übersetzerin aber wieder ihr ganzes Können.

 

„Die Vorgehensweise, die der Heilige vorschlägt, wird vermutlich viele Opfer fordern. Ist das akzeptabel?“

„Man sollte sich danach sehnen, die körperliche Ebene verlassen zu dürfen,“ antwortete sein Gegenüber. „Die Menschen sind bereit, ihr Leben zu opfern – sollen wir mit weniger aufwarten?“

Nein, dachte 'Fulsamee, aber wir sollten danach streben, mit mehr aufzuwarten.

 

Fazit

Kaufen! Auch wenn dies „ein Buch zum Spiel“ ist, welche gewöhnlich reine Anhängsel sind und kaum etwas Neues bieten, ist dies bei Halo II – Die Invasion nicht der Fall. Denn es wird eben nicht nur die blanke Geschichte des Spiels erzählt, sondern dem gesamten Hintergrund Leben eingehaucht. Und das gilt sowohl für die UNSC-Einheiten, angefangen von der Brückencrew und den Technikern, die den Master Chief aus dem Tiefschlaf holen, bis hin zu einzelnen Charakteren unter den Truppen der Allianz. Gerade bei den letzteren erhalten wir erstmalig einen Einblick in die Denkstrukturen und Hierarchien. So beschritt Halo II einen weiteren Schritt auf dem Weg zum Erfolg des Halo-Universums, welches in Fachkreisen heute auf eine Stufe mit Star Wars gestellt wird. An Halo I reicht das Buch nicht heran, aber lesenswert ist es allemal.