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Locke & Key 1 - Willkommen in Lovecraft
Bewertung:
(4.7)
Von: Gordon Gurray
Alias: Talamar
Am: 08.10.2009
Autor:Story: Joe Hill, Zeichnungen: Gabriel Rodriguez
Übersetzer:Reinhard Schweizer
Typ:Comic / Graphic Novel
Setting:Locke & Key / Realwelt
VerlagPanini Comics
ISBN/ASIN:978-3-86607-850-5
Inhalt:172 Seiten, Softcover, US-Format, US-Originale: Locke & Key - Welcome to Lovecraft #1-6
Preis:16,95 EUR
Sprache:Deutsch

Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Ein berühmtes Sprichwort, das oftmals viel Wahrheit in sich birgt. So auch bei den Kings. Joe Hill ist nämlich nur ein Synonym hinter dem sich der Zweitgeborene des Horror-Kultautors Stephen King verbirgt, der sich zunächst unabhängig von seinem Vater einen Namen machen wollte. Das schlug zwar fehl, lag aber daran, das seine wahre Identität schon vor der Veröffentlichung seines ersten Buches durchgesickert war. Nichtsdestotrotz hat es Joe Hill in die Bestsellerlisten der Ney York Times geschafft. Mit der Story zu „Locke & Key“ begibt er sich in ein neues Medium.

 

Inhalt:

Die Lockes führen ein friedliches Familienleben zu fünft. Doch als eines Tages die beiden Psychopathen Sam und Al vor der Tür der Lockes stehen, ändert sich für die Familie alles. Der Vater wird umgebracht und Mutter Nina vergewaltigt. Nur mit Mühe und Not kommt sie und ihre drei Kinder Tyler, Kinsey und Bode mit dem Leben davon. Nach der Beerdigung holt sie der Bruder des Verstorbenen in sein Haus - nach Lovecraft - wo sie unter neuem Namen Abstand gewinnen und ein neues Leben beginnen wollen.

Doch bald entdeckt Bode, der Jüngste der Geschwister, das es mit dem wundervollen Haus mehr auf sich hat, als es zunächst scheint. Überall in dem viktorianischen Häuschen gibt es magische Schlüssel und ebensolche Türen. Als Bode eine Tür durchschreitet, ist er plötzlich ein Geist. Glücklicherweise findet er aber wieder in seinen Körper zurück. Doch etwas stimmt nicht, denn Bode hört auch eine seltsame Stimme, die aus dem Brunnen des Hauses kommt. Unglücklicherweise hört auch der Sam, der Mörder seines Vaters, diese Stimme in seiner Zelle. Als er ausbricht, hinterlässt er nicht nur eine blutige Spur, sondern ist auch den Lockes wieder auf den Fersen, um die Sache zu Ende zu bringen…

 

Schreibstil & Artwork:

Ich persönlich war nie ein großer Stephen King Fan, auch wenn ich einige seiner früheren Bücher gelesen habe und sie mir zumeist auch gefielen. Man merkt schnell, wo Joe Hill seinen Ursprung hat, denn bei „Locke & Key“ kann man dieses gewisse King-Flair deutlich spüren. Dabei ist die Comic-Reihe ein Genre-Mix aus Fantasy und Psycho-Horror, der von der ersten Seite an, nicht nur liebevoll inszeniert und geschrieben, sondern auch spannend ist. Eine Gruselgeschichte, wie sie im Bilderbuch steht, kann man hier wohl sagen. Sicherlich ist die Idee mit einem magischen Haus, das magische Türen hat, nicht wirklich neu (siehe zum Beispiel Gaimans „Coraline“), aber Joe Hill strickt aus dieser Idee, seine ganz eigene und phantastische Welt, die er mit einer gehörigen Portion subtilen Grusel auflockert. Die recht grausame Geschichte, die an keiner Stelle geschönt wirkt, und der psychopathische Killer, der der Familie auf den Fersen ist, tun ihr Übriges dazu. Schön ist auch, das der Autor sehr viel Zeit in die Charakterentwicklung investiert und seinen Protagonisten damit das nötige Leben einhaucht, damit die Geschichte so glaubwürdig wirkt, das sich einem die Nackenhaare aufrichten.

Parallelen zu seinem Vater sind wie gesagt deutlich erkennbar. Hill erzeugt ein allgegenwärtiges und omnipräsentes Grauen, das man nie wirklich greifen kann, das aber auf jeden Fall da ist. Darum hat er eine spannende und packende Story konstruiert, die den Leser schnell in ihren Bann zieht.

 

Die Artworks stammen von Gabriel Rodriguez, der ein chilenischer Zeichner ist und schon an vielen Projekten gearbeitet hat. Sein Stil ist detailreich und ansprechend. Die Striche und Konturen wirken klar und sauber definiert. Teilweise gibt es hier eine recht starke und präsente Linienführung, wodurch die Illustrationen einen sehr klassischen und typischen Comic-Look erhalten. Die Gesichtszüge sind zwar nicht allzu akribisch ausgearbeitet, aber die unterschiedlichen Charaktere sind sehr gut voneinander zu unterscheiden und Mimik und Gestik werden sehr ordentlich präsentiert. Richtig dynamisch wird es bei den Panels und den Szenen, die es in vielerlei Formen und Varianten gibt. Gerade die verschiedenen Einstellungen sorgen hier für Abwechslung und Geschwindigkeit. Der Zeichner verzichtet übrigens zum Großteil auf blutige Darstellungen, das heißt zwar nicht das es keine gibt, aber es wird auch nicht zu sehr übertrieben. Damit folgt er dem eher subtilen Grauen, das Autor Joe Hill bereits vorgegeben hat.

 

Qualität, Ausstattung & Übersetzung

Wie eigentlich fast immer gibt es sowohl an der Produktions- wie auch der Übersetzungsqualität des Bandes nichts auszusetzen. Alle Texte - auch die Einleitung - sind flüssig zu lesen und geben das Flair der Erzählung sehr gut wieder. Das Band hat einen Softcovereinband. Extras gibt es nur in Form einer Cover-Galerie.

 

Fazit:

„Willkommen in Lovecraft“ ist ein sehr gelungener und vielversprechender Start in eine neue Fantasy-Psycho-Horror-Drama-Comicreihe aus der Feder von Stephen Kings Sohn Joe Hill. Die Story ist gleichsam phantastisch wie subtil gruselig und grauenvoll. Joe Hill tritt eindeutig in die Fußstapfen seines Vaters und hat sich auch das eine oder andere von diesem abgeschaut. Das ist aber nicht schlecht, schließlich ist King ein Altmeister in Sachen Gruselgeschichten. Dennoch wirkt die Story von Hill nicht wie ein einfacher Abklatsch, sondern zeugt von großer Eigenständigkeit und Vorstellungskraft. „Locke & Key“ überzeugt dabei nicht von der erzählerischen, sondern auch von der Bildsprache her, denn der zuständige Zeichner hat genau den richtigen Stil für diese Geschichte.

„Locke & Key“ ist damit zweifellos einer der großen Geheimtipps des laufenden Jahres, denn selten war ein Debutband so unglaublich dicht und stimmungsvoll. Mal davon abgesehen, endet der Band mit einem tollen Cliffhanger, der schon jetzt auf den, für April 2010 angekündigten zweiten Band, hoffen lässt. Herausragend!