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Runenklingen Teil 3 - Finstermal
Bewertung:
(3.8)
Von: Nico Bracht
Alias: Cut
Am: 12.08.2008
Autor:Dirk Richter
Typ:Neueinsteiger-Buch mit Spielregeln und dem dritten Teil des Abenteueres
System:Das Midgard Rollenspiel-System
Setting:Die Welt Midgard
VerlagVFSF / Midgard Press
ISBN/ASIN:978-3-924714-81-9
Inhalt:192 Seiten. Hardcover
Sprache:Deutsch

Die auf drei Teile angelegte Reihe „Runenklingen“ ist ein weiterer Versuch, ein gelungenes Rollenspiel Starter-Set an den Markt zu bringen.

Dieses mal für das Midgard Rollenspiel System.

 

Mit Finstermal geht die auf drei Bände angelegte „Runenklingen“-Reihe in die dritte und letzte Runde. Am Ende des Buches haben die Abenteurer hoffentlich das Rätsel um die fünf Runenklingen gelöst und können mit etwas Glück vier von Ihnen Ihr Eigen nennen. Gleichzeitig kommt es zum Showdown mit dem Gegenspieler der Gruppe, dem Hexenmeister Thalion und seinen Schergen.

Finstermal spielt zu großen Teilen in der Stadt Thame und deckt damit den dritten großen Bereich ab, in dem Rollenspielszenarien neben Dungeons und der Wildnis häufig angesiedelt sind: die städtische Umgebung.

 

Das Buch:

Wie auch sein Vorgänger ist Finstermal ein kleines, fest gebundenes Hardcover in edler Aufmachung und Ausstattung. Allerdings ist der Umfang des dritten Bandes mit 175 Seiten gegenüber den Vorgängern sichtbar gewachsen. Das gefällt natürlich, auch wenn es in diesem Falle zu einem Preisanstieg um 2,-- Euro, auf 14,95 €, geführt hat.

Auch der Band Finstermal ist in schwarzweiß Druck erschienen und hat ein gelungenes, sehr düsteres Cover. Dieses zeigt zwei zentrale Nichtspieler-Figuren aus der Handlung des Bandes und deren Wolfshund.

 

Allen drei Bänden ist ein äußerst handliches Format gemein: nicht viel größer als das DIN A 5 Format.

Aufgrund der guten Verarbeitung und der hochwertigen Materialien wirkt das Produkt angenehm edel.

 

Der innere Aufbau ist optisch gut gemacht: Man kann klar nach Regeleinschub (grau unterlegte Boxen), Vorlesetext (rechteckige Boxen) und Spielleiterhintergrund-Informationen unterscheiden.

 

Jetzt, im dritten Band, ist die Anzahl der Regeleinschübe weiter geschrumpft (weil die Spieler schon einiges an Regeln in den vorangegangenen zwei Bänden kennen gelernt haben) und so bleibt mehr Platz, für die Ausarbeitung des Abenteuers.

 

Genau wie beim zweiten Band wartet auch Finstermal nicht mehr mit einem Comic zum Einstieg auf, eine Entscheidung, die ich begrüße, da mich der Comic in Band Eins nicht überzeugen konnte.

 

Die Idee:

Die Idee hinter der Runenklingen-Reihe ist folgende:

Man möchte einen Einstieg ins Rollenspiel ermöglichen, ohne dass weiteres Hintergrundmaterial vorhanden sein muss. Die Regeln sollen direkt dort vermittelt werden, wo sie das erste Mal gebraucht werden. Dieser Ansatz ist gut.

 

Da man die Regeln nicht vorab, sondern an der Stelle des Abenteuers erlernt, an der man sie zum ersten mal einsetzen muss, bringt das System eine sofortige Einübung der Spielmechanik (Prüfwürfe, Erfolgswürfe, Kampf etc.) mit sich und erlaubt ein direktes Losspielen. Die Vermittlung von Regeln und Mechaniken waren die Schwerpunkte in Band Eins. In Band Zwei der Reihe standen gleich zu Beginn die Weiterentwicklung der Charaktere (und natürlich deren Spielwerte) im Fokus. Neben den eigentlichen Spielregeln und dem Ablauf des Abenteuerplots, stehen auch Tipps und Tricks für den Spielleiter an passender Stelle, denn bei Runenklingen soll auch ein unerfahrener Spielleiter erste Leit-Erfahrung sammeln können. Dies ist auch für den zweiten Band beibehalten worden.

 

Im dritten und wahrscheinlich abschließenden Band der Reihe stehen jetzt eindeutig das Abenteuer und die Entwicklung der gruseligen Atmosphäre im Mittelpunkt.

 

Die Handlung beginnt auf der Burg des Lehrmeisters Nervan, in dessen Diensten die Spieler-Figuren noch stehen.

 

Das Abenteuer:

 

Wer das Abenteuer als Spieler noch spielen will, sollte hier aufhören zu lesen und bei der nächsten Überschrift wieder einsteigen.

 

Die in den drei Bände der Reihe enthaltenen Abenteuer werden auf die drei typischen Rollenspiel-Szenarien ausgerichtet: Dungeon, Wildnis und Stadt.

 

Finstermal kümmert sich um den noch verbliebenen Schauplatz: die Stadt.

 

Nach den überstandenen Ereignissen des zweiten Bandes, startet das Abenteuer wieder auf der Burg des alten Gelehrten Nervan, in dessen Auftrag die Abenteurer immer noch unterwegs sind. Nachdem der Wolfswinter nun vorüber ist, beschließt Nervan, seine neugeborene Enkeltochter in der Stadt Thame zu besuchen. Dabei sollen die Gefährten ihn begleiten.

Dort stehen zunächst zwei Aufgaben an: Zum einen schlägt er den Helden vor, in den Bibliotheken und Tempeln nach Informationen über die Runenklingen und die Legende dieser Waffen zu suchen. Zum anderen will Nervan versuchen, die verschiedenen Clans zur Zusammenarbeit zu bewegen, um sich auf einen bevorstehenden Angriff vorzubereiten. Dazu müssen die Helden versuchen, die Einstellung verschiedener wichtiger Personen der Stadt positiv zu beeinflussen, so dass sie sich Nervans Standpunkt anschließen und einer Zusammenarbeit zustimmen.

Spieltechnisch wird dieses Verschieben der Einstellung über die durchgeführten Handlungen und Aktionen der Abenteurer in der Stadt geregelt. Und zu tun gibt es in der Stadt einiges. Denn es wird den Helden neben den Recherchen zu den Runenklingen bald klar, dass in der Stadt Thame seit kurzem ein Mörder sein Unwesen treibt. Dieser geht besonders brutal vor und lässt seine Opfer stark verunstaltet zurück.

Auch wenn es anfangs nicht den Anschein hat, so gehört die Aufklärung dieser Mordserie doch direkt zu dem Abenteuerstrang um die Runenklingen, den dunklen Hexer Thalion und dem Titel des Buches „Finstermal“. Alle Handlungsstränge sind miteinander verwoben.

Thalion befindet sich in Thame, um dort ebenfalls zwei Aufgaben, die ihm von seinem Meister aufgetragen wurden, wahrzunehmen. Zum einen soll er die vierte und letzte verbliebene Runenklinge (die Luftklinge) aus ihrem Versteck bergen und mittels eines Finstermals von seinem ihr zugedachten Träger trennen und auf einen anderen Träger „umpolen“. Zum anderen soll er Rimbald, einen unter der Stadt von Klosterbrüdern zur Wissensgewinnung gefangengehaltenen Vampir, befreien und ihm einen Pakt antragen. Doch Rimbald selber verfolgt noch ganz andere Ziele und Absichten und arbeitet selbst an seiner Befreiung. Und die Tatsache, dass die fehlende Rundenklinge nur über das Gefängnis des mächtigen und bösartigen Vampirs erreicht werden kann, macht die Suche der Gefährten nach der Luftklinge nicht grade ungefährlicher.

Aber es befinden sich nicht nur neue Gefahren und Schergen des Dunklen Meisters in Thame. Wenn sich die Spielercharaktere einigermaßen clever verhalten, finden sie in Person der Vampirjägerin Sylwina und ihrem elfischen Gefährten Bethfalas wissende und starke Verbündete, die mit dem Erz-Vampir Rimbald noch eine eigene Rechnung zu begleichen haben.

Das Abenteuer hat ein verhältnismäßig offenes Ende, je nach dem wie sich der Spielleiter entscheidet, die beiden zentralen Nichtspieler-Figuren Sylwina und Bethfalas auszuspielen und abhängig vom Verlauf der Ermittlungen der Spielerfiguren. Es kommt zu einer Art Wettlauf um die vierte Runenklinge (das fünfte Schwert, die Eisklinge, ist bereits an den Dunklen Meister verloren...). Es ist möglich, dass Thalion es schafft, die Luftklinge an sich zu nehmen, genauso gut ist es aber möglich, dass auch diese Klinge in einer der Spielerfiguren ihren wahren Träger erkennt.

Zu guter letzt gibt es noch ein alternatives Ende: „Die Schlacht um Irensrod“, die als Web-Erweiterung umsonst bereit gestellt wird. Leider war die Datei zum Zeitpunkt dieser Rezension noch im Prüfstadium und wird erst in einiger Zeit online gehen.

Unter der Rubrik „Links zur Rezi“ findet sich jedoch schon der Link auf die Seite, auf der das alternative Ende erscheinen wird.

 

Der Stil des Autors:

Dirk Richter, der Autor der Runenklingen-Bände, erzählt auch in Finstermal eine spannende Geschichte. Es gelingt ihm, die gruselige Stimmung einer Vampirjagd mit den Elementen einer politischen Intrige und der Lösung eines Kriminalfalles zu verknüpfen. Gleichzeitig baut er mit einem großen Fingerstechen-Turnier noch eine kurzweilige Unterbrechung in die Geschichte ein. Die Hintergrundgeschichte um Rimbald, den Vampir und Sylwina ist dazu geeignet, die Spieler zu faszinieren und gegen Ende der Handlung noch Mal vor ein echtes Dilemma zu stellen. Sprachlich ist mir dieses Mal nichts aufgefallen, was mir besonders missfallen hätte.

 

Für mich problematisch ist allerdings, dass Richter einen kleinen Jungen zu Tode kommen lässt. Ich mag es nicht, wenn man sich solcher „billigen“ Tricks bedient, um die Bösartigkeit oder Ernsthaftigkeit einer Situation darzustellen. Das geht ohne weiteres ohne solche Effekthascherei. Für mich ist es jenseits des guten Geschmacks, in einem Rollenspielabenteuer mir nichts dir nichts ein Kind umzubringen, noch dazu, wenn es sich bei dem Abenteuer um eines handelt, was auf eine jüngere (Einsteiger-)Zielgruppe gerichtet ist. Ich werde das Abenteuer für den Hausgebrauch an dieser Stelle umschreiben.

 

Die Materialien:

Die Materialien im Buch sind wiederum sehr gelungen. Nette Zeichnungen, ansehnliche Grundrisse und Kartenmaterial und eine Stadt-Karte, die sowohl als unbeschriftetes Spieler Handout als auch in einer beschrifteten Spielleiter-Version im Buch enthalten sind. So gefällt mir das!

Weiterhin finden sich auf www.Midgard-Online.de, in der eigenen Runenklingen-Rubrik, weitere praktische und kostenfreie Downloads.

 

Die Online-Unterstützung:

Erneut vorbildlich ist die Online-Unterstützung des Produktes.

Die Einsteiger-Reihe Runenklingen hat auf der Website von Midgard-Online eine eigene Rubrik bekommen. Unter der Unter-Rubrik Finstermal findet sich dort praktisch das gesamte (Karten-) Material des Buches zum kostenlosen Download bereit.

In einiger Zeit soll dort auch noch ein alternatives Ende zum Abenteuerband online gestellt werden.

 

Für interessierte Spielleiter lohnt sich auch stets ein erneuter Blick in die übergeordnete „Runenklingen“-Rubrik.

 

Es ist aber in jedem Fall zu empfehlen, dass nur der SL der Gruppe das Material auf Midgard-online.de sichten und sich herunterladen sollte, um es dann zur richtigen Zeit an seine Spieler zu verteilen. Sonst verrät sich schnell zu viel.

 

Wie erhofft wurde auch „Finstermal“, der dritte und letzte Band der Reihe in hervorragender Form unterstützt. Für Spielleiter ist diese Hilfestellung ein Traum. Vorbildliches Verhalten vom Verlag!

 

Das Fazit:

Auch Finstermal, der wohl abschließende Band der MIDGARD Runenklingen Reihe, ist ein absolut gelungenes Produkt. Bis auf die oben erwähnte Geschmacklosigkeit, die wahrscheinlich hartgesotteneren Spielertypen als mir keine Bauchschmerzen bereiten wird, bekommt man ein spannendes und interessantes Abenteuer an die Hand, welches eine gelungene Mischung aus Charakter- und Detektivspiel, aktionsreichen Verfolgungsjagden und Kämpfen, Rätseln und Herausforderungen enthält.

 

Am Ende des dritten Bandes sind die Spieler unversehens mit der Spielwelt Midgard verwachsen und zumindest drei oder vier von ihren Figuren haben ein magisches Langschwert bekommen und damit eine Aufgabe, die über die drei Bände hinausgehen dürfte. Aufgrund der Legenden und der Vergangenheit dieser Klingen, lassen sich bestimmt noch viele weitere Abenteuer an die Runenklingenbände anschließen. Sei es in der Form von selbstverfassten Abenteuern oder weiteren offiziellen MIDGARD Runenklingen Modulen.

 

Die erste Auflage der Runenklingen Reihe zeichnet sich allgemein durch eine wohlfeile Aufmachung, in Form eines stabilen, handlichen Hardcoverbuches aus. Eine stabile Bindung sorgt dafür, dass die Bücher auch nach ausgiebiger Benutzung am Spieltisch noch für eine zweite Runde nutzbar sein dürften. Das Format überzeugt, der Aufbau ist spielerfreundlich, die Onlineunterstützung vorbildlich. Bis auf das Buch und einen Internetzugang mit Drucker braucht eine Gruppe eigentlich neben den Runenklingen Bänden nur noch Stifte und mindestens einen Würfelsatz. Für ein Einsteigersystem ist die Preisgestaltung auch erträglich: Die ersten beiden Bände kosten je 12,95 €, der abschließende, dickere Band Finstermal kommt auf 14,95 €.

 

In meinen Augen ist Finstermal ein gelungener (vorläufiger?) Abschluss der Runenklingen-Reihe und macht Appetit auf mehr Abenteuer in der Spielwelt Midgard.

 

Wie passend also, dass auf der letzten Seite von Finstermal die drei „richtigen“ Midgard-Regelwerke „MIDGARD - Das Fantasy-Rollenspiel“, „Das Arkanum“ und „Das Bestiarium“ beworben werden, die einer Gruppe den nächsten Schritt in einer größere Welt ermöglichen würden.

 

Mir als bekennendem Fan von Einführungsabenteuern und Rollenspiel-(Einsteiger-)Boxen hat die Runenklingen Reihe im Großen und Ganzen sehr gut gefallen und ich kann sie Rollenspiel-Neulingen und auch Spielern, die einfach mal in die Welt Midgard reinschnuppern wollen getrost empfehlen.

 

Ich vergebe erneut 3,8 Punkte und würde mich freuen, wenn auf Seiten des Verlages die Entscheidung fiele, die Reihe fort zu setzen.

 

Vielleicht könnte man sich ja durchringen, die drei ersten Bände als Deluxe Einsteigerbox zusammen zu fassen, mit Handouts, Würfeln, Karten und der einen oder anderen Miniatur. Und die Serie dann mit weiteren Hardcover-Bänden fortzusetzen.