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Red Hand of Doom
Bewertung:
(4.5)
Von: Alex Lorenz
Am: 26.02.2006
Autor:Richard Baker, James Jacobs
Typ:
System:D&D 3.5
Setting:Generisch
VerlagWizards of the Coast
ISBN/ASIN:0786939389
Inhalt:128 Seiten, Softcover
Sprache:Englisch

Red Hand of Doom

In den Wyrmsmoke Mountains sammelt sich eine Horde von Hobgoblins mit einem charismatischen Anführer unter dem Banner der Roten Hand. Nur eine Gruppe tapferer Helden steht zwischen ihnen und der totalen Verwüstung des Tals von Elsir…

„Red Hand of Doom (im Folgenden „RHoD“) ist ein D&D-Abenteuer für vier Charaktere der fünften Stufe. Im Laufe des Abenteuers sollen die Charaktere die 10. Stufe erreichen.

Die Autoren des Abenteuers sind bekannt: Rich Baker ist ein sehr umtriebiger Designer und Romanautor bei den Wizards. An Abenteuern hat er unter anderem den modernen Klassiker „The Forge of Fury“ geschrieben. James Jacobs hat unter anderem am „Shackled City Adventure Path“ mitgearbeitet.

 

RHoD präsentiert sich als Softcover mit 128 Seiten. Das Titelbild zeigt den Kampf einer Heldengruppe gegen Hobgoblins und andere Fieslinge; mir persönlich gefällt es nicht besonders. Das Innenlayout gleicht sich dem der D&D-Regelwerke an; hierbei erfreut die durchgehend farbige Präsentation das Auge. Das Artwork im Inneren ist von überwiegend sehr guter Qualität.

Beigefügt ist eine ausklappbare Posterkarte, die die Schauplätze gewisser Kämpfe im Abenteuer für den Miniaturenkampf darstellt. Ansonsten hält sich die Unterstützung für Miniaturen in überschaubaren Grenzen. Im Gegensatz zu „Sons of Gruumsh“ werden keine Miniaturen für bestimmte Gegner empfohlen.

In der Einleitung wird kurz das im letzten Jahr erschienene „Heroes of Battle“ empfohlen, benötigt wird es jedoch keineswegs.

Auf der Wizards-Website steht einiges an Zusatzmaterial zur Verfügung: Ein Interview mit den Designern, ein „Use This Book Tonight“-Artikel und vor allem ein Web Enhancement, das aus den chronologisch sortierten Statistiken der Gegner besteht und dem Spielleiter lästige Blätterei ersparen soll. Der Link befindet sich rechterhand.

RHoD ist das erste D&D-Abenteuer seit Erscheinen der 3.5E, das keiner speziellen Kampagnenwelt zugeordnet ist. Das Tal von Elsir stellt einen abgeschlossenen Schauplatz dar, der sich ohne viel Gedöns in jede generische Fantasy-Welt übertragen lässt. Netterweise sind Vorschläge für die Einarbeitung in die Vergessenen Reiche, Eberron und Greyhawk gleich mit dabei.

 

SPOILER: Spieler sollten hier nicht weiterlesen!

 

In RHoD vereint Azarr Kul, der Sohn des Drachen, Tausende von Hobgoblins und Dutzende von Riesen und anderen Monstern sowie nicht zuletzt eine Handvoll Drachen (WotC schreiben schließlich das „Year of the Dragon“) unter seinem Banner, um das Tal von Elsir zu unterjochen. Dies beinhaltet die Vernichtung oder Versklavung aller Menschen und Elfen in diesem Tal. Ein mächtiger Leichnam ist sein Verbündeter; außerdem beschwört Kul, der ein mächtiger Kleriker der Drachengöttin Tiamat ist, mehrere Teufel zu seiner Unterstützung. Da er hiermit beschäftigt ist, schickt er seine Armee unter der Führung mehrerer „Wyrmlords“ (hat da jemand „Dragonlance“ gesagt?) los.

Fokus des Abenteuers ist der Marsch der Horde der Roten Hand durch das Tal von Elsir und die Anstrengungen der Spielercharaktere, diesen zu stoppen. RHoD gibt einen Zeitplan vor, nach dem der Marsch der Horde verläuft, wenn er nicht gebremst wird. Durch die Aktionen der Spielercharaktere kann dieser Ablauf beeinflusst werden; etwa durch die Zerstörung einer Brücke, die die Horde überqueren will.

Somit entsteht ein Abenteuer, dass flexibel auf die Handlungen der Spieler reagiert und gleichzeitig einen straffen Zeitplan hat, der rasches Handeln erfordert. RHoD gönnt den Charakteren kaum Pausen zum Ausruhen, Gegenstände herstellen oder Erlernen neuer Fähigkeiten; schließlich kommen aus dem Westen an die 2.000 Hobgoblins angerückt. Zum Ausgleich hierfür gibt das Abenteuer relativ großzügig Schätze heraus; insbesondere einen Stab des Lebens, der von den Designern als eine Art „Lebensversicherung“ für das Abenteuer eingebaut wurde.

Dies ist übrigens einer der zahlreichen „Designer´s Notes“ zu entnehmen, einer weiteren Neuheit in RHoD. In diesen kleinen Textkästen erläutern Baker und Jacobs, warum sie was wie entworfen haben und wie die jeweilige Szene ungefähr verlaufen sollte. Diese Tipps dürften insbesondere für eher unerfahrene Spielleiter sehr hilfreich sein.

 

Aber zurück zur Story: RHoD verlangt nicht von den Charakteren, es mit einer ganzen Armee aufzunehmen. Vielmehr sollen die Helden im Rahmen ihrer Möglichkeiten alles tun, um der Horde kleine Nadelstiche an wichtigen Stellen zu verpassen, Verbündete zu gewinnen und möglichst viele Menschenleben zu retten.

 

RHoD ist in fünf Kapitel unterteilt. In Kapitel 1, „The Witchwood“, stoßen die Charaktere auf der Suche nach einer alten Feste, in der sich ein Schatz befinden soll, auf kleine Spähtrupps von Hobgoblins. Nach einer Besprechung mit dem Stadtrat von Drellin´s Ferry, der angrenzenden Siedlung, stoßen die Charaktere in den Hexenwald vor. Hier gibt es neben weiteren Hobgoblin-Trupps auch einen freundlichen Waldläufer und die Möglichkeit, einen Waldriesen zum Kampf gegen die Hobgoblins zu bewegen. Weiterhin ist Vraath Keep zu erforschen: Hier gibt es Hinweise darauf, dass die Hobgoblins nur die Vorhut einer ganzen Horde sein könnten. Im weiteren Verlauf des Kapitels haben die Charaktere die Möglichkeit, den Vormarsch der Horde durch die bereits erwähnte Zerstörung einer Brücke um drei Tage zu verzögern. Zeit, die dringend gebraucht wird: Wenn die Horde erst mal vor Drellin´s Ferry steht, ist Evakuierung die beste Option. RHoD behandelt löblicherweise auch die meisten anderen Möglichkeiten, der Horde zu begegnen; generell macht das Modul einen sehr flexiblen Eindruck.

 

Kapitel 2, „The Ruins of Rhest“, enthält viele kleinere Ereignisse, die der SL nach Belieben einfügen kann, so zum Beispiel weitere Scharmützel mit Spähtrupps der Horde, ein Kampf gegen opportunistische Plünderer, die Entlarvung eines Spions oder auch ein auf die Charaktere verübter Mordanschlag. Weiterhin werden die Möglichkeit, dass die Helden gefangen genommen werden sowie der Versuch, es tatsächlich mit der Horde aufzunehmen, als eigene Ereignisse behandelt, falls es je so weit kommen sollte.

Die Hauptattraktion sind hier jedoch die titelgebenden Ruinen, in denen die Horde eine Art Brutkammer für die Ausgeburten von Tiamat, die so genannten „Dragonspawns“, handelt. Dragonspawns sind drachenartige Externare, die für dieses Abenteuer entworfen sind. Leider mangelt es hier an einem „richtigen“ Monstereintrag für diese Wesen; nur der blanke Statblock wird präsentiert. Dafür gibt´s aber ein schickes Bild.

Aber nicht nur Monsterplätten ist angesagt: Die Helden haben die Möglichkeit, eine Allianz mit den Tiri Kitor, dem dort ansässigen Volk von Waldelfen, zu schmieden. Hier fallen gleich zwei Dinge angenehm auf: Zum Einen wurden Kultur und Lebensraum eines Elfenvolkes in offiziellen Abenteuern bis jetzt erstaunlich selten einigermaßen detailliert und überzeugend dargestellt; zum Anderen bietet RHoD hier erneut (und nicht zum letzten Mal) eine Möglichkeit, mit Diplomatie und Rollenspiel Großes zu bewegen. Bardencharaktere können im Rahmen einer Begräbniszeremonie die Elfen sogar mit einem gelungenen Klagegesang beeindrucken. Gar nicht schlecht für ein D&D-Abenteuer, das im Grunde einen Krieg zum Thema hat!

 

In Teil 3, „The Ghostlord´s Lair“, können die Spielercharaktere in die Lagerstätte des Geisterfürsten vordringen. Azarr Kul hat diesen Leichnam (ehemals Druide und mit einem Faible für Geistertiere) davon überzeugt, an seiner Seite zu kämpfen. Da das „Überzeugen“ den Diebstahl seines Seelengefäßes beinhaltete und da die Charaktere just dieses Seelengefäß zuvor gefunden haben, ist auch hier wieder die Möglichkeit gegeben, mit dem Leichnam eine friedliche Lösung zu finden.

 

Teil vier („Enemy At The Gates“) beschreibt die unvermeidliche Schlacht vor den Toren von Brindol, der einzigen befestigten Stadt im Tal von Elsir. Hier geht es denn auch ans Eingemachte, und die Spielercharaktere werden es umso leichter haben, je erfolgreicher sie in den vorangegangenen Kapiteln waren. RHoD bedient sich hierzu eines Punktesystems, das für jede gelungene Aktion eine gewisse Anzahl von „Victory Points“ vergibt. So gibt es Punkte für geschlossene Bündnisse, besiegte Führungspersönlichkeiten der Horde, abgeschnittenen Nachschub und enttarnte Spione. Ist eine gewisse Punktzahl erreicht, „zerbricht“ der Korpsgeist der Horde, und die Armee löst sich auf.

Bis dahin steht jedoch noch viel Arbeit auf dem Plan: Bereits vor der Schlacht haben die Charaktere ein Wörtchen bei der Planung der Verteidigung der Stadt mitzureden. Die Schlacht selbst ist in einzelne Ereignisse aufgeteilt. Im Laufe der Nacht müssen die Helden etwa feindlichen „Artilleriebeschuss“ durch Hügelriesen unterbinden, eine strategisch wichtige Straße für einen gewissen Zeitraum halten, einen wild Feuer speienden Drachen vom Himmel holen, einen Scharfschützen ausknipsen und schließlich in einem verzweifelten letzten Gefecht dem General der feindlichen Armee die Stirn bieten.

 

Ist die Horde dann (hoffentlich) zerschlagen, wartet noch in Kapitel Fünf („The Fane Of Tiamat“) eine letzte Herausforderung: Azarr Kul selbst muss unschädlich gemacht werden. Hierzu geht es in den Tempel von Tiamat in den Bergen, wo die Gruppe vielen mächtigen Dienern des Drachensohns gegenüber treten muss, bevor es zum unvermeidlichen Endkampf kommt. Ist Kul dann besiegt, kommt es erst richtig dicke, denn…nein, ich will nicht alles verraten.

Im Appendix gibt es dann die Spielwerte der diversen Gegner, thematisch sortiert. Das neue Statblock-Design findet hierbei Anwendung.

 

Bewertung:

RHoD überrascht durch sein offenes, ereignisbasiertes Design sowie durch den Umstand, dass es trotz des martialischen Themas erstaunlich oft Gelegenheit zum Charakterspiel einräumt. Weiterhin gab es meines Wissens seit „Die Rückkehr des Randal Morn“ (AD&D-Abenteuer von vor ca. 10 Jahren) kein Abenteuer mehr, in dem die Charaktere mal an einer richtigen Schlacht teilnehmen konnten. Hier reagierten Wizards ganz eindeutig auf den spätestens seit Erscheinen der „Herr der Ringe“-Filme vielfach geäußerten Spielerwunsch nach solchen eher episch angelegten Storylines.

Und siehe da: Die Umsetzung vermag zu überzeugen. Baker und Jacobs sind erfahrene Autoren, die für so ziemlich jede denkbare Situation, vor der sich der Spielleiter wieder finden könnte, einen Lösungsvorschlag haben. Auch die Werte und Taktiken der Gegner wissen stets zu überzeugen (Ausnahme: Der General der Horde, Wyrmlord Kharn, macht auf dem Papier keinen besonders bedrohlichen Eindruck).

Bei der Organisation des Abenteuers stellt sich die offene Struktur allerdings gewissermaßen selbst ein Bein. Mehrfaches, sorgfältiges Durchlesen des Abenteuer wird dringend empfohlen, um stets zu wissen, wo es denn nun wie weitergehen kann. Hier wäre eine Art Übersicht über den Ablauf der Ereignisse schön gewesen.

Auch der Fehlerteufel wurde versehentlich mal wieder beschworen: So hat etwa ein Zauberwirker der vierten Stufe das Talent „Waffen und Rüstungen verzaubern“. Und wo der weiße Drache sein soll, dessen Existenz im Abenteuer angedeutet wird, wissen die Götter. Der dickste Hund dürfte allerdings die Stufenangabe auf dem Einband sein: Dort ist plötzlich von Stufe 6 (und bis zu Stufe 12) die Rede.

 

Fazit:

„Red Hand of Doom“ trotz kleiner Mängel eine rundum empfehlenswerte Mini-Kampagne mit einem Hauch von „Herr der Ringe“-Epik. Insbesondere die Schlacht um Brindol hat das Zeug dazu, ein denkwürdiger Teil einer Rollenspielkampagne zu werden. Die Mischung aus Kampf und Charakterspiel ist erstaunlich ausgeglichen; hier hängt RHoD vergleichbar aufwändige Wizards-Module wie „Return To The Temple Of Elemental Evil“ oder „City Of The Spider Queen“ locker ab, ohne jedoch die Weltklasse von „The Shackled City“ zu erreichen.

Tatsächlich halte ich RHoD für besser als die beiden genannten Wizards-Abenteuer; die niedrigere Note ist auf das allgemein gestiegene Niveau zurück zu führen. Außerdem hat es einen cooleren Titel. Was will man mehr?