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Thorinth 1 - Der Narr ohne Namen
Bewertung:
(4.0)
Von: Jörg Deutesfeld
Alias: Debaser
Am: 06.08.2009
Autor:Nicolas Fructus
Übersetzer:Tanja Krämling
Typ:Comic / Graphic Novel
Setting:Dark Future
VerlagSplitter Verlag
ISBN/ASIN:978-3-86869-032-3
Inhalt:56 Seiten, Hardcover, übergroßes Albumformat (230 x 320 mm)
Preis:13,80 EUR
Sprache:Deutsch

Inhalt:

Thorinth ist das Labyrinth im Innern eines gigantischen Turms gleichen Namens, in das Verrückte und unerwünschte Personen verstoßen werden, und in dem man sich nur mit Hilfe der kleinen Schnuffels zurechtfindet, die den Turm zu Tausenden bevölkern. Thorinth wurde einst von dem Wissenschaftler Amodef erschaffen, um gemeinsam mit seinen Mitarbeitern aus der Kaste der Pellegen das menschliche Bewusstsein kranker Seelen zu erforschen. Doch die ehrgeizige Alchemisten-Architektin Esiath missbrauchte heimlich das fantastische Konstrukt für ihr eigenes Projekt. Sie formte einen Golem, der die Seelen der Wissenschaftler in seiner Umgebung in sich aufsog und zuletzt auch Esiath tötete. Amodef konnte diesem Massaker durch einen glücklichen Zufall entgehen und überlebte.

Unter dem Namen Narrenwächter übernahm der Golem die eigentliche Herrschaft über das Labyrinth. Doch die so hermetisch abgeschlossene Welt gerät aus den Fugen, als ein Mann aus der Außenwelt in sie eindringt, um eine Frau zu finden. Der Name des Mannes ist Vei-Din und er sucht nach seiner Ehefrau Madalis Temroth, einer brillante Wissenschaftlerin, die nach einem Komplott als unerwünschte Person in den Turm gesperrt wurde. Die abenteuerliche Reise von Vei-Din durch die Gänge und Orte von Thorinth sind voller Gefahren und einiger dubioser Geschehnisse – dennoch findet er Hinweise auf den Verbleib von Madalis und setzt seinen Weg ins Ungewisse fort...

 

Schreibstil & Artwork:

Nicolas Fructus studierte an der renommierten Kunsthochschule Emile Cohl in Lyon und entwickelte nebenbei auch kreatives Talent in der Arbeit mit dem Design von Videospielen und im Bereich der Filmanimation. Er ist seit 1997 der künstlerische Direktor der Firma Arxel Tribe, die neben der Entwicklung von Adventuregames zurzeit ein weiteres Standbein im Rollenspielbereich aufbaut.

 

Nicolas Fructus selbst dürfte einer der talentiertesten „Infographisten“ unserer Zeit sein: Er hat zahllose Illustrationen für Presse- und andere Printmedien entworfen, mit namhaften Künstlern wie z.B. Moebius bei der Umsetzung des PC-Games „Pilgrim“ oder mit Druillet bei „Ring“ zusammen gearbeitet. Das Colouring des Comics „Bouncer“ übernahm er an der Seite von François Boucq, ebenso oblag ihm unter anderem die Mitarbeit beim Bühnenbild und dem Figurendesign des Films „Arthur und die Minimoys“.

 

Neben seinen zahlreichen beruflichen Verpflichtungen ist es Fructus nunmehr gelungen sowohl als Autor als auch als Zeichner mit seiner alleinigen Schöpfung „Thorinth“ endlich auch in Deutschland in Erscheinung zu treten. Er selbst hat sich mit diesem ambitionierten Erstlingswerk, dessen erster Band bereits 2002 in Frankreich erschienen ist, viel vorgenommen, wobei die erste Herausforderung in Frankreich bereits gelungen ist, da der hoch geschätzte Verlag „Les Humanoides Associes“ die Reihe verlegt hat. Die auf insgesamt fünf Bände ausgelegte Reihe liegt im Mutterland der frankobelgischen Comics bereits komplett vor und soll bei uns in der gewohnt schnellen Art des Splitter Verlags in einer entsprechend hochwertigen Ausführung veröffentlicht werden.

 

Die künstlerische Qualität des Comics bewegt sich auf sehr hohem Niveau und kann bereits durch ihre sehr saubere formale Gliederung überzeugen. Die Panels stehen ordentlich in Reih und Glied und bilden ordentliche Zeilen mit einem größeren, in klassischem Weiß gehaltenen Gutter. Auf aufwendige panelübergreifende Bilder oder Ähnliches wurde wohl gezielt verzichtet, dafür begeistern die großformatigen Bilder (insbesondere die des Turms in einer Frontalansicht) den Betrachter um so mehr durch ihre überbordende Detailfreude und grandiose Kolorierung. Fructus lässt in seinen aufwendig gestalteten und farbenprächtigen Bildern insgesamt dem Betrachter das Herz höher schlagen. Großformatige Panorama-Panels wechseln sich mit Close-ups der handelnden Charaktere ab, wobei die Darstellung der Mimik und Gestik der Charaktere etwas holprig ist und eher die statistische Darstellung das eigentliche Element des Zeichners sein dürfte.

 

Qualität, Ausstattung & Übersetzung

In Sachen Qualität und Ausstattung zieht der Splitter Verlag bei der Veröffentlichung von „Thorinth“ alle Register und so erhält man den ersten Band als überformatiges Hardcover. Die Bindung meines Exemplars war bedauerlicherweise etwas schief und so minderte sich mein Lesevergnügen nicht unerheblich – dies dürfte aber bei der sonst bei Splitter vorgehaltenen Qualität die große Ausnahme sein.

An der Übersetzung der von mir hochgeschätzten Tanja Krämling ist wie immer nichts auszusetzen – außer einem kleinen Punkt: Die kleinen possierlichen Tiere, die sich im Turm herumtreiben, heißen im französischen Original „Schnoubouf“, insoweit mag eine Übersetzung mit „Schnuffel“ durchaus zumindest phonetisch naheliegend sein, doch widerstrebt mir diese Bezeichnung persönlich ein wenig. Was allerdings der französische Ausdruck „Schnoubouf“ genau bedeutet, konnte mir leider bis heute niemand erklären.

 

Fazit:

Mich hat der späte Veröffentlichungstermin des ersten Bandes, der bereits 2002 in Frankreich erschien, doch etwas gewundert – hält man doch mit „Thorinth“ ein sowohl zeichnerisch als auch inhaltlich absolut überzeugendes Album in Händen. Von meiner Seite aus gibt es kaum etwas zu kritisieren in diesem vor wildem Einfallsreichtum und wunderbar ausgeführten Zeichnungen strotzenden Band – vor allem bin ich auf die Fortsetzung gespannt, da es Fructus scheinbar nicht an Ideen und kreativen Einfällen mangelt. Für mich persönlich eine absolute Kaufempfehlung für Leser, die extravagante Geschichten im Bereich der Phantastik suchen, die sowohl inhaltlich als auch gestalterisch absolut auf hohem Niveau sind.