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Blood Bowl Team Manager
Bewertung:
(4.8)
Von: Heretic
Alias: Heretic
Am: 26.12.2012
Autor:Jason Little
Übersetzer:Stephan Rothschuh
Typ:Brettspiel
VerlagHeidelberger Spieleverlag
ISBN/ASIN:4015566011687
Inhalt:226 Karten, 55 Pappmarker, 4 Anzeigetafeln, 2 Tackle-Würfel, Regelheft
Preis:€ 24,95
Sprache:Deutsch

Inhalt

Im Jahre 1987 veröffentlichte Games Workshop ein Brettspiel, welches sich selbst heute, nach 25 Jahren unter Fans großer Beliebtheit erfreut. Bei Blood Bowl geht es im Grunde "nur" um die Abwicklung eines lapidaren Footballspiels, dieses findet jedoch vor einer Alternativversion der Hintergrundwelt der "Alten Welt" statt, einer Fantasywelt, die vielen Fantasy- und Tabletopfans bereits durch das Tabletop Warhammer Fantasy und das Warhammer Fantasy RPG bekannt sein dürfte.

 

Wer schon einmal ein gutes Footballspiel gesehen hat, egal ob im TV oder live und in Farbe, der kann die Begeisterung nachvollziehen, die ein fanatischer Footballfan für seinen Sport (und erst recht seine Mannschaft) aufzubringen vermag. Blood Bowl transportiert diese Spannung in ein simples Brettspiel mit umfangreichem Regelwerk, und verleiht der Grundthematik "Football" neue Würze, indem gewisse Elemente des uns bekannten Footballs mit einem Twist versehen werden, der zur "Alten Welt" passt.

 

So ist es bei Blood Bowl gar nicht so unüblich, dass gewisse Feldspieler beim Tackle mal etwas "kreativer" und "herzhafter" zu Werke gehen, wenn der/die Schiedsrichter gerade mal nicht so hinschauen, sei es, weil sie gerade urplötzlich einen großen Sack mit Goldmünzen zu ihren Füßen entdeckt haben, oder weil der knapp 3m große Minotauren-Linebacker der Chaos Allstars gerade Valadriel Wirbelwind (einer der Starspieler der waldelfischen "Athelorn Avengers") durch einen Tackle zu Mus zerquetscht hat, und der Schieri nicht weiß, ob der Tackle regelgerecht und nur etwas "zu kräftig" war, oder nicht...

Blood Bowl selbst soll jedoch nicht Inhalt dieser Rezension sein, hier soll es um das Kartenspiel Blood Bowl Team Manager gehen. Dieses umfasst im Gegensatz zum Brettspiel nicht ein einzelnes Match, sondern gleich eine ganze Ligasaison, in der sowohl reguläre Matches (vielmehr deren Highlights) ausgetragen werden, als auch Turniere wie der "Spike Magazine Cup". Das Mittel, um die Saison für sich sich zu entscheiden sind nicht etwa die gewonnenen Matches und Turniertitel, nein, es ist die Anzahl der Fans, diese entscheidet, wer die Saison am erfolgreichsten hinter sich gebracht hat. Der Spielaufbau an sich ist recht einfach gestrickt, und kurz erklärt: Jeder der bis zu 4 Manager (wenn ich von "Spielern" spreche, meine ich die Linebacker, Quarterbacks etc. der entsprechenden Mannschaften welche im Spiel vorkommen) übernimmt die Rolle eines der in der Grundbox enthaltenen 6 Teams (3 "gute" Teams, 3 "böse" Teams), und je nach Gusto verteilt man die Mannschaftsdecks entweder per Zufall, oder man einigt sich per vorheriger Absprache.

Jedes Mannschaftsdeck besteht zu Anfang der Saison/Partie aus einer gewissen Anzahl von Spielern, die nach und nach immer wieder zum Einsatz in der Liga kommen. Zusätzlich gibt es die Möglichkeit, im Verlauf der Saison Starspieler in sein Deck zu bringen, die die eigene Mannschaft verstärken und das eigene Spiel verbessern. Jedes Team ist jedoch einer gewissen Spielvereinigung zugeschlagen, so ist es für den Manager der "Reikland Reavers" (Menschen-Team, Mitglied der "Old World Association", "die Guten") nicht möglich einen Starspieler zu verpflichten, der zur Spielvereinigung der "Chaos Wastes Confederation"(in welcher z.B. die Mannschaft der "Chaos Allstars" spielt, die CWC sind "die Bösen") gehört.

 

Die Starspieler selbst sind daher in zwei Decks mit verschiedenfarbigem Rücken getrennt, und man kann daher Starspieler nur vom Deck der eigenen Spielvereinigung ziehen: Fast alle Starspieler spielen exklusiv in nur einer Vereinigung, mit Ausnahme des Ogers Morg'n Thorg, der für beide Vereinigungen antreten kann, und sein Einsatz in den Regeln daher eine Sonderregel erhält, da es vorkommen kann, dass nicht nur ein Manager ihn im Team-Deck hat. Der Spielaufbau selbst unterscheidet sich meines Dafürhaltens eklatant von vielen anderen Brettspielen, da alle Manager gleichermaßen am Geschehen beteiligt sind, was ich als sehr positiv empfinde, da so keine langen Wartezeiten entstehen.

 

Der sogenannte Highlight-Stapel (vielmehr dessen in einer Woche/Spielzug aufgedeckte Karten) stellt die Glanzpunkte der laufenden Woche der "Blood Bowl"-Liga dar, quasi die Glanzpunkte und Schlüsselszenen der einzelnen Matches. Ergänzt werden diese durch eine gezogene Karte vom "Spike Magazine"-Stapel, die entweder eine Ereigniskarte oder ein Turnier darstellt. Diese in der Mitte des Tisches entlang einer gedachten Mittellinie aufgedeckten Highlight-Karten bilden quasi das Gridiron, auf dem sich in dieser Woche/diesem Spielzug die Action abspielt. Jedes Highlight, das kein Turnier ist (diese besitzen Teamzonen in Anzahl der Manager), besitzt nur 2 Teamzonen, was bedeutet das nur zwei Teammanager Spieler an besagtes Highlight anlegen dürfen, und auch nur auf Seiten, an denen noch kein Spieler eines anderen Teams anliegt.

 

Turniere hingegen sind "free for all", das heißt es dürfen im Extremfall bis zu 4 Mannschaften (Maximalzahl der Manager bei BBTM) antreten. Der weitere Spielverlauf gestaltet sich relativ einfach, auch wenn ich an dieser Stelle nicht komplett in die Regeln einsteigen möchte: Man versucht durch eine Kombination aus cleverem Spielereinsatz, Betrugsversuchen (durch Spieler mit entsprechender Sonderfertigkeit), elegantem Passspiel mit Ballbesitz (beliebteste Taktik der waldelfischen "Athelorn Avengers"), ausufernder und roher Gewalt (Patentrezept der "Chaos Allstars") oder einer knallharten und zähen Defense (Tradition der zwergischen "Grudgebearers") den Sieg bei einem Highlight herbeizuführen. Bei Punktegleichstand der Gesamtspielstärke entscheidet jedoch der Ballbesitz (wenn der Ball im Mittelfeld liegt entscheidet der Startspieler, wer das Highlight für sich entschieden hat), wer gewinnt, was die "Athelorn Avengers" mit ihren flinken und extrem ballsicheren Ausweichkünstlern zu einer rein von den Spielwerten her gern unterschätzten Mannschaft macht. Denn was bringt es dem an Stärke überlegen Starspieler, wenn dieser von der reinen Spielstärke her einem gegnerischen Waldelfen zwar mit Leichtigkeit den Ball abnehmen (und nebenbei ihm noch die Knochen brechen, so der Tackling-Wurf denn gelingt) könnte, dieser aber den Ballverlust verhindern kann, weil er im letzten Moment den Ball an einen Teamkameraden abspielt, und so einen Gesamtpunktegleichstand (ballbesitzendes Team zu sein verleiht +2 auf den Punktestand bei Abrechnung des Highlights) herbeizuführen, der de facto zum Gewinn des Highlights führt?

 

Die an einem Highlight (Turniere werden generell wie Highlights betrachtet) beteiligten Mannschaften erhalten nach der Abrechnungsphase eines Zuges entweder neue Starspieler, teambezogene Teamverbesserungen (so können die Chaos Allstars z.B. einen speziellen Dämonen, einen "Herrscher des Wandels" herbei beschwören, der bei Einsatz spontan ein Highlight durch ein anderes, nachgezogenes austauschen kann) oder Personalverbesserungen (wie zum Beispiel Angriffskoordinatoren oder Sanitäter), diese erhalten sie sowohl für die Beteiligung als auch für den Gewinn eines Highlights, allein bei Turnieren gibt es fürs bloße Mitmachen nichts, außer die auf der Turnierkarte ausgewiesene Verliererbelohnung.

 

Das Konzept von Blood Bowl Team Manager hat mich rein von der Regelseite her vor meinen Testspielen skeptisch gemacht, zumal viele andere Rezensenten negativ hervorhoben, wie "zufällig" BBTM in seiner Zweispielervariante sei, und wie wenig Einfluss man auf den Ausgang einer Partie habe. Diese Befürchtung konnte ich glücklicherweise nach ein paar Testspielen ausräumen, es zeigte sich jedoch stattdessen, dass das Spiel zu zweit leider keine Spielfehler verzeiht. Um das Optimum aus seiner Mannschaft herauszuholen, muss ein Manager die Stärken seiner Mannschaft kennen, und sich eisern an die Strategie halten, die die Metagame-Situation auferlegt. Darüber hinaus zwingen einen die Regelstrukturen dazu, ein "rundes" Spiel abzuliefern. Was ich damit meine: Wer sich allein auf das Gewinnen von Fans konzentriert, wird gen Ende der Saison in Bezug auf Verbesserungen und Starspieler in die Röhre schauen, und wer nur auf Verbesserungen und Starspieler setzt, wird letztlich weniger Fans erhalten, wenn er nicht die passenden Verbesserungen zieht, die diesen Nachteil ausgleichen. Auch was den Einsatz der Spezialfähigkeiten der Spieler angeht, sollte man sich nicht nur auf Stärken seines Teams verlassen. So kann es je nach Situation sinnvoller sein, die Sprinten-Fähigkeit (ermöglicht das Ziehen einer Spielerkarte vom Team-Deck mit anschließendem Abwerfen eines weniger gewollten Spielers von der Hand) eines weniger starken Spielers einzusetzen, um in der laufenden Runde an stärkere oder bessere Spieler zu kommen, und sich so einen Vorteil zu verschaffen. Manchmal kann es der Fall sein, dass eine Spielsituation erfordert, etwas Paradoxes zu tun. So kann es passieren, dass der Manager der "Skavenblight Scramblers" will, dass seine Mannschaft ein Highlight verliert anstatt dieses zu gewinnen, nämlich dann, wenn er die Teamverbesserung "Warpstein-Souvenire" im Spiel hat, die ihm für jedes verlorene Highlight zwei zusätzliche Fans einbringt. Blood Bowl Team Manager fordert im Zweispielermodus die Spieler daher mehr als die Mehrspielervariante, weil zusätzlich zu oben erwähnten Beispielen die Spieler nicht nur direkter, sondern auch noch schneller agieren müssen, da das Spiel nur 4 Spielzüge dauert, und nicht die üblichen 5 (oder gar 6 bei Verwendung der Optionalregeln zur längeren Saison), was den ohnehin knappen und rasanten Ablauf des Spiels noch zusätzlich forciert. Was so mancher als einen nervigen Bug oder Nachteil betrachten mag, würde ich daher ein äußerst positives Feature nennen: Die "Uhr" zählt gnadenlos herunter, und wer bei "Ertönen" der "Schlusssirene" als Sieger feststehen will, der muss zuvor handeln und (teils unkalkulierbare) Risiken eingehen, passives Herunterspielen der eigenen Züge wird bei Blood Bowl Team Manager gnadenlos bestraft, es ist kaum möglich, auf Sicherheit zu spielen.

 

Fazit:

Blood Bowl Team Manager fängt das Flair des bekannten Miniaturen-Brettspiels gekonnt ein und schafft es darüber hinaus, sich des unnötigen Ballasts der Vorlage zu entledigen, wobei jedoch der Fokus auf einer gesamten Ligasaison liegt, und nicht nur einem einzelnen Match. Gleichzeitig schafft es BBTM auf elegante Weise sowohl den Charakter der einzelnen Mannschaften zu bewahren, als auch die Starspieler und Eigenheiten der Brettspielvorlage adäquat umzusetzen. War ich anfangs skeptisch was den Spielspaß angeht, so haben mich diverse Testspiele restlos überzeugt. Man hat Probleme und "Bugs", die mich bei der Brettspielvorlage immer massiv gestört haben, bereinigt und gleichzeitig eine abstrahierte und verkürzte Variante von Blood Bowl geschaffen, die sich nicht vor dem "großen Bruder" verstecken muss, und somit eine echte Alternative zum Brettspiel bietet. Die Spielmaterialien der Box sind üppig, das Artwork ist grandios und thematisch passend gewählt, und der Preis des Spiels ist für ein Kartenspiel dieses Umfangs günstig. Der Wiederspielwert von Blood Bowl Team Manager ist meines Erachtens sehr hoch, denn auch wenn das Regelgerüst und die Struktur zu Anfang simpel und leicht zugänglich erscheint, so entwickelt sich BBTM erst über die Spielpraxis und offenbart nach und nach eine Komplexität, die sich, ausgehend von der reinen Betrachtung der Regeln, nicht erschließen würde. Dieses Spiel ist definitiv mehr als nur einen Blick wert, und stellt meiner Meinung nach für "Blood Bowl"-Fans einen Pflichtkauf dar, vorausgesetzt man ist bereit, seinen Horizont zu erweitern und eine etwas abstraktere Betrachtung der Thematik zuzulassen. BBTM ist nicht(!) das exakt gleiche Spiel wie Blood Bowl, es ist keine Reproduktion des Brettspiels, aber das muss es auch nicht sein, denn der Fokus liegt auf einer ganzen Saison, nicht einem einzelnen Match. Die Dauer einer Partie BBTM ist zudem viel kürzer, und somit um Einiges besser für Gelegenheitsspieler und Menschen mit knapper Freizeit besser geeignet als das Brettspiel, denn eine typische "Blood Bowl"-Partie dauert im Mittel mindestens 3-4 Stunden, und selbst Hardcorefans von Blood Bowl werden zugeben müssen, dass das Brettspiel stellenweise unnötigen Regelballast aufweist, der das Spiel unnötig in die Länge zieht und in seinem Umfang aufbläht. Diese Untiefen umschifft Blood Bowl Team Manager jedoch gekonnt und bewahrt trotz nötiger Kürzung und Abstraktion den Charakter und das Flair des beliebten Vorgängers und schafft es sogar, die Charakteristiken der Starspieler passend umzusetzen. Ich freue mich auf die (meines Wissens nach) bald erscheinende Erweiterung "Sudden Death", denn diese wird nicht nur neue Teams, Personal- und Team-Verbesserungen enthalten, sondern auch zusätzliche Optionalregeln wie Verträge und verzauberte Spielbälle beinhalten.