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Hellboy-Universum: Geschichten aus dem Hellboy Universum
Bewertung:
(4.9)
Von: Gordon Gurray
Alias: Talamar
Am: 21.07.2011
Autor:Autoren: Mike Mignola, Joshua Dysart, Zeichner: Armstrong, Azaceta, Bá, Moon, Alexander
Übersetzer:Frank Neubauer
Typ:Comic / Graphic Novel
Setting:Hellboy-Universum
VerlagCross Cult
ISBN/ASIN:978-3-941248-007
Inhalt:608 Seiten, Hardcover, DinA5, US-Originale: Lobster Johnson . Iron Prometheus, BPRD 1946, BPRD 1947, Abe Sapien: Drowning
Preis:50,00 EUR
Sprache:Deutsch

Dieser Tage feiert der deutsche (Comic)Verlag Cross-Cult sein 10-jähriges Bestehen und was liegt da näher als eine schicke Jubiläumsausgabe zu einer ihrer beliebtesten Serien auf den Markt zu bringen. Natürlich mit Geschichten, die bisher noch nicht in Deutschland veröffentlicht wurden und als ganz besondere - auf 1111 Exemplare limitierte - Edition mit über 600 Seiten.

 

Inhalt:

Der dicke Band umfasst vier komplette und vollwertige Geschichten aus dem Hellboy-Universum.

 

Lobster Johnson: Der eiserne Prometheus

New York 1937, kurz vor dem Ausbruch des 2. Weltkriegs. Die "Schere der Gerechigkeit", wie Lobster Johnson auch genannt wird, jagt mit seinem Team die Entführer eines Wissenschaftlers, der hinter das Geheimnis einer uralten vorzeitlichen Energiequelle - bekannt als Vril-Energie - gekommen ist und einen mächtigen Kampfanzug gebaut hat, der mit dieser betrieben wird. Die Suche führt das Team auf die Spuren von Nazi-Spionen und dem mysteriösen Memnan Saa, die ebenfalls hinter der Energiequelle her sind und nichts Gutes im Schilde führen.

 

B.U.A.P.: 1946

Knapp 10 Jahre und unzählige Millionen Tote später ist der Vernichtungskrieg der Nazis vorbei. In den Trümmern Deutschlands formt sich bereits der nächste globale Konflikt, der Kalte Krieg. Mittendrin der Hellboy-Ziehvater und Experte für Okkultismus, Trevor Bruttenholm. Im besetzten Berlin suchen er und sein Assistent im Auftrag der US-Regierung zusammen mit einer bunt zusammengewürfelten Army-Truppe nach Überresten von übernatürlichen Nazi-Experimenten. Aber auch die Sowjetunion hat eine Okkultismus-Beauftragte entsandt, um nach Hitlers dämonischen Vermächtnissen zu suchen. Als Bruttenholm über ein ehemaliges Weltvernichtsprojekt mit dem Namen "Vampir-Sturm" stolpert, entbrennt ein Wettrennen zwischen ihm und seiner sowjetischen Kollegin ...

 

B.U.A.P.: 1947

Wieder zurück in den USA ist Prof. Bruttenholm mit dem Aufbau der B.U.A.P. und der Erziehung seines kleinen Satansbratens Hellboy beschäftigt. Eine Serie grausamer Morde an ehemaligen Nazigrößen und Wehrmachtskriegsgefangenen alarmiert den Okkultismusforscher. Ein Trupp Ex-G.I.s, an denen der Krieg nicht spurlos vorübergezogen ist, soll im Auftrag der B.U.A.P. in Frankreich den Drahtzieher der blutigen Anschläge aufspüren. Eine Spur führt sie zu einem verfallenen Anwesen, um das sich Legenden über Vampire, Hexen-Sabbathe und Blutopfer ranken.

 

Abe Sapien: Ertrinken

Ende des 19. Jahrhunderts hat der paranormale Ermittler Edward Grey vor der Küste von San Sebastian einen mächtigen Magier besiegt und ihn und seine Besatzung auf dem Grund des Ozeans begraben. Knapp hundert Jahre später wird der Fischmensch Abe Sapien, neuester Zugang bei der Behörde zur Untersuchung und Abwehr paranormaler Erscheinungen und späterer Hellboy-Partner, auf seine erste Mission geschickt: Er soll die Überreste des Magiers aus dem versunkenen Wrack bergen. Aber Abe ist noch ein Anfänger in dem Spiel und begeht einen tödlichen Fehler ...

 

Schreibstil & Artwork:

Was ein Monsterbuch! Allein schon der erste Eindruck macht Spaß auf die Lektüre und schon die ersten Seiten der Lobster Johnson Geschichte machen klar, dass dieser Sammelband ein echtes Schmankerl ist. Alle vier Stories stammen aus der Feder des Meisters Mike Mignola. Bei den beiden B.U.A.P.-Geschichten hat der Hellboy-Erfinder Unterstützung von Joshua Dysart gehabt, der auch zuvor schon für B.U.A.P. gearbeitet hat.

Wie dem auch sei, dass Mignola die Hand über sein "Baby" hält - auch wenn es sich hier um Ableger von Hellboy handelt - zeichnet sich aus, denn Mignola hat genaue Vorstellungen von seinem Universum, auch wenn dieses wohl mittlerweile größer geworden ist, als er 1991 gedacht hätte, als er Hellboy erstmalig herausbrachte.

 

Auf die Lobster Johnson Geschichte hat die deutsche Fangemeinschaft mit Sicherheit schon länger gewartet.

Zunächst als eigenes Buch geplant, überzeugt die Retro-Pulp-Story auf ganzer Linie. "Lobster Johnson" kursierte ja schon länger hier und da und tauchte in einigen Stories als Mythos auf. Die "Prometheus" Story hat dabei alles, was man von Mignola erwartet, wobei es in diesem Fall mehr um die Nazis geht, denn um Okkultes, auch wenn Letzteres natürlich nicht fehlt. Die Erzählung zeigt sich facettenreich und tiefgründig, ist geschickt erzählt und durchweg spannend. Sie trifft den Ton der Vorkriegszeit sehr gut und birgt die eine oder andere Überraschung. Gezeichnet wurde diese Geschichte von Jason Armstrong, dessen Stil dem von Guy Davis nicht unähnlich ist. Die Artworks sehen gut aus, sind detailliert und passen sehr gut zur Story. Die Panels sind dynamisch, aber sehr geordnet angelegt. Ausbrecher gibt es hier so gut wie nicht. Die Kolorierung orientiert sich an der Farbgebung der B.U.A.P.-Serie und ist dementsprechend eher düster und in Pastelltönen gehalten.

 

Die beiden B.U.A.P.-Stories (1946 und 1947) geben einen schönen und tiefen Einblick in die Anfänge der Behörde, zu einer Zeit in der noch kein Abe, keine Liz und kein Hellboy zum Team gehörten und der Trupp nur aus ein paar Agenten bestand, die Kriegsveteranen waren. Beide Geschichten haben was, mir persönlich gefällt die Zweite von der Thematik her aber etwas besser - doch das ist reine Geschmackssache. Auch hier gilt wieder, die beiden Autoren Mignola und Dysart erzählen zwei spannenden Stories, die all das haben, was man von einer guten Geschichte aus dem Hellboy-Universum erwartet. Dabei trifft der Leser auch auf "alte" Bekannte, wie den körperlosen Kopf von Klemp, dem Nazi-Wissenschaftler, der später auch Hellboys Wege kreuzen wird (in den ersten Hellboy-Bänden nach zu lesen) und seinen Kampfgorillas. Die zweite Geschichte baut ein wenig auf die Erste auf, zumindest kommen einige der Charaktere darin vor - allen voran der Vampir König, der ebenfalls mit den Nazis zu tun hatte und die seltsame russische Kindfrau Varvara, die Bruttenholms Wege beständig kreuzt und ihm auch ein wenig hilft. Ihre Motive sind dabei unklar, ob sie Gutes oder Böses im Schilde führt und wie ihre weitere Rolle ist, bleibt im Verborgenen.

Die beiden Stories wurden von Paul Azaceta (1946) respektive Gabriel Ba/Fabio Moon (1947) gezeichnet, die beide eigene Stile haben. Auch hier sieht man, das Mignola und sein Redakteur Scott Allie schon genau darauf achten, wer für das Hellboy-Universum schreibt und zeichnet, damit die Geschichte auch authentisch wirken. Beide Stile passen, auch wenn sie sich voneinander unterscheiden. Sie sehen schick aus, der von Bá sogar eine Nummer besser, weil er etwas minimalistischer ist. Auch hier orientiert sich die Farbgebung an den übrigen Werken der Serie.

 

Die letzte Story hebt sich ein wenig ab. Diesmal steht Abe Sapien allein im Fokus der Erzählung, die 1981 spielt. Abe wird von Bruttenholm auf seine erste eigene Mission geschickt und Abe unterläuft dabei ein schwerwiegender Fehler - auch wenn er letztendlich wenig dafür kann. Während die beiden B.U.A.P.-Geschichten eher actionlastig, wenn auch durchaus mit mystischen Anteilen waren - was zum generellen Feeling von BUAP passt - ist die Sapien-Story deutlich okkulter und gruseliger. Hier geht es um Dämonen und Geister und eine alte Sage, mit der sich Abe auseinander setzen muss. Das Problem dabei ist, dass Abe zu diesem Zeitpunkt noch quasi grün hinter den Ohren ist und das ist im Prinzip Dreh- und Angelpunkt der Story. Diese zeigt sich anspruchsvoll und tiefschichtig, kann mit einigen neuen Ideen überraschen und ist durchweg fesselnd. Abe gehört sowieso schon zu meinen Lieblingscharakteren im BUAP-Team und so konnte mich gerade diese Geschichte besonders überzeugen. Die Artworks von Jason Alexander unterscheiden sich dabei schon deutlich von den anderen drei Stories, treffen aber wiederrum den Ton des Settings. Das mag wohl an der Kolorierung liegen, denn die Artworks an sich sind deutlich aufwändiger gestaltet. Dabei wirken sie aber schön düster und dunkel.

 

Qualität, Ausstattung & Übersetzung

Wie eingangs erwähnt, ist "Geschichten aus dem Hellboy Universum" ein echtes Monster. 608 Seiten stark und wie bei den HB/BUAP-Comics üblich vollgestopft mit Extras. Skizzen, Hintergrundinfos, Kommentare der Autoren und ein umfassender Rückblick auf die Entwicklung des HB-Universums.

Der Band kommt im DinA5 Format und im Hardcover. Die limitierte Ausgabe besitzt sogar ein Stoffband als Lesezeichen, was ein edles Accessoire darstellt. Die Seiten sind wie bei Cross-Cult üblich auf dickem und hochwertigem Papier gedruckt und so ist diese fette Jubiläumsausgabe durchaus ihren satten Preis von 50 Euro wert – auch, wenn das zunächst erst einmal viel klingt.

 

Fazit:

Wow, wow, wow! Diesen Wälzer muss jeder Hellboy/BUAP-Fan im Regal stehen haben, denn er sieht nicht nur klasse aus, auch die vier Geschichten sind einfach umwerfend. Dass sie den Ton des Settings treffen, ist eigentlich selbstverständlich, denn Mignola selbst hat die Hand an der Schreibfeder gehabt. Die vier Geschichten wurden von vier verschiedenen Zeichnern umgesetzt, die zwar alle unterschiedliche Stile aufweisen, aber generell das Feeling des Settings hervorragend treffen. Die Stories geben tolle Einblicke in die Vergangenheit der BUAP und endlich gibt es eine Lobster Johnson Geschichte in voller Länge. Allein dafür lohnt sich dieser Band schon, denn die LJ-Geschichte ist einfach umwerfend. Das heißt aber nicht, dass die anderen Drei nicht auch toll wären, aber die Lobster-Erzählung ist der Stern in diesem Band. Alle Fans des Mignola-Universums müssen sich diesen Band auf jeden Fall ansehen, und das besser schnell, denn die limitierte Edition ist schon fast vergriffen...