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Incognito 1 - Stunde der Wahrheit
Bewertung:
(4.5)
Von: Gordon Gurray
Alias: Talamar
Am: 23.11.2009
Autor:Autor: Ed Brubaker, Zeichner: Sean Phillips
Übersetzer:Claudia Fliege
Typ:Comic / Graphic Novel
Setting:Moderne Welt / Pulp
VerlagPanini Comics
ISBN/ASIN:978-3-86607-852-9
Inhalt:164 Seiten, Softcover mit Faltklappen, US-Format, US-Originale Incognito #1-6
Preis:19,95 EUR
Sprache:Deutsch

Das Duo Ed Brubaker und Sean Phillips sind schon seit vielen Jahren ein Garant für abgefahrene Krimi-Comics mit Superhelden-Bezug- Gerade ihre preisgekrönten Serien „Sleeper“ und „Criminal“ haben eine große Fangemeinschaft in ihren Bann gezogen. „Incognito“ ist eine weitere Serie von diesem Team, die ein ähnliches Potential hat.

 

Inhalt:

Zack Andersen ist ein einfacher Bürogehilfe im Rathaus, der Akten hin und herschleppt und von seinen Kollegen kaum Beachtung findet. Doch das war nicht immer so, denn ursprünglich war Zack als Zack Overkill bekannt und einer der gefürchtetsten und brutalsten Superschurken. Zusammen mit seinem Bruder Xander hielt er die Stadt und das ganze Land in Atem. Doch dann wurde sein Bruder getötet und Zack sorgte dafür, dass sein Boss hinter Gittern kam. Nun befindet er sich im Zeugenschutzprogramm und seine Kräfte wurden medikamentös eingedämmt. Doch wie sicher ist dieses Programm? Ohne Zweifel will sein Boss Zack nämlich immer noch tot sehen. Und dann stellt sich Zack noch die Frage, wie lange er dieses öde normale Leben noch aushalten kann…

 

Schreibstil & Artwork:

Wahrscheinlich versteht es kein derzeitiger Comic-Autor besser, düstere und abgefahrene Krimi-Comics zu schreiben, wie Ed Brubaker. Der Mann ist hier einfach eine Ausnahme und so ziemlich alles was er anfasst, wird mit absoluter Sicherheit ein enorm spannendes und komplexes Werk. Das gilt auch für die „Incognito“-Reihe, wovon der der erste deutsche Band, die ersten sechs amerikanischen Hefte umfasst und so eine abgeschlossene Story erzählt. Spielte „Sleeper“ beispielsweise noch im Wildstorm-Universum von DC Comics, so gehen Brubaker und Phillips in „Incognito“ neue oder besser gesagt alte Wege. Denn für „Incognito“ besannen sich die beiden Künstler auf die so genannte Pulp-Comic-Ära, die in den 1930er Jahren sehr populär war und so bekannte Helden wie „The Spirit“ hervorbrachte. Zu dieser Zeit lagen Krimi und Superhelden-Comic noch ganz dicht beieinander und erste Ende der 30er Jahre kamen so Giganten wie Superman, Batman und Co auf. Ganz geschickt nimmt Brubaker die Pulp-Elemente auf und verfrachtet sie in unsere moderne Zeit. Dabei tut er ganz bewusst so, als ob es die großen Superhelden wie Superman, Batman, Spiderman und so weiter, nie gegeben hat, weswegen die Superschurken kaum echte Gegner haben.

Um dieses Setting baut der Autor eine komplexe und vielschichtige Story, um den ehemaligen Superschurken Zack Overkill und sein langweiliges Leben im Zeugenschutzprogramm. Alte Gewohnheiten kann man jedoch bekanntlich schwer ablegen und so sehnt sich Zack zu alten Zeiten zurück, doch das ist für ihn unmöglich, will er nicht ein Leben hinter Gittern verbringen. Natürlich bleibt sein Normalo-Leben aber so oder so nicht lange normal, denn ein paar kleinere Fehler und Zack steht in der Schusslinie seines ehemaligen Bosses.

Jetzt beginnt die Story erst richtig und verschiedene Handlungsstränge erzählen eine tiefgehende und extrem dichte Story, die einfach nur mitreißt.

Auch auf die Darstellung der Charaktere legt Brubaker sehr viel wert – immer schon. Auch das ist bei Incognito nicht anders und so wirken die verschiedenen Charaktere sehr echt und glaubwürdig. Jeder hat mit seinen Problemen und Ängsten zu kämpfen und hat ganz eigene Motivationen und Sichtweise. Das macht der Autor sehr deutlich und gut klar.

 

Aber Brubakers Geschichte wäre wie so oft nichts ohne seinen Partner Sean Phillips, der wieder einmal für die perfekt passenden Artworks zuständig ist. Phillips hat einen sehr eigenen und extravaganten Stil, der oftmals recht spartanisch wirkt, aber dies bei einem zweiten Blick gar nicht ist. Phillips beschränkt sich eben nur auf das Wesentliche und vergeudet sein Potential nicht mit überflüssigen Schnick Schnack, das von der Erzählung ablenkt. Dabei unterstreichen die Artworks das düstere Setting nicht nur hervorragend, auch die Gestik und Mimik der Charaktere überzeugt auf ganzer Linie. Die Kolorierung unterstreicht das Ganze nochmals mit düster deprimierenden Tönen, allerdings sind die Panels diesmal etwas farbenfroher als noch bei „Criminal“ beispielsweise. Die Panels an sich sind sehr ordentlich angeordnet. Überlappungen oder Ähnliches gibt es nicht.

 

Qualität, Ausstattung & Übersetzung

„Incognito“ kommt im Softcover mit Faltklappen und umfasst 164 Seiten. Die Produktionsqualität des Bandes ist wie immer großartig und gibt keine Angriffsflächen. Auch die Übersetzung ist gelungen und die Texte sind verständlich und flüssig zu lesen. Als Extras gibt es eine schicke Covergalerie mit ganzseitigen Prints.

 

Fazit:

Brubaker und Phillips schlagen erneut zu. Wie schon bei ihren vorigen Serien, können die beiden Ausnahmekünstler auch mit ihrer „Incognito“-Serie wieder absolut glänzen. Während der Autor eine vielschichtig und extrem komplexe Kriminalgeschichte erzählt, unterstützt der Zeichner hier diese Story mit nahezu perfekten Artworks, die einfach nur toll aussehen und die Stimmung des Settings hervorragend wiedergeben. Der Superhelden-Krimi-Plot weiß zu fesseln und zieht umgehend in den Bann.

Wer bereits andere Werke des Teams Brubaker/Phillips – wie beispielsweise „Sleeper“ – kennt, der weiß wovon ich hier rede. „Incognito“ ist da nicht anders und geht ähnliche Wege, wenn auch in einem ganz eigenen Setting. Wer die Brubaker/Phillips-Werke bisher mochte, muss hier eigentlich zu greifen. Aber auch jeder, der gerne Superhelden-Krimis mag, sollte hier einen Blick oder auch zwei riskieren. Oberklasse!