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Götterdämmerung 3 - Fafner
Bewertung:
(3.5)
Von: Jörg Deutesfeld
Alias: Debaser
Am: 08.03.2011
Autor:Nicolas Jarry (Szenario) und Djief (Zeichnungen)
Übersetzer:Tanja Krämling
Typ:Comic / Graphic Novel
Setting:Fantasy
VerlagSplitter Verlag
ISBN/ASIN:978-3-86869-134-4
Inhalt:48 Seiten, Hardcover
Preis:13,80 EUR
Sprache:Deutsch

Inhalt:

Während vor den Toren von Walhalla ein erbitterter Kampf gegen die Horden aus Jotunheim tobt, dem sich Götter Asgards stellen, scheint Wotan verschwunden zu sein. Auf sich alleine gestellt obliegt es den verbliebenen Göttern den Angriff abzuwehren. Doch es ist nur eine Frage der Zeit, bis der nächste Ansturm kommt und die Verteidiger diesen nicht mehr aufhalten können.

 

Siegfried wächst unterdessen bei seinem Ziehvater Mime auf und muss schmerzvoll am eigenen Leib lernen, die Welt der Menschen zu meiden, gilt er doch als Ausgestoßener, der bei einem Monster aufwächst. Doch sein Ziehvater Mime, der Nibelung, hat große Pläne mit Siegfried, will er diesen doch dazu anstiften den Drachen Fafnir zu töten. Es ist eine weitere Lüge, die er Siegfried erzählt und die den Drachen Fafnir als den Mörder seiner Mutter darstellt. Die Worte von Mime zeigen Wirkung bei Siegfried, der sich entschließt den Drachen zu töten. Doch kein Schwert ist imstande das Biest zu verletzen und so muss sich der noch junge Siegfried in Geduld üben.

 

Der hinterlistige Loge hingegen treibt unterdessen mit einer Wane ein durchtriebenes Spiel und schafft es Siegfried in die Arme der Walküre Brunhilde zu locken – zumindest in dessen Träumen. Die Jahre vergehen und während die Nornen den Faden der Zeit immer weiter spinnen, wächst Siegfried zu einem jungen und stattlichen Mann heran, der von dem Wunsch angetrieben wird, seine Mutter zu rächen und den Drachen zu töten. Doch das passende Schwert mit einer Klinge, mit der er Fafnir töten kann scheint nirgends zu finden sein, weder in den finstersten Höhlen der Berge noch bei den ältesten Geheimnissen der Nibelungen.

 

Siegfried hegt, trotz aller Schmähungen durch die Menschen aus dem Dorf, keinen Groll gegen diese hegt. Er will sie sogar vor einer nahenden Horde warnen, die das Dorf vernichten will, doch statt ihn anzuhören verjagt man ihn. Zornig über die Verbohrtheit der Menschen flieht der von Schuldgefühlen zerfressene Siegfried, der aus der Ferne den Feuerschein des brennenden Dorfes gesehen hat ziellos in die Berge um dort eine ganz besondere Entdeckung zu machen, die ihm seinem Wunsch näher bringt.

 

Schreibstil & Artwork:

Der Autor Nicolas Jarry wurde am 19.06.1976 in Rosny-sous-Bois, einem Vorort von Paris, in Frankreich geboren und wandert als Szenarist für Comics, sowie als klassischer Romanautor zwischen den beiden Genres. Seine erste große Romanproduktion hieß „Les Chroniques d'un guerrier Sînamm“, ein drei Bände umfassender Fantasy-Zyklus, der zwischen 2000 bis 2001 bei Editions Mnémos erschien. Beim renommierten „Festival du Film Fantastique“ in Brüssel lernte er Jean-Luc Istin kennen, mit dem der für den Verlag Soleil ab 2003 die Reihe „Les Brumes d'Asceltis“ und später „Les exilés d'Asceltis“ schuf.

 

Gemeinsam mit Autor France Richemond schrieb er an den beiden Bänden „Sphinx“ und „Le peuple de la mer“ mit, einer historisch-mythologische Saga die im Verlag Rocher veröffentlicht wurde. Als Autor ist er unter anderem aber auch an dem Band „L'essayeur des anneaux“ (dt. „Die Mär der Ringe“; Epsilon Verlag) beteiligt, die 2003 bei dem Verlag Delcourt erschien und die Geschichte von Tolkiens „Herr der Ringe“ satirisch aufs Korn nimmt, als auch an der Fantasy-Reihe „Les Contes de Brocéliande“, die als Comic seit 2004 im Verlag Soleil erscheint. Überaus umtriebig folgte 2003 die Reihe „Les Chroniques de Magon“ und 2005 der One-Shot „Maxime Murène“ für den Verlag Delcourt. Seine erste Zusammenarbeit mit Djief war bereits 2006 für den ersten Band von „Tokyo Ghost“.

 

Mit seiner Interpretation des klassischen Stoffes der Nibelungensaga präsentiert Autor Nicolas Jarry ein recht modernes und eher an Fantasy gemahnendes Szenario, welches nicht unbedingt auf die klassischen Klischees, die man vielleicht mit Richard Wagner und dessen Bühnenfassung assoziiert, bedient.

 

In dem mittlerweile dritten Band der Reihe (hier möchte ich das Prequel „Der Fluch des Rings“ von Jean-Luc Istin und Gwendal Lemercier, der als Band 0 der Reihe erschien, außen vor lassen), widmet sich Jarry seinem Protagonisten Siegfried und dessen Jugend, die vom Spannungsverhältnis zweier Welten geprägt ist: Seinem Ziehvater, dem Nibelung Mime, der sich durch einen Trick von Loge dem Jungen angenommen hat und ihn erzieht und prägt, so wie der Welt der Menschen, die Siegfried fremd bleibt, ist er doch ein gesellschaftlich Geächteter aus der Sicht der Menschen des nahegelegenen Dorfes.

Und so liefert Jarry eine, aber in sich sehr schlüssige Interpretation der Figur von „Siegfried“, wie sie dem Leser in ihrer Grundkonzeption sicherlich aus dem klassischen Sagenstoff vertraut ist. Natürlich gibt es auch weiterhin das Ränkespiel der Götter, in deren Augen die Menschen vermeintlich nur Staffage sind – ein Trugschluss, wie der Schluss dieses Bandes zeigt.

 

Der Kanadier Jean-François Bergeron, dürfte dem Leser wahrscheinlich besser unter seinem Künstlernamen „Djief “ bekannt ist, wurde am 07.07.1971 in LaSalle (Québec) geboren.

Von Beruf eigentlich Experte für Computer-Graphiken im 2D- und 3D-Bereich und Designer für Videogames, der lediglich in seiner Freizeit im Comic-Bereich arbeitete, hatte er 1989 sein Debüt in der neunten Kunst anlässlich eines Austauschs von kanadischen und belgischen Künstlern, die an dem Album „Villa Versa“ (Éditions Papyrus) arbeiteten. Zu seiner großen Überraschung gewann er hierfür 1990 in Charleroi (Belgien) einen Preis anlässlich des „6ième Concours International de Bande Dessinée“ und weitere Arbeiten im Comicbereich sollten folgten: Er arbeitete an den Alben „Ecran d'Arrêt“ und „Rêves“ mit, illustrierte einige kürzere Szenarios von André-Philippe Côté, zeichnete 1993 „La Voyante“ für den Verlag Falardeau und gründete mit seinen Freunden Éric Asselin und Philippe Girard das Comic-Fanzine „Tabasko!“.

 

Begeistert von moderner Technologie arbeitete er 2002 wieder mit André-Philippe Côté an dem Multimedia-Comic „L'Oreille Coupée“. Seit 2002 arbeitet er auch gemeinsam mit Szenarist Alcante (Didier Swysen) gelegentlich für das Comic-Magazin „Spirou“. 2005 wurde er Vollzeitmitarbeiter als Illustrator bei „Studio Grafiksismik“, einem Künstlerkollektiv in Quebec, welches sowohl im Bereich Comics, als auch Animation, Videospiele und Filmbereich tätig ist. Allerdings arbeitet Djief seit 2006 als Freelancer weiter und produziert vorwiegend Zeichnungen für französischsprachige Comics in Europa, unter anderem für Soleil aber auch Glénat.

 

Djief hat in seinen Bildern einen sicheren und ausdrucksstarken Stil, doch bereits in den anderen Bänden der Reihe habe ich das etwas blasse Aussehen der Figuren und Landschaften bemängelt. Unterstützung erhält Djief in diesem Band durch den Koloristen Olivier Héban, der es sehr gut versteht die bislang eher etwas müden und glatten Farben etwas gefälliger zu gestalten. Die Farbtöne sind zwar auch weiterhin dunkel und bewegen sich in naturverbundenen Grün- und Erdtönen, aber plötzlich scheint mehr Atmosphäre in die Bilder zu kommen, Nuancen werden sichtbar und auch ein gewisser Detailreichtum stellt sich ein. Für diese Reihe sicherlich eine gelungene Ergänzung, scheint Héban doch die ideale Ergänzung zu sein, um den Bildern von Djief mehr Leben zu verleihen, das ich bislang zum Teil vermisst habe.

 

Qualität, Ausstattung & Übersetzung:

Auch mit diesem Band liefert der Splitter Verlag seine gewohnt gute Qualität und so erhält man für sein Geld einen soliden Hardcoverband, der durch sein einwandfreies Druckbild und seine Verarbeitung besticht. Bedauerlicherweise gibt es auch in diesem Band keine Extras, die man unter Umständen gerne gesehen hätte. So taucht beispielsweise beim Kampf um Walhalla ein Skollberg (ein gigantischer Riese) auf, der von Thor erschlagen wird. Wer oder was diese Sagenfigur ist bleibt dem Leser leider verborgen, da es keinen Anhang nebst Kompendium der Akteure und Wesenheiten gibt. Die wie immer tadellose Übersetzung stammt von Tanja Krämling.

 

Fazit:

Konnten mich die bisherigen Bände des Duos Jarry und Djief noch nicht gänzlich überzeugen, so lag dies mit Sicherheit ein gutes Stück weit an der Kolorierung, die nicht so ganz passen wollte. Dank der Hilfe von Olivier Héban scheint sich die Reihe diesbezüglich aber in die richtige Richtung zu entwickeln und wirkt optisch stimmiger.

 

Bei der Geschichte, deren Grundkonzept der nordischen Mythologie und Sagenwelt entstammt, muss man aber auch weiterhin über manche unlogische oder einfach nur unpassende Handlung der Charaktere hinwegsehen - es sind letztlich die Launen und Einfälle der Götter, die in ihrem manchmal seltsamen Gebaren in anderen Dimensionen denken als Sterbliche und die Geschicke der Welt lenken. Jarry bemüht sich dabei als Autor redlich diesem schweren und umfangreichen Stoff eine gewisse Leichtigkeit zu verleihen und ihn moderner zu gestalten – wer also eine eher düstere Mischung aus Versatzstücken Wagnerscher Prägung mit viel bombastischen Gehabe erwartet, der dürfte hier nicht unbedingt fündig werden. Was bei Jarry weiterhin negativ auffällt, ist seine Unentschlossenheit, wie viel Pathos er als Erzähler in einzelne Passagen legen soll, was manchmal beim Leser bei der ansonsten betriebenen Leichtigkeit der Handlung für Irritationen sorgen kann.

 

Es scheint, als habe diese Reihe mit dem dritten Band zumindest handwerklich endlich ihren Weg gefunden und präsentiert sich dem Leser als sehr angenehm gestaltetes Fantasy-Epos, welches nordisch geprägt ist und trotz einiger Schwächen der Geschichte durchaus zu unterhalten weiß. Wer sich ohne große Vorkenntnisse einmal mit der opulenten Geschichte des „Rings der Nibelungen“ und der sich abzeichnenden „Götterdämmerung“ in einer recht modernen und unkomplizierten Adaption auseinandersetzen möchte, ist hier auf jeden Fall gut aufgehoben.