Sharner Kobold Sharner Kobold

 

u
Vampire Boy 1 - Die Auferstehung
Bewertung:
(3.5)
Von: Carsten Bockelmann
Alias: Tzelzix
Am: 14.02.2009
Autor:Carlos Trillo und Eduardo Risso
Übersetzer:Gunther Nickel
Typ:Comic / Graphic Novel
VerlagCross Cult
ISBN/ASIN:978-3-936480-41-9
Inhalt:175 Seiten, Hardcover
Preis:18,00 €
Sprache:Deutsch

Erster Eindruck

Der erste "Vampire Boy"-Band kommt als handliches Büchlein in Taschenbuchgröße und mit Hardcover-Bindung daher. Die Außengestaltung ist farbig. Das Buch macht einen guten und griffigen Eindruck, die Qualität scheint zu stimmen. Das Coverbild zeigt eine dämonenhafte, mit Pfeilen gespickte Gestalt, die vor der Kulisse der Sphinx in Angriffshaltung auf jemanden zuspringt. „Vampire Boy“ also, wieder mal Vampire und irgendetwas mit Ägypten, kommt einem da so spontan in den Sinn, doch da ist auch noch etwas Anderes....

 

Inhalt (Spoiler)

Das Comic „Vampire Boy“ erzählt das Ende einer Geschichte, die vor vielen Hundert Jahren im alten Ägypten beginnt, als eine unerklärliche Katastrophe, eine mystische Krankheit, das damals lebende Volk dahin rafft und alle tötet. Alle? Nein, zwei Individuen überleben: der namenlose, zehnjährige Sohn des Pharao und seine Konkubine, die Hohepriesterin des Schlangengottes. So mysteriös wie alle anderen gestorben sind, so mysteriös haben beide überlebt und nicht nur das - sie sind unsterblich geworden. Die Kraft der Sonne heilt all ihre Wunden und lässt sie zu neuem Leben finden, egal in welchem Zustand sie sind. Der Hass, welcher beide verbindet, entzündet über die Nachfolge des Pharaos und seine Aufmerksamkeit, prägt die folgenden Jahrtausende.

 

Die Geschichte von Band eins, „Die Auferstehung“, beginnt mit dem erneuten Erwachen des namenlosen Jungen, der sich für die letzten 50 Jahre vergraben hatte, um der Welt zu entfliehen. Er erinnert sich an seinen Ursprung in einer Rückblende und erzählt so dem Leser den Grund seines Zustands. Seine Erzfeindin Ahmasi, die Verführerin, ist ihren Ursprüngen treu geblieben und verdingt sich als Prostituierte, um die Männer um ihren Finger zu wickeln und sich ihrer Dienste zu versichern und so alles zu bekommen, was sie haben will. Durch den unbändigen Hunger, der den namenlosen Jungen quält, macht er schnell auf sich aufmerksam in einer Welt, die durch Fernsehen und Nachrichten im Minutentakt geprägt ist, so dass seine Nemesis bald von seiner erneuten Auferstehung erfährt. Fortan beginnt die alte Jagd erneut, deren einziges Ziel die Vernichtung des jeweils Anderen ist.

 

Aufgrund einer Wendung des Schicksals lernt der namenlose Junge einige Menschen kennen, die sich ohne Vorurteile seiner annehmen und ihm etwas geben, dass ihm stets gefehlt hat: menschliche Nähe und Fürsorge. Denn in seinem Kinderkörper ist zwar der erwachsene Verstand eines 5000 Jahre alten Individuums gefangen, dennoch kommen immer wieder kindliche Bedürfnisse in ihm hoch, die mit der Frustration kämpfen, dass er nie körperliche Liebe erfahren wird. Die beiden Indianer, welche ihn aufnehmen, werden jedoch in den zeitlosen Konflikt der beiden Unsterblichen hinein gezogen, so dass wieder Leid und Tod das Schicksal des Jungen beherrschen.

 

Den Höhepunkt von Band eins bildet eine direkte Auseinandersetzung der Unsterblichen, welche die beiden erneut voneinander entfernt und die Geschehnisse von Band zwei, „Der Fluch“, in Bewegung setzt.

 

Qualität & Übersetzung

Die bildliche Gestaltung von „Vampire Boy“ ist vollständig in schwarz und weiß gehalten, so dass klare Linien und schwarze Schatten dominieren. Im allgemeinen tendiert Risso zu prägnanten, leicht überzeichneten Darstellungen bei den verschiedenen Charakteren, aber einer eher klaren und realistischen Darstellung der Umgebung. Aufgrund der Zweifarbigkeit gibt es hin und wieder perspektivische Mehrdeutigkeiten oder kleinere Mängel, die sich aber gut in die Gesamtgestaltung einfügen und wenig auffallen. Deutlicher tritt die Personendarstellung in den Vordergrund, da immer wieder „Negativdarstellungen“, also schwarze Flächen und weiße Linien, benutzt werden, um Schattenrisse, Personen im Hintergrund oder besondere Emotionen darzustellen. Hierbei kommt es häufiger zu sehr extremen oder gar dämonischen Darstellungen, die teilweise nicht zum Text zu passen scheinen, da dieser weniger ausdrucksstark ist. Ob dies ein Mangel der Übersetzung ist und der Originaltext an dieser Stelle den extremeren bildlichen Darstellungen entspricht, kann so nicht beantwortet werden. Abseits dieses Punktes ist die Übersetzung von guter Qualität, wenn auch hin und wieder etwas leblos.

 

Fazit:

„Vampire Boy“ ist eigentlich keine Vampirgeschichte im klassischen Sinne, da viele Elemente völlig anders interpretiert sind. Wesentliche Ähnlichkeiten zu anderen Vampirgeschichten dürften vor allem die Unsterblichkeit, besondere Heilungsfähigkeiten und der Ursprung im alten Ägypten sein, doch darüber hinaus findet man keine Vampirklischees vertreten. Der unstillbare Hunger der Unsterblichen spielt zwar auch eine Rolle, er ist jedoch nicht nur mit menschlichem Blut zu stillen, es ist lediglich eine Möglichkeit, die zur Wahl steht. So gesehen geht es in diesem Comic weniger um Vampire, als vielmehr um den Konflikt zweier Unsterblicher, die unterschiedlicher kaum sein könnten: eine nymphomane Priestern, die mit ihrem perfekten Körper die Männer dieser Welt nach ihren Wünschen zu beherrschen sucht und damit eine Art Symbol für Sexualität und die ihr innewohnende Kraft ist; und der kleine, namenlose Junge, welcher der väterlichen Fürsorge beraubt wurde von einer machtgierigen Frau und dessen Asexualität ihm eine Qual ist, welche mit kindlichem Verlangen nach Fürsorge und Nähe - einfacher Aufmerksamkeit – konkurriert. Letztendlich ist „Vampire Boy“ ein Drama des zerstörerischen Einflusses mit viel expliziter Gewalt- und Sexdarstellung. Das empfohlene Lesealter ist entsprechend mit 16+ angesetzt, was aufgrund des Inhalts passend erscheint.

 

Aufgrund des Zeichenstils und der manchmal etwas leblos wirkenden Texte ist „Vampire Boy“ zwar eine Lektüre wert, hat mir jedoch nur mittelmäßig zugesagt. Die Geschichte ist an vielen Stellen eher vorhersagbar, was aber dem bekannten Thema geschuldet ist. Innovationen sind vor allem in der Darstellung zu finden, weniger in der eigentlichen Geschichte.