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Der Mann der keine Feuerwaffen mochte 1 - Blaue Bohnensuppe
Bewertung:
(3.6)
Von: Jörg Deutesfeld
Alias: Debaser
Am: 14.12.2012
Autor:Wilfrid Lupano (Autor) und Paul Salomone (Zeichner)
Übersetzer:Tanja Krämling
Typ:Comic / Graphic Novel
Setting:Wild West
VerlagSplitter Verlag
ISBN/ASIN:978-3-86869-486-4
Inhalt:56 Seiten, Hardcover
Preis:13,80 EUR
Sprache:Deutsch

Inhalt:

Ein überaus ungleiches Duo kämpft sich im Jahre 1889 in einem alten Planwagen durch die Gluthitze von Arizona. Auf dem Kutschbock sitzen der sprachgewandte Anwalt und Gentleman Byron Peck so wie sein etwas einfältiger, aber überaus kräftiger, dänischer Begleiter Knut Hoggaard. Im hinteren Teil des Planwagens befindet sich Mr. Rodriguez, der als Gefangener und Informant leider an den Folgen eines Bauchschusses das Zeitliche segnet und dessen Leiche kurzerhand in der Wüste entsorgt wird. Doch dank der Informationen von Rodriguez haben Peck und Hoggaard ein Ziel vor Augen.

 

Tim Bishop arbeitet als Gepäckträger der Bahngesellschaft in Albuquerque, wo er sich unsterbliche in ein junge Dame verliebt, die seit einigen Wochen in Wagon 3 zwischen Albuquerque und Los Angeles pendelt. Endlich fasst sich Tim ein Herz und folgt seiner Angebeteten in den Wagon, doch da er keine Fahrkarte hat, kommt er noch nicht einmal in die Nähe seiner Geliebten, sondern wird kurzerhand von den Bediensteten der Eisenbahn während der Fahrt aus dem Zug geworfen. Der Zug wird allerdings nur wenig später nach dem Rauswurf von Manolo Cruz und seiner mexikanischen Bande überfallen. So muss der leicht lädierte Tim Bishop Zeuge werden, wie man die unbekannte junge Frau kurzerhand kidnappt, um sie ins Quartier der Banditen zu bringen.

 

Was Tim Bishop zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht weiß: Bei seiner Angebeteten Dame handelt es sich um Margot de Garine, eine überaus skrupellose Zeitgenossin, die weiß, wie man weibliche Reize einsetzt, um ans Ziel zu gelangen. Nicht umsonst konnte sie Manolo Cruz davon überzeugen mit ihrem Plan wesentlich mehr Geld zu verdienen als mit schnöden Eisenbahnüberfällen.

 

Geblendet von seiner Liebe folgt Tim Bishop den Banditen zu ihrem abgelegenen Versteck. Hier ist er allerdings nicht der einzige, der auf der Spur von Manolo ist, da Byron Peck und Knut Hoggaard in der Dunkelheit der Nacht ebenfalls auf ihre Gelegenheit warten, um den Banditen den Garaus zu machen. In den Wirren einer überaus denkwürdigen Nacht kommt es zu einigen Komplikationen, in denen Tim mit einer Waffe von Byron Peck einiges über deren Herkunft und Absichten erfährt als auch über den Diebstahl von wichtigen Dokumenten, die Margot gestohlen hat und die sich nunmehr wiederum durch einen Überfall in den Händen von Manolo Cruz befinden. Tja – und dann gilt es die Mexikaner anzugreifen...

 

Schreibstil & Artwork:

Der französische Comicautor Wilfrid Lupano wurde am 26.09.1971 in Nantes geboren, verbrachte einen Großteil seines Lebens in Pau und lebt heute in Paris nachdem er mehrere Jahre in Toulouse verbrachte. Nach seinem BA in Literatur und einem einjährigen Studium der Philosophie an der Sorbonne, macht er schließlich noch seinen Abschluss in Englisch.

 

Nach eigenem Bekunden waren Comics schon immer Teil von Lupanos Leben, die es ihm schon als Junge ermöglichten mit ihren Szenarien in andere Welten einzutauchen. Zumindest war dies schon einmal eine gute Übung, die er in späteren Jahren als Spielleiter beim Rollenspiel einsetzte, wo es letztlich auch darum geht mit Worten eine real anmutende Erzählung zu erschaffen. In einer der Bars, wo er als Student arbeitete, um seine Ausbildung zu finanzieren, traf er auf die Zeichner Frédéric Campoy und Roland Pignault, mit denen er sein Debüt als Szenarist gab und sein Faible für das Amerika des neunzehnten Jahrhunderts entwickelte: So entstand die Reihe „Little Big Joe“ für den Verlag Delcourt.

Nach wie vor findet Lupano seine größte Inspiration in Bars und im Nachtleben, die für ihn Laboratorien der menschlichen Natur sind und ihn oftmals bestätigen, wie die Realität oftmals doch härter als jegliche Fiktion sein kann. Seine sonstigen Einflüsse sind vielfältig und reichen von Filmen der Coen-Brüdern, der französischen Regisseure Jacques Audiard und Bertrand Blier, Arbeiten des Konzeptdesigners und Futuristen McQuarrey bis hin zur klassischen Literatur und Science-Fiction. Mit Ausnahme der Abenteuer von „Little Big Joe“ zeigt sich Lupano recht umtriebig und arbeitet an zahlreichen Projekten mit. Sein größtes Anliegen dabei ist es Szenarien für Abenteuer, Thriller und andere Genres etwas unkonventioneller zu gestalten.

 

Was Wilfried Lupano hier als Szenario präsentiert, ist mehr als nur ein einfach strukturierter Funny-Comic, der mit den Klischees des Wilden Westens spielt. In einer gelungenen Mischung aus spritzigen Dialogen, in denen auch immer wieder eine gehörige Portion Humor mitschwingt, mischt er derbe Brutalität, wie man sie sonst nur aus legendären Spaghetti-Western kennt und noch ein Quäntchen Agentengeschichte zu einem unterhaltsamen Szenario, welches auf keiner Seite langweilig wird. Seine Charaktere sind glaubhaft in ihrer Beschreibung und souverän in ihrem Auftreten, dabei aber auch überaus eigenwillig in ihren Handlungen und Äußerungen, welche immer wieder zu skurrilen und manchmal auch bizarren Situationen führt. Mit dem Gespann der Figuren Peck und Hoggaard ist Lupano hier ein gnadenlos interessanter Wurf geglückt, der nur noch durch die Antagonistin Margot de Garine in ihrer verabscheuungswürdigen Boshaftigkeit übertroffen wird.

 

Paul Salomone, Sohn des gleichnamigen französischen Malers, wurde am 27.06.1981 in Morlaix geboren. Eigentlich plante er eine Karriere im Sportbereich, so dass er sich im Studium der Sportwissenschaften zuwendete, doch letztlich sollte das Zeichnen von Comics sein Leben bestimmen. Im Jahr 2000 zog er nach Nîmes, wo er seinen Bachelor of Applied Arts machte. Schon als Student arbeitete er für das Animationsstudio „La Fabrique“ und veröffentlichte verschiedene Illustrationen in der Zeitschrift „Black Mamba“.

Die Kurzgeschichte "Sweet Home Chicago", nach dem Szenario von Aurélien Alerini, wurde im November 2007 in der Zeitschrift „Lanfeust Mag“ veröffentlicht. Paul nahm später mit seinen Arbeiten an dem „Premier Salon Européen de la Bande Dessinée“ in im südfranzösischen Nimes teil, wo seine Produktionen niemand geringerem als dem Altmeister Albert Uderzo gewürdigt wurden.

 

Im Jahr 2010 wurde Paul Salomone vom Szenaristen Wilfried Lupano kontaktiert, der auf der Suche nach einem Zeichner für einen Italowestern war, der unter dem Titel: „Der Mann, der keine Feuerwaffen mochte“ im Verlag Editions Delcourt erscheinen sollte. Während realistische Comics in ihrer graphischen Gestaltung möglichst nahe an der Wirklichkeit bleiben, werden in den Funnies karikierende Elemente verwendet. Hier gelingt Lupano das Kunststück mit seinem Stil, der sowohl realistisch als auch humorvoll gezeichnet ist, einen Funny vorzulegen, der mit seinen überzeichneten und dennoch realistischen Figuren beeindruckt und nicht zu unrecht von französischen von Kritikern und dem Publikum sehr gut angenommen wurde. Wenn man den Humor in seinen Zeichnungen betrachtet, so braucht man sich nicht zu wundern, das sein Cousin der in Frankreich recht bekannte Comedian Bruno Salomone ist. Unterstützt wird Lupano in der Kolorierung durch Lorenz Pieri, der das Spiel von Licht und Schatten überaus gut versteht und mit seinen sanften Tönen die sehr markante Linienführung von Lupano ein wenig dämpft.

 

Qualität, Ausstattung & Übersetzung:

In Sachen Qualität braucht sich auch dieser Band des Splitter Verlages nicht zu verstecken. In gewohnter Hochglanzoptik präsentiert der Band, der durch seine gute Verarbeitung, ein sauberes Druckbild und die gelungene Übersetzung von Tanja Krämling überzeugt. In Sachen Ausstattung gibt es keine Extras, was allerdings bei diesem Band durchaus zu verschmerzen ist.

 

Fazit:

Auch wenn man (noch) nicht erfährt, warum Protagonist Byron Peck keine Feuerwaffen mag, ist dieser erste Band der Reihe ein mehr als gelungener Auftakt. Bereits auf den ersten Seiten wird dem Leser von Lupano und Salomone eine Feuerwerk an gelungenen Dialogen geliefert und ein absolut stimmiges Duo an „Helden“ geliefert, wie man sie schon länger nicht mehr gesehen hat und die einen hohen Unterhaltungswert besitzen.

Natürlich braucht dieser erste Band ein wenig Zeit, um seine scheinbar recht komplexe Geschichte mit den Hintergründen seiner Figuren auszubreiten, doch die überaus markanten und charmanten Figuren und das an klassische Hollywood-Western-Schinken erinnernde Western-Ambiente sorgt dabei für genügend Unterhaltung. Man darf also gespannt sein, welchen staatstragenden Geheimnissen Peck und Hoggaard auf der Spur und welche finsteren Pläne die geheimnisvolle Margot verfolgt.