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Rex Mundi 3 - Die verlorenen Könige
Bewertung:
(3.8)
Von: Jörg Deutesfeld
Alias: Debaser
Am: 25.01.2010
Autor:Autor: Arvid Nelson; Zeichner: EricJ, Jim di Bartolo, Juan Ferreyra
Typ:Graphic Novel – History, Thriller
VerlagEhapa Comic Collection
ISBN/ASIN:978-3-7704-3172-4
Inhalt:176 Seiten, Hardcover (26 cm x 17,6 cm)
Preis:20,00 EUR
Sprache:Deutsch

Angesiedelt in einem alternativen Paris des Jahres 1933, in dem die Kirche massiv die Staatsangelegenheiten beeinflusst und die Inquisition hart durchgreift, entführt die Comic-Reihe „Rex Mundi“ den Leser in eine Welt, die der unseren zwar sehr ähnlich ist, aber doch ganz anders funktioniert.

 

Auch wenn es auf den ersten Blick keine großen Unterschiede zum technischen und zum Teil auch sozialen Entwicklungsstand zum realen Jahr 1933 gibt, so besitzt diese alternative Welt doch einige gravierende Unterschiede: Die Macht über das Volk liegt beim König, den Adelshäusern und der Kirche. Etwas Ähnliches wie die Französische Revolution hat zwar stattgefunden, aber sie endete gänzlich anders, und die Häscher der Inquisition werden im Kampf gegen das Verbrechen eingesetzt, wobei ihnen hierfür alle nur erdenklichen Mittel recht sind. Es gab noch keinen Weltkrieg, auch wenn die Konstellation der Großmächte sich in Europa ähnlich zum echten Jahr 1933 verhält. Magie und Zauberei sind allgemein bekannt und werden auch praktiziert, selbst wenn die Kirche (und damit natürlich auch die Inquisition) dies mit Argwohn beobachtet.

 

Protagonisten des Verschwörungsthrillers von Autor Arvid Nelson sind der junge und recht selbstlose Arzt Dr. Julien Saunière, der in einem ärmlichen Stadtteil von Paris eine Praxis für Allgemeinmedizin betreibt und unversehens in einen Strudel von mysteriösen Geschehnissen gerät, sowie die Ärztin Dr. Genevieve Tournon, eine Freundin von Dr. Julien Saunière, deren Wege sich im Laufe der Geschichte wieder kreuzen und die sich anschickt, ihren Platz in der „besseren“ Gesellschaft zu finden.

 

Inhalt

In einem geschickt inszenierten Intrigenspiel schafft es Herzog Lorraine praktisch den König zu entmachten um Frankreich in die Kriegsvorbereitungen gegen die Arabischen Emirate zu treiben, damit diese ein für alle mal aus Europa vertrieben werden. Er schafft es sogar die Herzogtümer von Navarra, Aragon und Kastilien zurück unter französische Herrschaft zu bringen und schreckt dabei selbst vor Mord nicht zurück. Der Herzog hat dies gemeinsam mit seinen Getreuen von langer Hand inszeniert, sei es der Nichtangriffspakt mit England (den er höchstpersönlich mit Churchill aushandelt) oder aber auch die beiden Kammern (Die Robe und Das Schwert) hinter sich zu scharen.

 

Währenddessen ist Dr. Julien Saunière weiterhin auf der Suche nach der Wahrheit, die hinter all den seltsamen Geschehnissen stecken und muss dabei eine atemberaubende Entdeckung machen. Seine Nachforschungen führen ihn erneut in die uralten Katakomben unter der Pariser Metropole um dort weitere Informationen zu erhalten. Doch die neuen Erkenntnisse lassen einige historische Geschehnisse in einem gänzlich neuen Licht erscheinen: Die Ursprünge der mysteriösen Geheimgesellschaft, auf deren Spur er sich befindet, scheinen weit zurück in die Vergangenheit zu reichen – viel weiter als nur bis zur Zeit der Kreuzzüge!

Scheinbar starb Jesus nicht am Kreuz, sondern wurde gerettet. Und nicht nur dies – Jesus entkam den Römern mit seiner schwangeren Frau Maria Magdalena. Dieses Kind sollte die Quelle für eine Linie werden, die nahtlos bis zu dem Adelsgeschlecht der Merowinger hinführt. Die Merowinger waren die ersten Könige Frankreichs, bis sie von der Kirche entmachtet wurden – und allem Anschein nach lässt sich die Herkunft des Herzog von Lorraine auf diese Könige zurückführen.

 

Der Vorabend des Krieges von „Großfrankreich“ unter der Führung von Herzog Lorraine zeichnet sich ab, doch noch ist es nicht zu spät für Saunière.

 

Schreibstil & Artwork:

Der Autor und Zeichner Arvid Nelson schrieb bereits während seiner Zeit am Dartmouth College Comics, wo er auch zur Glaubensrichtung des Bahaismus konvertierte. Nach seinem Abschluss im Jahr 1999 wurde er zunächst Produktionsassistent bei Woody Allen. Während der Arbeiten an der Dokumentation für „The Paris Review“ besuchte er erstmals Paris und begann zahlreiche Eindrücke dieser Stadt zu sammeln, die später nachhaltigen Einfluss auf „Rex Mundi“ haben sollten. Nelson arbeitete unter anderem auch für Marvel und DC, wo er sich verantwortlich für die Konzeption einiger Geschichten zeigte.

 

Der 37-jährige Eric Johnson (EricJ) lebt in San Diego, im sonnigen Kalifornien. Er zeigt sich als Zeichner bis zur Ausgabe 13 von „Rex Mundi“ verantwortlich, nach der er dann aufgehört hat. Ein Problem dürfte sicherlich das Einhalten der Deadlines des Verlages gewesen sein, bei der er sich nicht immer als unbedingt zuverlässig erwiesen hat.

Seine Arbeit für „Rex Mundi“ übernahm danach Jim di Bartolo bzw. ab der Ausgabe 16 Juan Ferreyra. Nach der Ausgabe 18 wechselte die Serie zudem von „Image“ zu „Dark Horse“, wobei Juan Ferreyra hier die Serie weiterhin verantwortlich gezeichnet hat.

 

Die konzeptionelle Ausgestaltung von Eric Johnson hat mich zwar von Anfang an begeistert, insbesondere wenn ich an den manchmal grandios und hervorragend arrangierten Seitenaufbau denke, doch blieben die Figuren selbst immer etwas schwach und wirkten in ihrer Mimik geradezu hölzern. Nachdem sich Arvid Nelson und EricJ nach der Veröffentlichung der Ausgabe 13 von „Rex Mundi“ wegen „kreativer Differenzen“ trennten, übernahm schließlich Jim di Bartolo für die Ausgaben 14 und 15 die Zeichnungen und drückte ihnen seinen ganz eigenen Stempel auf: Die Bilder wurden weicher und im Seitenaufbau ging es weniger spektakulär zu. Trotzdem wirkten die Figuren auf einmal plastischer und greifbarer, selbst wenn diese Ausgestaltung der Grundstimmung von „Rex Mundi“ meines Erachtens nach abträglich war. Trotz der durchaus handwerklich guten Arbeit war die Wahl von di Bartolo nur schwer begreiflich.

Warum es mit Ausgabe 16 einen erneuten Wechsel des Zeichners gab, hat sich mir ebenfalls nicht erschlossen, doch scheint es so, als habe Autor Arvid Nelson nunmehr mit Juan Ferreyra endlich seine persönliche „Ideal-Besetzung“ für die Zeichnungen gefunden. Ferreyra selbst arbeitete bereits an Veröffentlichungen wie beispielsweise „Lazarus“, „Small Gods“ und „Emissary“ bei Image Comics mit und war Kolorist bei „Conan and the midnight God“ (Dark Horse). Gut möglich, das Nelson in ihm endlich die richtige Mischung für die Darstellung seiner Geschichte gefunden hat, obwohl seine Zeichnungen nunmehr fast zu glatt anmuten.

 

Insgesamt dürfte der graphische Teil bei „Rex Mundi“ seit Beginn der Reihe immer wieder der schwächere Teil bei der insgesamt spannenden und vielschichtigen Erzählung von Arvid Nelson sein. Dennoch entschädigt die grandiose Erzählung, die zur Zeit ihresgleichen suchen dürfte, für diese Schwächen.

 

Qualität, Ausstattung & Übersetzung

Wiederum bietet die Ehapa-Comic-Collection einen qualitativ hochwertigen Hardcoverband mit 176 Seiten in Farbe und einigen zusätzlichen Zeichnungen bekannter Größen. In diesem Band findet man die Ausgaben 12 bis 17 in einer soliden Fadenheftung und einem ansprechend gestalteten Einband. Die Übersetzung stammt auch hier wieder von Joachim Stahl.

 

An dieser Stelle sollten auch die sorgfältig produzierten fiktiven Zeitungsseiten der „Le Journal de la Liberté“ nicht unerwähnt bleiben, die als „aktuelle Tageszeitung“ zwischen den Kapiteln abgedruckt dem Leser mit zahlreichen, jeweils auf das vorangegangene Kapitel, stimmige und authentische Informationen über aktuelle Ereignisse, die politische Lage und die staatliche Ideologie etwas mehr über die Welt von „Rex Mundi“ erzählt.

 

Fazit

Arvid Nelson ist mit der Konzeption von „Rex Mundi“ ein kleines Kunststück gelungen: Er hat eine absolut glaubwürdige alternative Realität erschaffen, die detailliert in ihren Einzelheiten beschrieben ist und keinerlei Lücke für vermeintlich „logische“ Fehler bietet.

War der zweite Band der Reihe etwas schwächer und beschaulicher, so bekommt die Geschichte mit ihren neuen Enthüllungen und Intrigen deutlich Schwung und zeigt, wie viel Potential sich noch in „Rex Mundi“ verbirgt. Zwar mag – wie bereits erwähnt – die optische Gestaltung nicht unbedingt eine zeichnerische Sternstunde sein, aber Arvid Nelson schafft es mit seinem Verschwörungsthriller und den damit verbundenen Intrigen und Ränkespielen den Leser in seinen Bann zu ziehen.

 

Schön in Szene gesetzt sind auch die einzelnen Handlungsstränge der Geschichte, da sowohl die Nachforschungen von Doktor Julien Saunière gleichberechtigt ihren Platz neben dem scheinbar unaufhaltsamen Aufstieg des Herzogs von Lorraine finden, als auch der Charakter der Ärztin Genevieve Tournon, die scheinbar als „Mittler“ beide Handlungsebenen miteinander verknüpft.

 

Ich kann es eigentlich nicht oft genug sagen: Wer Freude an Verschwörungsthrillern im Stile von Dan Brown hat, der dürfte hier hervorragend aufgehoben sein. Für mich persönlich eine absolute Kaufempfehlung, zumal man spätestens nach der letzten Seite dieses Bandes unbedingt wissen möchte, wie es weitergeht!