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Warlord 3 - Odyssee
Bewertung:
(3.6)
Von: Jörg Deutesfeld
Alias: Debaser
Am: 30.05.2011
Autor:Mike Grell (Autor und Zeichner)
Übersetzer:Christian Langhagen
Typ:Comic / Graphic Novel
Setting:Fantasy – Alternativ-Welt
VerlagCross Cult
ISBN/ASIN:978-3-941248-89-2
Inhalt:168 Seiten, HC, US-Format (17,2 x 26,3 cm)
Preis:22,00 EUR
Sprache:Deutsch

Inhalt

Bei einem geheimen Spionageflug über der Sowjetunion wird das Flugzeug von Lt. Colonel Travis Morgan von einer Luft-Boden-Rakete schwer beschädigt. Der Versuch, über den Nordpol in Richtung Alaska zu fliegen, schlägt fehl und so stürzt er ab – doch anstatt in den frostigen Weiten der Antarktis zu sterben, gelangt Travis durch eine gigantische Öffnung in eine Hohlwelt im Zentrum der Erde: Skartaris. Nach einer abenteuerlichen Reise durch diese seltsame Welt und zahllosen Gefahren, konnte Morgan den Magier Deimos besiegen. Das dankbare Volk, endlich erlöst von dem Despoten, machte ihn hierfür zu seinem neuen Herrscher, aber Morgan hat gänzlich andere Pläne, als den Rest seines Lebens auf einem Thron zu verbringen.

 

Der Tod seines Sohnes Joshua im letzten Kampf gegen seinen Widersacher Deimos durch seine eigene Hand war ein schwerer Schlag für Travis Morgan, und so trennt er sich von seiner Frau Tara und seinen Freunden Maria und Machiste, die ihn auf seiner Reise begleitet hatten. Er ist ein gequälter Mann, der von Selbstzweifeln und Schuldgefühlen geplagt seinen Trost fernab in den weiten Landstrichen von Skartaris sucht. Er wird zum einsamen Abenteurer, der mit seinem Schwert und seiner 44. Magnum immer wieder die Herausforderung sucht und dabei seinen Prinzipien treu sein möchte. Doch was nützen die Prinzipien und Wertvorstellungen in einer Welt wie Skartaris? In der primitiven Welt von Skartaris ist das Leben ein ständiger Überlebenskampf und es herrscht ein einfaches Gesetz: Sei nur einen Augenblick unachtsam und sehr bald bist du tot.

 

So entgeht Travis zu Beginn der ersten Geschichte nur knapp einem Hinterhalt von Räubern und wird glücklicherweise von einer mysteriösen Frau in letzter Sekunde gerettet. Er folgt der Frau in einen seltsamen Turm, dessen Innenleben weitaus gefährlicher ist, als er dachte. Und so gerät er an einen Werwolf, den er im Kampf tötet. Doch als der Werwolf sich wieder in seine menschliche Gestalt zurückverwandelt, muss Travis eine schreckliche Entdeckung machen...

 

Aber auch die Kinder des Ba´al, denen Travis im Kampf gegen die Orme hilft, entpuppen sich am Ende der Geschichte nicht als vermeintlich friedliches Volk, welches verborgen und im Einklang mit der Natur in den Wäldern wohnt, sondern als ebenso grausam wie ihre vermeintlichen Feinde. Und erneut ist es an Travis, sich über die Welt von Skartaris zu wundern.

 

So reist Travis an Bord eines Handelsschiffes, welches ihn mitnimmt und gerät unversehens in einen Angriff durch Piraten. Travis weiß sich und seine Begleiter zu verteidigen, doch ein Pfeil trifft ihn und nur durch Glück kann er sich vor dem Ertrinken retten. Aber seine Kräfte schwinden durch die Verletzung und er ist dem Tode nahe, als eine Art Meerjungfrau ihn rettet und bei sich aufnimmt. Ob Travis sich von dieser blenden lässt und seine Vergangenheit vergisst – sicherlich nicht?

 

Aber es gibt noch weitaus gefährlichere Geschehnisse auf Skartaris, von denen Travis zurzeit noch nichts ahnt, denn Deimos scheint nicht endgültig besiegt zu sein. Als Travis mit einer Horde Söldner unterwegs im Sonnengebirge ist, um den Dieb Ashir zu verfolgen, auf den Prinz Kali eine hohe Belohnung ausgelobt hat, macht er nicht nur Bekanntschaft mit einem Schneeriesen, sondern trifft auch auf den flüchtigen Ashir.

 

Ausgerechnet in diesem Dieb findet Travis einen neuen Begleiter, der ihm Mut und Zuspruch gibt, scheinen sich doch ihre Schicksale in gewisser Hinsicht zu ähneln. Gemeinsam ziehen sie weiter, bis sie auf Schakal treffen, der Travis im Auftrag von Deimos töten soll. Doch damit nicht genug – Travis soll im Laufe der Geschichte eine zweite Chance erhalten, die unter Umständen sein Leben ändern könnte!

 

Schreibstil & Artwork:

Der amerikanischer Comicautor und -zeichner Mike Grell wurde 1947 geboren und wollte als Junge wie sein Vater Waldarbeiter werden, doch mit 16 Jahren überlegte er sich diesen Schritt, da es einfachere Wege geben musste, um Geld zu verdienen. Während seiner Stationierung in Vietnam für die Air Force absolvierte er den Fernstudienkurs der „Famous Artists School“ und begann danach sein Kunststudium an der einflussreichen „Chicago Academy of Fine Arts“.

 

Ab 1972 begann er in der Comicbranche zu arbeiten und sein erster Job führte ihn zur Zeitung „Chicago Tribune“, wo er als Assistent von Dale Messick an dem Comicstrip „Brenda Starr“ mitarbeitete, der sich rund um die abenteuerlichen und romantischen Abenteuer der gleichnamigen Reporterin drehte. Nebenbei arbeitete er als Zeichner für Werbefirmen, für die Air Force und versuchte zwei selbstverfasste Comicstrips auf den Markt zu bringen. Über Kontakte schaffte er es, eine Anstellung bei dem Verlag DC-Comics zu erhalten und zog 1973 nach New York City um, wo er als Zeichner für die überaus populäre Serie „Superboy starring the Legion of Super-Heroes“ bis in die späten 70er Jahre tätig war und die zu dieser Zeit unter der Leitung von Cary Bates stand, der 1967 im Alter von 17 Jahren (!) als hauptberuflicher Autor von DC eingestellt worden ist.

 

Es sollte bis 1975 dauern, als Grell der Leitung von DC Comics seine Figur des amerikanischen Airforcepiloten Travis Morgan präsentierte. Das Konzept stieß bei den Verantwortlichen von DC auf Interesse und so wurde die Figur von Travis Morgan nach einem positiv verlaufenden Test in der Ausgabe „First Issue Special“ # 8 vom November 1975 in den Mittelpunkt der Serie „The Warlord“ gestellt, die Grell bis in die Mitte der achtziger Jahre in 133 Ausgaben betreute. In den späten 1970er Jahren war die Serie zeitweise der Titel mit den höchsten Verkaufszahlen im Verlagsprogramm von DC.

 

Doch Grell war nicht nur der Schöpfer der Figur von Travis Morgan, sondern auch der überaus erfolgreichen Serie „Jon Sable, Freelance“, die er 1983 für den Verlag First Comics schuf und in deren Mittelpunkt Jon Sable steht, ein ehemaliger Olympiaathlet und Großwildjäger, der sich als Söldner und Privatdetektiv verdingt und in seinem „wirklichen“ Leben unter dem Namen Flemm als Kinderbuchautor sein Geld verdient.

 

Der von Autor Mort Weisinger und Zeichner George Papp erdachten Serie „Green Arrow“, die ihren ersten Auftritt in den USA bereits 1941 hatte, hauchte Mike Grell 1987 neues Leben ein. Er formte aus dem traditionsreichen und etwas angestaubten Charakter die erfolgreiche Serie „Green Arrow: The Longbow Hunters“ und schaffte es, die Figur von Oliver Queen (des „Green Arrow“) einem erwachsenen Publikum zugänglich zu machen. Eine der herausragendsten Änderungen in der Konzeption war sicherlich die Bereitschaft von Oliver Queen, nunmehr seine Gegner notfalls auch zu töten. Der Erfolg von „Green Arrow: The Longbow Hunters“ führte schließlich dazu, dass Grell mit der Gestaltung der 1988 neugestarteten, monatlich erscheinenden Green Arrow Serie betraut wurde, die er bis 1993 betreute.

 

Weitere Arbeiten von Mike Grell waren unter anderem 1988 die Mitarbeit als Autor für die Comicadaption des James Bond Film „Licence to Kill“ sowie die James Bond Miniserie „Permission to Die“, die er 1989 sowohl schrieb als auch zeichnete. Zwischen 2004 bis 2005 arbeitete er für Marvel Comics an der Serie „Iron Man“.

 

Grell lebt gegenwärtig gemeinsam mit seiner Ehefrau Lauri Lasabre-Grell, einer bekannten Dressurreiterin, auf einer kleinen Ranch in Lake Stevens im Staat Washington, wo sie „Friesen“, eine niederländische Pferderasse, züchten. Gemeinsam sind sie auch mit der Gruppe „Seattle Knights“ im ganzen Land unterwegs und präsentieren mittelalterliche Schwert- und Turnierkämpfe, bei denen es Mike Grell auch schon mal aus dem Sattel haut.

 

Es ist wahrlich eine Odyssee, auf die Grell seinen Helden Travis Morgan in diesem dritten Sammelband schickt. Nach dem tragischen Verlust seines Sohnes, der unglücklicherweise durch seine eigene Hand starb, verliert Morgan den Glaube an sich selbst und seine Prinzipien scheinen bis auf die Grundfeste erschüttert zu sein. Aber Grell lässt seinen Protagonisten nicht in blanker Verzweiflung vergehen, sondern nutzt diesen Gemütszustand, um Travis durch die sonderbare und vielfältige Welt von Skartaris zu führen. Und hier gibt es eigentlich alles, was ein pfiffiger Autor für einige gute Geschichten braucht: eisige Weiten, ein windgepeitschtes Meer oder das undurchdringliche Dickicht eines Dschungels. Dies angereichert mit wunderbaren Klischees von Schurken, Monstern und einem Erzbösewicht wie Deimos – fertig sind abenteuerliche Geschichten, die auch jetzt noch, viele Jahre nach ihrem ersten Erscheinen, den Leser in ihren Bann ziehen und recht gut zu unterhalten wissen.

 

Doch sollte man nicht den Eindruck bekommen, Mike Grell habe es sich bei den Szenarien einfach gemacht und diese seien in ihrer Ausführung oberflächlich geraten. Oftmals gibt es literarische Vorbilder, wie zum Beispiel eine Zeitreise, die an das Werk von H.G. Wells erinnert oder aber auch die Begegnung mit dem Werwolf, die an klassische Horrorgeschichten gemahnt.

 

Grell hat sich mit Skartaris die ideale Umwelt erschaffen, um jegliche Idee verwirklichen zu können, egal wie abstrus sie auch sein mag. Hier können wirklich Dinosaurier auf Hightech-Maschinen treffen und niemand muss sich ernsthaft fragen, ob dies alles wirklich logisch in seinem Aufbau ist. In einem Interview äußerte sich Mike Grell selbst darüber, recht glücklich gewesen zu sein, niemals eine Karte von Skartaris für seine Fans zeichnen zu müssen. Dies hätte ihn schlicht und ergreifend in seiner Kreativität eingeengt und er hätte sich für viele weitere Geschehnisse des Warlord bei der Festlegung von Orten selbst gebunden.

 

Zeichnerisch gibt es bei Grell einen grundsätzlich zeilenweisen Aufbau der Seiten, dessen Schema er aber immer wieder geschickt durch hochgestellte, großformatige oder ineinander verschachtelte Bilder durchbricht. Hierdurch kommen die oftmals sehr dynamischen Zeichnungen sehr gut zur Geltung, auch wenn sie in ihrer Darstellung sicherlich ein Zugeständnis an den Geschmack der ausgehenden 70er Jahre waren. Unterstützt wird der dynamische Bildfluss durch Figuren, die aus den Bildern herausragen oder in andere hineinreichen. So gelingt Grell, durch den überaus progressiven Bildaufbau ein hohes Maß an Spannung zu erzeugen.

 

Die Akteure bei Grell bestechen durch ihre lebensechte und fast perfekte anatomisch Darstellung der oftmals nur leicht bekleideten Körper, wobei sich Grell allerdings bei den Damen etwas zurücknehmen musste, sollten doch als Zielgruppe eher jugendliche Leser im prüden Amerika angesprochen werden. Durch die sehr detaillierte Darstellung, die durch die ausschließlich vorhandene schwarz-weiß Darstellung unterstrichen wird, nimmt der Leser so förmlich an jeder Muskelanspannung während der zahllosen Kämpfe teil und kann ohne weiteres aus der Mimik der Gesichter einiges über die Stimmung der Charaktere entnehmen.

 

Natürlich unterliegt Grell mit seiner Arbeit dem Schicksal jedes Zeichners, der die „Deadline“ seines Verlages einhalten muss und so sind sie auch ein wenig Fließbandarbeit und weniger hohe Kunst. Manche Perspektiven scheinen vielleicht hier und da etwas nachlässig in ihrer Auswahl oder die Darstellung in einzelnen Bewegungen scheint etwas unscharf – aber Grell hatte schließlich auch etwas anderes im Sinn, als absolute zeichnerische Perfektion abliefern, er wollte den Leser schlicht und ergreifend mit einer spannenden Geschichte unterhalten.

 

Qualität, Ausstattung & Übersetzung

Mit der vollständig überarbeiteten Neuauflage von „The Warlord“ präsentiert der Cross Cult Verlag dem Leser ein kleines Schmuckstück im US-Heftformat als gebundene Ausgabe, da es die Ausgaben 22 – 28 in ihrer ursprünglichen und unkolorierten Fassung von Mike Grell zeigt. Zudem gibt es noch einige Extras, wie beispielsweise die Galerie der Cover der US-Heftausgaben, so wie den zweiten Teil des exklusiven Interviews von Jochen Ecke mit Mike Grell, in dem es einige interessante Geschichten und Hintergründe von „The Warlord“ zu erfahren gibt, aber auch einen Blick in die fast schon „historische“ Geschichte von amerikanischen Comic-Verlagen in den 70er Jahren.

 

Die Übersetzung stammt wiederum von Christian Langhagen und ist sehr gut gelungen, da sie den Ton und die Stimmung des mittlerweile etwas betagten Originals wunderbar einfängt. Hier hat man glücklicherweise seitens des Verlages nicht den Versuch gewagt, den Texten einen vermeintlich modernen Anstrich geben zu müssen. Das Lettering von Rowan Rüster, sowie das Handlettering von Hartmut „Haggi“ Klotzbücher sind handwerklich ebenfalls sehr gut und optisch den Originalausgaben angepasst.

 

Fazit

Was der Cross-Cult-Verlag seinem Leser mit der Neuauflage von „The Warlord“ präsentiert, ist eine mittlerweile zum Kultstatus avancierte Comic-Reihe, die auch nach mehr als 30 Jahren nichts von ihrem ursprünglichen Charme eingebüßt hat. Sicherlich gehört die Comic-Reihe „The Warlord“ nicht zu herausragenden intellektuellen Leistungen der amerikanischen Comic-Branche Ende der 70er Jahre, aber seltsamerweise wohnt diesen abenteuerlichen Geschichten ein seltsamer Funke inne, der den Leser packt und man einfach nur Lust bekommt, diesem unendlichen Abenteuer von Travis Morgan zu folgen.

 

Zudem macht es, nach den halbherzig produzierten deutschen Ausgaben des Ehapa Verlages in der Reihe „Die großen Phantastic-Comics“ Mitte der 80er Jahre, Spaß zu sehen, wie sich die Macher des Cross-Cult-Verlages dieser Reihe angenommen haben. Haben sie doch bereits in den letzten Jahren auch mit anderen Produktionen bewiesen, wie man einen Klassiker frisch aufpoliert und einem breiten deutschen Publikum wieder zugänglich machen kann. Man mag zwar durchaus geteilter Meinung darüber sein, ob einem der Band in seiner unkolorierten Form gefällt, doch die ansonsten vorgelegte Verarbeitung lässt keine Wünsche offen – sowohl für neue Leser als auch für Fans und Sammler.

 

So dürften die Geschichten um den Airforce-Piloten Travis Morgan mit ihrer wilden Mischung aus Fantasy, Science-Fiction und geballter Action, bei denen es immer wieder auch ein Stück weit um das amerikanische Klischee des Kampfes von Gut und Böse geht, es schaffen, nicht nur Kenner der Materie zu begeistern, sondern auch ein neues Publikum für sich zu gewinnen.

 

Mag die Erstveröffentlichung der Hefte nunmehr schon über 35 Jahre zurück liegen und einige Passagen manchmal recht angestaubt aussehen und zum Schmunzeln einladen, so sorgt auch dieser dritte Band für leichte und solide Unterhaltung ohne Schnörkel und ist für Fans des Genres sicherlich ein absolutes Muss.