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Brennpunkt: Matrix
Bewertung:
(3.7)
Von: Stephan Schobloch
Am: 07.02.2004
Autor:Randall Bills, Lars Blumenstein, Rob Boyle, Elissa Careay, Davidson Cole, Pattri
Typ:
System:Shadowrun
Setting:Shadowrun
VerlagFanPro / Wizkids
ISBN/ASIN:3-89064-756-1
Inhalt:136 Seiten, Softcover
Sprache:Deutsch

Brennpunkt: Matrix

Mit Brennpunkt: Matrix präsentieren FanPro und WizKids ein weiteres Quellenbuch für das Shadowrun System. Diesmal geht es – wie der Titel vermuten lässt – um die virtuelle Unendlichkeit der Matrix. Dabei ist wichtig, dass Brennpunkt: Matrix kein Regelbuch wie „Matrix“ ist, sondern ein Quellenbuch, das den Spielleiter mit Hintergrundinformationen versorgen soll.

 

Bei dem Buch handelt es sich wie gewohnt um ein Softcover mit 136 Seiten und einer farbigen Titelillustration, während die Zeichnungen im Innenteil allesamt schwarzweiß sind. Schriftgröße und Seitenränder sind wie bei allen Shadowrun Produkten recht klein, die Nutzung des vorhandenen Platzes ist also optimal. Auch der Preis unterscheidet sich mit 23 € nicht von anderen SR Publikationen.

 

Der Inhalt

Der Inhalt von Brennpunkt Matrix ist in neun Kapitel unterteilt, deren Inhalt hier nur kurz angerissen werden soll:

 

1.) Gitter

Hier werden insgesamt neun verschiedene Gitter (d.h. Computernetzwerke in der Welt von Shadowrun) beschrieben. Das Kapitel deckt dabei ein breites Spektrum von A wie „Angel Satellitennetz“ bis T wie „Transys Neuronet“ ab. Alle Gitter sind ausreichend detailliert beschrieben: Man findet nicht nur Informationen über ihre Modellierung, sondern auch über Sicherheitsmaßnahmen der Administratoren und die Daten und Personas, die man hier antreffen kann.

 

2.) Data Havens

Die Data Havens sind ein fester Bestandteil der Schattenszene: In diesen Systemen finden Shadowrunner Informationen über so ziemlich alles, was nicht für die Augen der Öffentlichkeit bestimmt ist: Geheime Forschungsdaten, Reiserouten eines Mafiabosses, strategische Papiere des einen oder anderen Megakonzerns usw. Das Kapitel legt seinen Fokus eindeutig auf den bekanntesten Data Haven – Shadowland bzw. den Nexus von Detroit. Aber auch über andere weniger bekannte Havens wie Asgard, die Helix oder Mosaic findet man gute Informationen.

 

3.) Seattle Online

Auf elf Seiten gibt das Kapitel Aufschluss über das Gitter von Seattle und seine interessantesten LTGs und Hosts – von Ares über Microsoft-Nachfolger „Microdeck“ bis hin zum mysteriösen LTG der Renraku Arcologie ist so ziemlich alles abgedeckt, was einen Spielleiter einer Seattler Kampagne interessieren könnte.

 

4.) Hosts

Das Kapitel Hosts beschäftigt sich mit einigen der interessanteren Hosts, die der geneigte Decker auf seinem Ausflug in die Matrix finden kann. Auch hier wird eine recht umfangreiche Palette abgedeckt: Das Kapitel enthält Informationen über „Hacker House“ eine Art „Tauschbörse für Decker“, in der man so ziemlich jede Software kaufen kann, die es auf dem freien Markt oder in den Softwareschmieden der Megakons gibt. Die gebotenen Informationen decken dabei oft nicht nur den Host selbst ab, sondern auch die Organisationen, die hinter dem Host stehen, so zum Beispiel die kleine Hackertruppe, die das „Hacker House“ betreibt. Insgesamt kratzt das Kapitel eher an der Oberfläche und lässt dem Spielleiter viel Raum für eigene Kreativität.

Selbstverständlich ist auch dem legendären Zürich Orbital ein Eintrag gewidmet, der den Spielleiter endlich mit ein paar Informationen über diese Matrix-Legende versorgt. Recht interessant sind auch die Einträge über Matrix-Spiele, eine ganz besondere Form der Unterhaltung, die in ihrer Kreativität wohl nur noch von den Matrix-Bordellen übertroffen wird.

 

5.) Personas

Das nächste Kapitel gibt ausführlich Auskunft über verschiedene legendäre Decker wie FastJack, Grid Reaper oder den Smiling Bandit. Jede dieser Personas wird ausführlich beschrieben, inklusive Informationen über persönliche Vorlieben und Motivationen.

 

6) Organisationen

Wie in der realen Welt gibt es auch innerhalb der Matrix bestimmte Gruppen die gemeinsame Interessen der einen oder anderen Form vertreten, und genau diesen Gruppierungen ist das Kapitel „Organisationen“ gewidmet. Es werden fünf Gruppen beschrieben, darunter die „Dead Decker’s Society“ und die „Schockwellenreiter“, eine Nachfolgeorganisation des real existierenden Chaos Computer Clubs (CCC). Die gebotenen Informationen sind hierbei größtenteils eher oberflächlich und lassen dem Spielleiter viel Freiraum, die Organisationen nach seinen Vorstellungen zu gestalten.

 

7.) Die Matrix in der ADL

Wie es sich für ein deutschsprachiges Buch über die Matrix gehört, ist auch dem deutschen Teil des weltweiten Netzes ein Kapitel gewidmet. Hier werden Topographien, Provider und Betreiber sowie Matrixsicherheit in der ADL (Allianz Deutscher Länder) erläutert und beschrieben. Da es sich um eine Zugabe zum englischen Original handelt umfasst das Kapitel nur neun Seiten und bleibt deshalb recht allgemein. Ein drittel des Kapitels trägt hierbei den Titel „On-Topic: Matrix-Religionen“ und beschäftigt sich mit einem sehr interessanten Thema. Der Titel verrät allerdings schon genug – wer mehr wissen will sollte das selbst lesen.

 

8.) Spielleiterinformationen

Die letzten 20 Seiten von Brennpunkt: Matrix sind einzig dem Spielleiter gewidmet und enthalten handfeste Regeln und Statistiken für alles was in den vorhergehenden Kapiteln beschrieben wurde. Hierbei handelt es sich zum größten Teil um Spielwerte für die beschriebenen Gitter und Hosts, ein paar neue Mechanismen sind allerdings auch wieder mit von der Partie.

 

Die Präsentation

Layout und Satz sind alles in allem sehr ordentlich und lassen eigentlich keine wirklichen Kritikpunkte aufkommen. Es mag einigen Lesern optisch nicht gefallen, dass die Seiten fast bis zum Rand in einem niedrigen Schriftgrad bedruckt sind, doch insgesamt ist die Aufmachung von Brennpunkt: Matrix gelungen und erfüllt ihren Zweck mit Bravour.

Über die Qualität von Illustrationen kann man sich ja bekanntlich streiten, mir persönlich gefallen die Illustrationen im Innenteil (allesamt schwarzweiß und sehr comic-haft) nicht so gut. Da das Cover hier abgebildet ist, spare ich mir einen Kommentar.

Wertung: 3/5

 

Das Leseerlebnis

Meiner Meinung nach sollte ein Rollenspielbuch nicht nur nützlich sein und das Spiel bereichern, sondern auch beim Lesen selbst unterhaltsam sein. Meiner Erfahrung nach erfüllen die meisten Quellenbände für Shadowrun diese Anforderung und auch Brennpunkt: Matrix ist da keine Ausnahme. Die Texte sind in einem guten wenn auch sehr lässigem und umgangssprachlichen Stil verfasst, aufgelockert durch den allseits beliebten „Shadow Talk“ – Kommentare von Schattenläufern zum eigentlichen Text (eine geschickte Methode alternative Inhaltsvorschläge und Plot Hooks unterzubringen!). Andere Titel (z.B. „Erwachte Länder“, siehe die Rezension hier im Gate) konnten mich zwar noch stärker fesseln, was dem Ergebnis in dieser Kategorie einen kleinen Dämpfer verpasst.

Wertung: 4/5

 

Der Nutzwert

Obwohl ein Quellenbuch unterhalten soll, ist sein eigentlicher Zweck klar: Es sollte das Spiel bereichern, und zwar möglichst unabhängig von der Art der Kampagne. Das ist bei Brennpunkt: Matrix leider nur in eingeschränktem Maße der Fall. Ein Kritikpunkt, der Shadowrun schon seit der 1. Edition anhaftet ist die Tatsache, dass Ausflüge in die Matrix meistens dazu führen, dass der Spielleiter teils sehr lange Soli mit einem einzelnen oder zumindest nur einem Teil Spieler abhandeln muss – der Rest Gruppe langweilt sich in dieser Zeit meistens ziemlich. Ein Quellenbuch über die Matrix macht diese Situation natürlich nicht gerade besser. Wenn man also keine echte Decker-Kampagne mit einem Fokus auf die Matrix, Technologie und Computerkriminalität spielt wird man mit Sicherheit nur kleine Teile des gebotenen Materials verwenden können. Angesichts der gebotenen Qualität ist dies meiner Meinung nach sehr schade: Es juckt einen als Spielleiter geradezu unter den Fingern… Da man gerade die Kapitel über die Data Havens und die Matrix-Organisationen aber zumindest periphär in jede Kampagne einstreuen kann, bleibt es bei einem gerade noch befriedigendem Ergebnis in dieser Kategorie.

Wertung: 3/5

 

Preis/Leistung

Brennpunkt: Matrix entspricht dem archetypischen Shadowrun 3.01 Quellenbuch (136 Seiten, Softcover, 23€). Qualität und Quantität der gebotenen Informationen ist hervorragend. Von dieser Warte ist das Buch auf jeden Fall empfehlenswert (sofern man eine Kampagne plant, in der das Material Verwendung finden kann). Insgesamt bekommt man das, was man von FanPro gewohnt ist: Viel Buch für (vergleichsweise) wenig Geld.

Wertung: 5/5

 

Fazit:

Insgesamt ist „Brennpunkt: Matrix“ ein gutes Quellenbuch mit der kleinen Schwachstelle, dass es nicht in jeder Kampagne vollständig genutzt werden kann. Wenn jedoch eine Matrix-Kampagne gespielt werden soll, dann ist dieses Werk eine hervorragende Quelle der Inspiration und sollte auf keinen Fall in der SR-Sammlung fehlen.