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Cyberpunk
Bewertung:
(3.5)
Von: Carsten Bockelmann
Am: 26.01.2004
Autor:Lloyd Blankenship
Typ:
System:GURPS
VerlagPegasus Spiele
ISBN/ASIN:
Inhalt:144 Seiten, Softcover
Sprache:Deutsch

Cyberpunk

 GURPS Cyberpunk ist ein typischer Vertreter weltenunabhängiger Quellenbücher für das generische Regelsystem, sowohl das Layout als auch Innenillustrationen sind in der Standardform gehalten. Typischerweise ist der Großteil des Buches zweispaltig, wobei aber der Haupttext stets in einer verbreiterten Spalte fortgeführt wird und am Seitenrand zusätzliche (häufig regeltechnische) Informationen geboten werden. Die Randtexte sind dabei aufgrund des schaltkreisartigen Hintergrunddesigns zum Teil schlecht lesbar, alle Illustrationen sind eher schlicht und von mäßiger Qualität. Man merkt der Gestaltung des Werks eine eindeutige Betonung des inhaltlichen Teils an.

 

Auf 144 Seiten Softcover wird alles geboten, was es zum Thema Cyberpunk zu wissen gibt, angefangen mit einer humoristischen Note über die Beschlagnahmung des Regelwerks seitens der amerikanischen Regierung aufgrund Verdachtes der Computerkriminalität (der Autor Loyd Blankenship hatte mit vielen "Sicherheitsexperten" Korrespondenz geführt während seiner Recherche für das Buch) wird in 6 Kapiteln ausgebreitet, was sowohl die allgemeinen Ideen des Cyberpunk und seine Entstehung als auch den regeltechnischen Teil des GURPS-Systems betrifft.

 

Den Beginn macht ein Kapitel zum Thema Charaktererschaffung, welches verschiedene Konzepte ausführt und Motivationen vor dem Hintergrund einer typischen hochtechnisierten, aber auch polarisierten Welt beleuchtet. Diese allgemeinen Konzepte sind vielfältig auch in anderen System oder Romanen, welche sich mit Cyberpunk beschäftigen, zu finden und eindeutig auch daraus motiviert. Erweiterte Regeln, neue Vorzüge und Nachteile, Fertigkeiten, die sich aus den besonderen Umständen einer derartigen Welt ergeben, werden nachfolgend aufgeführt, einige der dargestellten Wahlmöglichkeiten sind eindeutig humoristischer Natur und lockern diesen eher trockenen Teil des Buches ein wenig auf (ein Beispiel wäre der Nachteil, "abstoßende Angewohnheiten" in seiner Ausprägung als TV-Empfang störender Cyberjunkie). Anschließend geht es sogleich ins Eingemachte einer jeden Cyberpunktwelt: Technologie. Von A wie Ampchip bis Z wie zusätzliche Trefferpunkte ist alles vorstellbar, was den Menschen verbessert und verfremdet, je nach gewähltem Technologielevel sind natürlich nicht alle Modifikationen vorhanden, aber die potentiellen Möglichkeiten machen schnell klar, dass jede Modifikation ihren Träger nicht nur verbessert.

Das Thema setzt sich auch sogleich fort, wenn es um die Ausrüstung geht, verschiedenste Waffen, von Lasern über Nadler bis hin zu "altmodischen" Schusswaffen ist alles denkbar, entsprechende Energiezellen vorausgesetzt, aber auch das ist nur ein Problem des Techlevels. In diesem Zusammenhang werden auch hin und wieder Verweise auf andere Quellenbücher für GURPS angegeben, die sich in Besonderem mit Hochtechnologie beschäftigen, die nicht in diesem Regelwerk abgedeckt ist. Doch auch ohne diese Ergänzung bietet sich schon viel Material an, abgesehen von den Waffen und Rüstungen natürlich auch Kommunikationsgerät, Fahrzeuge, Sicherheitsmaßnahmen und ihre Gegenwerkzeuge. Ein sehr interessanter Abschnitt beschäftigt sich mit der Möglichkeit von Hirnaufzeichnungen (wer 6th Day gesehen hat weiß, worum es geht) und ihren möglichen Folgen. Wäre ein vollständiges Aufzeichnen eines menschlichen Geistes möglich, gepaart mit der Technologie des Klonens, wäre das Leben praktisch unbegrenzt fortführbar, genug Geld vorausgesetzt. Sterben wäre nur noch eine wiederholbare Erfahrung und kein endgültiges Ende mehr. Außerdem wären neue Möglichkeiten des Verhörs gegeben, weitgehende Veränderungen also, die wohl überlegt sein sollen.

Fehlen darf schließlich auch nicht ein wichtiger Aspekt einer jeden Cyberpunkwelt: Drogen, verschiedenster Art, von tödlich bis harmlos gehören einfach zur Essenz des Cyberpunk, wie das Beamen zu Star Trek gehört.

 

Das nächste Kapitel beschäftigt sich mit einem weiteren sehr essentiellen Aspekt des Cyberpunk, nämlich dem Netz oder Cyberspace, je nach Ausprägung und Techlevel. Dieses verbindende Computerkonstrukt bildet eine eigene Welt, in der Hacker ihre Angriffe auf Datenbestände fahren können, um wohl verstecktes Wissen zu erlangen, Alarmanlagen auszuschalten oder zu tun, was auch immer ihnen beliebt, vorausgesetzt natürlich, dass sie über das richtige Equipment verfügen und wirklich gut in ihrem Job sind. Das Informationsnetzwerk bildet in vielen Cyberpunkwelten ein wichtiges Rückgrat, welches den Fluss der Dinge erst möglich macht. Ohne dieses Netz würden riesige Konzerne zusammenbrechen, die Welt wäre lahm wie eine Schnecke, würde der Geschwindigkeit eines schnellen Informationsflusses entbehren, eine solche Welt wäre kein Cyberpunk, denn Cyberpunk ist gnadenlos schnell und tödlich.

Gerade der letzte Punkt bildet dann auch einen wichtigen Grundsatz für jeden SL, der eine Cyberpunkkampagne leiten möchte: spiele hart, spiele schnell, lass deinen Spielern keine Atempause, stets sollte etwas geschehen. Der Entwurf einer entsprechenden Welt sollte diese Maxime ebenso widerspiegeln, ob es nun um die öffentlichen Medien geht oder Unterhaltungsmöglichkeiten.

Ein typisches Bild wäre demnach eine Welt, in der eine reiche Oberschicht ihr Leben in ihren Glaspalästen ohne Sorgen frönt, die armen Arbeiter aber jeden Tag um ihr Dasein kämpfen müssen. Der Gang über die Straße kann schon den Tod bedeuten, wenn irgendein durchgedrehter Punk der Meinung ist, deine Organe würden ihm seine nächste Mahlzeit sichern. Brutalität, Unsicherheit, Geschwindigkeit, Technologie, Elend und viele andere, teils widersprüchliche Aspekte bauen die richtige Stimmung für Cyberpunk auf. Die letzten beiden Kapitel dieses Buches bringen diese klar hervor und geben jedem geneigten Leser ausreichend Anleitung, um sich selbst eine Welt zu schaffen, in der er dann seine Kampagnen stattfinden lassen kann.

 

Fazit:

GURPS Cyberpunk bietet einen Haufen Informationen, wenn diese auch nicht wirklich hübsch verpackt sind, so kann die Nützlichkeit dieses Werkes doch nicht geleugnet werden. Ein ausführliches Literaturverzeichnis und die Art der Ausführungen in den letzteren Kapiteln, welche sich eher mit der Ideenplanung beschäftigen, enthalten eine Menge sehr guter Informationen, der mehr regeltechnische Teil, der sich um Ausrüstung und Charaktererschaffung bemüht, ist eher von geringem Interesse, sofern man nicht das GURPS-System zu benutzen beabsichtigt. Auf jeden Fall ein grundsolides Werk, das seinen Platz bei jedem Fan des Cyberpunk finden wird.