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Fiendish Codex II: Tyrants of the Nine Hells
Bewertung:
(4.6)
Von: Heretic
Alias: Heretic
Am: 27.04.2007
Autor:Robin D. Laws / Robert J. Schwalb
Übersetzer:---
Typ:Quellenbuch
System:D&D 3.5
Setting:generisch
VerlagWizards of the Coast
ISBN/ASIN:0-7869-3940-0
Inhalt:158 Seiten, Hardcover
Sprache:Deutsch

Erster Eindruck und kurzer Überblick:

Nach dem schon sehr gelungenen "Fiendish Codex I: Hordes of the Abyss" sind die Maßstäbe, die die geneigte Leserschaft an den Nachfolger "Fiendish Codex II: Tyrants of the Nine Hells" stellen dürfte, natürlich nicht gerade lax, immerhin wird mit den 9 Höllen von Baator nicht gerade unbekanntes Terrain beschritten, und so widmet sich das Quellenbuch mit ganzer Seele den Teufeln, den Intrigen und der Hierarchie Baators. Der Hardcoverband macht einen sehr guten Eindruck, was Coverartwork (ich scheine allerdings einen Variantdruck erhalten zu haben, der äußere Rahmen ist bei meinem Exemplar von rotem Höllenfeuer erleuchtet und der gezeigte Teufel scheint durch einen Torbogen zu kommen, aber vielleicht ist der Unterschied auch nur bei der Vorabdatei auf der Wizards-Homepage zustande gekommen und es ist schlicht eine Abweichung; aber das ist meines Erachtens nicht negativ zu sehen) und Verarbeitung angeht, den Inneneinband ziert gar ein karmesinrotes Gewebe, das in der Struktur sehr haltbar und robust wirkt, die Bindung des Buchs wirkt wie eh und je unverwüstlich, das innere Artwork wirkt atmosphärisch und unterstützt den Inhalt des Buches.

Das Layout ist wie gewohnt souverän, man fühlt sich beim Anlesen gleich "heimisch".

Genauso wie "Fiendish Codex I: Hordes of the Abyss" ist auch "Tyrants of the Nine Hells" in 5 Kapitel unterteilt. Doch nun zum Inhalt...

 

Vorwort

Hier erfährt man in einer zweiseitigen Kurzgeschichte, wie es zum Entstehen der Teufel, dem Fall von Asmodeus und seinen anderen Engeln und dem Entstehen Baators kam. Natürlich ist diese Geschichte als Mythos zu betrachten, deren Wahrheitsgehalt in-game mehr oder minder vom Spielleiter zu bestimmen ist. Ich könnte jetzt einen kurzen Abriss der Geschichte geben, aber das würde einem Spoiler gleichkommen und diesen Spaßfaktor in diesem Buch möchte ich euch nicht nehmen. Nur soviel sei gesagt: Die Guten brauchen Asmodeus und seine Jungs, um weiterhin die Guten bleiben zu können, müssen ihm aber Zugeständnisse machen und werden infolgedessen von ihm "über den Tisch gezogen", wogegen sie direkt aber rein gar nichts ausrichten können, da er ihr Recht gegen sie gewendet hat, um zu bekommen, was er wollte.

 

Das erste Kapitel von "Fiendish Codex I: Tyrants of the Nine Hells" beschäftigt sich mit allem,

was mit den Teufeln Baators, ihren Eigenheiten und dem Hintergrund ihrer Hierarchie und Gesellschaft zu tun hat. Zuallererst wird etwas auf die Wirtschaft in den Höllen eingegangen und erklärt, warum die Baatezu Seelen verdammen und foltern. Da sie aufgrund des "Pact Primeval" einst von den Göttern getrennt wurden, müssen sie sich auf Seelenenergie verlassen, um ihre Magie und Lebenskraft zu "erzeugen", die sie im Blutkrieg gegen die Tanar'ri und restlichen Dämonen benötigen. Daher haben sie sich nicht nur auf die Bestrafung, sondern auch auf die Korrumpierung Sterblicher spezialisiert, um ihre ständig wachsenden Ansprüche befriedigen zu können. Die Hierarchie Baators baut als rechtschaffen böse Gesellschaft auf rigorosen Gesetzen, absolutem Gehorsam und allgegenwärtigen Intrigen auf. So erwartet einen gehorsamen und erfolgreichen Teufel eine mögliche Umwandlung (die sehr schmerzhaft und äußerst abstoßend ist...) zu einer höheren und mächtigeren Form der teuflischen Existenz, soll heißen, dass niedere Teufel wie zum Beispiel ein Imp theoretisch eine Reihe von Umwandlungen durchmachen können, bis sie zu einem Amnizu werden. Doch kommen diese Umwandlungen nicht sonderlich oft vor, denn erstens werden diese von den hierarchisch höherstehenden Teufeln vergeben, und zweitens fürchtet jeder Teufel instinktiv, dass er das Ziel einer Intrige seiner Untergebenen werden könnte. Diese Paranoia geht soweit, dass ein Teufel darauf achten muss, nicht zu ambitioniert zu erscheinen, denn das könnte dazu führen, dass ihn sein Vorgesetzter zu einer niederen Form herabstuft.

Politik in den Höllen involviert Intrigen, die eines Macchiavelli würdig wären, jahrhundertelange Planung, wenn nicht gar Jahrtausende, bis der Plan eines Teufels am Ende Früchte zeigt. Man findet allerlei nützliche Informationen im Kapitel, wie man Teufel im Spielbetrieb noch besser gegenüber Dämonen abgrenzen kann, es werden strategische Tips und Taktiken der Teufel vorgestellt, wie Teufel Sterbliche betrachten (im schlimmsten Fall nämlich als Vieh und Währung, im besten Fall als entbehrliche Zusatztruppen im Blutkrieg gegen die Tanar'ri)

Als weitere Regeloption wird die Möglichkeit angeboten, dass Charaktere (Ob NSCs oder Spielercharaktere wird freigelassen) einen Pakt mit einem Teufel eingehen, der im Auftrag seines Erzteufels Seelen erntet, indem er die möglichen Unterzeichner die Erfüllung ihrer Herzenswünsche verspricht, entweder geschieht dies über einen "Pact Certain", einen Pakt, in dem sich der Unterzeichner offen dazu verpflichtet, sich mit Leib und Seele einem bestimmten

Erzteufel zu unterstellen, und sich seiner daraus ergebenden Verdammung vollständig bewusst ist. Die Seele des Unterzeichnenden ist mit Abschluß dieses besonderen Paktes direkt an Baator gebunden. Anders sieht es hingegen bei einem "Pact Insidious" aus, bei dem der Teufel dem Unterzeichnenden Belohnungen für vorher festgelegte Taten gewährt, wenn dieser die im Pakt genannten Taten ausführt, was darauf hin arbeiten soll, dass der närrische Unterzeichner sich durch seine Taten selbst verdammt (Lies: Der Charakter eine rechtschaffen böse Gesinnung annimmt) und folglich nach seinem Tod in Baator landet, was natürlich der Teufel alsbald zu forcieren sucht.

Die Frage, wie man feststellen kann, dass jemand eine rechtschaffen böse Gesinnung erreicht hat, wenn man ohne Gesinnungen spielt? Nun, selbst für diesen Fall (und für Gruppen, die sich unter einer RB-Gesinnung nicht wirklich etwas vorstellen können) hat das Buch eine Lösung parat: Gewisse Taten geben einem eine gewisse Anzahl an Korrumpierungs-, beziehungsweise Gehorsamspunkten, die ab einem Schwellenwert festlegen, ob ein Charakter böse, rechtschaffen oder gar beides zugleich ist. Interessantes Konzept, auch wenn ich damit nicht so viel anfangen kann, da ich Gesinnungen recht lax handhabe, und nicht jede Handlung meiner SCs/NSCs im Hinblick auf die Gesinnung betrachte, außer es handelt sich um einen Exalted-Charakter.

 

Das zweite Kapitel, das schlicht "The Nine Hells" heißt, beschäftigt sich sowohl mit dem Aufbau der Ebenen Baators, ihren jeweiligen Erzteufeln und Herzögen, geographischen Gegebenheiten, besonderen Regionen und den ortsansässigen Teufeln, als auch mit interessanten Ideen für Begegnungen mit den Einwohnern Baators.

Ein kurzer Überblick über den Inhalt des Kapitels:

Avernus, die oberste Ebene Baators und zeitgleich auch teilweise Schlachtfeld im Blutkrieg, wird vom Erzteufel Bel regiert, der als Taktiker und Logistiker den Blutkrieg am Laufen hält und ab und sogar Sterbliche anheuert. Avernus ist eine teils vulkanische, teils gebirgige Ebene, von derem glutroten "Himmel" in zufälliger Art und Weise Feuerbälle vom Himmel fallen. Der Fluß Styx fließt von hier aus durch die restlichen Ebenen bis hinunter nach Nessus.

Dis, die zweite Ebene der Neun Höllen, wird vom Erzteufel Dispater regiert, der mit eiserner Hand über seine riesige Stadt aus glühendem Eisen herrscht, die sich ständig, dem Willen des paranoiden Dispater folgend, verändert.

Die darunterliegende Ebene, Minauros, ist eine Sumpf- und Marschenlandschaft, von derem düsteren Himmel ständig ein ölig-schwarzer Regen fällt, und wird von Mammon regiert.

Phlegethos hingegen ist eine eher klassisch angehauchte Hölle, die von Fierna und ihrem Vater Belial beherrscht wird. In einer rot-weiß glühenden höllischen Landschaft fließen Lavaströme in Lavaseen und die Luft flimmert von der ständigen Hitze.

Die dunkle und gefrorene See von Stygia, durch die der Styx hindurchfließt, wo er teilweise große Tümpel bildet, ist die Ebene unter Phlegethos, die vom Erzteufel Levistus regiert wird, der von Asmodeus für einen äonenalten Verrat im Eis eingeschlossen wurde, bereits seine Befreiung plant und über Mittelsmänner, oder eher –teufel, seine Intrigen spinnt.

Malbolge wiederum wurde einst von Malagarde, der "Hag Countess" regiert, doch als diese sich während eines mysteriösen Ereignisses zu titanischer Größe aufblähte und starb, regiert seitdem die hübsche und grausame Glasya, die Tochter des Asmodeus über diese Ebene. Die Ebene besteht zu großen Teilen aus Leichenteilen ihrer ehemaligen Herrscherin, und so müssen Besucher das traumatische Erlebnis machen, über einen Boden zu laufen, der sie im schlimmsten Fall mit Haut und Haaren verschlingen kann.

Baalzebul, der sich gegen Asmodeus verschworen hatte und dafür von Asmodeus in eine nacktschneckenähnliche Form mit winzigen Ärmchen umgewandelt wurde, herrscht über Maladomini, eine verwüstete, verderbte Landschaft voller verseuchter Flüsse und Tagebauminen, die wie Wunden in der Landschaft wirken.

Auf Cania regiert der Erzteufel Mephistopheles, in einer Landschaft aus niemals schmelzendem Eis und riesigen Eisbergen, die sich gegen riesige Berge drücken, während niemals endende Schneestürme über die Ebene ziehen.

Asmodeus selbst regiert über Nessus, die neunte und unterste Ebene, eine absolut flache und trockene, öde Steinwüste, die keinerlei Erhebungen aufweist und von einem Gewirr tiefer Spalten und Canyons durchzogen ist.

 

Zu den Beschreibungen der Ebenen ist folgendes zu sagen:

Interessant zu lesen, Hilfestellungen zur Darstellung der jeweiligen Höllenfürsten, teilweise interessante Ideen und nette Ansätze, wie man kreative Begegnungen mit Teufeln gestalten kann, wie zum Beispiel der Eisteufel, der auf Stygia eine gar grauslige Skulptur erschaffen will und ungefragt jeden, der in Sichtweite vorbeikommt, nach seiner Meinung und Kritik zu seinem Kunstwerk fragt. Ein rundum griffiges und meiner Meinung nach in sich geschlossenes und sehr gut brauchbares Kapitel.

 

Das nächste Kapitel stellt dann auch schon neue Spielregeln vor, darunter eine neue Rasse ("Hellbred", eine Art "Verdammter auf Freigang") nebst neuen Feats (es gibt zum Beispiel die Möglichkeit, einem Charakter ein Zeichen eines der Neun Höllenfürsten zu geben, das dann sowohl spieltechnische als auch hintergrundtechnische Auswirkungen hat), Prestigeklassen und neuen Spells, die allesamt interessante Konzepte bieten oder altbekannte Konzepte neu aufbereiten. Die Hellbreds sind quasi Verdammte, die versuchen, ihrem Schicksal zu entfliehen oder ihre begangenen Untaten wieder gutzumachen, um so eventuell ihr Seelenheil doch noch zu retten. An Prestigeklassen gibt es 4 neue Klassen, namentlich den Hellbreaker, der danach trachtet, direkt in den Neun Höllen Unruhe zu stiften und den Teufeln einige ihrer Schätze abzunehmen. Den Hellfire Warlock, der Mephistopheles’ Erfindung, das Höllenfeuer, dazu nutzt, um seine Fähigkeiten aufzubessern, was aber seinen Tribut fordert. Der Hellreaver hingegen ist perfekt für Charaktere geeignet, die den Baatezu so richtig und kräftig in den Allerwertesten treten möchten, während Soulguards sich um das Seelenheil der Sterblichen kümmern und dafür sorgen, dass diese nicht den Verlockungen der Teufel erliegen.

An Spells bekommt man unter anderem neue, sogenannte "Investiture" Spells, die es dem Wirker ermöglichen, gewisse Eigenheiten von verschiedenen Teufeln anzunehmen. So hat man zum Beispiel die Möglichkeit, die Flügel eines Pit Fiends zu bekommen, überdies hat man auch noch die Wahl, einen gewissen "Aspect" anzunehmen, welcher einen gewissen Effekt hat, der meines Wissens nach aus den Fähigkeiten des jeweiligen Teufels stammt.

Fazit: Gutes Kapitel, auch wenn manches nicht wirklich neu ist. Die Idee der Investiture Spells ist gut, weil stimmig und modular aufgebaut, daher flexibel nutzbar.

 

Das vorletzte Kapitel beschäftigt sich mit allerlei neuen und alten teuflischen Bekannten, die man schon aus älteren Werken wie dem Manual of the Planes oder dem Monsters of Faerûn kennt. So sind Spinagon, Narzugon und Abishai schon altbekannt, während Teufel wie der Falxugon (erntet Seelen, indem er Sterbliche korrumpiert und/oder ihnen Pakte anbietet) oder die martialischen Teufel wie Merregons und Orthons, die umso gefährlicher werden, je mehr zusammen kämpfen, selbst ein Konstrukt (die Hellfire Engine, welche die Erfindung von Mephistopheles’ Hofmagiern ist) ist unter den teilweise sehr gut gemachten Monstern, die meiner Meinung nach Lust machen auf weitere ähnliche Bücher wie das "Fiendish Codex II: Tyrants of the Nine Hells".

 

Das fünfte und leider auch letzte Kapitel im Buch dreht sich um die 9 Erzteufel Baators, vielmehr um deren "Aspects", quasi die Avatare dieser. Mir entzieht sich zwar der Sinn, warum die Fürsten der Hölle überhaupt solche haben sollten, denn immerhin sind sie eben KEINE Götter, aber es ist nachvollziehbar, dass man als SL immer gern noch einen Schurken in der Hinterhand behalten möchte. Aber ich denke nicht, dass man epischen Charakteren die Möglichkeit oder das Ziel vorenthalten sollte, einen der Höllenfürsten niederzubügeln, auch wenn es im Vorfeld schwierig sein dürfte, dieses zu bewerkstelligen. Aber das Problem ist, dass eben keine Werte für die echten Höllenfürsten gegeben sind, sondern nur für deren Aspects. Die Tipps dafür, wie man die Werte für die Originale anpassen soll, sind minimal, und auch teilweise unnötig, da ich die Regeln für Advancement bereits im Monster Manual nachlesen kann. Nett angedachte Idee, das mit den Aspects, aber es hinterlässt bei mir irgendwie einen faden Nachgeschmack. Hätte man besser machen können.

Trotzdem ein gutes Kapitel, das aber unter Berücksichtigung "echter" Werte für die Höllenfürsten hätte besser sein können.

 

Fazit:

Das "Fiendish Codex II: Tyrants of the Nine Hells" ist ein Buch, dem ich nach erstem Durchlesen des letzten Kapitels offen negativ gegenüber eingestellt war. Ich hatte erwartet, dass echte Werte angegeben werden und nicht die eines Stellvertreters, und ehrlich gesagt war ich im ersten Moment bitter enttäuscht. Warum? Weil ich eine epische Kampagne zu dieser Thematik leitete, und gespannt auf "offizielle" Werte war, um Vergleiche zu ziehen und mich inspirieren zu lassen. Stattdessen bekommt man Proxys aufgetischt, die meiner Meinung nach ein zu hohes CR besitzen. Doch ich gab nicht auf und nahm mir schließlich die restlichen Kapitel vor und ich wurde vollständig durch die restlichen vier Kapitel zufriedengestellt.

Dieses Buch ist trotz eines kleinen Ausreißers uneingeschränkt für SLs empfehlenswert und es ist meiner Meinung nach unverzichtbar, wenn man mehr über die Teufel in D&D und ihre Heimatebene erfahren möchte. Die Monster sind teilweise gut bis sehr gut, das Produkt wirkt in sich stimmig und geschlossen und es ist sehr unterhaltsam zu lesen.

Solch ein gutes Produkt würde man sich gern öfters von den Wizards wünschen.

Bleibt letztendlich nur zu hoffen, dass "Fiendish Codex II: Tyrants of the Nine Hells" nicht das einzige Produkt in dieser Qualitätskategorie bleibt...