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Northlanders 1 - Sven der Verräter
Bewertung:
(3.3)
Von: Jörg Deutesfeld
Alias: Debaser
Am: 13.10.2009
Autor:Autor: Brian Wood; Zeichner: Davide Gianfelice
Übersetzer:Bernd Kronsbein
Typ:Graphic Novel – History
VerlagPanini Comics
ISBN/ASIN:978-3-86607-777-5
Inhalt:192 Seiten, Softcover
Preis:19,95 EUR
Sprache:Deutsch

Inhalt:

Wir schreiben das Jahr 980 nach Christus. In der Straße von Konstantinopel entert eine Mannschaft aus Warägern ein Schiff von Nordmännern und schlachtet brutal ihre Gegner ab. Angeführt werden die Waräger von Sven, der selbst seine Ursprünge in den nordischen Gefilden hat, als Jugendlicher aber verschleppt und als Sklave in den Süden verkauft wurde und sich in Konstantinopel einen Namen als Kämpfer gemacht hat.

 

Doch das Zusammentreffen mit dem Schiff der Nordmänner scheint fast schon von göttlicher Fügung zu sein, da sich unter den Nordmännern ein Bote befindet, der nach Sven sucht und ihm die Nachricht überbringen soll, dass sein Vater gestorben sei und sein Onkeln Gorm Herrschaft über Grimness, das Dorf seines Vaters, an sich gerissen hat. Sven sieht sich durch die Vorgehensweise seines Onkels um sein rechtmäßiges Erbe betrogen und macht sich zurück in seine alte Heimat an die stürmischen nördlichen Küsten von Schottland, den Orkaden. Doch Sven ist keineswegs ein sympathischer Held, den die Ehre antreibt, sondern vielmehr die Aussicht auf den Reichtum seines Dorfes, das nun ihm gehört und ihm ein angenehmes Leben in Konstantinopel ermöglichen würde.

 

Angekommen in seiner alten Heimat muss Sven in Grimness feststellen, das seine ehemalige Heimat sich sehr verändert hat: Das einstmals reiche und stolze Dorf scheint nur noch aus alten, schäbigen Hütten zu bestehen, die Wege sind dreckig und die Bewohner leiden unter der Schreckensherrschaft von Gorm und seinen engsten Gefolgsleuten.

 

Sven stellt Gorm nach seiner Ankunft zur Rede und fordert sein rechtmäßiges Erbe ein, doch dieser hat keinerlei Interesse, seine Macht wieder aufzugeben. Gorm lässt Sven von seinen Schergen halb totprügeln und seinen geschundenen Körper vor dem ehemaligen Gehöft seiner Eltern etwas außerhalb des Dorfes liegen. Eigentlich ging Gorm davon aus, dass Sven die kalte Nacht im Freien nicht überleben würde. Doch da hat er sich getäuscht - Sven stirbt nicht und hat vorgesorgt. Er hat bereits direkt nach seiner Ankunft und Waffen und Kleidung versteckt, als hätte er die Geschehnisse geahnt. Halbwegs wieder bei Kräften, richtet er sich vorerst in dem alten Gehöft seiner Eltern ein und schmiedet Pläne, wie er Gorm aus dem Weg schaffen kann.

 

In seinem Kampf gegen Gorm steht Sven allerdings alleine auf verlorenem Posten. Niemand möchte sich ihm anschließen und selbst der Versuch, Verbündete aus dem nächstgelegenen Nachbardorf für sich zu gewinnen, schlägt fehl.

Sven trifft in seiner Einsamkeit auf eine junge Frau, die ähnlich wie er von allen ausgestoßen einsam in den Nähen der Felsklippen ihr Quartier hat. Von allen Leuten nur die „Tochter des Jägers“ genannt treffen sich ihre Wege und nach anfänglicher gegenseitiger Skepsis entsteht zumindest oberflächlich Vertrauen.

Doch auch Thora, die Sven noch aus seiner Jugendzeit kennt, erscheint unversehens nachts in der Hütte von Sven. Für das Versprechen, sie mit sich zu nehmen an einen anderen Ort, fort von Grimness, nutzt Sven ihre Nähe zu Gorm aus, um an Informationen über die Geschehnisse im Dorf zu kommen.

 

Ein ungleicher Kampf sucht das Dorf über die Wochen heim, in dem Sven – auf sich alleine gestellt – den Kampf gegen den tyrannischen Gorm aufnimmt, der zahllose Todesopfer fordern soll. Doch das Schicksal scheint es mit Sven anders zu meinen und die Geschichte bekommt mit der Landung der Sachsen an der Küste vor Grimness unerwartet eine gänzlich andere Wendung.

 

Schreibstil & Artwork:

Der Autor Brian Wood wurde 1972 in Essex Junction, Vermont (USA) geboren und lebt seit 1991 in New York City, wo er 1997 an der Parsons School of Design einen Bachelor in Illustrationen machte. Seine Abschlussarbeit, die anti-utopistische SF-Miniserie „Channel Zero“ wurde im gleichen Jahr vom Image-Verlag veröffentlicht. Seinen Lebensunterhalt verdiente er sich bis 2003 bei der Spiele-Schmiede „Rockstar Games“, wo er unter anderem an der Entwicklung von Spielen wie „Grand Theft Auto“, „Max Payne“ und „Manhunt“ beteiligt war.

Parallel dazu spielte sich seine Karriere als Comic-Autor (und Zeichner) eher im Independent-Bereich ab. So entstanden für „AIT“ und „Oni“ mehrere Mini-Serien, darunter auch die erfolgreiche Reihe „Demo“. Im Jahr 2003 begann seine Zusammenarbeit mit DC/Vertigo, bei denen er sich vornehmlich als Autor betätigte. Nach dem von Mangas inspirierten „Fight for Tomorrow“ folgte 2005 „DMZ“, sein bisher kommerziell größter Erfolg.

 

Die Vorliebe von Brian Wood für harte und bodenständige Geschichten lässt sich auch bei „Northlanders“ nicht leugnen, drehen sich doch schließlich die Geschehnisse der gesamten Geschichte von Sven um Krieg, Gewalt, Verrat und Ehre.

Auch wenn Wood für sich in Anspruch nehmen kann, bei der Gestaltung von „Northlanders" ein Stück authentische Geschichte vorzulegen, so handelt es sich doch letztlich nicht um eine Lehrstunde über „Nordmänner“, die hier zelebriert wird, sondern um solide Unterhaltung mit geradezu klassischen Themen. Die dabei offensiv zur Schau gestellte Gewalt ist allerdings bei weitem nicht so extrem, wie sie einem der Text auf dem Einband vorgaukelt. Wood scheint sich sehr wohl des Spagats zwischen authentischer Darstellung seiner Charaktere in einer rauen und unbarmherzigen Welt und dem tieferen Hintergrund seiner Geschichte bewusst zu sein.

 

Qualität, Ausstattung & Übersetzung

Drucktechnisch – und damit letztlich in Sachen Qualität – gibt es bei „Northlanders“ nichts auszusetzen. Der Softcoverband ist solide geklebt und macht einen überaus haltbaren Eindruck, wie man ihn bei Panini gewohnt ist. Außer den gesammelten 8 Heften der in sich abgeschlossenen Geschichte um Sven gibt es in Sachen Ausstattung noch die zum Teil martialischen, aber wunderbar gestalteten Originalcover von Massimo Carnevale zu entdecken. Die gelungene Übersetzung erfolgte durch Bernd Kronsbein.

 

Der in unseren Breiten noch nicht sonderlich bekannte italienische Zeichner Davide Gianfelice wurde 1977 in Mailand geboren. Er studierte Kunst und machte einen Abschluss an der „Scuolo del fumetto“ (Comic-Schule) in Mailand. Seine erste große Arbeit war „Armadel“, die gemeinsam mit Luca Enoch und dem Studio Settemondi entstand. Anschließend fertigte er eine Episode für die populäre s/w-Serie „John Doe“ (Band 11, Eura Editoriale), die Lorenzo Bartoli und Roberto Recchioni, den Erfindern der Story, so gut gefiel, dass er in Zukunft weitere Storys für sie gestalten wird. 2007 zeichnete er auch eine Episode für die Serie „Dylan Dog“.

Gianfelice ist ein weiterer Künstler aus der Schmiede von Euro Editoriale, der den Weg über den Atlantik fand, so wie vor ihm Riccardo Burchielli (DMZ), Cristiano Cucina (Hellblazer) und Werther Dell'Edera (Loveless, Punisher War Journal).

 

Den Stil, mit dem Gianfelice die Nordmänner in Szene setzt, kann man nur als gelungen bezeichnen. Seine Figuren bestechen zunächst durch ihren Detailreichtum, der sich von eindrucksvollen Gesichtern bis hin zu den letzten Falten eines Umhanges fortsetzt. Dabei sind die Gesichter seiner Figuren kantig und gewinnen durch diese Gestaltung eine überaus große Charaktertiefe. Richtig aufzuleben scheint Gianfelice allerdings in den Kampfszenen, die er in beeindruckender Art und Weise in Szene setzt.

Die Landschaften und Orte, die er in Szene setzt, sei es nun die Küste Schottlands oder aber die glänzenden Palastkuppeln von Konstantinopel, mögen mit ihrer zum Teil sehr einfachen Kolorierung nicht so recht überzeugen.

 

Fazit:

Die Figur von Sven dürfte dem Leser bereits von der ersten Seite an mit ihrer Mischung aus Geldgier, Egoismus und Arroganz nicht sonderlich sympathisch sein und fast freut man sich ein wenig, als er vom tyrannischen Gorm (der ja nun auch nicht gerade ein Menschenfreund ist) in seine Schranken gewiesen wird. Doch hinter dieser sich entwickelten Geschichte von Sven, der auf Rache für seine Erniedrigung sinnt, und Gorm, der niemals freiwillig seine Herrschaft aufgeben würde, verbirgt sich noch weitaus mehr Potential, das Autor Brian Wood geschickt in seiner Story ausbreitet.

 

Autor Brian Wood schafft es in seiner korrekt historischen Darstellung, zwei vollkommen unterschiedliche Kulturkreise zu skizzieren. Auf der einen Seite die Nordmänner mit ihrer rauen und archaisch geprägten Welt, die im harten Gegensatz zur Welt von Sven steht, der im geradezu kosmopolitischen und weltoffenen Konstantinopel die unterschiedlichsten Kulturen und Religionen kennen gelernt hat.

 

Mich persönlich haben sowohl die Erzählung als auch ihre Umsetzung durch Davide Gianfelice trotz einiger Längen durchaus überzeugt und ich bin gespannt, wie Wood seinen Handlungsbogen für die „Northlander“-Reihe weiterführen möchte. Wer solide Unterhaltung mit einem gehörigen Schuss von Kämpfen vor historischer Kulisse mag, dürfte bei diesem Comic sehr gut aufgehoben sein.