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Leo Roa - Die wahre Geschichte des Leo Roa & Odyssee wider Willen
Bewertung:
(3.2)
Von: Martin Möller
Alias: Goemoe
Am: 17.03.2011
Autor:Juan Gimenez
Übersetzer:Resel Rebiersch
Typ:Comic / Graphic Novel
Setting:Science-Fiction
VerlagSplitter Verlag
ISBN/ASIN:978-3-86869-208-2
Inhalt:112 Seiten, übergroßes Hardcover, 230 x 320 mm
Preis:19,80 EUR
Sprache:Deutsch

Inhalt von Teil 1 - Die wahre Geschichte des Leo Roa

Leo Roa ist ein durchschnittlicher Weltraumreporter, der davon träumt ein Star zu sein. Ein Star, der den berüchtigten Weltraumpiraten Drake auf frischer Tat ertappt. Bei der Medienagentur Starr arbeitet er bereits und er ist auch im Besitz der Hälfte eines Codes, mit dessen Hilfe die Archive der gewaltigen Computeranlage des Starr verschlüsselt sind. Unwichtig, denken alle, bis der Besitzer der anderen Hälfte ermordet wird und die Datenarchive des planetaren Informationsystems gehackt werden. Wer könnte dahinter stecken und was könnte er wollen?

Leo Roa ist zwar nicht der Star(r)reporter, der er gerne sein würde, aber er ist nicht dumm und kommt recht bald darauf, dass die geheime Identität des Ganoven Drake den Stein des Anstoßes darstellt. Irgendwo in den gesammelten Daten ist diese versteckt. Aber auch Drake ist gewitzt und schnappt sich Leo, als die Polizei mal nicht so bei der Sache ist. Leos Musikerfreund Meke ist gerade bei ihm und wird mitgefangen. Da Leo es schafft, sich bei der Braut des Piraten Drake mit betont körperlichem Einsatz beliebt zu machen, überlebt er die Konfrontation mit dem Piraten selbst und wird Zeuge eines Überfalls, der fast so abläuft, wie er es zu Beginn der Geschichte erträumt hatte.

 

Inhalt von Teil 2 - Odyssee wider Willen

Eben noch ein farbloser Begleiter, mausert sich Leo Roas Freund und Cousin Meke in der zweiten Geschichte zum umjubelten Megastar. Seine selbst entwickelte elektronische Gitarre entpuppt sich als der große Wurf. Alle bejubeln Meke und seinen neuen Sound, besonders Frauen werfen sich ihm sprichwörtlich an den Hals. Eine dieser Frauen ist Marga. Sie ist noch ambitionierter als die meisten und versucht, Meke auf unterschiedliche Weisen für sich zu gewinnen. Doch nicht seine Musik ist der Grund für ihr Engagement, es ist sein Aussehen. Auf einer geheimen Basis der letzten Überlebenden einer menschenähnlichen Spezies stellt man ihm den sterbenden Herrscher vor, der genauso aussieht wie Meke. Der Herrscher ist jung, doch altert er durch eine Krankheit so schnell, dass er mit 19 schon aussieht wie ein Tattergreis. Dazu gibt es bei den Fremden selbstredend Leute, die diese Situation ausnutzen wollen.

Auch bei Leo tut sich was. Die Firma Starr, in der er arbeitet, hat eine neue Anlage gebaut, die Reisen in die Vergangenheit ermöglicht. Dummerweise gab es im All einen Unfall und drei hochgradig Kriminelle rasen in einem defekten Raumschiff direkt auf diese Anlage zu. Nur wenig später befinden sich jene drei in einer Reise durch die Zeit und Leo Roa befindet sich ein wenig gegen seinen Willen auf deren Spur. Dabei stoßen sie in der sehr weit entfernten Vergangenheit auch auf eine physikalische Besonderheit, die Meke in seiner sich permanent verschlechternden Situation schlussendlich zur Hilfe kommen könnte.

 

Qualität, Stil & Übersetzung

Das Erste, was dem Leser auffällt, sind die 115 Seiten für zwei Geschichten, die eigentlich nichts miteinander zu tun haben. Die normalen Splittercomics sind für gewöhnlich genau halb so groß und der Inhalt hätte so gut für zwei Bände gereicht. Schön für den Leser, dass man sich hier für so einen einzelnen dicken Band entschieden hat. Die Qualität der schönen Splitter-Hardcover leidet auch bei 115 Seiten kein bisschen. Gutes Papier, schöner Druck und ein stabiler, glänzender Einband bieten das Medium, für das Juan Giménez als Zeichner und Texter in einer Person verantwortlich ist. Sein Zeichenstil erinnert ein wenig an Aquarellmalerei, die Augen seiner Figuren sind überdurchschnittlich rund und wirken dadurch stets etwas größer als normal. Er ist zweifellos ein großer Künstler, der es versteht mit dezentem Einsatz von Farben große Wirkungen zu erzielen. Es ist aber sicher auch ein Zeichenstil, der polarisiert. Er gefällt wahrscheinlich nicht jedem.

Die Geschichten sind turbulent, bisweilen skurril, was aber hervorragend zu seinem Zeichenstil passt. Seine Hauptfiguren sind recht simpel und bleiben als Charakter in beiden Geschichten eher blass. Sie sind - salopp gesagt - die üblichen Verlierertypen, die nur durch ungewöhnliche Zufälle oder gestellte Situationen von einer Überraschung in die nächste tappen. So werfen sich immer wieder vollbusige Schönheiten Leo oder Meke an den Hals, ohne dass uns der Autor einen erkennbaren Grund für die Handlungen der Frauen nachliefert.

Das Sprunghafte der Geschichten und die farblosen Protagonisten schaffen es damit auch nicht, die Qualität des Gesamtwerks aus dem Mittelmaß heraus zu heben. Dabei hat Juan Giménez mit verschiedenen Werken bei den Verlagen Splitter und Alpha eigentlich genug Erfahrung in diesem Metier. Die Übersetzung aus dem Französischen von Resel Rebiersch wirkt hingegen gelungen.

 

Fazit:

Leo Roa ist nicht gerade ein Held. Er sieht durchschnittlich aus, verfügt in den beiden Geschichten über keine besondere Fertigkeit und sein bester Freund und Cousin ist ein Techniknerd, dessen größtes Problem seine Mammi ist. Ein Comic mit zwei derart gestalteten Protagonisten sollte eigentlich eine Parodie oder Satire mit einem gewaltigen Schuss Humor werden. Aber Humor ist in dem Comic so selten wie in jedem gewöhnlichen Krimi. Was Juan Giménez bewogen hat, diese Geschichte zu schreiben und zu zeichnen, bleibt mir ein Rätsel. Seine Bilder sind nicht mein Geschmack, aber sicher auf hohem Niveau. Seine Ideen für technische und gesellschaftliche Details in einer möglich Zukunft sind auch durchaus erfrischend und so bleiben die Geschichten, die der vorliegende Band erzählt auch unterhaltsam, aber ein Leckerbissen sind sie sicher nicht. Wer skurrile Science-Fiction mit interessanten, technischen Ideen mag, wer immer mal einen Schuss Erotik im Comic zu schätzen weiß oder wer ein Fan von Juan Giménez ist, der kann bedenkenlos zugreifen. Wer ob dieser Rezension noch unschlüssig ist, sollte die Finger davon lassen, Leo Roa ist schon recht speziell. Ich gebe dem Band eine Note von 3.2.