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Krisenzonen
Bewertung:
(3.7)
Von: Dirk Schlösser
Alias: Drumlin
Am: 22.08.2010
Autor:Robert Derie, Tobias Wolter, Jennifer Harding, Lars Blumenstein, Mark Edwards
Übersetzer:Manuel Krainer
Typ:Kampagnenweltbeschreibung
System:Shadowrun 4.01D
Setting:Die Sechste Welt
VerlagPegasus Press
ISBN/ASIN:978-3-941976-08-5
Inhalt:128 Seiten, Hardcover
Preis:24,95 EUR
Sprache:Deutsch

Krisenzonen bietet einen Überblick über die Krisenzonen der sechsten Welt. Was genau ist eigentlich eine Krisenzone? Wie sieht eine solche aus? Warum sind diese Orte Krisenzonen? Und was nützen sie mir als Shadowrunner? Diese Fragen will dieses Buch klären.

 

Erster Eindruck

Mein erster Gedanke, als ich dieses Buch in die Hände nahm, war: „Etwas dünn“. Und, in der Tat, besitzt dieses Buch nur knapp mehr als die Hälfte der Seiten, die andere Shadowrun-Erweiterungsbücher aus dem Hause Pegasus vorweisen. Entsprechend neugierig schaute ich auf den Preis und war geschockt. Ganze 24,95€ waren da über dem Strichcode gedruckt worden. Das sind gerade einmal 5€ weniger als üblich für, wie gesagt, die Hälfte der üblichen Seitenzahl.

Ansonsten entspricht Krisenzonen jedoch dem üblichen Pegasusstandard. Gute Illustrationen, leider in schwarz-weiß, eine gute Verarbeitung guter Materialien, zweispaltiges Layout, ein gelbes Leseband und kein Index, als Ersatz nur die Aufzählung der Seitenkästen im Buch. Allerdings werden die Illustrationen, so mein Eindruck, von Buch zu Buch besser. In Farbe würden sie trotzdem noch besser wirken.

 

Inhalt

Krisenzonen ist in vier Kapitel unterteilt. Dabei nehmen die ersten Beiden fast das komplette Buch ein.

 

Das erste Kapitel behandelt die wohl bekannteste Krisenzone der Sechsten Welt: Chicago.

Dazu gehört eine Geschichtslektion, damit der Leser versteht, wie es überhaupt so weit kommen konnte, dass Chicago zur Krisenzone wurde. Die Invasion der Insektengeister und die Explosion einer taktischen Nuklearwaffe hatten zum Beispiel keinen unerheblichen Einfluss darauf. Damit man hier überleben kann, ist es unerlässlich, dass auch ein paar Überlebensregeln für Runner beschrieben werden.

In einer Krisenzone läuft nichts mehr wie in anderen Städten der Welt, deshalb hat sich ein eigenes Wirtschaftssystem unter den Überlebenden eingebürgert, das größtenteils auf Tauschhandel basiert. Auch dieses wird natürlich in diesem Kapitel ausführlich beschrieben. Vor allem, was man für was im Gegenzug bekommt und vor allem, wo man es bekommt. Insbesondere der Tauschhandel mit Dienstleistungsstunden gefiel mir.

Ebenso werden die neuen Machthaber vorgestellt, die das Vakuum ausgefüllt haben, dass sich bildete, nachdem der Rest der Welt die Stadt aufgegeben hatte. Da gibt es Straßengangs, Ghulbanden und ein ganzer Staat des Humanis Poliklubs. Allerdings fiel mir hier sehr negativ auf, dass die Grenzen, in denen eine der stärksten Gangs agieren soll, überhaupt nicht auf der Karte zu finden sind.

Damit man weiß, wo die Runner überhaupt gerade sind, werden die einzelnen Stadtteile ebenfalls noch genau vorgestellt. Mit allem, was darin kreucht und fleucht.

Es folgen die Beschreibung des Klimas, der Flora, Fauna sowie der Paraflora und -fauna. Diese Beschreibungen enthalten aber nichts Besonderes oder Herausragendes. Anschließend kommen die interessanten Teile über die Infizierten, die Matrix und selbstverständlich die Insektengeister.

Für die Spielleiter und Spieler gleichermaßen von Interesse sind die Treffpunkte und Arbeitsgelegenheiten, die sich in Chicago ergeben können.

Leser werden sich über die Aufhänger für Runs freuen, die in Form möglicher Aufenthaltsorte von schlafenden Bugs und sogar ganzen Schwärmen geliefert werden.

 

Das nächste Kapitel widmet sich voll und ganz dem afrikanischen Lagos. Ähnlich, wie im Chicagokapitel wird auch hier erst einmal geklärt, wie und warum Lagos überhaupt zur Krisenzone wurde. Ebenso werden auch hier Verhaltensregeln, an die das eigene Überleben geknüpft ist, dargelegt.

Afrika ist vielfältig und so kommt man um eine Beschreibung der hier lebenden Stämme mit den zugehörigen Religionen und Sprachen nicht umhin. Mit der Infrastruktur und der Beschaffung von Lebensmitteln verhält es sich ähnlich.

Bevor die spezielle informelle Wirtschaft erklärt wird, was im Prinzip nichts anderes heißt, als „wem muss ich Geld geben?“, gehen die Autoren noch auf Innen- und Außenpolitik ein, sowie auf die Machthaber, die diese praktizieren. Danach kommen noch einmal kurz die lagosianischen Machtgruppen dran, bevor ein paar Beispiele für die Orte, die für Shadowrunner interessant sind, wie Clubs, Unterkünfte und Läden, geboten werden.

Eine Beschreibung der Stadtgeographie darf selbstverständlich nicht fehlen. Sehr schön in diesem Kapitel sind die Seitenkästen mit Job-Angeboten. Sie bieten perfekte Aufhänger für Runs. Leider gibt es auch einen Negativpunkt:Will man die beschriebene Parafauna mit einbauen, muss man sich die Werte anhand der Beschreibungen selbst bauen oder aber das BuchWildwechsel zu Rate ziehen. Außerdem fiel mir in diesem Kapitel deutlich die häufig holprige Übersetzung auf, die einen manchmal am guten Deutsch des Übersetzers zweifeln lässt.

 

Die Karten für Chicago und Lagos kann man mittlerweile auf der Pegasushomepage downloaden.

 

Das dritte Kapitel gibt kurze und knappe Beschreibungen fünf weiterer Krisenzonen, die da wären Bogotá, GeMiTo (Genua-Mailand-Turin), Genf, Karavan und Sarajevo. Hier fällt Karavan etwas aus der Reihe, da es sich nicht um einen Sprawl handelt, sondern um eine gewaltige Karawane von Fahrzeugen aller Art, inklusive zwei Luftschiffen. Ich persönlich fand das eine sehr interessante und innovative Idee.

Die Beschreibungen der fünf Krisenzonen sind alle relativ ähnlich strukturiert und beschränken sich auf drei bis vier Seiten. So wird meist mit einer Geschichtslektion begonnen, dann der Status quo beschrieben und schließlich noch ein paar Zusatzinformationen geliefert, größtenteils über die Sozialstruktur und die Gesetze, sofern diese noch existieren.

 

Das Kapitel „Spielinformationen“ schließt das Buch ab. In ihm wird noch, analog zu den bisherigen Sprawl-Quellenbändern, eine kurze Anleitung zur Krisenzone, Marke Eigenbau, geliefert und anschließend jeweils zwei grob ausgearbeitete Runs und einige Ideen für weitere. Grob ausgearbeitet heißt hier, die Szenen sind umschrieben, aber sonst gibt es nichts.

 

Fazit:

Krisenzonen ist ein Quellenband, bei dem man überlegen sollte, ob man es sich ins Regal stellt. Der Preis ist mit 24,95€ schon ziemlich hoch gegriffen für ein Buch mit gerade einmal knapp einhundertdreißig Seiten. Zumal man bedenken muss, dass man für 5€ mehr einen etwa doppelt so dicken Quellenband bekommen kann. Andererseits sind die Beschreibungen der Krisenzonen sehr gelungen und alles andere als amateurhaft. Die Atmosphäre des Chaos wird perfekt übermittelt und Aufhänger für Runs finden sich zuhauf, vorallem durch die sogenannte „Jobbörse“, kleine Anzeigen von Johnsons mit Jobangeboten im Text. Alles in allem ein gutes Quellenbuch, das aber leider etwas unter Makeln leidet, wie zum Beispiel Schwarz-weiß-Illustrationen und fehlendem Index oder auch dem etwas holprigen Deutsch. Wie schon gesagt, ist der Preis ziemlich hoch, was ebenfalls auf die Wertung drückt. Der Inhalt verbessert durch seine Qualität zwar etwas das Preis-Leistungsverhältnis, aber es reicht nicht, um den Preis zu rechtfertigen. Liebhaber chaotischer oder Endzeit-Szenarien sollten trotzdem über den Kauf dieses Quellenbandes nachdenken.