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[VR] Götter und Kulte
Bewertung:
(4.6)
Von: Mario Schmiedel
Alias: Quel'Thalas de Navale
Am: 11.03.2007
Autor:Eric L. Boyd, Erik Mona
Übersetzer:Stefan Kreksch
Typ:Erweiterungsband
System:D&D
Setting:Vergessene Reiche
VerlagFeder und Schwert
ISBN/ASIN:978-3867620000
Inhalt:271 Seiten, Hardcover
Sprache:Deutsch

Vor kurzem sind die deutschen Vergessene-Reiche-Fans in den Genuss gekommen, sich einen weiteren Quellenband ihres Settings in das Regal stellen zu können. Feder und Schwert veröffentlichte das schon 2002 erschienene „Faiths & Pantheons“ als „Götter & Kulte“ (im Folgenden nur G&K genannt).

 

Sehr oft polarisieren die Vergessenen Reiche, wie auch bei dem Thema „Götter“. Allein in diesem Buch werden über 115 Gottheiten behandelt. Eine ganze Menge für nur eine Spielewelt. Gegner sehen darin nur wieder eine der „üblichen“ Maximen der Reiche, in der immer alles ein bisschen höher, schneller, massiger und mächtiger sein muss als auf anderen Rollenspielwelten. Wieder andere mögen nicht, dass viele der göttlichen Individuen auf irdisch-mythologischen Göttern beruhen (und manchmal sogar artverwandte Namen tragen) oder aber, dass sich die Götter untereinander wie ein Pulk äußerst mächtiger Sterblicher verhalten würden und kein bisschen Göttlichkeit besitzen. Gemeinhin ist ebenfalls bekannt, dass einige der Götter vormals Sterbliche waren, die durch diverse Umstände göttlichen Status erreicht haben; auch dies kreiden Gegner des Settings dieser Welt oft an, da dadurch viele Aspekte von Göttlichkeit einfach gegen „errungene Allmacht“ getauscht wird.

Die Fans jedoch sind gerade von der Vielfalt der göttlichen Persönlichkeiten fasziniert. Es gibt nicht nur ein Pantheon, welches über Abeir-Toril wacht, sondern gleich mehrere, die untereinander ebenfalls Zeiten der Freundschaften wie auch Intrigen, Tragödien und große Kriege erlebten. Es gibt mehr als nur gut und böse, schwarz und weiß, hell und dunkel. Es gibt einem Meuchelmörder als Schurken auf der einen Seite und Han Solo als Schurken auf der anderen. Und genau dort setzt das Geflecht der verschiedenen Gottheiten und ihrer Einflusssphären an. Anstatt nur einen Gott der Natur zu haben, gibt es mehrere, wovon jeder für andere Aspekte dieses Begriffes steht. Es gibt etliche verschiedene Kulturen, welche die Reiche bewohnen, dass die Erklärung, dass es auch viele Götter geben kann, glaubhaft daher kommt. Das G&K versucht, fast alle Gottheiten der Vergessenen Reiche in diesem Buch zu behandeln oder zumindest aufzulisten und somit zu erwähnen.

 

 

Einleitung

 

Die Einleitung des Buches beschäftigt sich mit allgemeinen Dingen, wie etwa Erläuterungen zur Geschichte und Unterschieden von „Einheimischen Göttern“ sowie „Eingewanderten Göttern“. Danach folgt ein Abschnitt, der die verschiedenen Pantheons (und ich dachte immer es hieße „Pantheone“) behandelt und ihre regionalen und kulturellen Grenzen sowie Einflussbereiche beleuchtet. Gefolgt wird dieser Abschnitt von einem Text über „Tote Gottheiten“ und Kulte. Der Begriff „Kult“ ist übrigens das Wort, welches von Feder & Schwert für den Buchtitel gewählt wurde. (vor etwa 1 ½ Jahren wurde das Buch in den damaligen F&S-Foren noch unter „Götter & Pantheone angekündigt). Auch wenn die Bedeutung des Wortes im alltäglichen Leben einen etwas negativen Beigeschmack besitzt, so ist sie dennoch treffend für den Buchtitel sowie als Bezeichnung für die religiösen Glaubensgemeinschaften hervorragend geeignet (siehe Wikipedia). Über diesem ersten Teil schwebt außerdem immer wieder Ao, der Göttervater, und seine „ungefähre“ Rolle wird hier ersichtlich. Ebenfalls befindet sich hier ein Seitenbalken, der das Anbeten von Scheusalen (Teufeln & Dämonen) behandelt, bevor es auch schon mit einem essentiell wichtigen Teil des ganzen Buches weitergeht, den Machstufen bzw. Rängen der Götter, die von 0 (Quasigottheiten) bis göttlicher Rang 21+ weiter gehen. Wobei dieser letzte Rang selbst nur von Ao selbst eingenommen wird und für alle anderen Götter bei maximal 20 Schluss ist. Aus den Rängen der Götter, die so etwas wie Stufen darstellen, ergibt sich die Stärke der Fähigkeiten eines Gottes. Ein weiteres FR-spezifisches Element, welches u.a. für die Machtstellung eines Gottes sorgt, ist die Menge der Anhänger, die hier ebenfalls als Richtlinie beziffert wird. Dann geht es weiter mit den „göttlichen Merkmalen“. Hier werden Eigenschaften bzw. allgemeine Erklärungen zu den Trefferwürfeln oder der Rüstungsklasse gegeben, es werden jedoch auch, und dies nimmt den Großteil dieses Abschnittes ein, Dinge behandelt, wie etwa die maximierten Würfe eines Gottes, Unsterblichkeit, Wahrnehmung und Fremdwahrnehmung, das göttliche Reich, Fernverständigung, göttliche Sonderfähigkeiten usw. Anschließend geht es mit dem Abschnitt „Wie die Übersicht einer Gottheit gelesen wird“ weiter und endet mit einem fast einseitigen Seitenbalken „Begegnungen mit Gottheiten und Erfahrungspunkte“. Besonders diesen Balken habe ich skeptisch begonnen zu lesen. Doch diese Vorsicht war unbegründet. Obwohl hier ungefähre Richtlinien für die Vergabe von EPs angegeben sind, dreht es sich vielmehr darum, dem SL klar zu machen, dass dies nicht eben eine Aufgabe ist und sein kann, als würde man einen Ork erschlagen. Außerdem wird die berühmte Passage aus dem Spielleiter-Handbuch zitiert, dass etwas völlig falsch gelaufen oder ziemlich viel Glück im Spiel gewesen sein muss, sollte es doch einmal so weit kommen, dass man solch eine Herausforderung überstanden hat. Überdies geht der Text darauf ein, dass man nicht nur EPs erhalten kann, wenn man einen Gott besiegt, sondern dass das bloße Intervenieren dafür schon ausreichen kann.

Die wenigsten Gruppen werden es jemals schaffen einen Gott zu besiegen. Doch so unmöglich es auch scheinen mag, so groß ist jedoch dieser Teil ein Aspekt im Fantasy-Genre, der nur zu oft in Büchern, Filmen oder aber im Rollenspiel und seinen Abenteuern aufgegriffen wird. Besonders in den Vergessenen Reichen wurde mehr als ein nur ein Gott von Sterblichen besiegt. Und da dies immer Stoff für große Abenteuer und Heldentaten ist, ist es von den Autoren des Buches gar nicht so falsch, auf dieses Element einzugehen.

 

 

Kapitel 1 – Die wichtigsten Gottheiten Faerûns

 

Dieses Kapitel beinhaltet die wichtigsten Gottheiten der Vergessenen Reiche. Es sind die gleichen Gottheiten, die auch schon im Kampagnen-Set aufgeführt wurden; 31 Stück an der Zahl und die Auswahl ist im Großen und Ganzen in Ordnung. Jeder dieser Gottheiten sind etwa 3 bis 4 Seiten gewidmet, in denen es zu Beginn eine Auflistung der wichtigsten Merkmale (z.B. Gesinnung, Einflusssphären, Domänen, göttlicher Rang etc.) sowie ein Bild ihres Symbols gibt. Weiter geht es mit einem einleitenden Text, der eine allgemeine Zusammenfassung darstellt, gefolgt von „Geschichte und Beziehungen“ des Gottes, hin zu „Glaubenslehre“ und mit „Klerus und Tempel“ endet. Abschließend ist jeder Gott in diesem Kapitel mit kompletten Werten und Fähigkeiten sowie seiner Form als Avatar aufgelistet. Besonders interessant fand ich die Abschnitte über „Geschichte und Beziehungen“, da man dort eine Menge über die entsprechende Gottheit erfährt und die Erläuterungen der Wahrnehmungen eines Gottes sowie der Wahrnehmung von Ereignissen innerhalb seiner Einflusssphären erklärt wird. Bei Cyric zum Beispiel steht unter Wahrnehmung, dass er bis „auf eine Entfernung von 25km sehen, hören, riechen und fühlen kann. Er kann als Standard-Aktion alles innerhalb von 25km um einen seiner Anhänger, eine seiner Heiligen Stätten, einen seiner Heiligen Gegenstände oder einem Ort herum wahrnehmen, an dem innerhalb der letzten Stunde sein Name oder sein Titel genannt wurde. Er kann seine Wahrnehmung an bis zu 20 Orten gleichzeitig einsetzen und […].“ Unter „Wahrnehmungen innerhalb der Einflusssphäre“ steht, dass er jede Lüge und Täuschung wahrnehmen kann. Er kann diese Ereignisse 17 Zehntage vor ihrem eigentlichen Geschehen wahrnehmen und auch noch 17 Zehntage danach. Jeder Gott besitzt außerdem noch ein eigenes Bild, das ihn in einer seiner (gewöhnlichen) Formen darstellt; einige Götter sind sogar in mehreren Erscheinungen gezeichnet. Die Bilder sind fast durchweg sehr gut gelungen und nur einige wenige gefallen mir nicht. Besonders negativ sticht die Zeichnung von Tempus Feindeshammer heraus, der aussieht wie ein in einem amerikanischen Comicstil gezeichneter hellhäutiger Hulk. Ganz schrecklich.

 

Bis auf die Auflistung der Spielwerte hat mir dieses Kapitel sehr gut gefallen. Ich finde es zwar nicht tragisch, wenn ein Gott so dargestellt wird, doch die wenigsten Spielleiter werden davon Gebrauch machen können. Auch wenn die Götter auf den ersten Blick (Anzahl der Stufen) ziemlich schwach erscheinen und Elminster und Co. fast so viele Stufen wie der ein oder andere niedere Gott besitzen, so entdeckt man ziemlich schnell, dass kein/kaum ein Sterblicher auf normalem Wege (einem offenen Kampf) einen Gott besiegen könnte. Selbst eine Gruppe aus epischen Charakteren dürfte hier arge Probleme haben, wenn es nicht sogar bei ihnen ausgeschlossen ist. Die Sonderfähigkeiten, die die Götter besitzen, sind einfach zu gewaltig, als dass man sich ihnen stellen könnte. Vielmehr kommt es hier auf den Spielleiter an, der seiner Gruppe Werkzeuge in die Hände legt, damit sie solch eine Aufgabe schaffen könnten. Was die „Quasi-Regeln“, wie etwa die Wahrnehmung eines Gottes oder den Eintrag, welchen Gegenstand er mit einem Schnippen herstellen kann, anbelangt, so finde ich, dass sie hier ihren Platz verdient haben, da sie öfters im Spiel eingesetzt werden können, als eine offene Konfrontation mit einer der Gottheiten.

Viele der Götter besitzen eine Schadensreduzierung/episch, die jenseits von gut und böse angesiedelt ist. Dennoch ist mir keine Waffe einer Gottheit aufgefallen, die selbst über solch eine Eigenschaft verfügt. Da alle dieser Götter solch eine SR besitzen, ist es mehr als seltsam, dass keiner von ihnen eine Waffe führt, um diese auch umgehen zu können. Vielmehr kommen mir die Waffen so konzipiert vor, als würde man davon ausgehen, dass sie in Spielerhände gelangen könnten/sollen. Selbstverständlich sind die meisten dieser Waffen sehr stark verzauberte Gegenstände, die nicht selten ein Plus auf der Summenliste der Waffen von +6 aufwärts besitzen. Dennoch sind es fast ausschließlich normale Waffen. Ich als Gott würde mich mit so etwas nicht zufrieden geben.

Was den Fluff-Teil des Kapitels anbelangt, so wird ein jeder SL, der versucht, den Glauben bzw. die Kirche einer der Götter realistisch darzustellen, verwöhnt. Spieler, die einen Kleriker dieser Gottheiten spielen möchten, kommen ebenfalls nicht zu kurz. Es lässt sich eine Menge an Informationen gewinnen über Feste, Riten, Bräuche, Rituale, Gewohn- und Gepflogenheiten, über Kleidung, Betzeiten, Orte und Namen von Tempeln, Titel von Priestern und und und.

 

 

 

Kapitel 2 – Andere faerûnische Gottheiten

 

In diesem Kapitel befinden sich die Beschreibungen der vielen Dutzend „weniger wichtigeren bzw. bekannteren“ Gottheiten Faerûns. Begonnen wird mit den restlichen Gottheiten des faerûnischen Pantheons, wie etwa Beshaba, Deneir, Loviatar, Lurue und anderen. Anschließend gefolgt von dem Pantheon der Drow, der Elfen, der Gnome, der Halblinge, der Mulhorandi, der Orks und der Zwerge. Anders als im ersten Kapitel erhält hier jeder Gott einen Bruchteil dessen an Platz (etwa eine halbe Seite), was noch die Götter im ersten Kapitel besaßen. Jeder Gott besitzt hier, wie schon im ersten Kapitel, eine Auflistung der wichtigsten Merkmale, einen allgemeinen Text sowie die Abschnitte Geschichte und Beziehungen sowie Glaubenslehre. Eine Ausarbeitung der Werte und Fähigkeiten fehlt hier. Dennoch besitzt jeder Gott ein Bildnis seines Symbols und in den wenigsten Fällen ein eigenes Bild. Die meisten Götter eines Pantheons sind auf einem oder zwei Bildern gemeinsam dargestellt.

 

War ich von den vorherigen Teilen des Buches noch so begeistert, so beginnt das G&K hier für mich zum ersten Mal zu schwächeln. Ich kreide nicht an, dass den Göttern in diesem Kapitel so wenig Platz gewidmet wurde, denn anders hätte man es bei der Politik von WotC, immer ein Buch zu einem Thema zu veröffentlichen, und der Anzahl der Götter nicht bewerkstelligen können. Im Zuge der „Drowialisierung“ der dritten Edition haben Lolth wie auch Eilistraee ihren Platz unter den wichtigsten Gottheiten gefunden. Und wenn man die Intention von Wizards dahinter versteht, so ist es für ein Kampagnen-Set auch in Ordnung. Doch warum man in einem Götterbuch dann ebenfalls NUR pauschal diese Götter gewählt hat, halte ich für zu kurzsichtig und unverständlich. Vielmehr hätten sie aus den anderen Pantheons zumindest ein oder zwei Götter in das erste Kapitel einfügen können. Wie viele Spieler und NSCs glauben wohl an Eilistraee und wie viele an Corellon Larethian, den Gott der Elfen, oder Clangeddin Silberbart, den Gott der Zwerge? Auch Gruumsh Einauge hätte seinen Platz unter den wichtigsten Gottheiten verdient gehabt. Man hätte einige der Götter etwas mehr beleuchten können, wenn nicht jeder Gott aus dem ersten Kapitel mit vollständigen Spielwerten dargestellt worden wäre.

 

 

Kapitel 3 – Heilige Stätten

 

Solche Kapitel lese ich in der Regel ungern, da sie ziemlich oft nur der Lückenfüllung dienen. Ich kann vorweg sagen, dass ich hier mehr als positiv überrascht wurde. Es werden drei detailliert ausgearbeitete Tempel vorgestellt: „Die Abtei des Schwertes“, „Das Düsterhaus in Saerlonn“ sowie „Die Wyvernfelsen des Hullackwaldes“. Ersteres ist eine Feste, die einen Tempel des Tempus enthält, und sich in Schlachtental befindet. Die zweite Stätte ist ein verlassener Leuchtturm auf einer kleinen Insel vor Saerloon, der Shaar geweiht ist, und letzteres ist ein Monolithenkreis, der einst dem Glauben Eldaths angehörte und nun von einem Zirkel Malar-Anhänger besetzt ist. Jede dieser Stätten ist mehr als ausführlich auf ca. 12 Seiten beschrieben. Zu jedem Tempel gibt es einen allgemeinen Abschnitt, der die Geschichte und den Staus Quo beleuchtet sowie Abschnitte über Zeremonien, Dienste, Hierarchien, Verbündete und Feinde. Außerdem sind die ausführlichen Spielwerte besonderer Personen aufgeführt sowie Angaben über andere Bewohner des heiligen Ortes. Jeder dieser Tempel ist mit mehreren ausführlichen Karten und verschiedenen Einstiegsmöglichkeiten für die Charaktere bzw. Implementierungsmöglichkeiten für eine Kampagne versehen.

Jeder dieser Tempelkomplexe besitzt etwas besonderes und mir ging es beim Lesen so, dass ich am liebsten alle drei ziemlich bald in mein Spiel einbauen möchte (was bis auf einen leider in naher Zukunft nicht möglich ist). Außerdem ist hervorzuheben, dass jeder Tempel mit der regionalen Geschichte seines Standortes verwoben ist und sie nicht wie „dahingeklatscht“ wirkt. Außerdem besitzt jedes Gotteshaus eine weitere Besonderheit, wie etwa das Höhlenlabyrinth unter der Abtei des Schwertes (ebenfalls mit Karte versehen), in dem sich vergessene magische Portale befinden. Des Weiteren geht die detaillierte Ausarbeitung so weit, dass sogar einige der Bücher, die sich in einer Bibliothek in einer der Stätten befinden, mit Titel, Autor etc. aufgelistet sind. Nach der Lektüre wünscht man sich noch mehr über solch fein ausgearbeitete Tempel lesen zu können.

 

 

Kapitel 4 – Verfechter des Glaubens

 

Dieses Kapitel wartet mit 20 Prestigeklassen und einer Schablone auf. An Klassen werden exotische Besonderheiten wie der „Augenadept der Großen Mutter“, eine Prestigeklasse für Anhänger einer Betrachter-Gottheit, bis hin zu weniger exotischen Varianten wie der Wunderschmied von Gond aufgeführt. Erwähnenswert wäre hier die Prestigeklasse „Herzwächter“, die eine spezielle Klasse für Sune-Anhänger darstellt. Was bei AD&D noch ein Japsen verursachte, als es eine Klasse wie den Sune-Kleriker gab, der das Charisma um einen Punkt steigerte, ist es in der dritten Edition gang und gäbe, dass es mehrere Möglichkeiten gibt, einen Wert steigern zu können. Der Sune-Anhänger der neuen Generation vermag sogar in dieser Prestigeklasse, seinen Charismawert um fünf Punkte steigern zu können. Ich spreche bewusst von Anhänger, da man als Vorraussetzung kein Kleriker sein muss und die Zauberstufe, die auf jeder Stufe um +1 erhöht wird, ebenfalls auf einen Hexenmeister o.a. magiewirkende Klassen angewandt werden kann. Ebenfalls sticht die Prestigeklasse „Spinnendienerin“ hervor. Diese ist für den Typ einer Lolth-Klerikerin konzipiert, wie wir sie alle aus den Drizzt-Romanen kennen. Anbei zu dieser Klasse gibt es ganze vier Seitenbalken, wie etwa „Der Test der Spinnenkönigin“, bei dem es um eine Prüfung von Seiten Lolths um die Loyalität ihrer Klerikerin handelt. Zusätzlich gibt es noch zwei Seitenbalken, welche die Thematik des „Zin-Carla“ beinhalten. Dieses Ritual, das den Vergessene-Reiche-Fans ebenfalls aus den Drizzt-Büchern bekannt sein dürfte, ist die Erschaffung eines Untoten (wie erinnern uns an Zaknefain, Drizzts Vater) unter der Kontrolle der Klerikerin. Die Prestigeklasse erhält auf der 9. Stufe die Fähigkeit, solch ein Ritual abhalten zu können. Der letzte Seitenbalken dieser Prestigeklasse listet die spieltechnischen Werte einer „Haarigen Spinne“ auf. Ein Reittier, welches die Klerikerin Lolths auf der fünften Stufe erhält. Aber nicht nur Prestigeklassen, die in Verbindung mit einem Gott stehen, sind hier aufgeführt. Eine Ausnahme bildet zum Beispiel die Klasse „Purpurtragender“, die speziell für Anhänger des Drachenkultes konzipiert ist.

Folgende Prestigeklassen beinhaltet das Kapitel außerdem: Elementarer Archon (Akadi, Grumbar, Istishia, Kossuth), Gehörnter Bote (Myrkul), Goldauge (Waukeen), Hassbringer (Cyric), Hüter des Waldes (Silvanus), Magiewächter (Mystra), Meeresdiener (Umberlee), Nachtmantel (Shaar), Schicksalswächter, Schreckensfürst (Tyrannos), Schwerttänzer (Eilistraee), Silberstern (Selûne), Sturmfürst (Talos), Totenwächter (Kelemvor) und Windgänger (Shaundakul).

Zum Schluss beinhaltet das Kapitel noch eine Schablone, um einen „Auserwählten des Tyrannos“ zu schaffen.

 

Die Prestigeklassen haben mir fast durchweg alle sehr gut bis gut gefallen. Leider ist die Nützlichkeit nicht immer gegeben. Die Hälfte der Klassen wird niemals von Spielern gewählt werden (können), es sei denn, es wird eine böse Kampagne gespielt. Vielmehr bieten die Klassen Handwerk für den Spielleiter um bunte, nicht stereotype NSC-Gegner erschaffen zu können. Die Schablone für den Auserwählten einer bösen Gottheit pflichtet da ihr Übriges bei. Ob dies jedoch auch anders beabsichtig gewesen ist, ist fraglich. Das „Faith & Pantheons“ stellt eines der ersten Forgotten-Realms-Bücher der ersten Generation dar. Wie man dem Vorwort zu den Prestigeklassen im Spielleiter-Handbuch entnehmen kann, waren diese anfangs für den Spielleiter gedacht.

 

 

Anhang: Göttliche Talente und göttliche Sonderfähigkeiten

 

Die letzten zehn Seiten des Buches widmen sich den Talenten, welche die Götter und deren Avatare besitzen sowie Erläuterungen zu den Sonderfähigkeiten eines Gottes, welche die ausführlich ausgearbeiteten Götter des ersten Kapitels bei ihren Spielangaben besitzen. Außerdem lässt sich hier die „Domäne der Ruhe“ finden, die jedoch schon im Spieler-Handbuch Faerûn enthalten ist und zwei neue Zauber. Zum Schluss gibt es noch Tabellen, die „Gottheiten der Monster“ auflisten (inkl. Symbolbeschreibung, Gesinnung, bevorzugter Waffe, Domänen, Einflusssphären, Anhänger) sowie zwei Tabellen, die noch einmal alle faerûnischen Götter zusammenfassen.

 

 

Umsetzung durch Feder & Schwert

 

Der Feder & Schwert Verlag sowie der zuständige Übersetzer der Forgotten-Realms-Produkte, Stefan Kreksch, haben hier wieder einmal sehr gute Arbeit geleistet. Die verwendete Sprache ist wie üblich bei den deutschen D&D-Publikationen sehr gut, einheitlich und flüssig leserlich; bis auf einige wenige Holpersteine, die mir Fremdworte oder Formulierungen bereiteten, welche ich erst einmal nachschlagen musste (z.B. Dämmerungs"kataklysmus"). Außerdem wurde versucht, die Sprache nicht zu „modern“ klingen zu lassen, was ich ebenfalls lobenswert finde. Auch sind die (sinngemäßen) Übersetzungen von Eigennamen größtenteils sehr gut gelungen. Es gibt zwar einige Ausnahmen, doch dies ist, wie ich auch schon in der Rezension des Monster-Handbuches II schrieb, mehr ein Problem der deutschen Sprache, die manchmal Purzelbäume schlägt und sich mit Begrifflichkeiten, besonders im Fantasy-Genre, zu schwer tut, als dass es eine Fehlbezeichnung wäre.

Rechtschreibfehler sind mir keine aufgefallen, jedoch einige wenige Fehler des Lektorats, wie etwa dass das zweite Kapitel im Inhaltsverzeichnis ebenfalls wie das erste Kapitel mit der Seitenzahl 10 beziffert ist oder eine fehlende Gesinnungsangabe bei Illmater sowie ein Fehler der HG-Angabe eines Tempusklerikers der Abtei des Schwertes. Da ich das Buch nicht auf der Suche nach Fehler hin gelesen habe, mir dennoch diese paar Kleinigkeiten ins Auge gesprungen sind, kann ich nicht beurteilen, ob oder wie viele weitere es noch gibt.

 

Das Buch besteht aus einem Hardcovereinband und ist wie gewohnt komplett farblich illustriert. Hier hat F&S ebenfalls zwei Änderungen vorgenommen. Zum einen haben sie dem Buch ein Glanzcover gegeben und zum anderen wurden die Bildgrößen fast aller Bilder des Buches im Vergleich zum Original verringert. Ich persönlich mag es sehr, wenn eine übersetzte Version so nah wie möglich am Original ist. Anfangs bin ich auch davon ausgegangen, dass das englische Pendant ebenfalls ein Glanzcover besitzt, doch dem ist nicht so. Weshalb F&S dann inkonsequenterweise hier damit begonnen hat, ist mir schleierhaft. Dennoch muss ich anmerken, dass es etwas hermacht und sehr gut aussieht und ich hoffe, dass sie in Zukunft auch weiterhin die Bücher so herstellen lassen werden.

Dass die Bilder im Buch verkleinert wurden, finde ich sehr ärgerlich, da die Bilder des Buches fast ausschließlich sehr hervorragend sind. Dennoch kann man alle Bilder problemlos erkennen und die Verkleinerung ist wirklich nur minimal. Den Grund dahinter kann ich nur erahnen: Das Buch besitzt durch die Umsetzung in Deutsch etwa 50 Seiten mehr als das englischsprachige Original. Hätte man die Bilder nicht verkleinert, wäre diese Zahl noch einmal kräftig angestiegen, was sich wiederum in Mehrausgaben für Papier und besonders Farbe (die Bilder selbst sowie die Layoutgestaltung der Seiten) niedergeschlagen hätte. Ob das Buch dann noch für 35 Euro hätte angeboten werden können, ist fraglich. Was mir ebenfalls negativ an den Bildern aufgefallen ist, sind die weißen Flächen in Form von Umrandungen, die einige (viele) Bilder besitzen. Ich habe zum Vergleich die englische Ausgabe daneben gehalten und dort sind diese hässlichen Ränder nicht vorhanden.

 

Zum Schluss jedoch noch ein sehr großes Lob an Feder & Schwert sowie Stefan Kreksch. Existiert das Buch im Original nur als 3.0-Version, so hat das zuständige Team versucht, die deutsche Ausgabe so gut es geht in eine 3.5-Version umzuwandeln: vorhandene Errata wurden eingearbeitet, gefundene Fehler korrigiert, der SG von Fähigkeiten neu berechnet (sofern sich zur endgültigen 3.5 eine Änderung der zu Grunde liegenden Regelmechanismen ergab), die Schadensreduzierung ans neue System angepasst sowie generell die Werte sämtlicher Götter und Kreaturen des Buches überarbeitet (nicht länger existente Fertigkeiten wurden gestrichen, neue eingefügt, die Fertigkeitspunkte sind auf Basis der Klassen neu errechnet worden usw. usw. usw.), um es so voll 3.5-kompatibel zu machen, wie es möglich war.

 

Allein für diese Wahnsinnsarbeit kann man über die wenigen Mankos hinwegsehen und nur hoffen, dass Feder & Schwert noch lange die Rechte an den deutschen D&D-Produkten behalten wird.

 

 

Fazit

 

Ich kann das Buch jedem Spieler sowie Spielleiter, der seine Heimat in den Vergessenen Reichen hat, wärmstens empfehlen. Dennoch kann jede Rollenspielgruppe, die in den Reichen spielt, auch ohne dieses Buch auskommen und auf die Informationen aus dem Kampagnen-Set zurückgreifen. Jeder, der sich jedoch etwas mehr mit der Welt beschäftigt, wird an diesem Buch seine helle Freude haben. Es ist ein Juwel neben so vielen Schundprodukten der Realms der dritten Edition. Es dient nicht nur als Nachschlagewerk sämtlicher Glaubensrichtungen, sondern ebenfalls als Geschichtsbuch, da so ziemlich jedes wichtige Ereignis, welches die Götter oder einen Gott betrifft, erwähnt wird. Leider sind diese Informationen alle kreuz und quer im Buch verstreut und bei den Eintragungen der entsprechenden Gottheiten zu finden, sodass sich manchmal ein einheitliches Bild erst ergibt, wenn man die Einträge mehrerer beteiligter Götter an einem Ereignis gelesen hat.

Dass die Götter in Spielwerte gefasst wurden, empfinde ich persönlich nicht als so schrecklich, wie es von vielen anderen angesehen wird. Doch leider ist dadurch eine Menge an Platz verloren gegangen, den man mit mehr ausführlicheren Götterbeschreibungen sowie Prestigeklassen hätte füllen können. Auch ist von den Machern wohl nicht bedacht worden, dass sie besser ein paar der niederen Götter oder Halbgötter ausgearbeitet hätten, da Spieler bei diesen noch die Chance haben, einen in dieser Machtstufe bezwingen zu können.

Der „verschwendete“ Platz und die sich daraus resultierenden Ergebnisse ist mein einziger „wirklicher“ Kritikpunkt an diesem Buch, das von mir eine Bewertung von 4,6 erhält.

 

 

 

Anmerkung zum Schluss

 

Ich habe versucht, in meiner Rezension nicht auf die drei bekannten und überaus beliebten AD&D-Götterbücher der Forgotten Realms „Faith & Avatars“, „Demihuman Deities“ sowie „Powers & Pantheons“ einzugehen, da ich denke, dass man keinen Vergleich anstellen kann und auch nicht sollte. TSR hat eine andere Politik verfolgt, als es Wizards of the Coast macht. In der 3E wird versucht, alles in ein Buch zu stecken und den essentiell wichtigen Teil haben WotC hier hervorragend untergebracht. Sicherlich ist jedem von uns klar, dass die drei Bücher der zweiten Edition einen weitaus größeren Fundus an Informationen sowie spezielle Klassen für jeden Gott besitzen als das „Faith & Pantheons“. Doch einen Bezug zu einem über 10 Jahre alten Buch heranzuziehen, halte ich für unangebracht, zumal u.a. mittlerweile eine Generation D&D spielt, die die alten Bücher überhaupt nicht kennt.