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Siebengestirn 1 - Die gelbe Zone
Bewertung:
(4.0)
Von: Jörg Deutesfeld
Alias: Debaser
Am: 18.08.2011
Autor:André Houot (Autor und Zeichner)
Übersetzer:Tanja Krämling
Typ:Comic / Graphic Novel
Setting:Science-Fiction
VerlagSplitter Verlag
ISBN/ASIN:978-3-86869-327-0
Inhalt:48 Seiten, Hardcover
Preis:13,80 EUR
Sprache:Deutsch

Inhalt:

Das Observatorium Nord der Wüste von Anteden kennzeichnet die nördliche Grenze der verseuchten Zone, die nahezu ein Siebtel der gesamten Oberfläche des Planeten bedeckt. Das Betreten dieser Zone ist verboten und jeder Verstoß wird unerbittlich mit dem Tode bestraft.

Eine Gruppe von Besuchern befindet sich auf der Aussichtsplattform des Observatoriums und bestaunt die Einöde, die sich schier endlos vor ihnen bis zum Horizont erstreckt. Doch werden sie von einem scheinbar verrückten alten Mann aus ihren Gedanken gerissen, der die Propaganda des Staates anprangert und von dem besseren Leben vor der Katastrophe schwärmt. Es dauert nur wenige Augenblicke, bis Bewaffnete den Mann festnehmen wollen, doch einer der Besucher setzt sich für diesen Mann ein und es beginnt ein Handgemenge mit den Bewaffneten.

 

Rasch ist der seltsame Besucher überwältigt der dem alten Mann helfen wollte und wird vor einem Tribunal als Unruhestifter angeklagt und verurteilt. Er soll „Das letzte Chaos“ in regelmäßigen Dosen verabreicht bekommen, damit er sich der Auswirkungen seines Handelns bewusst wird. Doch will sich der Besucher nicht mit seinem Schicksal abfinden und glücklicherweise gelingt ihm die Flucht aus seiner Zelle in die Katakomben des Zellenblockes. Fast verloren in den Gängen und Röhren der Katakomben erhält er Unterstützung von einem Jungen, der ihm den Weg zu einem Ausgang weist. Bei dieser Aktion infiziert sich der Junge aber mit einem Wurm, der unweigerlich zum Tod führen wird, wenn man ihn nicht fachmännisch entfernt.

 

Vor den Toren der Stadt macht sich der Mann mit dem Jungen auf die Suche nach Hilfe. Sie haben Glück und können sich in der verseuchten Zone einer Gruppe von Händlern anschließen, welche sowohl den verstorbenen Alten kennt, der sich als Gloankemon herausstellt, als auch seinen Enkel Araal, der dem Mann bei der Flucht geholfen hat.

 

Der Unbekannt erhält von den Händlern den Namen Chronover und stellt sich ziemlich rasch als willkommene Unterstützung im Kampf gegen die unwirtlichen Bewohner der Wüste heraus. Die Reise führt sie durch die Lithothamnium-Wüste bis zum Heiligtum von Katatonien. Der Aufenthalt in Katatonien birgt aber Gefahren – nicht nur für Chronover.

 

Schreibstil & Artwork:

Geboren im Jahr 1947 kam André Houot, der ursprünglich Kunstwissenschaften studiert hat, recht spät als Zeichner und Szenarist in den Comicbereich und zeichnete im Jahr 1987 sein erstes Album für die Serie „Chroniques de la nuit des temps“ für den Verlag Fleurus. Für diese fast schon naturwissenschaftliche Reihe bemühte man eine ganze Reihe von Spezialisten aus den Bereichen Archäologie und Prähistorik, um die entsprechende Authentizität gewährleisten zu können. Die Serie wechselte allerdings zum Verlag Lombard, wo Houot als Zeichner drei weitere Bände konzipierte. Der fünfte Band „Ars engloutie“ erschien dann allerdings 1994 bei Glénat.

 

Für den Verlag Soleil erschien ab 1995 die zurzeit fünf Bände umfassende Reihe „Le Khan“, deren Szenario von Simon Rocca stammt und in der mongolischen Wüste des 13. Jahrhunderts angesiedelt ist. Für die bei Glenat erschienene Reihe „Septentryon“ von der zwischen 2001 bis 2004 insgesamt vier Bände erschienen zeigte er sich sowohl für die Zeichnungen als auch das Szenario verantwortlich. Mit dieser Reihe erschuf er ein von seltsamen Persönlichkeiten bevölkertes Universum, das mit skurrilen Charakteren, aber auch mit traumhaften schönen Mädchenkörpern aufwarten kann. Eine Reihe, an der nach seiner eigenen Aussage, immer noch sein Herz hängt. Gemeinsam mit dem Szenaristen Py zeichnete für den gleichen Verlag drei Bände der Reihe „Le Mal“.

 

Man kann das Szenario von Houot, geschweige denn die Bilder in den klassisch angelegten Panels, nur sehr schlecht einem Genre zuordnen, aber ehesten könnte hier noch der Begriff der postapokalyptischen aber phantasiebeflügelnden Science Fiction zutreffen. Eine leidlich sperrige Erklärung für ein zeitloses und inhaltlich sehr dichtes Werk, welches seine Vorbilder nur sehr schlecht verleugnen kann. So drängen sich Vergleiche an klassische SF-Serien wie „Cyann“ (Bourgeon), „Im Schatten des Neumonds“ (Adamov und Cothias) oder „Samba Bugatti“ (Jean Dufaux und Werner Goelen alias Griffo) geradezu auf, ohne dass man bei Houot das Gefühl hat, er würde einfach nur kopieren. Ihm gelingt es mit einem Strich, der Feinheit und Genauigkeit verbindet, dennoch Strenge und Dynamik mischt, eine gänzlich eigene und unverbrauchte Mischung aus SF und Phantastik an den Tag zu legen, wie man sie in den letzten Jahren nur selten gesehen hat. Die Akteure hingegen haben ihren Ursprung unzweifelhaft in der Darstellung der Bilderwelt eines Bourgeon – ebenso realistisch wie auch etwas hölzern, verbreiten sie einen spröden Charme, der den phantastischen Bildern und Dekors hervorragend steht.

 

Und die Geschichte? Sie ist abstrakt und man hat ein wenig Mühe dieser zu folgen, zumal die Hintergründe des Protagonisten Chronover in dieser Welt dem Leser verborgen bleiben. Nur wenig erfährt man über diesen älteren Mann, der in seiner Darstellung einigen älteren Bildern von Houot verblüffend ähnlich ist und sich in einer Welt bewegt die von einer gigantischen Katastrophe zerstört wurde und scheinbar in der Einöde der Wüste zurück in eine feudal geprägte Gesellschaftsordnung gefunden hat. Der totalitäre Staat, wie man ihn aus anderen düsteren SF-Geschichten kennt, wird ebenfalls nicht sonderlich eingehend erklärt und so bleibt diesem Aspekt der Welt insgesamt viel Platz für noch mehr grandiose Einfälle und Ideen.

 

Qualität, Ausstattung & Übersetzung:

Die Qualität des Hardcoverbandes des Splitter Verlages ist wie immer vorbildlich und so erhält man einen solide gearbeiteten Band, der durch ein angenehmes Druckbild überzeugt. In Sachen Ausstattung hätte ich mir gerne mehr gewünscht, insbesondere Skizzen und Entwürfe von den phantastischen Orten und Wesen die Houot mit absoluter Leichtigkeit entwirft. Die Übersetzung von Tanja Krämling ist wie immer tadellos und angenehm zu lesen.

 

Fazit:

Wer seine Freude an ausgefallener SF hat, die mit extravaganten Schauplätzen, bizarren Figuren und eigenwilligen Kreaturen aufwarten kann, der dürfte hier auf jeden Fall voll auf seine Kosten kommen, insbesondere da es Autor und Zeichner Houot gelingt ein Szenario zu kreieren, in dem sich klassische Abenteuerelemente mit modernem SF mischen.

 

Für mich auf jeden Fall eine wunderbare Entdeckung, auf die der deutsche Leser leider bislang 10 Jahre nach der Veröffentlichung in Frankreich warten musste, bevor sich der Splitter Verlag anschickte dieses Werk endlich zu übersetzen.

 

Eigenwillig, sperrig und mit Anleihen bekannter Zeichner gespickt sollte man auf jeden Fall einen Blick in diesen Band werfen – es lohnt sich!