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Tipps für besseres Rollenspiel

5 Tipps für besseres Rollenspiel

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Jeder ambitionierte Spielleiter kennt dieses Leid: Du engagierst dich, versuchst Atmosphäre zu erzeugen, Stimmung aufkommen zu lassen, die Spielwelt und ihre Bewohner so anschaulich wie möglich durch engagiertes Rollenspiel darzustellen und dann ruiniert ein Spieler alles mit einem einfachen Satz: "Mein Zwerg geht zu deinem Krieger und fragt ihn, ob er da ein magisches +5-Schwert auf dem Rücken hat."

Sieh's ein: Deine Rollenspielrunde wird nur dann zu einem gelungenen Erlebnis, wenn nicht nur du, sondern auch deine Spieler sich ins Zeug legen und gutes Rollenspiel leisten.

Aber - was ist gutes Rollenspiel?

Wenn du unzufrieden damit bist, wie deine Spieler ihre Charaktere darstellen und am Spielgeschehen teilnehmen, ist der erste Schritt zur Veränderung die Frage, was du eigentlich unter gutem Rollenspiel verstehst. Was gutes Rollenspiel ist, steht in den wenigsten Rollenspiel-Regelwerken geschrieben - und das mit gutem Grund: Nur du kannst entscheiden, was für dich das Maß der Dinge ist.

Solltest du also feststellen, dass du mit dem Rollenspiel deiner Spieler unzufrieden bist, musst du dir zuerst folgende, alles entscheidende Frage stellen:

Sind deine Spieler ebenfalls unzufrieden?

Unter Umständen gefällt ihnen der Mangel an Atmosphäre. Nicht jeder legt Wert auf schauspielerische Höchstleistung (oder auch minimale Leistungen). Vielleicht stehst du mit deinem Gefühl alleine da. Zugegeben, dieser Fall ist eher selten, kommt aber vor. Hier solltest du eine grundlegende Entscheidung treffen: Du musst dich entweder mit den Verhältnissen arrangieren und deine Spieler akzeptieren wie sie sind oder dir eine neue Rollenspielrunde suchen, die eher deinen Vorstellungen entspricht.

Manchmal sind Spieler aber nur scheinbar mit der Art und Weise, wie sie ihre Charaktere darstellen, zufrieden. In Wirklichkeit trauen sie sich nicht, Kritik zu äußern oder sind auf unbestimmte Weise unzufrieden - sie können also nicht sagen, was sie stört, da ihnen Vergleichsmöglichkeiten fehlen. Sie schweigen deswegen lieber, anstatt einfach zu meckern.

In jedem Fall lohnt es sich, mal ein wenig zu experimentieren und die Grenzen deiner Spieler zu erkunden. Vielleicht schaffst du es, das Rollenspiel-Niveau in deiner Runde zu steigern, sodass der Spielspaß gesteigert wird.

1. Such dir ein neues Rollenspiel

Beginne eine vollkommen neue Kampagne mit einem Rollenspiel, das deine Gruppe nicht kennt. Wähle auch eine neue Spielwelt. Auf dieser Basis lassen sich am ehesten neue Wege gehen, weil deine Spieler sich sowieso auf neue Gegebenheiten einstellen müssen. Das angestammte Rollenspiel hat einfach zu viele Gewohnheiten in den Köpfen deiner Spieler verfestigt, die bereit unbewusst ins Spiel einfließen und gegen die du nur schwer ankommst.

Der Ausflug in ein neues Regelwerk und eine neue Spielwelt muss ja nicht bedeuten, dass die lieb gewonnene Kampagne aufgegeben werden muss. Du kannst später wieder zu ihr zurückkehren und die neuen Erfahrungen und den neuen Stil deiner Spieler in dein Lieblingsspiel einbringen.

2. Spiele ohne Regeln

Wenn es dein Ziel ist, deine Spieler davon abzubringen, ständig in Regeln, Charakterklassen und Angriffsboni zu denken, dann spiele einfach mal ein Abenteuer ganz ohne Regeln. Am besten eignet sich dazu die erste Sitzung mit einem neuen Rollenspiel. Lass deine Spieler ihre Charaktere nur als Persönlichkeiten entwerfen, ganz ohne Spielwerte (Attribute, Fertigkeiten usw.).

Am besten eignen sich für solche Experimente Detektiv-Abenteuer, in denen die Spieler sowieso auf ihre eigenen Fähigkeiten angewiesen sind. Lass lieber keine Kämpfe stattfinden.

Es gibt viele Strategien, wie man Kämpfe vermeide kann. Kommt es doch zu einem Kampf, wirf eine Münze oder entscheide einfach, wer den Kampf gewinnt. Auf diese Weise signalisierst du, dass in diesem Abenteuer Kämpfe nicht von Interesse sind. Deine Spieler werden den Hinweis schnell begreifen - wenn sie an einer Verbesserung ihres Rollenspiels Interesse haben.

Natürlich darf ein Abenteuer auch ohne Würfel nicht langweilig werden. Das Geheimnis einer guten Rollenspielrunde ohne Regeln lautet: Interaktion. Bereite die Nichtspielercharaktere besonders gut vor. Du musst sie überzeugend, originell und unterhaltsam darstellen, also selbst schauspielerische Leistung erbringen, um mit deinem Enthusiasmus deine Spieler anzustecken - ansonsten wird das Experiment misslingen. Hab keine Angst vor Fehlern oder peinlichen Situationen, schließlich spielst du ja mit deinen Freunden. Wenn die Sache in die Hose geht, werden sie's dir verzeihen.

3. Spieler kritisieren Spieler

Wenn du mit deiner Spielrunde unzufrieden bist, gibt es subtile Möglichkeiten, deinen Frust zu äußern.

Es ist kein guter Weg, wenn du dich als Spielleiter hinstellst und deiner Unzufriedenheit in Form von Kritik äußerst. Selbst wenn sie noch so freundlich verpackt ist, besteht nicht nur die Gefahr, dass deine Spieler sie übel nehmen. Auch wenn du besonders aufmerksame Spieler hast, die gerne eine Anregung von dir aufnehmen, wird diese Kritik nicht besonders fruchtbar sein - denn sie kommt von außen, von dir.

Ein besserer Weg ist, die Erkenntnis, das etwas am Spielstil geändert werden muss, in den Spielern selbst wachsen zu lassen. Lass dazu deine Spieler einfach mal eine Charakterisierung ihrer Mitstreiter verfassen. Wie sehen die Spieler die Charaktere ihrer Mitspieler? Wie würden sie deren Persönlichkeiten beschreiben? Was haben sie bislang von ihrem Aussehen, ihrer Hintergrundgeschichte und ihren Vorlieben und Abneigungen mitbekommen? Wie verstehen sich die Charaktere untereinander, was halten sie voneinander?

Sollte bei dieser gegenseitigen Beurteilung der Spieler untereinander herauskommen, dass die Spieler nicht mal die Namen der Charaktere ihrer Mitspieler kennen, dann werden sie wohl selbst beschämt erkennen, dass sie an ihrem Rollenspiel etwas ändern müssen.

Achte aber darauf, dass du subtil vorgehst. Gib deinen Spielern einfach am Ende eines Spielabends die kleine Hausaufgabe, eine kurze Beschreibung der Charaktere in der Gruppe anzufertigen. Gib ihnen am besten eine kleine Checkliste (s. u.), in die sie nur einzelne Punkte eintragen müssen oder versorge sie mündlich mit ein paar Stichworten, die sie beachten sollen.

Gib später jedem Spieler die Beschreibungen seines Charakters, die die anderen Spieler angefertigt haben. Auf diese Weise lernen die Spieler voneinander, welche Defizite ihre Darstellung aufweist und wie Weit ihre Vorstellung von den Eindrücken der anderen entfernt ist. Du als Spielleiter trittst in den Hintergrund und verfällst nicht in die Rolle des Oberlehrers und ewigen Nörglers. Außerdem bleibt dir eine ganze Menge Arbeit erspart.

4. Charakter-Checklisten für die Charaktererschaffung

Die wenigsten Rollenspiel-Regelwerke fördern bei der Charaktererschaffung das Erstellen einer guten Hintergrundgeschichte oder einer abgerundeten Persönlichkeit.

Sollten deine Spieler bei der Charaktererschaffung in Tabellen versinken und unentwegt mit Zahlen jonglieren anstatt interessante Figuren zu erschaffen, nimm ihnen ihre Tabellen und Regelwerke einfach weg. Beginne viel weiter vorne und versuche deine Spieler zu ermutigen, sich erst Gedanken über die Persönlichkeit ihrer Charaktere zu machen, um anschließend in einem zweiten, untergeordneten Schritt die Spielwerte zu ermitteln.

Wahrscheinlich sind deine Spieler nicht gewohnt, auf diese Weise vorzugehen. Erleichtere ihnen die Charakterschaffung deswegen mit einer kleinen Checkliste. Sie könnte folgendermaßen aussehen:

Charakter-Checkliste

Äußeres (Körper, Aussehen, Bewegung, Mimik, Gestik, bevorzugte Kleidung etc.):

 

Besondere Begabung:

 

Grundlegender Wesenszug und bezeichnende Äußerlichkeit:

 

Vergangenheit und Vorgeschichte (Erwartungen, Gewohnheiten, Vorbilder, alte Freunde und Feinde):

 

Familie, sozialer Hintergrund, soziales Netz:

 

Beruf, Ansehen:

 

Einstellungen (werden wie dargestellt?):

 

Gewohnheiten (Vorlieben und Abneigungen, Geschmack, Interessen, Phobien, Überempfindlichkeiten etc.):

 

Hobbys:

 

Wünsche Ambitionen, Ziele:

 

Emotionen und Motivationen:

 

(Tag-)Träume:

 

Alltägliches Verhalten und Reaktionen in Stresssituationen, in Gefahr:

 

Typisches Interaktionsmuster:

 

Rätselhafte Züge:

 

5. Fazit

Es ist der schwerste Job eines Spielleiters, Schwung in seine Runde zu bringen. Das Verwalten von Regeln und das Vorbereiten von Abenteuern und Kampagnen ist vergleichsweise einfach. Aber wenn du mehr Atmosphäre und besseres Rollenspiel in deiner Runde einführen möchtest, kommt es nicht auf deine Fähigkeiten als Schiedsrichter oder Autor an, sondern auf deine Persönlichkeit. Es kommt darauf an, dass du deine Spielrunde nicht nur verwalten, sondern auch mitreißen und begeistern kannst.

Der erste Schritt zum besseren Rollenspiel liegt bei dir. Die Vorschläge dieses Spielleiter-Tipps können dir helfen - aber ihr Erfolg hängt von deiner Persönlichkeit ab. Steck deine Ansprüche nicht zu hoch, versuche deine Fähigkeiten realistisch einzuschätzen und handle in ihrem Rahmen, damit du nicht frustriert wirst und gestehe dir und deinen Spielern zu, mit der Zeit zu wachsen.

 

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© Marcus Johanus


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