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Cthuloide Welten 16
Bewertung:
(3.8)
Von: Jörg Deutesfeld
Alias: Debaser
Am: 19.06.2009
Autor:Frank Heller (Hrsg.)
Typ:Magazin
System:Cthulhu
Setting:Cthulhu
VerlagPegasus Spiele
ISBN/ASIN:1610-5362
Inhalt:148 Seiten, Softcover
Sprache:Deutsch

Die neue Ausgabe der „Cthuloide Welten“, dem offiziellen deutsche Cthulhu-Magazin aus dem Hause Pegasus, erscheint wie immer in exzellente Druckqualität und präsentiert auf vollgepackten 148 Seiten wieder eine Fülle von Artikeln, Abenteuern, Hintergrundinformationen und Spielhilfen zu H. P. Lovecrafts Cthulhu - Das Rollenspiel.

 

Zum Layout der „Cthuloiden Welten“ der Ausgabe 16 brauche ich an dieser Stelle sicherlich nicht viele Worte zu verlieren, da der Pegasus-Verlag mittlerweile selbst den optischen Standard in Sachen Fanmagazin mit seiner halbjährlichen Ausgabe setzt. Somit gibt es zum Thema Grafik und Illustrationen von meiner Seite absolut nichts zu kritisieren. Der Heftinhalt präsentiert sich - abgesehen vom wieder einmal absolut gelungenen und stimmigen Cover, das für diese Ausgabe wieder von Manfred Escher gestaltet wurde - wie gewohnt durchgehend in Schwarz-Weiß.

 

Einzig der neue Preis mit 9,95 EUR hat mich stutzig gemacht. War man doch noch in einer der letzten Ausgaben leidlich stolz, den erhöhten Seitenumfang ohne nennenswerte Preiserhöhung kompensieren zu können, so kostet die aktuelle Ausgabe nunmehr doch einen Euro mehr. Betrachtet man aber den hierfür gebotenen Inhalt, so dürfte dieser Preis mehr als gerechtfertigt sein:

 

Nach dem obligatorischen Vorwort von Frank Heller, in dem dieser auf einige Schwerpunkte der aktuellen Ausgabe eingeht, schließen sich die „Cthulhuiden Nachrichten“ an. Hier dreht sich natürlich alles um die bereits veröffentlichten oder anstehenden Publikationen des Pegasus-Verlages im Bereich Cthulhu und der anderen einschlägig für Cthulhu-Publikationen bekannten Verlage. Von besonderem Interesse dürfte sicherlich der bereits öfter angekündigte, aber nunmehr endgültig feststehende Veröffentlichungstermin des Quellenbandes „Traumlande“ sein, zumal dieser Band nur in einer limitierten Version auf den Markt kommen soll. Also – besser schnell zugreifen!

 

In der Reihe „Cthulhu-Regionalia: Düsseldorf“ stellen Kaid Ramdani und Ralf Sandfuchs eine weitere wichtige Großstadt in den 1920ern vor und bieten neben einem Überblick über die Geschichte der Stadt auch einige Örtlichkeiten, Personen, Ereignisse sowie Sagen, die sich für eine Umsetzung im Spiel eignen. Vielleicht bin ich als Rheinländer etwas voreingenommen gewesen, aber spätestens die gelungene Einbindung des Karnevals in ein mögliches Geschehen rund um den Mythos und die Geschichte von Friedrich Wilhelm von Junzt und dessen Mythoswerk „Von unaussprechlichen Kulten“ hat mich dann doch milde gestimmt. Schön zu lesen und viel zu entdecken und eine Fülle von Anregungen als zukünftiger Schauplatz von eigenen Abenteuern. Für alle die nicht genug bekommen können: Auf der Homepage von Pegasus (www.cthuloide-welten.de) gibt es zudem noch den großen alten Stadtplan von Düsseldorf aus den 20ern als Download.

 

Thorsten Erker hat für den Artikel „Die Arbeit des Privatdetektivs“ mehr als ein Jahr lang über den Beruf des Privatdetektivs in den 1920ern in Deutschland recherchiert und präsentiert hier stimmungsvoll einen eindrucksvollen Einblick in Detektivarbeit der damaligen Zeit. Inhaltlich mit Sicherheit wieder einmal eine Glanzleistung, einzig der Sprachduktus hat mich etwas gestört, da er etwas arg aufgesetzt wirkt. Hier hätte ein augenzwinkernder Hinweis des Autors auf den Inhalt zu Beginn etwas besser gewirkt. Dennoch dürften Spieler, deren Charakter diesem Beruf nachgehen, an diesem praktisch als „zeitgenössischen Detektivhandbuch“ zu bezeichnenden Artikel nicht vorbeikommen - ganz im Gegenteil!

 

Dem amerikanischen Entfesselungs- und Zauberkünstler österreichisch-ungarischer Herkunft Harry Houdini, der mit bürgerlichen Namen eigentlich Erich Weisz hieß, widmet sich die Ausarbeitung von Sebastian Mangles in der Reihe Personen in den 20ern.

Houdini galt als einer der größten Stars der 20er Jahre und hielt mit seinen zahllosen spektakulären Ausbruchskünsten das Publikum in Atem. Bereits zu Lebzeiten rankten sich Mythen um Houdini: War er vielleicht doch ein echter Magier und das Leugnen seiner vermeintlich magischen Kräfte nur Teil der Show? Dieser Artikel ermöglicht es, den Charakter von Harry Houdini ins Spiel einzubinden und beinhaltet zudem eine Reihe von verschiedenen Abenteuerideen. Wie so oft stellt sich aber die Frage, ob dies wirklich gut gelingt und ein solcher Nichtspielercharakter auch glaubhaft dargestellt werden kann. Zumindest ist der Artikel über Houdini selbst sehr informativ und überaus empfehlenswert – beleuchtet er doch auch einige andere Details des Zauberergewerbes in den 20er Jahren.

 

Im Mittelpunkt des Artikels „Die Gläubigen von Red Hook“ von Daniel Harms steht die kurdischsprachige Sekte der Yesiden, deren Gründung auf den Sufi-Mystiker Scheich Adi zurückgehen soll. Im Schatten dieser religiösen Sekte gibt es aber auch eine Untergruppierung: die Qabiden, deren Entwicklung, Geschichte und nicht zuletzt auch gefährliche cthuloide Gottheit im Mittelpunkt dieses Artikels stehen.

Seit 1892 schafften es einige Qabiden als Einwanderer bis nach Amerika, wo sie es in New York City in den 20er Jahren im Stadtteil Red Hook (in Brooklyn) zu Macht und Einfluss brachten und einen verborgenen Tempel für ihre Gottheit schufen. Der Mythosexperte Harms beleuchtet in diesem Beitrag den wohl bekanntesten fiktiven Mythos-Kult und stellt sein Glauben und sein Wirken dem Leser vor.

Für ein Abenteuer in New York unter Umständen ein schöner Einstieg, doch hat mir der Artikel nicht genug Inhalt geboten – da müsste man schon selbst noch ein wenig Zeit investieren um etwas mehr daraus zu machen.

 

Im Artikel „Das Germaine-Institut“ wird eine Organisation für Cthulhu Now vorgestellt, die sich der Bekämpfung des Cthulhu-Mythos verschrieben hat, dabei aber recht eigene und außergewöhnliche Wege beschreitet. Im Mittelpunkt stehen dabei der Lebenslauf von Dr. Maria Alvarez und ihrer Mitarbeiter sowie das von ihr gegründete „Germaine-Institut“ als auch Hinweise für den Einsatz in einer Kampagne. Interessanterweise hat sich für die Artikel und Abenteuer rund um Cthulhu-Now ein eigener Stil im Layout und der Illustrationen herauskristallisiert – insgesamt schön gestaltet mit einigen guten Anregungen.

 

In der Rubrik „Im Interview“ steht in dieser Ausgabe Julia Erdmann, die sich als Redakteurin unter anderem bei den Publikationen „Terra Cthulhiana“, „Festival Obscure“ und „Cthulhu für Einsteiger“ einen Namen gemacht hat. Oliver Adam fragt nach und so gibt es neben einigen neugierigen Blicken hinter die Kulissen der Cthulhu-Redaktion, die Arbeit an verschiedenen Veröffentlichungen und anderen interessanten Details natürlich auch eine Vorschau auf anstehende neue Projekte.

 

Mit dem Schlagwort „Mystery“ verbindet sicherlich jeder Spieler und Spielleiter seine ganz eigenen Ideen und Vorstellungen. Marcus Johanus schickt sich an, in der Rubrik „Spielend leiten – Spieler leiten: Mystery-Abenteuer“ diesen Begriff für das Cthulhu-Rollenspiel etwas näher zu beleuchten und einzuordnen. In diesem sehr lesenswerten Artikel werden sicherlich sowohl Einsteiger als auch Kenner des Genres noch die eine oder andere interessante Idee oder Ansatz für ihr Spiel finden, da der Artikel mit einer Fülle an nützlichen Informationen aufwarten kann.

 

Nachdem sich die CW 14 mit den Attributen und die CW 15 mit den Fertigkeiten beschäftigt hat, schließt Thomas Michalski in der Rubrik „Spielend leiten – Spieler leiten: Aus den Berufen eine Berufung machen“ den Reigen um die Charaktererschaffung mit dem Thema „Berufe“ ab. Die Artikelreihe selbst versteht sich nicht als offizielles Material für „Cthulhu – Das Rollenspiel“, sondern als optionaler bzw. alternativer Ansatz für das bestehende Regelsystem.

Waren die beiden ersten Teile etwas ausführlicher und tiefgehend, so fasst sich Michalski bei den Berufen sehr kurz und knapp. Insgesamt (nachdem ich die kompletten drei Artikel noch einmal gelesen habe) kann ich dem Autor nur zu seinen Vorschlägen und Änderungen gratulieren. Insgesamt ist hier (ob nun gewollt oder ungewollt) de Facto der Weg für ein neues Grundregelwerk geebnet worden. Spannend dürften auch die Aussichten auf das in der nächsten Ausgabe anstehende überarbeitete Kampfsystem sein.

 

Das Abenteuer Blackout - Ein Abenteuer für Cthulhu Now von Jens-Christian Seele beginnt zunächst mit einer Space-Shuttle Mission, in der die Spieler vorgefertigte Charaktere übernehmen damit beschäftigt sind, einen Satelliten in die Umlaufbahn zu bringen und spielt dann im weiteren Verlauf der Handlung auf der „International Space Station (ISS), der sie aus „politischen Gründen“ einen Besuch abstatten sollen.

Alles scheint reibungslos zu laufen, bis die Charaktere an der Station ankommen. Hier geraten sie in eine Fülle von Problemen, die nicht ohne weiteres zu lösen sind: Beim Anflug auf die ISS gerät das Space-Shuttle in einen seltsamen kosmischen Wind und die Charaktere erleiden – ohne es zu merken – einen einstündigen Blackout und schon bald scheint etwas Böses sein Unwesen zu treiben. Zu allem Unglück reißt irgendwann der Kontakt zu sämtlichen Bodenstationen ab und auf der Erde gehen alle Lichter aus – der kosmische Schrecken nimmt immer mehr Gestalt an.

 

Auch wenn sich ein großer Teil des Abenteuers mit der technischen Beschreibung der ISS auseinandersetzt, so ist dieses Abenteuer doch eine Art „Kammerspiel“, da es die Charaktere in einer überaus beengten und auch feindlichen Umgebung fast schon zu atmosphärisch dichtem Spiel zwingt. Zwar folgt die Handlung den Klischees einiger klassischer SF-Filme und scheint ein Stück weit vorhersehbar, dennochschafft es der Autor, den Fokus der Handlung zu Beginn erst einmal auf die politische Brisanz des Besuches und damit verbundenen Geschehnisse abzubiegen, bis die Situation letztlich richtig gefährlich wird.

 

Passend zur Regionalbeschreibung von Düsseldorf führt das Abenteuer Schwanengesang von Kaid Ramdani und Ralf Sandfuchs die Charaktere im Jahr 1928 zunächst ins Neandertal, wo man auf einem Dolmen die Leiche einer jungen Frau entdeckt hat. Bei der Leiche handelt es sich um eine Sopranisten aus Düsseldorf, neben der man seltsamerweise auch noch einen toten Schwan findet, dem ebenfalls die Kehle durchgeschnitten wurde. Die Charaktere machen sich an die Untersuchung dieses scheinbar makabern Ritualmordes und geraten bei ihren Nachforschungen in die Kreise elitärer Nationalsozialisten, die scheinbar mehr mit der Sache zu tun haben als sie zugeben möchten und stoßen auf einige dunkle Geheimnisse.

 

Insgesamt ein recht gelungenes Abenteuer, welches in sich vielleicht nicht immer logisch und schlüssig ist, aber nicht zuletzt wegen seiner Kürze einen recht großen Unterhaltungswert aufweist. Zudem wendet man sich erstmals intensiver der spieltechnisch nicht ganz einfachen Problematik des Nationalsozialismus im Cthulhu der 20er Jahre zu, die bislang (aus welchen Gründen auch immer) ein eher stiefmütterliches Dasein gefristet hat.

 

Und natürlich darf auch in dieser Ausgabe eine weitere Folge des obligatorischen Comic-Strip „Unspeakable Vault of Doom“ nicht fehlen – Viel Vergnügen!

 

Fazit

Wieder einmal erhält der Käufer auf 148 Seiten nicht nur zwei hervorragend ausgearbeitete Abenteuer, sondern eine Fülle von Sekundärmaterial rund um „H. P. Lovecrafts Cthulhu - Das Rollenspiel“. Über die Qualität der Abenteuer mag man sich streiten, zumal Cthulhu-Now nicht unbedingt jedermanns Geschmack ist. Für mich persönlich waren sie aber beide recht gut gelungen und stimmig. Zudem gab es in dieser Ausgabe wieder einmal etliche gute und interessante Artikel, die nicht nur sehr lesenswert waren, sondern auch exzellente Anregung für das eigene Spiel geben.

Für mich eigentlich Pflichtlektüre, da man (trotz Preiserhöhung) immer gehörige Menge an gutem Material und Hintergrundinformationen geboten bekommt. Am besten im Abo bestellen – dann muss man sich auch nicht über vergriffene Ausgaben ärgern!