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Comanche 15 – Red Dust Express
Bewertung:
(3.8)
Von: Jörg Deutesfeld
Alias: Debaser
Am: 30.11.2012
Autor:Greg (Szenario) und Michel Rouge (Zeichnungen)
Übersetzer:Dr. Markus Schweizer und Uwe Peter
Typ:Comic / Graphic Novel
Setting:Western
VerlagSplitter Verlag
ISBN/ASIN:978-3-86869-271-6
Inhalt:48 Seiten, Hardcover mit Spotlack
Preis:13,80 EUR
Sprache:Deutsch

Inhalt:

Der Bau der Eisenbahnlinie bringt der Tripple-Six-Ranch nicht nur Vorteile, ganz im Gegenteil: Die Verbindungsstrecke, die Material der „Midwest Bronco“-Gesellschaft von Colonel Carlton B. Lawrence zur Hauptbaustelle am Devil´s Pass bringt, verläuft nicht nur über das Gelände der Tripple-Six-Ranch, sondern wird auch Opfer eines Anschlages. Zufällig finden Ten Gallons und Little Jock an einem Abschnitt der Gleise den ermordeten Ben Moore, der für die Überwachung der Strecke in der Nähe des Spitzhorns zuständig ist. Während sie noch am Rätseln sind, wer Ben umgebracht haben könnte, kommt es zu einer Explosion an den Gleisen. Nur mit Glück können sich die beiden retten, um dann unversehens in die Hände der Urheber dieses Anschlages zu geraten: Lobster, „Rattle-Snake“-Annie und Concho Navaja – allesamt gedungene Pistoleros im Dienst der „Nightstar Railroad“ von Dexter, dem härtesten Konkurrenten des Colonel. Man spielt Ten Gallons und Little Jock übel mit und bindet sie mit einer Ladung Dynamit nebst einer Nachricht auf ein Pferd, welches sie zur Ranch zurückbringen soll. Erneut haben die beiden Glück, da das Dynamit mit seiner brennenden Lunte in letzter Sekunde von Red Dust in eine Tränke geworfen werden kann.

 

Auf der Tripple-Six-Ranch hat sich auch Colonel Lawrence eingefunden, der nicht nur besorgt ist über die momentane Entwicklung, sondern auch von einem Wettbewerb berichtet, wonach die „Midwest Bronco“ und die „Nightstar Railroad“ als einzige Konkurrenten um die lukrative Eisenbahnlinie durch das County übrig geblieben sind. Der Bewerber, dessen Lokomotive als erstes in der Stadt Serenity einfährt, erhält den Zuschlag für die Linie, die mehr als zwei Millionen Dollar wert ist. Colonel Lawrence hat nur noch 15 Meilen in seinem Bauabschnitt vor sich, doch Dexter ist ihm dicht auf den Fersen und wird weiterhin unsaubere Mittel einsetzen. Nach den letzten Vorfällen braucht Colonel Lawrence nicht lange nach der Unterstützung durch die Männer von Comanche nachzufragen. Nur allzu willig möchte man Dexter an seinem scheinbar sicheren Erfolg hindern.

 

Noch in der gleichen Nacht werden Pläne geschmiedet, wie man den Handlangern von Dexter von weiteren Anschlägen abhalten kann, doch Concho hat die Gespräche der Männer belauscht und macht sich mit seinem Wissen auf den Weg zu Dexter. Concho kann allerdings nicht ahnen, dass er selbst einer List von Red Dust aufgesessen ist, der einen gänzlich neuen Plan entwickelt.

 

So kommt es dann in der folgenden Nacht zu der wohl härtesten Auseinandersetzung, welche die Männer der Tripple-Six-Ranch je auf eigenem Boden erlebt haben, gilt es doch nicht nur gegen eine scheinbare Übermacht von Gegnern anzutreten, sondern auch so gefährliche Widersacher wie Lobster, „Rattle-Snake“-Annie und Concho Navaja zu besiegen, denen jedes Mittel recht ist, um ihren Auftraggeber zufrieden zu stellen. Ein blutiger Kampf wird entfesselt, der auf beiden Seiten nicht nur Verwundetet fordert.

 

Schreibstil & Artwork:

Mit über 250 veröffentlichten Alben in gänzlich unterschiedlichen Genres zählt der am 5. Mai 1931 in Ixelles, einem Vorort von Brüssel, geborene Michel Régnier, besser bekannt als „Greg“, unbestritten zu den ganz großen und enorm produktiven Autoren der franko-belgischen Comic-Szene. Bereits im Alter von 16 Jahren veröffentlichte er 1947 im belgischen Magazin „Vers l'Avenir“ seinen ersten selbst gezeichneten Comic: „Nestor et Boniface“. Der Erfolg als Szenarist führte Régnier allerdings in seiner Arbeit sehr rasch dazu, als Texter für andere Zeichner zu arbeiten. So arbeitete er zwischen 1960 bis 1966 für die von André Franquin gezeichnete Serie „Spirou und Fantasio“ und verfasste auf Bitten Hergés ein Szenario für „Tim und Struppi“, das bedauerlicherweise jedoch nie als Album realisiert wurde.

 

Seine absolut kreative Schaffensphase hatte Régnier in der Zeit zwischen 1965 bis 1974, in der er als Chefredakteur des Magazins „Tintin“ arbeitete. Mit damals zum Teil noch jungen und unbekannten Zeichnern schuf er eine ganze Reihe von Veröffentlichungen, die sich später zu Klassikern des franko-belgischen Comics entwickeln sollten und durch ihre Veröffentlichung in dem seit Anfang der 70er Jahre erschienenen und überaus populären Comic-Magazin ZACK in Deutschland bekannt wurden. Doch Régnier agierte auch als Roman- und Drehbuchautor und wirkte sowohl für das Comic-Magazin „Tintin“ als auch das Verlagshaus Dargaud in führender Position. Michel Regnier starb am 29.10.1999

 

Von Régnier stammen insgesamt vierzehn große Abenteuer sowie einige Kurzgeschichten für die Reihe „Comanche“. Als sein langjähriger Zeichner Hermann nach dem zehnten Abenteuer aus der Reihe ausstieg, übernahm Michel Rouge 1990 dessen Nachfolge. Bei seinem Tod im Oktober 1999, hinterließ Régnier ein 19 Seiten umfassendes unvollendetes Szenario für ein fünfzehntes Abenteuer namens „Red Dust Express“, welches im Auftrag des Verlagshauses Dargaud vom dem überaus erfolgreichen Szenaristen Rodolphe und Zeichner Michel Rouge beendet wurde.

 

Der französische Comiczeichner Michel Rouge wurde am 01.06.1950 in Paris geboren. Nach seinem Grafik-Studium in Paris unternahm er zunächst ausgedehnte Reisen in den Orient und besuchte anschließend ab 1976 Kurse über Angewandte Kunst bei Yves Got und Georges Pichard. Seine Laufbahn als Comiczeichner begann er als Zeichen-Assistent beim Vaillant-Verlag, wo er zunächst an der Urzeitserie „Rahan“ von Autor André Chéret mitwirkte und später gemeinsam mit Norma einige Episoden von „Capitaine Apache“ (dt. Flammender Speer) gestaltete.

 

Im Jahr 1978 erschien im Comic-Magazin „Métal Hurlant“ mit „Légendes de l’Éclatée“ der erste Comic in Albenlänge von Rouge. Das Szenario stammte von Rodolphe, mit dem Rouge eine langjährige Zusammenarbeit begann und dem 1980 die im Mittelalter spielende Serie „Les Écluses du Ciel“ (dt. Die Pforten des Himmels) folgte.

 

Mit dem Comicautor Patrick Cothias begann er 1985 eine weitere Serie: „Les Héros Cavalier“ (dt. Die Heldenhaften Reiter), die er jedoch nach zwei realisierten Bänden an den Zeichner Philippe Tarral übergab. Etwas erstaunlich, erhielt doch der zweite Band der Reihe „La Grande Ourse“ 1988 den Preis für das beste Album auf dem Festival von Hyère. Der Grund hierfür war sicherlich Michel Regnier, der 1989 mit der Bitte an Michel Rouge herantrat, die ursprünglich von Hermann illustrierte Western-Serie „Comanche“ wiederzubeleben. Rouge willigte ein und so entstanden nach Szenarien von Greg in der Folgezeit insgesamt vier weitere „Comanche“-Alben. Auch in der Folgezeit blieb er dem Western-Genre verbunden bleiben und brachte im Jahr 2000 nach einer Vorlage von Jean Giraud die „Marshall Blueberry“-Trilogie zum Abschluss.

 

Wer meint, Greg habe Rouge nur deshalb als Zeichner gewählt, da er am besten den Stil von Hermann kopieren könne, der dürfte nach anfänglichen Zweifeln mit der Arbeit von Rouge nicht unzufrieden sein. Ihm ist der Spagat gelungen, die Serie behutsam mit ihren Bildern und Akteuren zu modernisieren und frisches Leben einzuhauchen. Er kennt den Stil von Hermann hervorragend, doch sind es andere Perspektiven, neue Einstellungen oder die Komposition der Panels, die sich behutsam, aber deutlich von der Hermanns bisheriger Arbeit abhebt. Fast mag es da schon bedauerlich sein, das es nicht noch weitere Skripte für Szenarien gab – jetzt wo sich Rouge vollends mit seinem eigenen Stil für die Reihe etabliert hat.

 

Qualität, Ausstattung & Übersetzung:

Mit diesem 15. Band findet die „Comanche“-Reihe nunmehr ihr Ende, sind doch jetzt alle Szenarien und Kurzgeschichten in einer tadellosen „Splitter – Collectors Edition“ vereint. Auch der letzte Band der Reihe präsentiert sich als einwandfrei gebundene Hardcover-Ausgabe mit einem Umfang von 48 Seiten, deren Einband ein stilvolles Spotlack-Cover ziert. Sowohl von der Papierqualität, den digital frisch aufpolierten Vorlagen und dem einwandfreien Druckbild brauche ich an dieser Stelle nicht viel zu sagen, da dies beim Splitter Verlag quasi Standard ist und auch für diese Reihe gilt.

Bedauerlichweise endete jedoch die opulente Ausstattung mit zusätzlichen Informationen über die Reihe bereits mit Band 10 und so muss man auch bei diesem Band bedauerlicherweise Abstriche in der Ausstattung machen. Glücklicherweise gibt es aber weiterhin den herausnehmbaren, gediegenen Kunstdruck am Ende des Bandes, auf dem die Reproduktion des Coverbildes zu sehen ist.

Insgesamt hat sowohl der Sammler, als auch der erklärte Fan von „Comanche“ eine überaus sehens- und lesenswerte „Collectors Edition“ vorliegen, die nicht nur inhaltlich ihrem Namen gerecht wird, sondern auch im Regal eine gute Figur macht. Die gewohnt gelungene Übersetzung stammt von Dr. Marcus Schweizer und Uwe Peter.

 

Fazit:

Manch einem mag es wie Frevel vorgekommen sein, ein 19 Seiten umfassendes unvollendetes Szenario von Greg durch einen anderen Szenaristen zu beenden, nur damit man dann einen fertigen Comic vermarkten kann. Doch das Verlagshauses Dargaud hat mit dem Szenaristen Rodolphe ein überaus glückliches Händchen bewiesen, der die meisterliche Gabe besaß, diese 19 Seiten im Sinne und Stil von Greg weiterzuführen und der Reihe ein vielleicht absehbares, aber letztlich gelungenes Ende zu geben.

 

Beginnend im normalen Alltagsleben auf der Tripple-Six-Ranch bahnt sich ein überaus spannend und rasant inszeniertes Szenario an, welches wiederum in Sachen Action und Dynamik hervorragend gelungen ist. Vielleicht ist es auch einfach das Thema als solches, da der „Eisenbahnkrieg“ neue Schauplätze und Möglichkeiten bietet, wie man sie bislang noch nicht in dieser Form hatte. Zudem gibt es bei den Bösewichtern einige wirklich sehr gut in Szene gesetzte Charaktere, die man sich auch für manch anderen Band der Reihe gewünscht hätte.

 

Nach dem Ausscheiden von Hermann war es für Rouge als Nachfolger sicherlich nicht einfach einer überaus erfolgreiche Reihe behutsam den eigenen Stempel aufzudrücken. Doch Rouge hat sich absolut emanzipiert und ist aus dem Schatten von Hermann mehr als deutlich herausgetreten. Ihm gelang es der Reihe zeichnerisch neue Impulse zu geben und die Dynamik langsam aber stetig wieder zu steigern. Im Zusammenspiel mit dem Szenario von Rodolphe tobt sich Rouge förmlich mit den Möglichkeiten aus, die ihm das Medium Eisenbahn gibt. So entstanden einige sehr denkwürdige Panels, die den Abschluss dieser Reihe krönen.

 

Wer die bisherigen Bände der Reihe „Comanche“ gelesen hat, dürfte auch bei diesem letzten Band voll auf seine Kosten kommen, da der unerbittliche Kampf von Red Dust gegen seine scheinbar mächtigen Gegenspieler spannend in Szene gesetzt ist und Rouge als Zeichner zu überzeugen weiß. Zudem gibt es noch einen ganz besonderen Schluss, der sicherlich auch Greg mehr als zufrieden gestellt hätte.