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Traveller - Buch 8 - Macht und Ruhm
Bewertung:
(4.4)
Von: Moritz Mehlem
Alias: Glgnfz
Am: 23.05.2014
Autor:Pete Nash
Übersetzer:Felix Münter, Katharina Prost
Typ:Quellenband
System:Traveller
Verlag13Mann Verlag
ISBN/ASIN:978-3-941420-06-9
Inhalt:110 Seiten Seiten, Hardcover
Preis:24,95 EUR
Sprache:Deutsch

Inhalt: (Vorsicht - leichte Spoiler!!!)

Okay, der Untertitel des Bandes „Ehrlichkeit ist ein Narr“ tönt auf Deutsch schon mal etwas komisch, aber ich schlage ihn trotzdem mal todesmutig auf und blättere etwas herum, um herauszufinden was mich hier erwartet. Zu Aussehen des Buches (schwarz, grünes Traveller-Logo und Titel) und Layout (old-schoolig zweckmäßig) muss ich glücklicherweise kaum ein Wort verlieren. Auch die Illus passen zum Produkt – mit Ausnahme des „Rausschmeißers“, einer s/w-Fantasy-Zeichnung im Stil beispielsweise eines Filip Stojak, die mal so was von gar nicht zu sämtlichen Artikeln um sie herum passt. Ich finde die äußerst cool, würde sie aber eher in einem DCC (Dungeon Crawl Classics-RPG) Produkt vermuten.

Okay, was also wird inhaltlich geboten? Ein Blick auf das Inhaltsverzeichnis gibt Auskunft: Einleitung und Glossar umrahmen 7 Kapitel – Charaktererschaffung, Sozialstatus, Wohlstand, Ruhm, Vergnügungen, Ausrüstung und Kampagnen. Es scheint also neue Charakterklassen – sorry, Karrieren – zu geben und Regeln für alle möglichen Dinge, die mit Ruhm und Reichtum zu tun haben sowie vielen Dingen, die damit zusammenhängen.

 

Schauen wir mal genauer hin: Die neuen Karrieren Aristokrat, Abenteurer, Berühmtheit, Wettkämpfer, Kenner, Lebemann und Menschenfreund werden vorgestellt und mir fallen direkt zwei Dinge auf. Einmal sind sie nicht alphabetisch sortiert (oder waren es einst im englischen Original) und außerdem klingen die total merkwürdig und sind nicht unbedingt ein toller Oberbegriff für die 3 jeweils darunter subsumierten Laufbahnen. Das zweite Problem kenne ich übrigens nur zu gut, beim Übersetzen eines Traveller-Bandes haben mir eben diese Oberbegriffe die größten Bauchschmerzen verursacht.

Aber dass die drei Laufbahnen eines „Menschenfreundes“ Idealist, Geschichtenerzähler und Ermittler sein sollen, ergibt wirklich erst nach Durchlesen der jeweiligen Erklärungen auch nur im Ansatz Sinn.

Wie bei Traveller Karrieren beschrieben sind, muss ich wahrscheinlich gar nicht erklären, tue es aber trotzdem kurz: Man hat einen kurzen Beschreibungstext, dann 3 mögliche Laufbahnen – ebenfalls mit Beschreibungen –, die Qualifikation, Tabellen mit Fertigkeiten und Ausbildung, mit Entwicklung, mit Rängen und Vorteilen sowie Unglückstabellen, Abfindungstabellen und eine große Tabelle mit Ereignissen während der Dienstzeit.

Die neuen Karrieren gefallen mir auf jeden Fall hervorragend! Gerade den Lebemann werde ich ganz sicher mal demnächst in einen Charakter einfließen lassen.

 

Das Kapitel zum Sozialstatus ist ganz klar das Schmuckstück des Bandes – endlich gibt es sinnvolle Handreichungen was man mit diesem Attribut so treiben kann – bisher ist es mir meist nur bei der Wahl potentieller Karrieren und innerhalb der Laufbahnen als Aussiebe-Mechanismus untergekommen. Jetzt hat man endlich konkrete Regeln wie sich ein Sozialstatus-Wert jenseits der 10 auswirkt – was er für das Leben eines Charakters bedeutet. So gibt es Tabellen dafür wie weit der Ruhm reicht, und zwar sortiert nach den unterschiedlichsten Bereichen Sport, Verbrechen, Adel… und was man tun kann, um den Sozialstatus zu verändern. Das werde ich definitiv verwenden.

 

Im Kapitel Wohlstand wird das Konzept des „Portfolios“ vorgestellt und wie dieses verändert wird – ein paar Tabellen auf nur 4,5 Seiten vorgestellt, aber ich habe mir eben mal ein Portfolio zusammengestellt und etwas damit herumgespielt. Es funktioniert.

 

Der Abschnitt zum Thema Ruhm ist schon deutlich umfangreicher. Er befasst sich mit Vor- und Nachteilen davon, einer größeren Menge an Menschen bekannt zu sein. Wobei die Vorteile recht kurz abgehandelt werden, aber die Nachteile lang und schmutzig auszuwürfeln sind – und zwar in Bezug auf Drogen, Angriffe, Erpressungen, Entführungsversuche, mentale Zusammenbrüche, den Umgang mit Stalkern und Betrugsversuche gegen den Charakter. Weltklasse. Ich kann mir gut vorstellen, dass die Tabellen, durch die man sich hier hindurchwürfelt gleich zu dem einen oder anderen Abenteuer führen.

Das ist sowieso einer der großen Vorteile von Traveller. Die ganzen Tabellen wirken nach außen hin total mechanisch, führen aber an jeder Ecke zum Entstehen toller Geschichten.

 

Völlig überraschend ist das Kapitel „Vergnügungen“ ein rein prosaisch beschriebener Abschnitt ohne eine einzige Tabelle. (Okay – zwei kleine Tabellen gibt es, aber die sind eher nebensächlich.) Dadurch ist es zwar für das Spiel am schwierigsten verwendbar, liest sich aber hervorragend und man erfährt etwas von der Vorliebe der High Society historische Schlachten nachzustellen, permanent durchzufeiern, Gladiatorenkämpfe zu besuchen in den Lounges elitärer Clubs abzuhängen. Schön zu lesen, schwer direkt im Spiel anwendbar.

 

Das Ausrüstungskapitel ist der Kracher! Es gibt neue Kleidung, Schmuck, Möbel, Kunstobjekte, Bedienstete, Drogen, Flora und Fauna, Fahrzeuge und Raumschiffe.

Neben obskurem aber witzigem Quatsch wie dem Psionischen Schild-Toupet, den ich dem nächsten solventen Traveller-Charakter kaufen werde, sind besonders die Bereiche Drogen und exotische Pflanzen und Tiere gut zu verwenden. Auf dem „Streuner“, dem 400t-Tourneeschiff, würde ich glatt eine Überfahrt buchen. Gerade bei den Schiffen ist mir allerdings aufgefallen, dass die Räume der Bordpläne wie üblich durchnummeriert sind, sich aber nirgends eine Legende findet, die schildert, was diese Räume auch enthalten – schade, das wurde entweder vergessen, oder es wurde einiges an Potenzial verschenkt.

 

Apropos „verschenkt“. Mich hätte hier gerade interessiert wie ich die ganzen Infos in eine Kampagne umsetzen kann, aber das abschließende Kapitel wirkt irgendwie leicht lieblos drangeklatscht, obwohl es ein eigenes Buch verdient hätte. Man erhält ein paar vereinzelte Ideen, aber so richtig handfest ist hier nichts. Auch finden sich kaum Ideen, auf die jeder dressierte Schimpanse mit etwas Nachdenken nicht auch gekommen wäre.

 

Nachdem ich „Macht und Ruhm“ komplett durchhabe und mit einigen Elementen herumgespielt habe, muss ich sagen, dass mir das Buch super gefällt und vieles sich sehr organisch ins Spiel einfügt, die Übersetzung liest sich insgesamt sehr gut, erscheint mir aber gerade im Bereich der gewählten Oberbegriffe etwas holprig, wobei ich da wie schon zuvor geschildert habe, absolutes Verständnis für habe. Deutsche Entsprechungen zu oft mehrdeutigen oder in der Bedeutung viel weiter gefassten englischen Begriffen zu finden, ist da häufig mehr als schwer.

Fazit:

Ein sehr „spezieller“ Band mit sieben neuen Charakterklassen und etlichen sinnvollen und sinnlosen Tabellen mit jeweils etwas erklärendem Text, die sich irgendwie mit Ruhm und Geld befassen. Hat richtig Spaß gemacht das Buch zu lesen, da es eine deutlich höhere Prise an Humor aufweist als der durchschnittliche Traveller-Band – allerdings habe ich keine Ahnung welche Teile davon ich jemals – sei es für Traveller oder für andere Systeme – stehlen werde.

Der Humor und die guten Ideen erheben den Band für mich klar über den Durchschnitt der Traveller-Regelerweiterungen und spätestens wenn eure Charaktere zu viele Credits auf der Tasche haben, werdet ihr die Tabellen dieses Bandes zu schätzen wissen.

Ob man tatsächlich auf Basis von „Macht und Ruhm“ eine Kampagne um einen Mäzen oder Rockstar planen und spielen kann, wage ich zu bezweifeln, aber vielleicht habe ich den Band auch etwas missverstanden und das soll gar nicht das Ziel sein. Vermutlich sollen nur Schlaglichter gesetzt werden und das gelingt zweifellos.