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Divine Power
Bewertung:
(4.1)
Von: Florian Klima
Alias: Coldwyn
Am: 17.02.2010
Autor:Rob Heinsoo, Richard Baker, Logan Bonner, Robert J. Schwalb
Übersetzer:n.z.
Typ:Klassenerweiterungsband
System:D&D 4E
Setting:Generisch
VerlagWizards of the Coast
ISBN/ASIN:0786949821
Inhalt:Hardcover, 160 Seiten
Sprache:Englisch

Nach Martial Power und Arcane Power legen WotC nun das erste „Power“-Buch für Charaktere vor, die ihre Mächte aus göttlicher Quelle schöpfen: Divine Power. Avenger, Kleriker, Invoker und Paladine werden hier neue Optionen und Anregungen finden.

 

Inhalt:

Mit Divine Power geht WotC neue Wege, wobei dies auf den ersten Blick nicht sofort auffällt. Der inhaltliche Aufbau entspricht den beiden (oben genannten) Vorgängerbüchern: Jeder Klasse ist zunächst ein eigenes Kapitel gewidmet, gefolgt von einem „Optionen“-Kapitel, das sich an alle Klassen im Buch richtet und für diese etwa neue Talente und epische Bestimmungen anbietet.

 

Ebenso wie bei den beiden Vorgängerbüchern wirkt das erste Durchblättern wie eine reine Einkaufsliste aus spielmechanischen Komponenten und wirklich vielen Powers.

Der Teufel steckt wie immer im Detail und gerade der altbekannte Aufbau eines „Power“-Buches lädt weder zum sofortigen Durchlesen noch zur tiefgreifenden Lektüre ein.

Was schade ist, denn dadurch verpasst man den wirklich angenehmen Teil des Buches. Um besser darauf eingehen zu können, habe ich mich entschieden, den Band nicht nach Kapiteln, sondern nach gestaffeltem Inhalt zu rezensieren.

 

Neue Builds

Avenger: Mit dem neuen Build „Commanding Avenger“ (Haupt-/Sekundärattribut: WIS/INT) geht Divine Power sofort in die Vollen. Die Grundlagen dieses Builds bestehen daraus, Gegner zu der Gruppe zu holen und diese dann geeint zu vernichten. Je mehr Gruppenmitglieder dabei in den Nahkampf gehen, umso höher sind die entstehenden Boni.

Somit haben WotC zum ersten Mal in der 4E eine Klasse durch einen neuen Build komplett umfunktioniert. Wo der Avenger bisher der klassische Einzelgänger-Striker war, so hat er nun eine unglaublich starke Gruppen- und Leaderrolle inne.

 

Kleriker: Der neue Cleric Build, „Shielding Cleric“ (WIS/CHA), stellt eine Alternative zum “Devoted Cleric” aus dem PHB dar. Bei gleicher Ausrichtung der Hauptattribute (primär, sekundär und tertiär) liegt der tatsächliche Unterschied des neuen Klerikers im Tausch von „Untote vertreiben“ gegen eine Massenheilkraft („Healer´s Mercy“).

 

Invoker: Mit dem „Malediction Invoker“ (WIS/CON) beschreiten WotC wieder neue Pfade. Das Gros der Powers, die diesem Build zugedacht sind, hat persönliche Kosten für den Benutzer, die gar nicht so unerheblich sind, was dieser Klasse sowohl einen düsteren Anstrich als auch mehr spielerischen Tiefgang verleiht. Bei den Kosten gehen WotC nach dem biblischen „Auge um Auge“-Motto vor. Hierbei erhält auch der Malediction Invoker statusverändernde Effekte, welche der jeweiligen Power entsprechen. „Silent Malediction“ ist ein schönes Beispiel – Close Blast 3 mit Stun-Effekt, dafür wird man selbst Dazed.

 

Paladin:Durch „Ardent Vow“, das neue Paladin-Feature des „Ardent Paladin“ (STR/WIS), wird der Paladin sowohl zum vollwertigen Defender als auch zu einem mehr als passablen Striker. Gerade weil bei Paladinen die drei Attribute STR, CHA und WIS gleichberechtigt zum Tragen gekommen sind, stellt ein STR/WIS Build eine weitaus effektivere Verteilung dar als die beiden Grundvarianten. Siehe hier z.B. die At-Will Holy Strike aus dem PHB.

Gleiches gilt für den „Virtuous Paladin“ (CHA/WIS), wobei dessen rein kuratives „Virtue´s Touch“ eher subpar erscheint.

 

Zwischenfazit dieser Rubrik: Leider erweist sich der „Shielding Cleric“ als Mauerblümchen unter den neuen Builds. Die drei anderen Grundklassen gewinnen durch ihre jeweiligen Builds an Vielfalt und Optionen, ohne dabei stärker oder schwächer zu sein als die bisher bestehenden Grundvarianten.

 

Neue Powers

Wie bei einem Buch mit dem Namen „Power“ im Titel nicht anders zu erwarten war, belegen neue Powers für alle Klassen einen Großteil der Seiten.

 

Avenger: Für den „Commanding Avenger“ findet man hier 7 Build-spezifische Powers, was mir persönlich als etwas wenig erscheint. Mit Crimson Stride findet sich hier eine Power, die für zwei Builds Sekundäreffekte bietet, was aus meiner Sicht ein Novum ist. Mehr davon bitte!

 

Kleriker: Da Cleric-Powers nicht Build-spezifisch sind, ist hier nicht viel erwähnenswert.

 

Invoker: Für den „Malediction Invoker“ findet man hier 11 Build-spezifische Powers, recht gut über die Stufen verteilt. Als Merkwürdigkeit sollte erwähnt werden, dass auch einige nicht-spezifische Powers mit persönlichen Kosten verbunden sind und somit diesen Build thematisch weiter ausbauen.

 

Paladin: Wie bei Klerikern sind auch Paladin-Powers nicht Build-spezifisch. Sehr gewichtig wiederum ist „Divine Sanction“, eine Erweiterung der bisher eher schwachen „Divine Challenge“: Das Mark des Paladins wird nun um einen Fixschaden erhöht, der jedes Mal in Kraft tritt, wenn der Paladin nicht Ziel der Attacken des „gemarkten“ Gegners ist. Viele der neuen Kräfte arbeiten mit „Divine Sanction“, was die Defender-Qualitäten des Paladins nun deutlich erhöht.

 

Zwischenfazit dieser Rubrik: Auch hier ist der Kleriker das ungeliebte Stiefkind im Quartett. Ansonsten werden nahezu alle Builds und mögliche Spielweisen mit neuen Powers versorgt, die oft sehr stimmig sind. Es bleibt nur hinzuzufügen, dass natürlich wieder etliche klassische Zaubernamen auftauchen, wie „Shadow Evocation“, und dass ich hoffe, in Zukunft mehr Multi-Build-Powers wie „Crimson Stride“ zu sehen.

 

Neue Paragon- und Epic-Level

Bei diesem Material ist das Divine Power leider etwas einfallslos.

Die neuen Build-Optionen finden leider kaum weitere Unterstützung bei den Legendären Pfaden (engl. „Paragon Paths“). Der „Dread Imperator“ des Avengers, „Holy Conqueror“ und „Scion of Sacrifice“ für den Paladin sind die einzigen 3 Paragon Paths, die auf den neuen Builds aufbauen.

Bei den Namen bzw. thematischen Wiederumsetzungen aus 3.x Material findet man einige alte Bekannte wieder: Anointed Champion, Champion of Corellon, Favoured Soul, Grey Guard, Knight of the Chalice und Slayer of the Dead.

Auch sehr gering, im Gegensatz zu vorherigen „Power“-Büchern, fallen die volksspezifischen Paragon Paths aus: Zwerge werden mit „Hammer of Moradin“ und „Stone Keeper“ bedacht, Elfen mit „Seldarine Dedicate“.

 

Bei den „Epic Destinies“ tut sich schon mehr. So gibt es sieben verschiedene Avatare und die epischen Bestimmungen „Chosen“, „Exalted Angel“ und „Saint“, die thematisch sehr schön gelungen und mechanisch gut umgesetzt sind. Die Verknüpfung der Avatare mit bestimmten „Channel Divinity“-Feats, die Anpassung des Chosen nach spezifischem Gott - das alles lässt die neuen „Epic Destinies“ glänzen.

 

Zwischenfazit dieser Rubrik: Die Paragon Paths sind zwar alle grundsolide, aber hier fehlt die Einbindung von neuem Material, wohingegen die Epic Destinies genau dies bravurös vormachen.

 

Neue Feats, Backgrounds und Rituals

Was wäre ein „Power“-Buch ohne neue Feats? Hier macht Divine Power keine Ausnahme, lässt sich aber nicht lumpen. Wie bisher üblich gibt es neue allgemeine, klassenspezifische, Build-spezifische und „Multiclassing“-Feats, ebenso wie eine Anzahl an neuen Hintergründen (engl. „Backgrounds“), die im PHB2 eingeführt wurden.

 

Divine Power sticht aber durch das Revival von Domänen heraus und die Domänen-Feats sind die bisher größte Innovation des Buches.

Jedem Domänen-Feat ist pro Klasse eine At-Will Power zugeordnet, plus einem Sekundäreffekt. Die At-Will Power wird um genau diesen Effekt verändert oder verstärkt, was sowohl die taktischen Optionen des Charakters als auch den Bezug zu Klasse, Domäne und Gott weitaus mehr verdeutlicht.

 

Zwischenfazit dieser Rubrik: Hervorragend. Hier nähern sich Thematik und Mechanik der Klassen wieder sehr nah an. Göttliche Klassen bekommen gerade durch die Domänen-Feats wieder mehr „Charakter“. Mit gerade mal acht Ritualen ist dieser Teil des Buches aber etwas zu kurz geraten.

 

Die Sidebars und „Your Deity and You“

Gerade abseits des reinen Regelmaterials glänzt Divine Power nahezu. In früheren Editionen wurden oft Gott und Kirche beschrieben, und der Spieler musste sich selbst ausmalen, wie sein Charakter dort nun hinein passt. Hier nun geht Divine Power umgekehrte Wege: Die Frage, wie Klasse und gewählter Gott zusammenpassen, wird auf den Punkt gebracht und stimmig beantwortet. Dazu bieten die verstreuten Sidebars weitergehende Gedanken zu den jeweiligen Klassen.

Nach der Lektüre von Divine Power hat das Göttliche im „Points of Light“-Setting für mich endlich ein Gesicht bekommen.

 

Abschließendes Fazit

Von der Frage abgesehen, wie nützlich mehr Powers, Paragon Paths und sonstiges Material für eine individuelle Spielrunde sind, haben WotC mit Divine Power ein grundsolides Buch abgeliefert.

Die Bereicherung durch die neuen Builds und Domänen-Feats ist enorm, und der stille und heimliche Ausbau des „Points of Light“-Settings interessant.

Gerade Paladine sollten sich dieses Buch zulegen; leider gehen Kleriker so gut wie leer aus.