Sharner Kobold Sharner Kobold

 

u
Der Seewolf
Bewertung:
(4.0)
Von: Jörg Deutesfeld
Alias: Debaser
Am: 14.08.2013
Autor:Riff Reb's
Übersetzer:Tanja Krämling
Typ:Comic / Graphic Novel
VerlagSplitter Verlag
ISBN/ASIN:978-3-86869-636-3
Inhalt:Hardcover, 136 Seiten, farbig, 24,5 x 17,4
Preis:€ 24,80
Sprache:Deutsch

Inhalt:

Der junge Humphrey van Weyden hat als Literaturkritiker einigen Erfolg und kann durch sein ererbtes Vermögen bequem Leben. Sein Leben verläuft ruhig und unaufgeregt, bis ihn ein Schiffsunglück einer Dampferfähre in der Bucht vor San Francisco unverhofft an Bord des Robbenfängers „Ghost“ verschlägt.

 

An Bord der „Ghost“ führt der grausame Kapitän Wolf Larsen ein unerbittliches Regiment. Aus einer Laune heraus zwingt er Humphrey, an Bord zu bleiben indem er sich einfach weigert ihn an Land zu bringen und weiter auf Kurs vor die Küste Japans bleibt. Larsen findet fortan eine zynische Freude daran, den schöngeistigen van Weyden mit der brutalen Rauheit des wahren Lebens zu konfrontieren. Van Weyden, zunächst abgestoßen von der menschenverachtenden Einstellung Larsens und dem barbarischen Leben an Bord, beginnt mit der Zeit immer mehr, den verweichlichten Gentleman abzulegen und seine innere Stärke zu entdecken, zumal er an Bord der „Ghost“ beständig ums Überleben kämpfen muss. Er ist zunehmend fasziniert von der Mischung aus autodidaktischem Genie und tierischen Instinkthandlungen, die Wolf Larsen in sich zu vereinen scheint und beginnt sich mit der Welt von Larsen zu beschäftigen.

 

Als Larsen zusammen mit anderen Schiffbrüchigen die schöne Maud Brewster an Bord nimmt, kommt es allerdings zum erbitterten Kampf zwischen den beiden unterschiedlichen Männern. Es liegt an Humphrey van Weyden zu zeigen, ob er wirklich ein verweichlichter Literaturkritiker ist oder aber ein Mann, der für seine Prinzipien einsteht.

Schreibstil & Artwork:

Riff Reb’s, der mit bürgerlichem Namen Dominique Duprez heißt, wurde am 17.12.1960 in Burdeau (Algerien) geboren, dessen Eltern noch während seiner Kindheit nach Frankreich auswanderten.

 

1983 arbeitete er an dem Sammelband „Neuvième Cauchemar“ mit und begann seine Ausbildung in angewandter Kunst und Kunsthandwerk. Ein Jahr später gründete er die „Asylum Studios“, wo er rasch mit Künstlern wie Édith, Kisler, Cromwell, Ralph, Gonnort, Joe Ruffner und Karim zusammenarbeitete. Gemeinsam arbeiteten sie an der Animationsreihe „Les Mondes Engloutis“, die später vom Verlag Casterman als Comic adaptiert wurde.

 

Er veröffentlichte 1985 den Band „Le Bal de la Sueur“ und arbeitete 1987 gemeinsam mit Cromwell, Édith und Ralph an zwei Bänden der Reihe „Sergeï Wladi“. Es folgten 1990 „Parole de Diable“ und ab 1990 die Reihe „Myrtil Fauvette“ („Myrtil Mistelzweig“), für die er sowohl für das Szenario als auch die Zeichnungen verantwortlich war. Für diesen Band wurde er 1993 für den „Max-und-Moritz-Preis“ der Stadt Erlangen nominiert. Er arbeitete aber auch für den Verlag Rackham, für den Bände wie „Dis Bonjour à la Dame“ oder „Le Kid et Bergson“ entstanden.

 

Mit seinen dynamischen Grafiken wurde Riff Reb’s zum Mitbegründer einer neuen Schule von Comic-Künstlern. Und so wundert es nicht, als er von 2003 bis 2005 Dozent bei dem von der Stadt Erlangen und dem Agenten Paul Derouet organisierten Deutsch-Französischen-Comic-Zeichner-Seminar in Erlangen arbeitete und eigens zum 20-jährigen Seminarjubiläum für das beim Verlag Jurgeit, Krismann & Nobst erschienene Album „DéJà-Vu“ die Titelseite zeichnete.

 

Für Albin Michel erschuf er 2005 gemeinsam mit dem Szenaristen Abuli, die Reihe „Glam et Comet“, die Orcal später als Szenarist fortsetzte. Seine maritime Seite entdeckte er mit der Umsetzung von Pierre Mac Orlan´s satirischem Piratenbuch „À bord de l'Étoile Matutine“, die 2009 für den Verlag Soleil entstand und dem die vorliegende Geschichte „Le Loup des Mers“ (Der Seewolf) in 2012 folgte.

 

Heute lebt Dominique Duprez mit seiner Familie in Le Havre, Frankreich.

 

Der Roman „Der Seewolf“ des amerikanischen Autors Jack London ist über Jahrzehnte hinweg zu einem wahren Klassiker der Weltliteratur geworden. Warum dieser vermeintliche Abenteuerroman dies geschafft hat, wird bereits nach den wenigen Seiten klar, wo der Leser der Figur von Wolf Larsen begegnet. Mit ihm hat Jack London eine zeitlos faszinierende und ungemein vielschichtige Figur geschaffen, deren Tiefe nicht ohne weiteres zu greifen ist. Riff Reb´s gelingt es, das gänzlich von Moral befreite, grausame Handeln von Larsen in seiner abstoßenden Rohheit und zugleich tiefer Faszination überzeugend darzustellen. Und so fesselt das Spannungsfeld, das sich zwischen van Weyden als Vertreter des „zivilisierten Miteinanders“, der Moral und des Anstandes und Larsen mit seiner raubtierhaften Brutalität entfaltet.

 

Was im Roman unter Umständen die Dialoge über die Stimmung und Haltung der Charaktere verraten, gestaltet Riff Reb´s in düster kolorierten und klassisch aufgebauten Panels. Jeder einzelne Abschnitt des Szenarios einen anderen, durchgehenden Farbton, der sich vornehmlich in den Farben Rot, Blau, Grün und Gelb bewegt. Die Figuren selbst sind in ihrem Stil rau und kantig im Aussehen, aber jeder der semi-realistisch gezeichneten Akteure wirkt ungemein greifbar und ist auf seine ganz eigene Art optisch überaus eindrucksvoll. Wuchtig und kraftvoll ist sowohl die zeichnerische Darstellung des Meeres als das beengte Leben an Bord des Schiffes mit der ebenfalls gewalttätigen Mannschaft, die aus brutalen Robbenjägern und einer Vielzahl von „verlorenen Seelen“ besteht, die an Land kein normales Leben mehr führen können.

Qualität, Ausstattung & Übersetzung:

In Sachen Qualität liefert der Splitter Verlag seinem Leser wiederum einen solide verarbeiteten Hardcoverband aus der Reihe der kleinen handlichen Splitter Books im Format von 24,5 cm x 17,4 cm nebst Schutzumschlag. In Sachen Ausstattung ist dieser Band etwas karg, da es außer einem Vorwort von Riff Reb´s kein zusätzliches Material gibt. Hier hätte es gerne etwas mehr sein können, wie beispielsweise einen Blick in den Skizzenblock, um sich vielleicht einmal die unkolorierten Entwürfe anzuschauen. Die gelungene Übersetzung aus dem französischen stammt von Tanja Krämling und lässt sich überaus angenehm lesen

Fazit:

Wer meint, nur eine einfache Comicadaption in Händen zu halten, der täuscht sich bei dieser Umsetzung des Romans von Jack London in eine überaus moderne Comicfassung gewaltig. Riff Reb´s zaubert hier keine pseudo-moderne und knallbunte Mischung als vermeintliche Aufbereitung des Klassikers für Kinder und Jugendliche hin, sondern hält sich geflissentlich an die literarische Vorlage, in der Wolf Larsens bedingungsloser Glaube an die Macht des Stärkeren und deren Durchsetzung mit aller Grausamkeit geradezu die kritische Auseinandersetzung des Protagonisten van Weyden mit seinen eigenen Wertvorstellungen erzwingt. Selbst wenn er den Schluss des Romans ein wenig nach seinen eigenen Vorstellungen neu konzipiert, so bleibt ein Kampf, der zeitlos aktuell ist, da zwar die Protagonisten wechseln mögen, die Fronten die Jahrhunderte dennoch überdauern dürften.

 

Ich bin schlichtweg begeistert von der düsteren Schwere dieses Bandes und den geschliffenen Dialogen, welche in aller Kürze die Quintessenz des Romans in hervorragender Weise einfangen. Für mich eine absolute Leseempfehlung des französischen Shooting-Stars, der bereits mit dem Band „An Bord der Morgenstern“ (Carlsen), sein Gespür für das Meer bewiesen hat.