Sharner Kobold Sharner Kobold

 

u
Driver for the Dead
Bewertung:
(3.5)
Von: Jörg Deutesfeld
Alias: Debaser
Am: 12.10.2012
Autor:John Heffernan (Autor) und Leonardo Manco (Zeichner)
Übersetzer:Bernd Kronsbein
Typ:Comic / Graphic Novel
Setting:Südstaaten der USA
VerlagSplitter Verlag
ISBN/ASIN:978-3-86869-506-9
Inhalt:168 Seiten, Hardcover mit SU
Preis:22,80 EUR
Sprache:Deutsch

Inhalt:

Moses Freeman ist ein Heiler. Doch ist er nicht irgendein Heiler, sondern er versteht sich auf die uralten Künste des Hoodo, jener Religion, die aus den Bruchstücken des Glaubens, den die Sklaven aus ihrer afrikanischen Heimat in die neue Welt mitgebracht haben und Teilen des christlichen Glaubens, der mit eingeflossen ist, entstand. Und so schafft es Freeman mit seiner Gabe den Sohn der Familie Connor von einem Hoodo-Fluch zu befreien. Allerdings bezahlt Freeman hierfür mit seinem Leben, da ein mächtiger Dämon es schafft, ihn buchstäblich in letzter Sekunde umzubringen.

 

Hier beginnt die Arbeit des recht einsilbigen Einzelgängers Alabaster Graves, der im Auftrag des Beerdigungsinstitutes Delacroix in New Orleans Transporte von außergewöhnlichen Menschen und Wesen übernimmt, damit diese ihre letzte Ruhestätte finden können. In einem ziemlich spektakulär umgebauten Pontiac GTO, den er selbst liebevoll „Black Betty“ nennt, kümmert sich Graves notfalls auch mit Waffengewalt und anderen magischen Mitten um seine Fuhren, als auch um die Leute, welche sie unter Umständen gerne für sich hätten. Sein neuer Auftrag hört sich lukrativ und ziemlich leicht an, da er die sterbliche Hülle des Heilers Moses Freeman von Shreveport, Louisiana, nach Saint Louis, Missouri, transportieren soll. Seine Probleme beginnen allerdings bereits schon damit, dass er Marissa Freeman, der Enkeltochter des Verstorbenen auf seiner Fahrt begleitet werden soll.

 

Unabhängig von den Widrigkeiten die sich aus der Reise der beiden ergeben, ahnt Graves zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht, das er noch weitaus größere Probleme als seine weibliche Begleiterin hat. Ein alter und mächtiger Nekromant namens Fallow macht mit seiner Gruppe von äußerst üblen untoten Begleitern Jagd auf Menschen mit einer besonderen Begabung, so wie sie auch Freeman hatte, um die entsprechenden Körperteile für sich selbst zu nutzen um damit die gleichen Fähigkeiten zu erlangen. Nun hat er es auf das Herz von Freeman abgesehen und eine wilde Jagd nach Graves und seiner wertvollen Fracht über die Straßen, die durch die Sumpflandschaften des Mississippi-Deltas und Bayou Country führt, beginnt. Und als ob die Probleme von Graves nicht schon groß genug wären, so ahnt er noch nicht, was ihn an zusätzlichem Ärger in den Sümpfen erwartet.

 

Schreibstil & Artwork:

Der Autor und Szenarist John Heffernan wuchs in Connecticut und schloss mit dem Bachelor of Arts in Englisch an der renommierten Cornell Universität in New York ab. Kurz danach zog er nach Los Angeles, wo er an der USC Film School drei Jahre lang als Production-Coordinator für studentische Filme arbeitete. Nach seiner Tätigkeit als Development-Assistant für Davis Entertainment und Patchwork Productions, verkaufte John sein erstes Drehbuch: „A Chance for Both Barrels“. Der ziemlich hartgesottene Actionfilm dreht sich um einen Söldner und seine Suche nach einem Mörder, den er zur Strecke bringen will.

Es folgten zahlreiche Aufträge für weitere Drehbücher, der Entwicklung neuer Formate für MTV Films doch der Durchbruch sollte ihm erst durch die Mitarbeit an dem Drehbuch von „Snakes on a Plane“ im Jahr 2006 für New Line Cinema gelingen. Seitdem hat er weiter in großem Umfang sowohl für Film- und Fernsehproduktionen geschrieben, sich aber auch in den vielfältigen Formen literarischen Medien ausgetobt, einschließlich dem Szenario für „Driver for the Dead“, seiner ersten Comic-Serie.

 

Man mag Heffernan seine Mitarbeit an dem mehr oder weniger als Flop zu bezeichnendem Film „Snakes on a Plane“ verzeihen, beweist er doch in dem Szenario von „Driver for the Dead“ sehr gutes stilistisches Können. Seine Geschichte um den einfach, aber sympathisch gearbeiteten Protagonisten Alabaster Graves beginnt erst nach einem stimmungsvollen Intro, in dem der Leser die letzte „Arbeit“ des Heilers Moses Freeman und dessen Tod mit erlebt, um dann unversehens in ein Szenario zu geraten, welches mit viel Tempo, einer schnell geschnittenen Verfolgungsjagd und einigen Hindernissen durch das Delta des Mississippi-River führt und mit allerlei Action und Horror gewürzt ist. Das anfängliche Niveau des Szenario lässt dabei zwar bedenklich nach, aber die Geschwindigkeit und die Wechsel in der Erzählung machen diese Schwäche wieder wett. Dies gilt insbesondere für den Widersacher Fallow, der es auf das Herz von Moses Freeman abgesehen hat und den der Leser auf dessen Tour in Begleitung einiger übler Gestalten durch das Mississippi-Delta begleiten darf. Und Fallow ist bei weitem kein eindimensionaler Charakter, sondern kann ebenfalls mit einer recht interessanten Hintergrundgeschichte aufwarten.

 

Leonardo Manco ist ein argentinischer Künstler mit einem ausgeprägten düsteren Zeichenstil, wie Verlage ihn gerne und häufig für das Horror-Genre nutzen

Er arbeitet seit Mitte der 1990er Jahre im Bereich der Mainstream-Comics, wobei der größte Teil seiner Arbeit für Marvel und DC erfolgte und er erst größere Bekanntheit für seine Arbeit an der Reihe „Hellblazer“ von DC Vertigo erlangte.

 

Nach einer Reihe von kurzlebigen, oftmals gelobten aber immer wieder schnell abgebrochenen Reihen von der Mitte bis Ende der 90er Jahre, schien es eine Weile, als würde Manco lediglich als Zeichner für schnell vergessene Specials und als Lückenbüßer bei kleineren Projekten eingesetzt – aber zumindest arbeitete er noch für Marvel und DC (mit gelegentlichen Arbeiten für Acclaim). Es sollte noch einige Jahre dauern, bis Manco mehr Aufmerksamkeit erhalten sollte, als man ihn für „Hellblazer“ verpflichtete. Er illustrierte fast alle Szenarien von Mike Carey und blieb der Reihe treu, auch unter den Autoren Denise Mina und Andy Diggle. Von seinem früheren Kollegen Warren Ellis scherzhaft „Der verrückte Argentinier“ genannt, arbeitete Manco unter anderem an Titeln wie „Hellstorm“, „Druid“, „Deathlok“, „Werewolf by Night“ mit und zeigt sich aktuell für Marvel in der Reihe „War Machine“. Überwiegend als Zeichner aktiv, wagte Manco mit der für die Marvel Max erschienen Serie „Apache Skies“ allerdings auch das Experiment sein Artwork selbst zu kolorieren.

 

Mag es sich bei dem Szenario um eine einfach, aber geschickt konstruierte Mischung aus Action, Horror und Roadmovie handeln, welches einem recht absehbaren Ende entgegensteuert, so ist doch das Artwork von Leonardo Manco auf jeden Fall sehenswert:

Seine Panelaufteilung ist absolut modern und so gibt es viele Panels, die sich über die gesamte Breite des Blattes erstrecken, verschachtelte Aufbauten und sehr eindrucksvolle ganzseitige Zeichnungen. Hier beginnt das Zusammenspiel von Szenarist und Zeichner, welches diesen Band letztlich zu einer echten Entdeckung macht, da Manco mit diesem cineastischen Aufbau ganz wesentlich zur atemberaubenden Geschwindigkeit beiträgt. In seiner Darstellung fast fotorealistisch schafft es Manco durch die weiche Farbgebung dem Ausdruck und Handeln seiner Figuren die Härte zu nehmen und fast schon ein wenig entrückt zu wirken. Dennoch versteht er es dynamische Action- oder Horrorsequenzen in absolut stimmige Bilder zu fassen, die den Leser teilhaben lassen an diesem rasanten Abenteuer. Für mich ist Manco auf jeden Fall eine echte Entdeckung, die bedauerlicherweise viel zu lange unter Wert gehandelt wurde und hier Gelegenheit bekommt, mit zeichnerischem Können aufzutrumpfen. Wunderbar!

 

Qualität, Ausstattung & Übersetzung:

Der Splitter Verlag präsentiert die ursprünglichen in drei Bänden erschienene Reihe von „Driver for the Dead“ als Intégrale in seiner Reihe „Splitter Books“, die sich bereits mit der Veröffentlichung einiger anderer sehr guter und auch innovativer Comics trotz ihres kleineren Formates einen sehr guten Ruf gemacht hat. Waren es bislang eher französische Veröffentlichungen, so scheint es das nunmehr mit Publikationen des 2007 gegründeten amerikanischen „Radical Comics“-Verlages eines neues und innovatives Standbein gesichert wird. So erschien bereits der hochgelobte Band „The last Days of American Crime“ von Radical bei SplitterBooks.

Die Verarbeitung und die Qualität der kleinformatigen Reihe lassen keine Wünsche offen, auch wenn man in diesem Band als Extra in Sachen Ausstattung „nur“ ein Interview von Heffernan und Manco geboten bekommt, welches mit einer Playlist von Liedern abschließt, die Manco beim Zeichnen gerne hörte. Das beeindruckende Artwork von Manco hätte in diesem Fall im „normalen“ Splitter-Format sicher noch besser ausgesehen, aber das vorliegende Format schafft es sowohl preislich als auch in Sachen Qualität der Bilder den optimalen Mittelweg zu gehen. Die Übersetzung von Bernd Kronsbein liest auf jeden Fall sehr angenehm.

 

Fazit:

Nach einem zeichnerisch und auch erzählerisch grandiosen Intro nimmt die Geschwindigkeit des Szenarios zwar zu, allerdings bleibt die anfängliche Begeisterung ein wenig auf der Strecke, da Heffernan mit seinem Szenario Erfolgsmuster des amerikanischen Action-Kinos schamlos kopiert und mit klischeebeladenen Versatzstücken der Südstaatenromantik wie Voodoo, Zauberei, Sklaven und allerlei anderen historischen Einwürfen etwas überfrachtet. Doch da ist noch die absolut gelungene zeichnerische Gestaltung von Leonardo Manco, welche durch den geschickten Einsatz von Farben, Perspektiven und ihre Dynamik über diesen Umstand hinwegtröstet. Würde es sich um einen Film handeln, so wäre es sicherlich das Genre „Popcorn-Kino“, in dem man bereits an der Kasse genau weiß, was einen erwartet und dies dann auch vollends geboten bekommt.

Trotz aller Nörgelei am Szenario von John Heffernan (was sich letztlich auch auf die Note auswirkt) hatte ich auf jeden Fall mächtig viel Spaß dieses Südstaatenspektakel zu lesen, war ich doch schon durch den Klappentext einigermaßen auf den Inhalt vorbereitet. Für mich auf jeden Fall eine Empfehlung für Fans von leicht trashigen Action-Horror, die mit Bruce Willis – Filmen zurecht kommen oder aber auch Filme wie „The Transporter“ mögen.