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AD&D - Dungeons of Dread (S1 – S4)
Bewertung:
(4.0)
Von: Markus Busse
Alias: Speren
Am: 08.08.2013
Autor:Gary Gygax, Lawrence Schick
Typ:Abenteuersammlung
System:Advanced Dungeons & Dragons
Setting:Greyhawk
VerlagWizards of the Coast
ISBN/ASIN:978-0-7869-6461-1
Inhalt:192 Seiten, Hardcover
Preis:39,95 USD
Sprache:Englisch

Vor mir liegt die Abenteuer-Compilation „Dungeons of Dread“ als neuaufgelegtes Hardcover, das insgesamt vier klassische Abenteuer der sogenannten „S“-Serie beinhaltet. Namentlich wären dies „Tomb of Horrors“ (1978), „White Plume Mountain“ (1979), „Expedition to the Barrier Peaks“ (1980) und “The Lost Caverns of Tsojcanth“ (1982). Hierbei handelt es sich, wie der Titel der Sammlung schon verrät, um Abenteuer, bei denen es sich um klassische “Dungeoncrawls” handelt; wer also Abenteuer mit viel NSC-Interaktion, Intrigen oder ähnlichem sucht, kann ab hier aufhören zu lesen.

 

Im Gegensatz zu früheren Rezensionen von mir bei Abenteuern werde ich diesmal den Aspekt der Regelbalance fast außen vor lassen. Die Einschätzung, ob Gegner bzw. Begegnungen zu stark oder zu schwach sind, kann ich aufgrund mangelnder Regelkenntnis nicht abgeben, zu mal die Abenteuer in den meisten Fällen auf Gruppengrößen zugeschnitten sind, die heutzutage eher unüblich sind (6 – 10+ Spieler). Trotzdem kann und werde ich natürlich Einschätzungen zu den einzelnen Modulen abgeben, denn für viele Dinge muss man nicht vollkommen in die Regeln eingetaucht sein.

 

Die Rezension wird sich in zwei Teile gliedern. Als erstes werde ich ganz allgemein über das Layout des gesamten Buches inklusive aller Illustrationen eingehen, bevor ich inhaltlich auf die einzelnen Module zu sprechen komme.

 

Kommen wir zum besagten Layout:

„Dungeons of Dread“ ist ein Hardcover. Den Buchdeckel ziert eine farbige Dämonenfratze bzw. ein Wasserspeier, der in einem der Abenteuer auch noch eine Rolle spielen wird. Auf den insgesamt 192 Seiten sind neben den eigentlichen Abenteuertexten zahlreiche Illustrationen bzw. Handouts untergebracht.

 

Hier dann auch meine ersten Kritikpunkte: Ein Hardcover ist für mich die denkbar schlechteste Form, Abenteuer zu publizieren, insbesondere dann, wenn wichtige Karten, Handouts, etc. nicht separat mitgeliefert werden. Wollte man diese Dinge kopieren, was man zwangsweise müsste, wollte man nicht das Buch zerschneiden, wäre die Bindung in kurzer Zeit völlig aus dem Leim. WotC hat hier Gott sei Dank Abhilfe geschaffen, da es die verschiedenen Sachen bei ihnen kostenfrei zum Download gibt (http://www.wizards.com/dnd/Article.aspx?x=dnd/4dnd/sseriesbonus). Trotzdem würde ich dafür Punktabzüge geben, denn diese hätte man evtl. auch anders beilegen können.

 

Der zweite Punkt sind die Illustrationen selber. Natürlich kann man nicht erwarten, dass in diesen alten Modulen die farbigen Hochglanzbilder heutiger Rollenspielprodukte Einzug erhalten haben. Aber trotzdem sind manche Illustrationen nicht besonders gut gelungen, da, wenn sie den Spielern gezeigt werden, unfreiwillige Komik am Spieltisch verursachen könnten. Andere sind allerdings gut bzw. zweckmäßig.

 

Ein Spielleiter, der eines dieser vier Abenteuer vorbereitet, wird doch einen erheblichen Arbeitsaufwand haben, denn die Beschreibungen der Räume, Gänge, Höhlen, etc. erfolgt „in einem Guss“ inkl. Monstereinträge und ähnlichem. Es wirkt insgesamt häufig unübersichtlich, wobei bei “The Lost Caverns of Tsojcanth“ schon Kästen sind mit Informationen, die man als Spielleiter den Spielern vorlesen kann.

 

Inhalt

(Vorsicht Spoiler!!!)

Im Folgenden werde ich eine Einschätzung zu jedem Abenteuer abgeben. Hierbei kommt es natürlich ab und zu zu Spoilern, aber ich werde mich bemühen, nicht zu viel zu verraten. Trotzdem sollten Spieler, die demnächst eines dieser Abenteuer angehen wollen, nun aufhören zu lesen (und sich von ihren geliebten Charakteren verabschieden!).

 

The Tomb of Horrors:

„Irgendwo unter einem vergessenen einsamen Hügel liegt ein Labyrinth, gefüllt mit tödlichen Fallen und gefährlichen Monstern, aber auch Schätzen, mundan und magisch, von unschätzbarem Wert. Aber neben den Wachen soll auch ein Demi-Lich (Acerak) hier seine letzte Ruhestätte gefunden haben…“ (freie Übersetzung meinerseits).

 

Mit Speck fängt man Mäuse, mit Schätzen (A)D&D-Spieler. Wenn man seine Spieler nicht mag, dann sollte man es bei diesen Ingame-Informationen belassen. Falls man es doch tut, sollte man vor dem Spielen dieses Moduls erstmal das Gespräch mit ihnen suchen und fragen, ob sie es wirklich spielen wollen. Ich habe irgendwo gelesen, dass Gary Gygax selbst (frei übersetzt) gesagt hat, dass Tomb of Horrors eine Herausforderung für Spieler darstellt…nicht für Charaktere! Heisst im Klartext: Nur Spieler, die geistig maximal gefordert werden wollen und für die Kämpfe eher nebensächlich sind, sollten dieses Abenteuer spielen. Und sie sollten nicht zu sehr an ihren Charakteren hängen, die zum Start des Abenteuers irgendwo zwischen Stufe 9 und 16 sein sollten, je nach Gruppengröße.

 

Tomb of Horrors ist hart bis hin zu unfair. Der unvermeidliche Tod lauert an jeder Ecke, in jedem Gang, in jedem Raum. Beispiele gefällig? Nun, es gibt drei Eingänge, einen echten, zwei falsche. Falscher Eingang Nr. 1 lässt beim Öffnen die Decke einstürzen die ersten Charaktertode. Falscher Eingang Nr. 2 schließt sich vollkommen, wenn der Spielleiter langsam von 10 runtergezählt hat. Nicht die richtigen Zauber dabei? Die nächsten Charaktertode. Man ist endlich drinnen angekommen…oh, Mist, in die erste Fallgrube gefallen, von drei Stacheln verletzt worden. Drei Rettungswürfe gegen Gift, einmal versagt…ihr ahnt, was kommt.

 

Und genau das zieht sich durch den gesamten Dungeon. Die Wahrscheinlichkeit, jemals bei Acerak, dem Demi-Lich, anzukommen, halte ich für sehr gering. Und wenn doch…viel Glück. Falls er einen der Spieler anguckt, reicht schon mal einen neuen Charakterbogen weiter…

 

Als ich mich im Internet über dieses Modul informiert habe, habe ich eine schöne Aussage gelesen (sinngemäß): „„Tomb of Horrors“ ist ein Relikt, dass man gerne im Regal stehen hat, ab und zu rausholt und liest….und dann wieder zurückstellt.“ Ich teile diese Auffassung vollkommen. So, wie es jetzt vor mir liegt, kann ich mir keine Gruppen vorstellen, die ernsthaft Spaß daran haben würden, sich da durchzuquälen und einen Charakter nach dem nächsten zu verlieren, ohne eine Chance, es wirklich zu verhindern. Denn viele Fallen sind einfach Instant-Tode ohne Rettungswurf. Aber als Spielleiter kann man sich durchaus Inspirationen holen für eigene Dungeons.

 

 

White Plume Mountain:

„Vor 1300 Jahren suchte der Magier Keraptis einen Unterschlupf für sich, um seinen exzentrischen Forschungen nachzugehen. White Plume Mountain wurde sein Domizil, aber der Name Keraptis geriet in Vergessenheit. Bis vor einigen Wochen drei mächtige magische Waffen in Greyhawk City gestohlen wurden und jeder der Besitzer eine Nachricht bekam…unterzeichnet mit dem Siegel Keraptis…“ (frei übersetzt).

 

Auf White Plume Mountain habe ich mich sehr gefreut, denn der gleichnamige Roman von Paul Kidd gehört zu meinen Lieblingsbüchern. So ahnte ich schon, was mich erwartet…und wurde auch nicht enttäuscht.

 

White Plume Mountain ist ein Dungeon Crawl für Charaktere der Stufe 5 - 10, wie er meiner Meinung nach aussehen sollte. Es gibt eine Hintergrundgeschichte, warum man überhaupt (neben Schätzen) dort sein sollte und man kann weitere Hintergründe einholen, bevor man den Dungeon überhaupt betritt. Die Spieler erwartet dann ein Abenteuer, in dem sich Fallen, Kämpfe und Knobeln/Nachdenken abwechseln oder auch kombiniert angewendet werden sollten. Beispiel: Der Kampf mit dem Riesenkrebs wird ein Heidenspaß, wenn keiner der Charaktere bedenkt, dass der Raum nur durch eine dünne Wand vor kochendem Wasser geschützt wird (White Plume Mountain ist ein Vulkan). Sollte ein Spieler durch Zauber oder Waffen diese Wand beschädigen…

 

Kommen wir nun aber zur eigentlichen Enttäuschung: Wer glaubt, als heroischer Endgegner käme Keraptis in Frage, der wird sich wundern, denn Keraptis tritt nicht auf. Wenn die Charaktere alle drei Waffen gefunden haben und den Dungeon verlassen wollen, hören sie seine Stimme (und haben noch einen Kampf gegen Efreets) vor sich…und das wars! Schon ein wenig enttäuschend und wohl auch einer der Gründe, warum später noch ein Abenteuer namens „Return to White Plume Mountain“ veröffentlicht wurde, wobei ich dieses nicht kenne.

 

Mein Fazit hier:

Der Dungeon ist schön gemacht und man wird sicherlich Spaß bringen, nur muss man als Spielleiter die Geschichte um Keraptis selbst zu Ende führen, in dem z. B. White Plume Mountain noch erweitert oder ähnliches. Schade, das hätte besser sein können.

 

 

Expedition to the Barrier Peaks:

“Die Grand Duchy of Geoff wird in letzter Zeit immer öfter von seltsamen Monstern angegriffen. Zwar war dieses Terrain schon immer für seine Gefährlichkeit bekannt, jedoch sind in den letzten Monaten mehrere Festungen vollkommen zerstört worden. Seltsame Überreste der Angreifer wurden gefunden, doch konnten nicht identifiziert werden…“(frei übersetzt).

 

Was auch für mich erstmal nach einem klassischen Einstieg in ein Abenteuer klang, entpuppte sich dann doch als etwas, mit dem ich in der Art überhaupt nicht gerechnet habe. „Expedition to the Barrier Peaks“ ist für Charaktere der Stufen 8 – 12 angedacht und ist neben “The Lost Caverns of Tsojcanth“ wesentlich länger als “Tomb of Horrors” und “White Plume Mountain”. Es umfasst insgesamt 73 Seiten (zum Vergleich: „Tomb of Horrors“ 36 Seiten; „White Plume Mountain“ 18 Seiten).

 

Um mal inhaltlich direkt auf den Punkt zu kommen: Der Dungeon ist kein Verlies, sondern ein Raumschiff. Mit Androiden, Forschungseinrichtungen, biologischem Labor, futuristischen Waffen…eben alles, was dazugehört. Und damit fing mein persönliches Problem schon an, da ich solche Crossovers nicht besonders mag. Klar, Planescape, Spelljammer, etc. beinhalten auch Anleihen an Science-Fiction, aber Raumschiffe in Greyhawk sind jetzt nicht unbedingt etwas für meinen Geschmack.

 

Nichtsdestotrotz ist „Expedition to the Barrier Peaks“ ein solides Abenteuer, mit dem so manche Gruppe ihren Spaß haben kann. Selbst erfahrene Spieler werden hier, durch die Technologie und auch durch die neuen Monster und Waffen, vor neue Aufgaben gestellt. Insbesondere die Zusatzregeln (die mich doch ein wenig verwirrten…) für technologischen Waffen werden für Erheiterung sorgen, wenn sie (mal wieder) nicht so funktionieren, wie sie sollten.

 

Trotzdem geht es bei „Expedition to the Barrier Peaks“ eigentlich nur darum, ein 6-stöckiges Raumschiff zu erkunden und alle Gefahren zu beseitigen. Der „Kick“ liegt meiner Meinung nach auf dem Zusammentreffen von Fantasy und Science-Fiction, aber das ist halt nicht jedermanns Sache.

 

 

The Lost Caverns of Tsojcanth:

“Vor einem Jahrhundert schickte die Erzmagierin Iggwilv ihre bösen Horden aus, das umliegende Land zu erobern. Sie war äußerst erfolgreich und regierte ihr Reich von den Lost Caverns of Tsojcanth, in denen unsagbare Magie versteckt sein soll. Ihre Experimente brachten Iggwilv dann zu Fall, da sie in einen Kampf mit dem Dämon Graz´zt geriet, den sie zwar überlebte, aber ihr Reich zerfallen liess. Man ging davon aus, dass auch die Schätze der Caverns geplündert wurden, doch in jüngster Zeit vermehren sich die Gerüchte, dass die Cavermns gefunden wurden und auch die legendäre „Daoud´s Wondrous Lanthorn“, ein mächtiges Artefakt, sich noch immer dort befinden könnte…“ (frei übersetzt)

 

„The Lost Caverns of Tsojcanth“ punktet von Anfang an. Denn im Gegensatz zu den anderen Abenteuern gehört der Weg zum Dungeon zum Abenteuer dazu, so dass dort schon einige interessante Begegnungen auf die Charaktere warten. Ebenso wird dem Spielleiter die Möglichkeit eröffnet, dass noch andere Abenteurergruppen hinter den Schätzen her sein könnten, so dass man hier weitere Herausforderungen einbauen könnte, wenn man dies möchte (Iuz the Evil schickt auch Abenteurer…).

 

Der Dungeon selber teilt sich in zwei Ebenen auf, die es zu erkunden gilt. Wie am Anfang schon erwähnt, gibt es in diesem Modul Einträge für den Spielleiter, die den Spielern vorgelesen werden sollen, um einzelne Passagen zu beschreiben. Außerdem wird explizit darauf hingewiesen, wie bestimmte Monster reagieren, wenn etwas im Nebenraum passiert.

 

Insgesamt sind es doch sehr viele Kämpfe, die Charaktere hier zu bestehen haben. Zwar sind auch ein paar friedliche Begegnungen dabei, aber mir fehlt ein bisschen die Mischung aus Rätseln und Knobeln, wie sie bei „White Plume Mountain“ doch vorhanden war. Trotzdem ist es für mich das beste aller vier Abenteuer, auch gerade wegen dem riesigen Anhang, in dem neue Monster und Schätze beschrieben werden. Es gibt viele gute Einfälle, viele spannende Kämpfe und es eben der Dungeon Crawl, wie ich ihn mir vorstellen könnte.

 

Fazit:

Der Reprint der vier Abenteuer zeigt Licht und Schatten.

 

Zwar sind Old School und Retro gerade in, aber trotzdem müssen in meinen Augen gewisse Dinge einfach vorhanden sein, damit es Spaß macht. „Dungeons of Dread“ bietet viel Spaß für mittlerweile wenig Geld (ca. 23 €), aber dem Käufer muss bewusst sein, dass er eben nicht erwarten kann, hier ein Vollfarbprodukt zu bekommen. Im Gegenteil, alles ist schwarz-weiss und manche Illustrationen sind grausam, auch für ein Old School Produkt.

 

Was den Spielspass angeht, bekommt man hier meiner Meinung nach ein wirklich gutes Abenteuer (The Lost Caverns of Tsojcanth), zwei, an denen man ein bisschen feilen muss bzw. das eben Geschmackssache ist („White Plume Mountain“ bzw. „Expedition to the Barrier Peaks“) und eines, aus dem man sich Inspirationen holen kann…und es dann wieder ins Regal stellt.

 

Für Sammler auf jeden Fall zum empfehlen.