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Warhammer Fantasy RPG - Spielleiter-Handbuch
Bewertung:
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Von: Jörg Deutesfeld
Alias: Debaser
Am: 23.05.2012
Autor:Jay Little, Daniel Lovat, Michael Hurley, Tim Uren, Christian T. Petersen (Herausgeber)
Übersetzer:Daniel Schumacher, Oliver Hoffmann
Typ:Spielleiter-Handbuch
System:Warhammer Fantasy Rollenspiel
Setting:Warhammer Fantasy
VerlagHeidelberger Spieleverlag
ISBN/ASIN:978-3-942857-01-7
Inhalt:196 Seiten, Hardcover
Preis:29,95 EUR
Sprache:Deutsch

Der äußere Eindruck

Der Heidelberger Spieleverlag präsentiert das Warhammer Fantasyrollenspiel-System in einer überarbeiteten und ergänzten deutschen Übersetzung, die zunächst mit drei zentralen Regelwerkkomponenten aufwartet. Hierzu gehören das „Spieler-Handbuch“, das „Spielleiter-Handbuch“ und das „Kreaturen-Handbuch“. Zu jedem dieser Handbücher gibt es zusätzlich ein sogenanntes Arsenal, welches in einer kompakten Box Karten, Figurenaufsteller und Spielmarker enthält, die speziell entwickelt wurden, um den jeweiligen Aspekt des Handbuches zu vervollständigen. Diese Rezension bezieht sich zum Teil auf Karten, Blätter, Marker und andere Spielmaterialien, wie sie überwiegend im „Spieler“- und „Spielleiter“-Arsenal enthalten sind. Es ist zwar auch möglich, ohne diese Materialien zu spielen, doch dürfte dabei sicherlich ein großer Teil des Spaßes an diesem System verloren gehen, der gerade seinen Reiz aus dem durchaus als innovativ zu bezeichnenden Spielmechanismus zieht.

 

Das Spielleiter-Handbuch erscheint als solide gebundene Hardcoverausgabe mit einem Seitenumfang von 196 Seiten und macht einen überaus haltbaren Eindruck. Die Umschlagillustration von Zeichner Daarken, den ich noch für das Spieler-Handbuch gelobt habe, zeigt diesmal auf dem Titel ein mir bislang unbekanntes zweiköpfiges Wesen aus dem Warhammer-Bestiarium. Vom Stil und der Ausführung sicherlich gelungen, dürfte diese Kreatur bei Kennern des Spiels sicherlich Stirnrunzeln ob ihrer Herkunft hervorrufen. Ein Blick auf die Innenseite bietet im Vorsatzblatt eine Karte mit den politischen Grenzen des Imperiums, als im hinteren Vorsatzblatt eine detaillierte Karte der Provinz Reikland und der näheren Umgebung, wie man sie bereits aus dem Spieler-Handbuch kennt.

 

Das Innenleben des Bandes gestaltet sich ausnahmslos farbig und sehr gut strukturiert. So gibt es einen durchgehend zweispaltigen Seitenaufbau mit jeweils farblich hervorgehobenen Überschriften, immer wieder gelungenen Illustrationen, zusätzlichen Texten und Beispielen zur Spieltechnik die im Gesamtkonzept überzeugen, ohne unübersichtlich zu sein. Symbolisierte Reiter auf der rechten Seite geben einen schnellen Überblick, in welchem Kapitel oder Anhang man sich gerade befindet. Neben dem brauchbaren Inhaltsverzeichnis gibt es einen recht knapp gehaltenen Index am Ende des Bandes, der beim Auffinden von bestimmten Themen und Abschnitten hilft. Was ich allerdings vermisst habe, war ein Lesebändchen, welches die Arbeit eines Spielleiters doch des Öfteren ziemlich erleichtert.

 

Die Illustrationen sind durchgehend von recht hoher Qualität und so gibt es einige echte Highlights zu entdecken. Allerdings gibt es auch weiterhin den Trend zur Zweit- oder Drittverwertung aus bisherigen Publikationen, so dass der erfahrene Warhammer-Spieler sicherlich die eine oder andere Illustration erkennen wird. Die deutsche Übersetzung von Daniel Schumacher und Oliver Hoffmann liest sich gut und sehr flüssig. Zudem hat das Lektorat gute Arbeit geleistet, so dass es von mir bislang keine groben Schnitzer im Text zu vermelden gibt.

 

Der Inhalt

Verteilt auf insgesamt 17 Kapitel nebst einem Anhang, der mit Tabellen zu kritischen Wunden, Wahnsinn, Zauberpatzer, Mutation, Krankheiten und einigen anderen Zusammenfassungen aufwarten kann.

 

Kapitel 1 – Grundlagen des Spielleitens

Den Einstieg macht ein sehr ausführliches Kapitel über die Grundlagen des Spielleitens. Normalerweise bin ich kein großer Freund von diesen zum Teil immer wieder recht banalen Darstellungen, doch gibt es hier einiges lesenswertes für den Spielleiter. Auch wenn der Text sich vornehmlich an den Einsteiger richtet, so dürfte es sicherlich auch für Rollenspielveteranen noch den einen oder anderen interessanten Hinweis geben. Ich fand diesen Einstieg durchaus erfrischend, da dieses Kapitel etwas abseits der üblichen „Tipps und Kniffe“ angesiedelt ist und für den Spielleiter einige wirklich brauchbare Dinge vermittelt.

 

Kapitel 2 – Episoden & Akte

Das Warhammer-Fantasyrollenspiel hat einige unterschiedliche regeltechnische Maßeinheiten zur Abwicklung von Ereignissen im Spiel. Hier gibt es nun einige aufschlussreiche Erklärungen, wie man diese einsetzt, sinnvoll die Episoden eines Abenteuers bildet und insbesondere die Erholungsphasen für Charaktere berücksichtigt, damit sich diese regeltechnisch regenieren können.

Es gibt aber auch Beispiele für den Aufbau einer Erzählstruktur, die Gestaltung von Ereignissen und Aktionen außerhalb von Episoden und einen sehr brauchbaren kleinen Kasten, der die verwendeten Begriffe zu „Zeit und Dauer“ kurz und bündig sinnvoll erklärt.

 

Kapitel 3 – Spielleiterresourcen

Unter diesem etwas irreführenden Titel des Kapitel sind Ressourcen zu verstehen, die dem Spielleiter zur Verfügung stehen, um Aktionen der Spieler zu belohnen, einen bestimmten Spielstil zu fördern oder aber das Interesse der Spieler am Spiel selbst zu erhalten. Neben Schicksals- und Erfahrungspunkten, die als „klassische“ Belohnung gelten dürften, gibt es Ausführungen zu Umgebungseinflüssen, die sich auf die Zusammenstellung als auch die Deutung der Würfel auswirken. Praktische Beispiele erläutern die Auswirkung auf Würfe und es gibt genügend Hinweise für den Spielleiter, wie ein entsprechender Pool durch bestimmte Einflüsse gebildet werden sollte.

 

Kapitel 4 – Die Fortschrittsleiste

Die Fortschrittsleiste ist ein neues und ziemlich vielseitiges Instrument, welches dazu dienen kann, die Entwicklung unterschiedlichster Ereignisse im Spiel zu verfolgen. Welche Anwendungsmöglichkeiten es gibt und ein ziemlich ausführliches Beispiel nebst der Vorstellung für ausgesuchte spezielle Geschehnisse runden den Überblick ab. Vorgestellt wird auch die Fortschrittsleiste auf dem Gruppenbogen, die dazu dient Anspannungen und Auseinandersetzungen innerhalb der Gruppe zu verwalten.

 

Kapitel 5 – Kampagnenspiel

Es geht im Rollenspiel mit Sicherheit nicht nur darum, einzelne Abenteuer zu spielen. Die Kunst besteht vielmehr darin, diese möglicherweise zu einer mehr oder weniger großen Kampagne zu verbinden. Welche Möglichkeiten dem Spielleiter zur Verfügung stehen, wie man Kampagnen entwickelt, welche Konzepte man einsetzen kann und wie mögliche Elemente einer Kampagne aussehen, erfährt man hier.

 

Kapitel 6 – Feinde & Gegenspieler

Als Spielleiter muss man natürlich auch die unterschiedlichsten Feinde der Charaktere verwalten. neben einigen recht netten Ausführungen zu optischen Eindrücken, Persönlichkeitsmerkmalen oder auch Verbindungen zu den Charakteren erfährt man hier einiges über die Verwaltung dieser NSC und das geschickte Anpassen von möglichen (tödlichen) Begegnungen.

Ein weiteres großes Thema bei der Feinde- und Monsterverwaltung ist die Erläuterung der Darstellung der Werteblöcke für Kreaturen und NSC als auch die erfreulicherweise immer wiederkehrende Frage, wie erschaffe ich einen Nemesis-NSC, der meinen Spielern immer wieder das Leben schwer macht.

 

Kapitel 7 – Verderbnisregeln

Wer in der grimmen Welt von Warhammer als Abenteurer unterwegs ist, wird mehr oder weniger zwangsläufig mit Chaosanhängern, Mutanten und anderem üblem Gezücht in Berührung kommen. Dass solche Begegnungen nicht spurlos an einem Charakter vorbeiziehen, leuchtet ein. Um den Kontakt eines Charakters mit den unvorhersehbaren Mächten des Chaos zu messen, gibt es (je nach Schwere des Kontaktes) Verderbnismarker, die im Laufe des Spiels angesammelt werden. Aus ihnen resultieren Mutationen oder aber auch Wahnsinn. Eine überaus hübsche, wenn auch nicht neue Idee, die das Leben der Charaktere etwas bunter gestalten kann. Allerdings sollte man den Faktor Verderbnis als Spielleiter nicht unbedingt bis ins Letzte ausreizen.

 

Kapitel 8 – Regeln für Krankheiten

Auch wenn es sich bei den Charakteren der Spieler mehr oder weniger um Helden handelt, so können diese doch von kleinen Wehwehchen oder auch schlimmeren Krankheiten heimgesucht werden. Die Abwicklung erfolgt über Krankheitskarten, welche die genauen Beschreibungen und regeltechnischen Auswirkungen aufgedruckt haben. Natürlich gibt es sowohl Genesungswürfe, als auch Hinweise in diesem Kapitel auf Kräuter und Arzneimittel. Es wäre schlicht und ergreifend tragisch, falls es einen Charakter wegen einer infektiösen Verletzung dahinraffen sollte, anstatt mit dem Schwert in der Hand gegen die Mächte des Chaos zu kämpfen und einen heldenhaften Tod zu finden.

 

Kapitel 9 – Glaube in der Alten Welt

Religion und Aberglaube sind bestimmende Elemente der Bevölkerung des Imperiums und begleiten diese von der Geburt bis zur Bahre. Dieses Kapitel widmet sich weniger den einzelnen Göttern, als vielmehr dem Thema Volksglaube, als auch Wanderpredigern, heiligen Kriegern und der Frage der der Verbindung zwischen Magie und Religion. Kurzweilig zu lesen und interessant zu wissen, wie sich der Glaube abseits der größeren Städte verhält, aber auch wie es um Tempel und Schreine bestellt ist und welche Bedeutung sie haben.

 

Kapitel 10 – Die imperialen Kulte

In diesem Kapitel wird das imperiale Pantheon vorgestellt, der die Götter Manaan, Morr, Myrmidia, Ranald, Rhya, Shallya, Sigmar, Taal, Ulric und Verena umfasst. Neben der Kultstruktur und der Hierachie gibt es hier Informationen über die Rolle der Kulte innerhalb der Gesellschaft als auch über das Leben in einem dieser Kulte.

 

Kapitel 11 – Andere Religionen

Neben den menschlichen Göttern, gibt natürlich auch das Pantheon der Zwerge und der Elfen. Etwas deplatziert in diesem Kapitel erscheint mir der Abschnitt über Feiertage, Feste und Rituale, der vielleicht besser im vorangegangenen Kapitel untergebracht gewesen wäre. Ein Überblick über Aberglaube und einige weit verbreitete Volksbräuche runden dieses Kapitel ab.

 

Kapitel 12 – Verderbnis und Ketzerei

Die vier dunklen Götter des Chaos – Khorne, Nurgle, Slaanesh und Tzeentch sind die Verkörperung der verderblichen Mächte in der Alten Welt. In diesem Kapitel werden nicht nur diese Mächte der Verderbnis vorgestellt, sondern auch ein Blick auf Chaoskulte und Ketzer geworfen. Doch auch der Gegenpart ist kurz in diesem Kapitel vorgestellt: Der Hexenjäger, der mit Glaube und Feuer gegen die Mächte des Chaos vorgeht. Als Spielleiter sollte man dieses Kapitel auf jeden Fall kennen, gibt es doch einen recht guten Überblick über die dunklen Aspekte der einzelnen Gottheiten und einiges an Inspiration.

 

Kapitel 13 – Magische Theorien

Was es mit der Magie in der Welt auf sich hat, wie sie strömt und sich in einzelne magische Winde unterteilt und wo die Wurzeln der modernen imperialen Magie liegen, erfährt man in diesem Kapitel, welches zudem auch ein kleiner Ausflug in die Geschichte des Imperiums ist. Zugleich erhält man auch ein ziemlich differenziertes Bild über das Zusammenwirken der Aspekte Magie, Religion und des Chaos. Wenn auch etwas theoretisch, so dürfte dieses Kapitel wahrscheinlich Pflichtlektüre für jeden angehenden Magier sein.

 

Kapitel 14 – Die Magieakademien

In diesem Kapitel geht es um die mächtigen Magierakademien des Imperiums, die sich nicht nur alleine in Altdorf befinden. Wie man einer Akademie beitreten kann, welche Ränge es gibt und wie Leben sich an einer der Akademien gestaltet kann man hier erfahren.

 

Kapitel 15 – Die acht Orden

Es gibt acht verschiedene Magierakademien in Altdorf, die sich jeweils dem Studium und der Erforschung der einzelnen magischen Winde widmen. Die acht Orden heißen auch nach den Bezeichnungen für die Winde: Amethyst, Bernstein, Feuer, Gold, Grau, Himmel, Jade und Licht. Vorgestellt wird jeder einzelne Orden mit seinen Lehren und seiner Wahrnehmung. Auch dieses Kapitel sei jedem ans Herz gelegt, der leichtfertig meint, er müsse einen Magier spielen nach dem Motto: Drum prüfe sich, wer sich ewig bindet.

 

Kapitel 16 – Verbotenes Wissen

So wie es Ketzerei gibt, so gibt es selbstverständlich auch eine Fülle von verbotenem Wissen und unerlaubter Magie. Neben der außerhalb des Imperiums praktizierter Magie, dreht sich hier einiges um Schwarze Magie und die ebenfalls gefährliche Hohe Magie.

 

Kapitel 17 – Auge um Auge

Auf rund 35 Seiten gibt es zum Abschluss das Abenteuer „Auge und Auge“, welches als Einführungsabenteuer konzipiert ist und sich somit auch an unerfahrene Spielleiter wendet. Es verschlägt die Charaktere in ein relativ bescheidenes Herrenhaus im Reikland, wo sie bei ihren Nachforschungen rasch auf einige dunkle Geheimnisse und große Gefahren treffen.

Das Abenteuer ist zwar nicht sonderlich umfangreich, aber durch seine recht offene Konzeption auch für manch gestandenen Spielleiter durchaus eine Herausforderung. Hilfreich sind auf jeden Fall die Spielhilfen und Hinweise zur Umsetzung der Geschichte.

 

Anhang: Zusammenfassungen & Tabellen

Im Anhang befinden sich viele der häufiger benutzten Inhalte aus den verschiedenen Arsenalen in klassischer Tabellenform. Insofern muss man als Spielleiter nicht zwingend immer die Kartenstapel durchsuchen, sondern hat alle notwendigen Informationen übersichtlich auf einen Blick vor sich. Die Tabellen ermöglichen aber nicht nur das Nachschlagen, sondern helfen auch bei der zufälligen Bestimmung von Kritischen Wunden, Krankheiten, Geisteskrankheiten, Zauberpatzern und Mutationen.

Darüber hinaus enthält der Anhang auch eine Liste häufiger Zustände, welche die Charaktere betreffen (beispielsweise: angeschlagen, schutzlos bis hin zu wettergeplagt) und die Beschreibung einer Reihe von Örtlichkeiten nebst deren regeltechnischen Aspekten.

 

Spielleiter-Handbuch Index

Ein knapp geratener, aber brauchbare Index, eine Übersicht der Würfelsymbole und das Muster für ein Kampagnenlogbuch runden den Band abschließend ab.

 

Fazit:

Insgesamt wird dieser Band seinem Titel auf jeden Fall gerecht – es ist ein Handbuch für den Spielleiter. Hier geht es nicht in erster Linie um Regeln und deren Umsetzung, sondern um den Aufbau und Ablauf eines Spieles, egal ob es sich um die Konzeption einer Kampagne, die Darstellung von Verderbnis oder Krankheiten handelt. Natürlich hat man einige Sachen bereits im Spieler-Handbuch gelesen und es beschleicht einen manchmal das Gefühl, als würde man einiges in doppelter Ausführung lesen. Dies mag vielleicht in einigen Abschnitten stimmen, doch geht es in beiden Veröffentlichungen um unterschiedliche Aspekte der gleichen Sache. So wird beispielsweise die Fortschrittsleiste noch einmal vorgestellt und während es im Spieler-Handbuch um die regeltechnische Abwicklung ging, so dreht es sich in diesem Band fast alles um die mannigfaltigen Einsatzmöglichkeiten dieser Leiste während eines Abenteuers.

 

Der Band ist natürlich in seinen Erklärungen auf das Spielleiter-Arsenal abgestimmt und widmet sich entsprechend diesem Material. Dazu gibt es eine ganze Menge von hervorgehobenen Beispielen und Hinweisen, wie man dieses sinnvoll einsetzt.

 

Wer weitergehende Hintergrundinformationen über das Imperium erwartet, der dürfte enttäuscht werden. Es gibt zwar einige interessante Informationen (insbesondere im Bereich der Magie), aber der größte Teil an grundlegenden Ausführungen befindet sich bereits schon im Spieler-Handbuch. Hier muss man sich auf die Veröffentlichung der weiteren Publikationen gedulden. Optisch auf jeden Fall gelungen und inhaltlich sicherlich ein Muss für jeden angehenden Spielleiter der neuen Edition, kann ich diesen Band eigentlich nur voll und ganz empfehlen.