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Rolemaster - Elisera
Bewertung:
(3.8)
Von: Moritz Mehlem
Alias: Glgnfz
Am: 18.05.2011
Autor:Sebastian Witzmann
Typ:Abenteuer
System:Rolemaster
Verlag13Mann Verlag
ISBN/ASIN:978-3-9811718-2-2
Inhalt:48 Seiten, Softcover
Preis:9,95 EUR
Sprache:Deutsch

Inhalt und Aufmachung

(Vorsicht Spoiler!!!)

Schick. Mir gefällt das minimalistische Rolemaster-Layout sehr gut. Lieber etwas Understatement als zu bunt und zu knallig. Und was noch besser ist, an den Nachfolgeabenteuern konnte ich schon sehen, dass das Layout so bleibt und geschickt eine Produkt-„Corporate Identity“ geschaffen wird. Das Cover weist also von oben nach unten das Rolemaster-Logo, den Namen des Abenteuers (mit Autor), eine in einen runden Rahmen gepresste Illustration und eine Stufenangabe für das Abenteuer auf. Sehr klassisch auch, dass hier von einem „Modul“ die Rede ist – sehr traditionell.

Das Titelbild, eine Dame mit Zauberstab und die steinewerfenden Riesen auf der Rückseite (die ich beide schon vom Spieleiterschirm her kenne) stammen wie immer von Rolemaster-Hauszeichner Lucio Parrillo und die Innenillustrationen sowie Karten sind von Björn Lensing. An Layout gibt es neben klassischem Zweispaltendruck ein schickes und unauffälliges Muster, das jeweils eine Doppelseite umrahmt. Dezent und sehr übersichtlich – die einzige Veränderung, die ich persönlich vornehmen würde, wäre ein Blocksatz anstatt der gewählten Linksbündigkeit, aber das ist Geschmackssache.

Die Karten sind sehr stimmungsvoll und passen hervorragend in die Welt, die im Laufe des Abenteuers beginnt, sich vor dem Spielleiter (und durch ihn den Spielern) auszubreiten. Glücklicherweise muss man sich nach diesem Abenteuer nicht von der Welt „Trion“ verabschieden, denn die folgenden Abenteuer basieren auf demselben Setting.

Leider gibt es nur 4 Innen-Illustrationen – und auch die sind eher allgemeiner Natur und beziehen sich nicht auf Schlüsselstellen des Moduls. Gut, es gibt ein Bild von der Schnepfe, die gerettet werden soll, aber hier hätte ich lieber ein paar „Actionzeichnungen“ von Björn gesehen.

Das Lektorat ist – wie eigentlich immer bei 13Mann – sehr gründlich gewesen. Die Tatsache, dass die meisten Wörter (beispielsweise „dass“) auch im Jahr 2006 noch nach der alten Rechtschreibung geschrieben wurden, schiebe ich mal auf das Bemühen nicht nur von System und Thema, sondern auch von der Rechtschreibung her Old-School zu sein. Apropos Lektorat – etwas wundert es mich doch, dass hier Satzstellungen von fast yodaesker Schönheit durchgeflutscht sind, aber vielleicht soll auch das in Richtung „archaischer Schreibstil“ gehen, wer weiß?

Kostproben gefällig?

„Dann werden die Spieler automatisch den Orks ausweichen und versuchen durch die Höhlen unbemerkt zu kommen.“

„Er kann aufgrund seiner Autorität dann alle anderen Orks von einem Kampf abhalten.“

„Denn es kann öfter mal auch zur unfreiwilligen Komik situationsbedingt kommen.“

„So groß zu werden, wie ist es dir gelungen bei solcher Nahrung?“

Sorry, der letzte Satz ist mir so rausgeflutscht, weil ich mich in Rage getippt hatte, der muss irgendwo anders her kommen…

 

Um nicht allzu viel zu spoilern, gibt es zum Inhalt nur die Infos, dass es bei einem Orkstamm eine verschollene Prinzessin zu retten gilt. Zum Wohnort dieses Stammes muss man natürlich hin- und auch wieder an einem Stück zurück gelangen. Sehr gut haben mir hier Dinge gefallen, die mehr neben dem Abenteuer her ablaufen, die einen Spielleiter, der auf Draht ist, aber fast schon dazu zwingen, dazu Folge-Abenteuer zu schreiben, wie beispielsweise das Geschehen unter den Orkstämmen.

 

Nebenbei sei noch kurz bemerkt, dass der Autor hier nicht immer die Ziele verfolgt, die ich selber als Maßstab an einen Dungeon anlegen würde – ganz zentral ist hier die Frage danach, ob man in einem Dungeon noch eine Geschichte erzählen möchte, oder ob man den Spielern gerade hier – auf begrenztem Raum – nicht die Freiheit geben möchte, ihre eigene Geschichte zu erzählen, aber dazu später im Fazit mehr.

 

Elisera als Einsteigerabenteuer:

Zuerst ein großes Lob: Die vielen Boxen mit kleinen Tipps, genauer erklärten Regeln oder Hinweise auf benötigte Seiten im Grundregelwerk sind wirklich, wirklich hilfreich. Das hat mir einiges an Nachschlagezeit eingespart und gerade die Seite, in der das Fertigkeitensystem noch mal kurz erklärt wird, war wirklich eine große Hilfe.

Eine große Hilfe sind auch die letzten 4 Seiten, auf denen es noch mal einen Kurzüberblick über die Rolemaster-Regeln gibt, kann man mal schnell kopieren und allen Spielern kurz vorlegen, damit sie grob wissen, was regeltechnisch gebacken ist.

Was ich aber merkwürdig finde, ist, dass der Nachwuchs-Spielleiter direkt in seiner ersten zu leitenden Szene alleine gelassen wird. Er bekommt nur die Info, dass Onthar, der potentielle Auftraggeber Leet betritt und dass die Charaktere auf ihn treffen können, während er Abenteurer sucht oder dass sie von seiner Suche erfahren können und dann kommt auch schon ein Vorlesetext, der an der Stelle beginnt, wo die Charaktere Onthar treffen. Für mich kein großes Problem, aber ich denke es wäre wünschenswert, wenn der Spielleiter gerade in seiner allerersten zu leitenden Szene etwas an der Hand genommen würde.

Insgesamt ist das Ziel aber erreicht worden und sowohl ich als Spielleiter, als auch die Spieler, sind mit allen gegebenen Hilfen nicht gestrauchelt, sondern haben den gewaltigen Berg „Rolemaster“, der sich vor uns aufgetürmt hat, mehr oder weniger souverän erstiegen.

 

Fazit:

Hmmm… Der Dungeon an sich ist ganz plausibel aufgebaut, wenn auch in seinem Inneren zu stark gescriptet – trifft also nicht direkt meinen persönlichen Geschmack. Die Orks verhalten sich nämlich nicht so, wie Orks in einem solchen Komplex es tun würden, sondern so, wie sie sich verhalten müssen, um bei den Charakteren bestimmte Dinge auszulösen. Ihr wisst schon, mein altes Steckenpferd mit der Spielwelt, die dargestellt werden soll und der Geschichte, die eben nicht erzählt, sondern von den Spielern entwickelt werden soll…

Die Reise zum Ort des Geschehens ist eine Art Schaulaufen für einige RM-Techniken, nach meinem Geschmack lange nicht frei genug, aber auch der Tatsache geschuldet, dass es ein Abenteuer sein soll, das sich bewusst an Einsteiger richtet – und genau das, das „sich an Einsteiger richten“, macht das Abenteuer mit seinen vielen kleinen und großen Hilfestellungen ausgesprochen gut.

Wäre ich Rainer Calmund und müsste dieses Dessert bewerten, würde ich es wohl komplett aufessen und dann eine 6 oder 7 (von 10) ziehen, denn ich habe in den letzten 28 Jahren Dungeons gesehen, die viel, viel mehr konnten, aber nur wenige Abenteuer, die so hilfreich dabei waren, eine unerfahrene Gruppe wie die unsere, fast ohne Hacker an ein so komplexes System wie Rolemaster heranzuführen.