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Thorinth 3 - Der vertikale Kaiser
Bewertung:
(4.0)
Von: Jörg Deutesfeld
Alias: Debaser
Am: 03.05.2010
Autor:Autor und Zeichner: Nicolas Fructus
Übersetzer:Tanja Krämling
Typ:Graphic Novel – Dark Future
Setting:Sc-Fi
VerlagSplitter Verlag
ISBN/ASIN:978-3-86869-033-0
Inhalt:56 Seiten, Hardcover
Preis:13,80 EUR
Sprache:Deutsch

Inhalt

Vei-Din, der durch den übermäßigen Konsum von Sogrom geschwächt ist, macht sich mit Elide, dem Sanodath Lank-Milo und in Begleitung der Schnuffel weiter durch die riesigen Landschaften und Labyrinthe des Narrenturms. Doch seine Schwäche hindert die Gruppe immer wieder an einem schnellen vorankommen. Gegen eine hohe „Beteiligung“ an den verbliebenen Sogrom-Vorräten bieten die Schnuffel an, den Gefährten bei der Suche nach Madalis auf einfacherer Art und Weise helfen zu können. Und wirklich schaffen sie es durch ein Ritual den Narrenwächter dazu zu bringen, Madalis zu sich zu befördern.

 

Fast scheint es, als hätte die Geschichte hiermit ein glückliches Finale gefunden, da Vei-Din am Ende seiner Suche ist, doch die nunmehr gefundene Madalis hat ganz andere Pläne und zeigt sich sehr zurückhaltend. Zwischenzeitlich hat sie Lehmklumpen unter das Volk gebracht, die Heilung und Glück versprechen. Dabei sorgt dieser Lehm dafür die Ursachen der bislang nicht therapierbaren Geisteskrankheiten der Bewohner des Narrenturms ans Tageslicht zu bringen und dem jeweiligen Besitzer zu heilen. Sie selbst agiert dabei mehr oder weniger als geistige Anführerin der Sanodath, welche diese Klumpen kostenlos unter das Volk bringen. Ihr erstes Ziel in diesem seltsamen spirituellen Kampf um das Wohlwollen der Kranken im Narrenturm ist das Königreich des Vertikalen Kaisers.

 

Während sich der Zustand von Vei-Din verschlechtert und er in eine Art Koma fällt, wechselt die Erzählung zum intriganten Hofnarren des Vertikalen Kaisers, der mittels zahlreicher Menschen, die er dem Volk hinter einer Maske versteckt als Kaiser präsentiert und ihm eigentlich nur als Marionetten dienen, die eigentliche Macht in seinen Händen hält. Der Hofnarr sieht die Entwicklung um die Geschehnisse mit den Lehmklumpen mit Entsetzen und bereitete seine Truppen vor, diesem seltsamen Treiben ein Ende zu bereiten. Doch nicht nur die Macht des Vertikalen Kaisers ist in Gefahr – auch der Horizontale Kaiser sieht sein Königreich durch die Bestrebungen von Madalis in seinen Grundfesten erschüttert. Die Zeichen stehen auf Sturm und es scheint nur eine Frage der Zeit zu sein, bis es zur unausweichlichen Konfrontation zwischen den Truppen des Vertikalen Kaisers und den Sanodath kommt.

 

Madalis plant, die vermeintlich bestehende Ordnung des Narrenturms zu beseitigen und dessen Einwohner in ein neues und glückliches Leben zu führen. Wenn erst der Narrenturm gefallen ist, wird sie nichts aufhalten, um auch die Welt draußen zum Glück zu führen – ein Experiment, welches ihr einstmals die Verbannung in den Narrenturm einbrachte. Und so bleibt es unklar, ob Madalis vom Größenwahn gepackt worden ist, wo ihr doch der mächtige Narrenwächter selbst zu Diensten ist und auf Wunsch von Madalis sogar aktiv in das Geschehen eingreift.

 

Schließlich kommt es zum großen Kampf zwischen den Anhängern von Madalis und den Truppen des Kaisers, welche die unterschiedlichen Handlungsebenen werden verbindet: So erscheinen die Akteure Lank-Milo und Elide wieder, welche sich in Vei-Din verliebt hat und spielen ebenso eine gewichtige Rolle wie die Schnuffels. Und für den Leser bleibt offenbart sich ein Stück weit, warum Vei-Din weiterhin mit Amodef geistig verbunden ist und das Madalis scheinbar Esiath zusammenarbeitet.

 

Schreibstil & Artwork:

Nicolas Fructus studierte an der renommierten Kunsthochschule Emile Cohl in Lyon und entwickelte nebenbei auch ein kreatives Talent im Design von Videospielen oder im Bereich der Filmanimation. Er ist seit 1997 der künstlerische Direktor der Firma Arxel Tribe, die neben der Entwicklung von Adventuregames zurzeit ein weiteres Standbein im Rollenspielbereich aufbaut.

 

Nicolas Fructus selbst dürfte einer der talentiertesten „Infographisten“ unserer Zeit sein: Er hat zahllose Illustrationen für Presse- und andere Printmedien entworfen, mit namhaften Künstlern wie z.B. Moebius bei der Umsetzung des PC-Games „Pilgrim“ oder mit Druillet bei „Ring“ zusammen gearbeitet. Das Colouring des Comics „Bouncer“ übernahm er an der Seite von François Boucq, ebenso oblag ihm unter anderem die Mitarbeit beim Bühnenbild und dem Figurendesign des Films „Arthur und die Minimoys“.

 

Neben seinen zahlreichen beruflichen Verpflichtungen ist es Fructus nunmehr gelungen sowohl als Autor als auch als Zeichner mit seiner alleinigen Schöpfung „Thorinth“ endlich auch in Deutschland in Erscheinung zu treten. Er selbst hat sich mit diesem ambitionierten Erstlingswerk, dessen erster Band bereits 2002 in Frankreich erschienen ist, viel vorgenommen, wobei die erste Herausforderung in Frankreich bereits gelungen ist, da der hoch geschätzte Verlag „Les Humanoides Associes“ die Reihe verlegt hat. Die auf insgesamt fünf Bände ausgelegte Reihe liegt im Mutterland der frankobelgischen Comics bereits komplett vor und soll bei uns in der gewohnt schnellen Art des Splitter Verlags in einer entsprechend hochwertigen Ausführung veröffentlicht werden.

 

Bewegte sich die künstlerische Qualität im zweiten Band noch auch sehr hohem Niveau, lässt Fructus in diesem dritten Band ein wenig nach. Fast scheint, als habe er ein wenig die Lust an der Darstellung von einigen Charakteren, wie beispielsweise Elide verloren, um sich neuen und anderen Charakteren zuzuwenden, wobei an dieser Stelle besonders der absolut gelungen dargestellte intrigante Hofnarr hervorgehoben werden sollte. Insgesamt dominiert auch weiterhin eine saubere formale Gliederung die Geschichte, wobei ich diesmal einige Probleme mit der Anordnung der Texte in den Sprechblasen hatte, deren Abfolge sich zum Teil nicht intuitiv ergab. Ansonsten begeistert mich Fructus immer wieder mit neuen inhaltlichen Ideen, während die Anordnung seiner Panels fast schon als bieder zu bezeichnen ist und er sich nur wenige Experimente mit panelübergreifenden Bildern erlaubt.

 

Waren es bereits in den beiden ersten Bände eine schier überbordender Detailfreude von Fructus, der immer wieder dem Leser neue Überraschungen präsentierte, so scheint dieser Ideenreichtum schier unerschöpflich und es gibt immer noch mehr zu entdecken. Die Panels sind aufwendig gestaltet und die wunderbar gelungene Kolorierung unterstreicht die seltsam psychedelischen Landschaften und Bauten.

 

Inhaltlich ist das Vorhaben von Fructus sehr gewagt, da er die Such von Vei-Din mit der Handlung von Madalis und dem Hofnarren austauscht und somit den eigentlichen Protagonisten praktisch für längere Zeit erst einmal verschwinden lässt. Dennoch erhält die Geschichte um den „Narrenturm“ hierdurch eine neue und gute Perspektive, da man bei den bislang geschilderten Hintergründen sicherlich auch nicht mit einem einfachen „Happy-End“ gerechnet hätte. Zudem werden einige Fragen der vorhergehenden Bände gelöst - auch wenn es hierfür eine Fülle von neuen Fragen gibt.

 

Qualität, Ausstattung & Übersetzung

In Sachen Qualität gibt es beim Splitter Verlag selten etwas negatives zu sagen. Falls doch, so bewegt sich diese Kritik allerdings auf sehr hohem Niveau. In Sachen Verarbeitung gibt es an dem Hardcoverband nichts zu bemängeln und auch die Übersetzung von Tanja Krämling ist stimmig.

Und es ist sicherlich jammern auf hohem Niveau, wenn ich an dieser Stelle vielleicht wieder einmal fehlendes Bonusmaterial anprangere, wie beispielsweise Skizzen aus dem Storyboard oder einige erklärende Worte von Fructus selbst über die Hintergründe oder die Entstehung seiner Geschichte - aber vielleicht geschieht ja noch etwas in diesem Bereich.

 

Fazit

Die Reihe „Thorinth“ entwickelt sich stetig weiter und ihr Zeichner und Autor Niccolas Fructus wird nicht müde seine Leser immer wieder mit neuen Bildern und Akteuren zu überraschen. Die Geschichte selbst ist selbst für die Darstellungsmöglichkeiten eines Comic zugegebenermaßen recht sperrig und so manches mal musste ich auch einige Seiten zurückblättern, um die Handlung in ihrer Tragweite verstehen zu können – doch gerade dies macht meines Erachtens nach den Reiz dieser Serie aus: Phantastische Illustrationen in Kombination mit einer noch viel ungewöhnlicheren Geschichte, bei der man selbst nach dem dritten Band nicht genau sagen kann, wie oder wo sie enden wird.

Auch wenn es - wie bereits erwähnt - im künstlerischen Bereich hier und da einige Abstriche in der Ausführung gibt, so beweist doch Fructus insgesamt ein hohes Maß an Kontinuität in Sachen Zeichnung und treibt seine Erzählung spannend voran. Ich bin auf jeden Fall gespannt, wie sich die Geschichte bis zum letzten Band noch entwickeln wird - für Freunde anspruchsvoller Phantastik dürfte diese Serie auf jeden Fall ein MUSS sein.