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Dungeon Crawl Classics 1 - Die Idyllen des Rattenkönigs
Bewertung:
(2.9)
Von: Andreas Miebach
Alias: Halvar
Am: 08.11.2007
Autor:Jeffrey Quinn
Übersetzer:Olaf Buddenberg
Typ:Abenteuer
System:d20 (3.5)
Setting:Universell
VerlagUlisses Spiele
ISBN/ASIN:978-3-940424-70
Inhalt:32 Seiten, Softcover
Sprache:Deutsch

Dungeon Crawl Classics #1

Deutsche Abenteuermodule für D&D/d20 sind leider eine Seltenheit geworden. Daher ist es um so erfreulicher, dass es endlich wieder einen ambitionierten Verlag gibt, der sich noch einmal an dieses Thema heranwagt, und es ist um so erstaunlicher, dass es sich dabei ausgerechnet um jenen Verlag handelt, bei dem auch das größte Konkurrenzprodukt von D&D auf dem deutschen Markt – nämlich DSA – publiziert wird: Ulisses Spiele.

Nichtsdestotrotz muss man sich (zumindest aus diesem Grund) keine Sorgen über die Qualität des Produkts machen: „Die Idyllen des Rattenkönigs“ (im Folgenden DIdR) ist eine reine Übersetzungsleistung, und zwar in diesem Fall diejenige des Moduls „Idylls of the Rat King“ (im Folgenden IotRK) aus dem Hause Goodman Games, dessen „Dungeon Crawl Classics“-Reihe (DCC) sich in den USA einer außerordentlichen Beliebtheit erfreut. IotRK konnte bei der Verleihung der ENnie-Awards 2003 immerhin eine „Honourable Mention“ erzielen (d.h. es hat zwar keinen Preis gewonnen, wurde aber von der Jury „lobend erwähnt“) und wurde in der Originalversion auch bereits zum dritten Mal aufgelegt.

Die gesamte DCC-Reihe von Goodman Games umfasst inzwischen über 50 Module, von denen auf der Rückseite von DIdR fünf weitere deutsche Titel konkret angekündigt werden, plus dem Hinweis „weitere Bände in Planung.“ Ob dieses ehrgeizige Programm im Hinblick auf die 4E, die kurz vor Erscheinen dieses Moduls angekündigt wurde, tatsächlich so umgesetzt wird, dürfte allerdings mehr als fraglich sein. Zwei weitere Titel, nämlich „Die Schrecken der Wildnis“ und „Der Pakt des Drachenteufels“ sollen aber jedenfalls bereits innerhalb der nächsten Wochen erscheinen, wie mir auf der SPIEL 2007 am Ulisses-Stand versichert wurde.

Aufmachung, Gestaltung und Verarbeitung

Zunächst einmal fällt der Retro-Stil des Covers ins Auge, der natürlich nostalgische Gefühle wecken soll, indem er an die alten D&D-Module aus der 1st Edition erinnert. Dieser Stil setzt sich im Inneren nahtlos fort: Schwarzer Arial-Text auf weißem Grund, zweispaltiges Layout, keinerlei Randverzierungen oder Platzhalter-Bildchen. Die (natürlich schwarz-weißen) Innen-Illustrationen von Brad McDevitt sollen wohl an die „guten, alten“ Erol Otus-Zeiten angelehnt sein, durch die teilweise albernen Grimassen der Figuren besitzen sie allerdings eher den Charakter von Karikaturen und sind somit mehr zur Belustigung denn zur Unterstützung der Atmosphäre geeignet. Auch das Kartenmaterial, welches sich auf den Innencovern befindet, ist vollkommen schnörkellos und rein funktional. Optisch gelingt die Rückreise in die 80er also schon mal perfekt. Die 32 mit Klammerheftung versehenen Seiten dieses Moduls teilen sich in 1 Seite für Credits und Inhaltsverzeichnis, eine halbe Seite für die OGL und 30,5 Seiten Abenteuer auf, von denen 2 Seiten auf die Einführung, 1 Seite auf die Hintergrundgeschichte, 2 Seiten auf die Anhänge und der Rest auf die Raumbeschreibungen des Dungeons entfallen. Positiver Vermerk: Keinerlei Werbung, keine größeren Freiflächen.

Kampagnen-Möglichkeiten und Bezüge zu anderen Werken

DIdR ist ein absolut generischer Dungeon Crawl für vier bis sechs Charaktere der 1. bis 3. Stufe. Der Schauplatz ist eine Silbermine, die an jedem beliebigen Ort platziert werden kann. Bei dem in der Nähe befindliche Dörfchen Silverton, das als Ausgangspunkt für die Abenteurer dienen soll, handelt es sich in jederlei Hinsicht um ein Allerweltsnest, das bei Bedarf durch jedes andere x-beliebige Allerweltsnest der Kampagnenwelt ersetzt werden kann.

Auf andere Bücher wird zu keinem Zeitpunkt referenziert, man benötigt zum Spielen lediglich die Grundregelwerke. DIdR ist in sich völlig abgeschlossen, allerdings gibt es am Ende einen Hinweis auf ein Nachfolgemodul namens „Die Rache des Rattenkönigs“ (DCC #27). Ob dieses aber jemals auf Deutsch erscheinen wird, steht noch in den Sternen.

Spoiler-Warnung!

Alle potenziellen Spieler, die sich den Spaß an diesem Abenteuer nicht verderben wollen, sollten die folgenden Abschnitte überspringen und bei „Übersetzung und Lektorat“ weiterlesen, denn es folgen massive Spoiler!

Der Hintergrund

Vor vielen Jahren fand ein gewisser Jasper Gannu in der Nähe des heutigen Silverton eine reichhaltige Silberader. Er gründete dort einen Bergwerksbetrieb und rasch entwickelte sich eine aufstrebende Ortschaft. Jedoch haben die Gannus zu gierig und zu tief geschürft und etwas aufgeweckt in der Dunkelheit von Khazad... äh, Silverton: Eine vampirische Hexenmeisterin, die dort eingeschlossen war. Nachdem sie viele Bergleute hingemetzelt hatte, konnte sie glücklicherweise wieder zurückgedrängt und von eiligst herbeigerufenen Priestern wieder eingeschlossen werden.

Nun machte die Dorfbevölkerung aber die Gannus für dieses Unglück verantwortlich, richtete Jasper Gannu hin, belegte dessen Frau und Sohn mit einem Fluch und jagte sie aus der Stadt. Der Fluch besagte, dass das Silber, welches die Gannus reich gemacht hatte, nun zu ihrem größten Albtraum werden sollte (sinngemäß), und so wurden die beiden konsequenterweise zu Werratten.

Viele Jahre später beschloss Jaspers Enkel Lawrence, der natürlich ebenfalls den Fluch der Lykanthropie geerbt hatte und inzwischen eine Bande dieser Wesen um sich scharen konnte, sich für die erlittene Schmach an Silverton zu rächen. Auf dem Weg dorthin trafen sie auf ein paar Goblins, die sie flugs infizierten, so dass sie ihre Reihen mit Werratten-Goblins erweitern konnten. So gestärkt nisteten sie sich in der alten, nach dem damaligen Vorfall aufgegebenen, Mine ein. Vor einem Monat schließlich begannen sie damit, die Silbertransporte von anderen Minen zu überfallen wie auch jene anderen Minen selbst. Zeit, dass sich ein paar Spielercharaktere die Sache mal ansehen...

Aufbau und Inhalt des Dungeons

Nach einem der drei optionalen, allerdings wenig originellen Aufhänger, die sich allesamt darum drehen, dass die SC von dieser oder jener Person den Auftrag erhalten, die alte Silbermine zu untersuchen, wird davon ausgegangen, dass sie sich auch schnurstracks dorthin begeben.

Die verlassene Silbermine ist etwa eine halbe Tagesreise von Silverton entfernt und besteht aus vier untereinander angeordneten Ebenen mit insgesamt 60 beschriebenen Räumen. Die Zugänge nach unten befinden sich immer in genau jenem Raum, den die SC aller Wahrscheinlichkeit nach als letzten der jeweiligen Ebene aufsuchen werden, so dass man kaum eine andere Wahl hat, als sich mühselig von einer Ebene zur nächsten nach unten durchzuprügeln.

Hat sich der Autor bei der Hintergrundgeschichte noch um eine gewisse Glaubwürdigkeit bemüht, so bekommt man beim Betrachten der Karten der einzelnen Ebenen eher den Eindruck, dass er bei der Gestaltung seines Dungeons das genaue Gegenteil im Sinn hatte: Das Layout der Räume und Gänge könnte planloser und wirrer kaum sein. Die Karten sehen aus, als wären die Räume mehr oder weniger zufällig platziert und dann mit möglichst vielen, verschachtelten Gängen miteinander verbunden worden. Bei einer natürlichen Höhle könnte man das hinnehmen, aber für eine Mine, die ja gemeinhin nach einem gewissen Kalkül angelegt wird, macht so etwas natürlich überhaupt keinen Sinn. Dass sämtliche Räume rechteckig (bzw. quadratisch) sind, und auch sämtliche Gänge ausschließlich im rechten Winkel zueinander liegen, fügt sich in dieses absurde Bild nahtlos ein (in dem Link zur Preview des Moduls im Infokasten zu dieser Rezension sind die Karten vollständig enthalten, so dass sich der geneigte Leser davon selbst ein Bild machen kann).

Jede Ebene wird in einem eigenen Kapitel beschrieben, das mit den allgemeinen Daten (Breite und Höhe der Gänge, Beschaffenheit der Wände und Türen) und eventuellen Besonderheiten, die auf der Ebene gelten, eingeleitet wird, woran sich die unvermeidlichen Tabellen für die wandernden Monster anschließen.

Die Raumbeschreibungen beginnen allesamt mit einem Text, den man den Spielern vorlesen kann, gefolgt vom allgemeinen Info-Teil für den SL. Sofern der Raum NSC oder Gegner enthält (was in diesem Modul ein- und dasselbe ist), folgt ein kurzer Abschnitt über die Taktik sowie eine vollständige Auflistung der NSC/Gegner-Werte. Die Vorlesetexte hätte man sich getrost sparen können, denn diese bestehen zumeist lediglich aus den Abmessungen des Raums und einer Auflistung des spärlich vorhandenen Mobiliars sowie der ggf. anwesenden Gegner, wobei diese nervtötend oft grinsen, bevor sie bis zum Tod kämpfen, weil sie ihren Chef natürlich mehr fürchten als die SC. Manche der Gegner lassen zu allem Überfluss auch noch einen dämlichen Kommentar ab, bevor es zum Kampf kommt. Jedes Mal, wenn ein NSC/Gegner auftaucht, sind dessen Werte komplett abgedruckt. Dies ist zwar vielleicht für den SL bequemer, da er nicht blättern muss, sorgt aber auch für eine irrsinnige Platzverschwendung: Die Werte für stinknormale Goblins (immerhin ein 10-zeiliger Absatz) sind im gesamten Abenteuer nicht weniger als 15x abgedruckt, nicht selten mehrfach pro Seite. Während sich die Goblins aber wenigstens noch gelegentlich bei den getragenen Waffen unterscheiden, gilt dies nicht für die Schreckensratten, deren Werteblock (ein 9-Zeiler) man immerhin 8x zu sehen bekommt. Ganz abstrus wird es bei den diversen Werratten-Versionen, denn hier gibt es für jede Gestalt (Schreckensratte, Humanoid und Hybridform) einen eigenen, kompletten Werteblock, obwohl eigentlich meistens aus dem Text hervorgeht, in welcher Gestalt die Werratte jeweils kämpft. So kann man natürlich auch Seiten füllen.

Die Ebenen

Ebene 1 (18 Raumbeschreibungen, 6,5 Seiten) nennt sich „Das Lager der Goblins“ und enthält dementsprechend ausschließlich Goblins und Schreckensratten, wobei man aber als wandernden Monstern auch Zombies begegnen kann. Vornehmlich in Geheimräumen warten Pfeil- und Giftfallen auf die SC, ebenso wie die meisten Schätze und Handouts mit Hinweisen auf das „uralte, schlafende Böse“, womit die Vampirin auf der 4. Ebene gemeint ist, die man ohne diese Hilfen kaum finden wird. Als Endgegner der Ebene wartet der Goblinhäuptling, der gleichzeitig eine Werratte ist.

Ebene 2 (24 Raumbeschreibungen, 8,5 Seiten) heißt „Die Goblinbaue“ und entspricht im Wesentlichen der 1. Ebene, mit dem Unterschied, dass hier des Öfteren schon mal Werratten-Goblins oder Goblins mit Klassenstufen ihr Stelldichein haben. Des Weiteren befinden sich hier die Brutkammern der Goblins, wodurch die SC in das unschöne „Töten wir die Goblinkinder?“-Dilemma geraten.

Ebene 3 (5 Raumbeschreibungen, 3 Seiten) nennt sich „Die Zombieminen“ und enthält die eigentlichen Abbaugebiete für das Silbererz. Diese Arbeit wird ausschließlich von Zombies verrichtet, die das Werk eines gnomischen Nekromanten sind, der sich hier niedergelassen und mit der Werrattenbande von Lawrence geeinigt hat. Die SC können hier mit einer Lore direkt in das Quartier des Nekromanten hineinfahren und seinem Dasein ein blutiges Ende bereiten.

Ebene 4 (13 Raumbeschreibungen, 7 Seiten) heißt schließlich „Heimstatt des Rattenkönigs“ und ist von zahlreichen Werratten-Goblins bevölkert. Am Ende wartet natürlich Lawrence Gannu selbst auf die SC, selbsternannter Rattenkönig und Barde. Wenn sie den gefundenen Hinweisen folgen, können die SC hier auch auf die Gruft der Vampir-Hexenmeisterin stoßen und die Insassin befreien, wobei Letzteres allerdings alles andere als ratsam ist (HG 7).

Was beim Lesen dieser Zeilen vielleicht schon auffällt, ist, dass es dem Modul an Abwechslung und originellen Elementen mangelt. Im Endeffekt kämpft man sich durch 60 Räume mit Goblins, Werratten und einem gelegentlichen Untoten, lediglich gewürzt durch ein paar uninspirierte Fallen und Handouts, die zwar ein nettes Gimmick, aber zum Lösen des eigentlichen Abenteuers gar nicht notwendig sind. Das besondere Flair der klassischen D&D-Abenteuer aus der 1st Edition entstand eben nicht nur aus den typischen, schrulligen Macken, die wir auch in diesem Modul wiederfinden, sondern auch aus einigen wirklich abgefahrenen Ideen, die die Autoren an manchen Stellen eingebaut hatten, und an die sich jeder Spieler gerne erinnert. Um mal ein Beispiel aus jüngerer Zeit zu nennen: Wenn sich zwei Spieler, die beide „Die Zitadelle in ewiger Nacht“ gespielt haben, unterhalten, dann dauert es nicht lange, bis die Frage aufkommt: „Und, was habt ihr mit dem weißen Drachen gemacht?“ Solche denkwürdigen Begegnungen gab es in den alten D&D-Modulen zuhauf – hier sucht man sie leider vergeblich.

Die Anhänge

Der erste Anhang beinhaltet eine kurze (1 Seite) Beschreibung des „großen Weilers“ Silverton mitsamt einer kleinen Übersichtskarte. Einzelne wichtige Gebäude (Gasthaus, Krämer, Schmiede, Kräuterfrau und Bergbaugilde) werden kurz vorgestellt. Im zweiten Anhang befinden sich dann die insgesamt fünf Handouts (vier Texte, eine Karte), welche die SC im Laufe des Abenteuers finden können, und die sie letztendlich zur Gruft der Vampir-Hexenmeisterin führen sollen. Diese Handouts sind die einzigen stimmungsvollen Texte im ganzen Abenteuer.

Übersetzung und Lektorat:

Zunächst einmal muss man wohl ein paar Worte zum Titel des Moduls verlieren, denn dieser präsentiert sich äußerst erklärungsbedürftig: Der Rattenkönig hat mehrere „Idyllen“? Wie hat man sich das vorzustellen? Nun, dazu muss man zunächst einmal wissen, dass mit dem Begriff „Idylle“ ursprünglich kleine Hirtengedichte und -lieder bezeichnet wurden, die das friedliche Landleben zum Thema hatten – und genau diese sind hier gemeint, nicht die gleichnamigen Landschaften. Hinzu kommt, dass der englische Titel des Moduls („Idylls of the Rat King“) eine Anspielung auf einen im englischen Sprachraum wohl recht bekannten Gedichtzyklus des Poeten Alfred Tennyson mit dem Titel „Idylls of the King“ ist, in dem der Dichter die Artus-Sage verarbeitet. Diese Gedichte wurden zwar nach meinen Recherchen 1872 ins Deutsche übertragen, allerdings wohl unter dem Original-Titel, denn einen entsprechenden deutschen Titel (z. B. „Die Idyllen des Königs“) konnte ich nicht ermitteln. Auf Englisch funktioniert diese sprachliche Analogie also, auf Deutsch hingegen nicht. Bleibt noch zu klären, was der Rattenkönig mit Gedichten und Liedern zu tun hat: Nun, er ist ein Barde, mehr nicht. In Verbindung mit der Tatsache, dass das Wort „Idylle“ im täglichen Sprachgebrauch inzwischen eine ganz andere Bedeutung bekommen hat, kann man also nur zu dem Schluss kommen, dass der Titel für dieses Modul völlig unglücklich gewählt ist, auch wenn man ihn nicht „falsch“ nennen kann – im Gegenteil: er ist viel zu richtig. Hier hätte man sich ruhig ein paar übersetzerische Freiheiten nehmen können, das hätte uns diese langwierige Erklärung erspart.

Des Weiteren fällt auf, dass Eigennamen von Lokalitäten und Charakteren weitgehend nicht übersetzt, sondern in der Originalsprache belassen wurden. Das hat zwar den Vorteil, dass der Verleger nicht in Gefahr läuft, bei der Übersetzung der Eigennamen in dämlich klingende Fettnäpfchen zu treten, meiner Meinung nach überwiegen aber die Nachteile. So sorgen z. B. sprechende Namen, die nicht übersetzt werden, bei deutschen Spielern nicht für die gleichen Assoziationen wie sie dies bei den englischen Spielern tun. Bestenfalls kann der deutsche Spieler gut genug Englisch, um die Bedeutung trotzdem zu verstehen, aber auch dann muss hier ja ein weiterer gedanklicher Schritt erfolgen, den englische Muttersprachler nicht gehen müssen. Hinzu kommt, dass zumindest für mich englische Begriffe eher neuzeitlich und „cool“ klingen – etwas, was m. E. der Atmosphäre eines Fantasy-Abenteuers eher abträglich ist und dem erwünschten Retro-Flair des Moduls komplett widerspricht. Auf der anderen Seite muss man aber auch zugestehen, dass dieser ganze Umstand nicht allzu sehr ins Gewicht fällt, da zumindest dieses Modul kaum Eigennamen enthält. Am unangenehmsten fällt die Nicht-Übersetzung der Ortschaft „Silverton“ und des darin befindlichen „Silver Cup Inns“ auf. Was an „Silbingen“ bzw. einem „Gasthaus zum silbernen Becher“ so furchtbar klingen soll, muss mir dringend mal jemand erklären. Wenn Konsistenz zum Nachteil wird, sollte man sie jedenfalls gründlich überdenken.

Ansonsten kann man an der Übersetzung nicht viel aussetzen. Zwar ist mir das Original nicht bekannt, aber der Text liest sich flüssig und klingt nur selten konstruiert. Größere Schnitzer sind mir nicht aufgefallen. Einen Rüffel muss man allerdings dem überaus schlampigen Lektorat erteilen: Dass bei der Mehrzahlform der Abkürzungen SC und NSC ein „s“ angehängt wurde, obwohl dort keines hingehört, ist angesichts der Tatsache, dass sich dies im allgemeinen Sprachgebrauch so eingebürgert hat, noch verschmerzbar, aber wenn man sich nicht selbst darüber einig werden kann, ob man die alte oder neue Rechtschreibung verwenden möchte (insbesondere im Hinblick auf „ß/ss“), dann wirkt das schon extrem unprofessionell, zumal, wenn man bedenkt, dass man solche Dinge schon mit einer simplen Word-Rechtschreibprüfung ausmerzen kann. Weitere kleinere Fehler sind eine falsche Maßstabsangabe auf den Karten (1 Kästchen entspricht nicht 5 Fuß, sondern 3 Meter (10 Fuß)) und bei zwei oder drei Räumen stimmen die Angaben der Raummaße in den Vorlesetexten nicht mit der Karte überein.

Fazit:

Was macht ein Dungeon zu einem Klassiker? Für die Minimaldefinition bedarf es eines gewissen Alters und/oder einer möglichst großen Anzahl von Spielern, die es gespielt haben – dies dürfte bei DIdR gegeben sein. Die alten D&D-Module aus der 1st Edition zeichneten sich zudem durch viele Dinge aus, die man rückblickend bestenfalls als „verschroben“ bezeichnen kann: Willkürliches und die Spieler gängelndes Dungeon-Design, fehlende innere Logik, unglaubwürdige Monsterbesetzung auf engstem Raum ohne erkennbare Ökologie und Ökonomie, etc. pp. All diese Dinge, die man an den alten Modulen immer kritisiert hat – in DIdR findet man sie wieder. Aber: Genau so will das Modul ja auch sein und genau das steht auch außen drauf, diese Dinge kann man ihm also nicht zum Vorwurf machen. Kein „1st Edition feel“, DIdR ist 1st Edition par excellence: Ein klassischer Retro-Dungeon Crawl ohne Sinn und Verstand – aber vielleicht mit einer Menge Spaß und Nostalgie, wenn man weiß, worauf man sich einlässt (was ja spätestens nach dieser Rezension der Fall sein sollte). Für einen „denkwürdigen Klassiker“ fehlen diesem Modul leider einige originelle Begegnungen oder Schauplätze, die das ansonsten recht gleichförmige Goblin- und Werratten-Hack & Slash ein wenig aufgepeppt hätten.

Insofern wirkt der Preis von 9,99 Euro im Vergleich zu anderen deutschen Kaufabenteuern zwar auf den ersten Blick günstig, tatsächlich gibt es aber auch einen himmelweiten Qualitätsunterschied zwischen DIdR und beispielsweise den offiziellen deutschen Abenteuern von Amigo oder den deutschen Kalamar-Modulen, und zwar im Hinblick auf Aufmachung und Design wie auch auf den Inhalt. Beim Drachenland-Verlag bekommt man sogar für nur etwas mehr als das Doppelte (ca. 20,- Euro) bereits fantastisch ausgearbeitete 200-Seiten-Wälzer. Im Vergleich dazu sind die 10,- Euro für DIdR glatter Wucher.