Sharner Kobold Sharner Kobold

 

u
Tipps für mehr Action

10 Tipps für mehr Action

vorherige Ausgabe | nächste Ausgabe


Action im Rollenspiel bedeutet mehr als Kämpfe auszuwürfeln. Ebenso wie im Kino sollte bei einem guten Actionabenteuer eine emotionale Achterbahnfahrt aus steter Spannung und Entspannung entstehen.

1. Gib den Spielern was zutun!

Die Charaktere müssen ein Rätsel lösen? Dann lass die Spieler das auf gar keinen Fall per Würfelwurf tun, sondern stelle es ihnen! Sie sollen eine Bombe entschärfen, indem sie einen Mechanismus oder - besser noch - ein Computerprogramm knacken müssen? Dann gib ihnen ein Puzzle, das symbolisch für das Programm steht. Die Charaktere brauchen eine gute Story, um an der Stadtwache vorbei zu kommen? Dann müssen sie sich auch eine überlegen und nicht darauf hoffen, dass sie mit einem Wurf auf "Schnellreden" an der Wache vorbei kommen.

Schnell verschwindet auf diese Weise die Trennung zwischen Charakter und Spieler. Deine Spieler werden so auch emotional ins Spiel eingebunden und haben auf diese Weise einfach mehr Spaß. Vor allem aber, darfst du nie den Zeitdruck vergessen. Ein Rätsel zu lösen, eine Bombe zu entschärfen oder eine Stadtwache zu belatschern, ergibt noch keine Actionszene. Also:

2. Setze deine Spieler immer unter Zeitdruck!

"Für das Öffnen des Kombinationsschlosses der Tür bleiben noch zehn Sekunden, bevor euch das tödliche Gas erreicht. Neun, acht, sieben, sechs ..."

In einem Actionabenteuer kommt es darauf an, von den Spielern schnelle Entscheidungen zu fordern. Du musst die Zeit, die ihnen zum Nachdenken bleibt, verkürzen, sodass sie sich gehetzt fühlen und spüren, dass ihre Charaktere in Gefahr sind. Nur so kann sich die Spannung von den Charakteren auf die Spieler übertragen und allen Beteiligten einen eindrucksvollen Abend bescheren.

Aber bedenke den ersten Tipp: Lass die Spieler nicht einfach einen Wurf machen, um auf die Kombination zu kommen! Dabei ginge der Actioneffekt verloren. Lass sie selbst denken! Du musst deine Spieler gut kennen und die Anforderungen, die du an sie stellst, ihren Fähigkeiten anpassen! Wenn du sie überforderst und sie die ganze Zeit scheitern, frustrierst du sie. Unterforderst du sie, wird das Abenteuer langweilig.

Im Endeffekt sollte in einem Action-Abenteuer die Rätselkomponente nicht überbewertet werden. Überlege dir kurz auf einer Skala von 1-100, wie leistungsfähig deine Leute sind - und zieh dann 50% davon ab. Unter Stress sind wir alle keine Künstler mehr und auch die einfachsten Aufgaben werden zur Herausforderung. Umgekehrt kannst du auf diese Weise als Spielleiter mit einem billigen Rätsel noch einen guten Effekt erzielen.

3. Wenn die Spannung abflaut, frage den unsichersten oder unaufmerksamsten Spieler, was er gerade tut!

In der Regel wird er Mist bauen. Lass ihm seine Entscheidung! Die anderen Spieler dürfen ihm nicht helfen! Klingt unfair? Naja, ist es vielleicht auch. Aber du wirst sehen, die Handlung wird ins Rollen gebracht, indem die Gruppe in Schwierigkeiten gerät, was am Ende zur Steigerung des Spielspaß' beiträgt. "Fehler" der Spieler, also Entscheidungen, die vielleicht nicht Unmittelbar zum Erreichen des Spielziels dienlich sind, sind oft ein gutes Element, um den Plot der Spielrunde voranzutreiben.

Achte darauf, es nicht zu übertreiben. Versuche zu verhindern, dass die Entscheidungen der Spieler in tödlichen Situationen enden. Die Charaktere können bis auf die Knochen geschunden werden, aber sie sollten nicht sterben. Damit raubst du allen Beteiligten nur den Spielspaß. Wenn ein Charakter sterben sollte, dann gib ihm wenigstens noch eine richtig gute Szene, bevor er ins Gras beißt und lass ihn nicht sang- und klanglos abtreten.

Vor allem solltest du darauf achten, den Spielern keine guten Pläne kaputt zu machen. Nutze diesen Tipp nur, wenn wirklich gerade nichts los ist und nicht, um die Spieler zu ärgern.

4. Lass deinen Spielern keine Zeit zum Nachdenken!

Handeln deine Spieler in Situationen, die brenzlig sind, nicht augenblicklich, sondern nehmen sich einfach Bedenkzeit, behandle sie so, als würden ihre Charaktere auch im Spiel tatenlos herumsitzen! Und in welcher rasanten Actionhandlung haben die Figuren schon Zeit zum Überlegen? Die Charaktere solcher Spieler müssen genauso von den Ereignissen überrollt werden, wie es bei Figuren in Actionfilmen passieren würde!

In Action-Abenteuern gilt das Prinzip: Gesagt - getan. Deswegen sind Action-Abenteuer auch gute Rollenspiel-Abenteuer. Es gibt keine zweite Chance, kein Überdenken der Aktionen und auch keine Kommentare jenseits des Spielgeschehens. Das alles führt nur dazu, dass die Spannung abflaut, die Konzentration nachlässt und die Action unter Gelaber leidet.

Wenn deine Spielrunde nicht gewohnt ist, nach diesem Prinzip zu spielen, rede mit ihnen darüber. Erkläre, wie du dir die Runde vorstellst, bevor du mit dem Spiel beginnst. Hält sich ein Spieler nicht daran, bestrafe ihn ruhig einmal drastisch mit allen Konsequenzen, aber bringe sein Charakter nicht um. Greife erst zu drastischen Mitteln, wenn sich einzelne Spieler als vollkommen Action-Resistent erweisen. Frage solche Spieler aber auch hintehrer, worin das Problem besteht. Vielleicht wollen deine Spieler gar keine Action-Abenteuer. Diese Möglichkeit darfst du nicht ausschließen.

5. Gestalte Kämpfe so spektakulär wie möglich!

Spektakuläre Kämpfe sind das Blut das durch die Adern eines Actionabenteuers fließt. Es kommt hier nicht darauf an, strategisch oder taktisch klug vorzugehen, um bestimmte Ziele zu erreichen - so, wie es in normalen Rollenspielen oft der Fall ist. Vielmehr ist der Kampf selbst - die Aufregung, die Spannung und die spektakulären Aktionen - das Ziel:

Mach die Kämpfe deswegen so dramatisch und ereignisreich wie möglich! Lass sie vor allem von Szene zu Szene dramatischer werden! Setz die Umgebung gut ein, lass die Kämpfe vor eindrucksvollen Kulissen stattfinden, verwende von Kampf zu Kampf immer mehr, immer größere und gefährlichere Waffen usw.

Fordere die Spieler auf ihre Aktionen im Kampf genau zu beschreiben! Ermutige sie dazu, mit ihrer Umgebung zu arbeiten und selbst zu imrpovisieren. Belohne trickreiche Aktionen, indem du sie gelingen lässt. Mache deutlich, dass simples Dreinschlagen oder das Ansagen nackter Zahlen nicht erwünscht ist.

6. Lass dir nicht in die Karten gucken!

Verhindere als Spielleiter nach Möglichkeiten das Anfertigen von Bodenplänen! In normalen Abenteuern werden Bodenpläne eingesetzt, um den Spielern eine Vorstellung des Geschehens zu erleichtern und ihnen die Möglichkeit zu geben, strategischer zu handeln. Aber genau das wollen wir ja nicht!

Je genauer du dich bei der Beschreibung der Umgebung des Kampfes festlegst, umso weniger Gelegenheit hast du, wichtige Details zu improvisieren, um die Dramatik zu steigern. Hast du erstmal einen Plan gezeichnet, kann sich nicht plötzlich ein Abgrund einem Charakter auftun, der gerade fliehen wollte. Er kann auch nicht schnell in Deckung springen, bevor ihn der Schuss erwischt, weil auf dem Plan einfach keine Deckung eingezeichnet ist usw.

Wenn ein Plan doch mal nötig wird, skizziere ihn so grob wie möglich, damit du viele Freiheiten hast..

7. Erfinde jeden Kampf vollkommen neu!

Das heißt: Lass dir neue Gegner mit neuen Eigenschaften einfallen, gegen die sich die Charaktere in einer neuen Umgebung und unter erschwerten Bedingungen zur Wehr setzen müssen. Haben die Charaktere gerade gegen Mafia-Gangster mit Tommyguns gekämpft? Dann lass sie jetzt gegen Kampfkünstler der Triaden antreten. Die Kämpfe haben bisher auf engem Raum auf einem Boot oder Flugzeug stattgefunden - dann lass das Boot beim nächsten Mal während des Kampfes untergehen oder das Flugzeug abstürzen usw.

8. Lass dir die Regeln nicht in die Quere kommen!

Meistens steht das Regelwerk eines Rollenspiels einer wirklichen Actionszene im Weg. Was für eine normale Rollenspielrunde gilt, gilt erst recht für ein Actionabenteuer: Sobald im Regelbuch nachgeschlagen oder viel gewürfelt werden muss, verpufft die Atmosphäre. Außerdem sind die meisten Regelwerke dazu da, um einen fairen Ausgleich zwischen allen Beteiligten zu schaffen. Aber genau das wollen wir in einer Action-Szene ja nicht. Wir wollen, dass die Charaktere ins Schwitzen kommen, aber keiner wirklichen Gefahr für Leib und Leben ausgesetzt sind.

Fällt dir eine Regel nicht ein, improvisiere lieber. Verzichte darauf, alle Boni und Mali in einer Szene genau zu berechnen oder sogar nachzuschlagen. Improvisiere sie lieber, damit das Spiel schnell voran schreitet. Deine Spieler werden dir diese Ungenauigkeiten verzeihen, wenn sie dafür mit einer dichten Atmosphäre und einer spannenden Handlung belohnt werden.

Aus diesen Gründen solltest du für ein Action-Abenteuer auch immer ein Regelwerk wählen, das du sicher beherrschst.

9. Sei nicht der Freund der Spieler!

In einer Actionszene musst du von deiner Position als "neutraler" Spielleiter abrücken. Normalerweise solltest du dich in einer Spielrunde um ein gewisses Maß an Neutralität und Fairnis bemühen. In eine Actionszene bist du gewissermaßen zunächst der Feind der Spielercharaktere: Je mehr Gefahren du ihnen aufhalst, umso spannender wird die Szene.

Klingt langweilig und abgekatert? Mag sein. Aber in einer Actionszene kommt es allein darauf an, den Spielern das Gefühl zu vermitteln, den Gefahren nur in allerletzter Sekunde zu entkommen. Nur wenn du dieses Gefühl für Timing entwickelst, wird eine Action-Szene oder sogar ein Action-Abenteuer auch zu einem unvergesslichen Erlebnis.

10. Bilde Vertrauen!

Action-Filme im Kino sind eine abgekaterte Sache. Der Held gerät von einer Gefahr in die nächste, man weiß, er wird am Ende heil aus der Sache rauskommen - aber man zittert trotzdem mit. Ein Action-Film ist wie ein Vertrag zwischen Film und Zuschauer: Ich sorge hier für ein wenig Aufregung, aber keine wirklichen Gefahren und du zitterst einfach mit und tust so, als wüsstest du nicht, wie hinterher alles ausgeht.

Einen ähnlichen Vertrag musst du mit deinen Spielern schließen, wenn du ein Action-Abenteuer leitest. Die Spieler müssen dir vertrauen können, dass du ihre Charaktere in Gefahr bringst, aber nicht wie die Fliegen sterben lässt. Und du musst dir sicher sein, dass deine Spieler sich auf diesen Hokus-Pokus einlassen.

Deswegen sollte in deiner Spielrunde eine Vertrauensbasis existieren: Deine Spieler machen wagemutige Aktionen und werden dafür von dir damit belohnt, dass diese Aktionen auch gelingen und in spektakuläre Beschreibungen umgesetzt werden, die für alle den Spielspaß steigern. Du musst dabei den Spielern aber auch vertrauen können. Sie dürfen dein Vertrauen nicht dazu ausnutzen, egoistsiche und chaotische Aktionen durchzuführen, die nicht einem Helden, sondern eher dem Schurken des Abenteuers entsprechen.

Kläre deswegen diese Spielregeln. Verabrede mit deinen Spielern den Action-Spielstil, wenn du dir nicht sicher bist, ob sie Action-Abenteuer spielen wollen oder nicht.

 

PDF-Download:

© Marcus Johanus


vorherige Ausgabe | nächste Ausgabe