Sharner Kobold Sharner Kobold

 

u
Die Winterkönigin 1 - Sommerschnee
Bewertung:
(3.8)
Von: Mathias Jäger
Alias: Hunter
Am: 13.06.2014
Autor:Rob McCreary, Kevin Andrew Murphy, Neil Spicer und James Wilber
Übersetzer:Ulrich-Alexander Schmidt, Aeringa Voino
Typ:Abenteuerpfad
System:Pathfinder
Setting:Golarion
VerlagUlisses Spiele
ISBN/ASIN:978-3-86889-778-4
Inhalt:100 Seiten, Softcover, (Buch € 22,95/PDF € 17,99)
Preis:17,99 EUR
Sprache:Deutsch

Mit dem Abenteuer „Sommerschnee“ beginnt der Abenteuerpfad „Die Winterkönigin“. Kein anderer Pfad hat in der Community so unterschiedliche Meinungen hervorgerufen wie dieser Pfad, was es erstaunlich macht, dass Ulisses das Wagnis eingegangen ist, diesen Pfad zu übersetzen; ist man doch zuvor beim asiatischen Thema des „Jade Regent“ zurückgeschreckt, da man der Meinung war, nicht genügend Käufer zu finden.

 

Der erste Teil des Abenteuerpfads führt die Charaktere wie üblich von der ersten bis zur vieren Stufe und ist – so viel darf verraten werden – nichts für Warmduscher. Bereits der Spielerleitfaden zur Kampagne legt nahe Charaktere zu erschaffen, welche in Eis und Schnee zurecht kommen und das erste Abenteuer macht mehr als deutlich, dass man diesen Rat auch beherzigen sollte. Zumal es in späteren Abenteuern für die Charaktere nicht wärmer werden wird!

 

Wie jeder Band eines Abenteuerpfades, so ist auch dieser 100 Seiten dick, wobei 50 Seiten auf das Abenteuer selbst fallen. Die restlichen Seiten werden mit magischen Gegenständen, Hintergrundinformationen (in diesem Fall zu den beiden Dörfern Waldsby und Heldren), einer fortlaufenden Geschichte und einem Bestiarum gefüllt. Als Farben für das Layout wurden für diesen Pfad verschiedene blau töne verwendet (ein eisiges hellblau als Hintergrund, ein dunkles Blau mit Schneeflockenmustern am oberen und unteren Rand einer jeden Seite) was thematisch sehr gut zur Kampagne passt.

Sommerschnee (Achtung Spoiler!)

Vor 1400 Jahren kam die mächtige Hexe Baba Yaga nach Golarion und eroberte jenes Gebiet, welches heute als Irrisen bekannt ist und das sie mit dem Fluch eines ewigen Winters versah. Danach setzte sie eine ihrer Töchter auf den Thron von Irrisen und verschwand wieder. Alle hundert Jahre jedoch kehrt sie zurück, nimmt die aktuelle Königin und weitere ihrer Nachfahren mit sich und setzt eine neue Nachfahrin auf den Thron. Niemand weiß, was Baba Yaga mit ihren Töchtern macht, aber die aktuelle Königin möchte sich ihrem Schicksal nicht einfach so ergeben. Königin Elvanna gelang es mit Hilfe eines mächtigen Verbündeten Baba Yaga gefangen zu nehmen und sogar ihr mächtigstes magisches Artefakt – die tanzende Hütte – festzusetzen. Da Baba Yaga neutralisiert ist, greift Königin Elvanna nach noch mehr Macht: Sie möchte ganz Golarion mit einem ewigen Winter überziehen und sich zur Herrscherin der Welt aufschwingen.

 

Soweit zum Hintergrund des Abenteuerpfades. Auftritt der Spielercharaktere.

Das Abenteuer teilt sich, wie bei Paizo schon fast üblich, in vier Kapitel. Im ersten Teil müssen die Abenteurer sich auf die Suche nach einem verschwundenen Adeligen machen. Er wurde im nahen Wald, indem es, obwohl es Hochsommer ist, schneit, entführt. Die Spieler müssen sich also durch einen verschneiten Wald arbeiten, an Feenkreaturen und Wintertieren vorbei, bis hin zu einem Anwesen im Wald, in das sich Räuber mit dem gefangenen Adeligen zurückgezogen haben.

 

Sobald sie den Adeligen gerettet haben geht es noch tiefer in den Wald hinein, um den Ursprung der unnatürlichen Kälte zu finden. Im Zentrum des sommerlichen Winters finden die Abenteurer dann auch ein Winterportal, welches den Wald mit dem fernen Irrisen verbindet. Sobald sie den Wächter des Portals besiegt haben, tritt eine schwarze Gestalt durch das Tor: es handelt sich hierbei um den Schwarzen Reiter, eine legendäre Feenkreatur im Dienste von Baba Yaga. Er sieht, dass die Helden gegen Königin Elvanna kämpfen und bittet sie daher darum Baba Yaga zu befreien, um Golarion vor einem ewigen Winter zu retten. Um ganz sicher zu gehen, dass die Spielercharaktere zustimmen, werden sie vom Reiter auch noch mit einem Geas belegt, der ihnen zwar Vorteile verleiht, aber sie auch dazu zwingt sich auf die Suche nach Baba Yaga zu machen.

 

Der dritte Teil des Abenteuers führt die Gruppe in das Land der Weißen Hexen, nach Irrisen. Das andere Ende des Portals liegt nahe dem Dorf Waldsby, welches ihrem heimatlichen Dorf Heldren verblüffend ähnlich sieht. Sogar einige der Bewohner scheinen sich zu gleichen. Im Dorf können sich die Helden zum einen der Witterung entsprechend ausrüsten und zum anderen wichtige Verbündete für den weiteren Verlauf des Abenteuers gewinnen. Außerdem erhalten sowohl die Spieler als auch deren Charaktere gute Einblicke in die Zustände, welche im diktatorischen Irrisen herrschen. Sie erleben Hausdurchsuchungen, Verhaftungen und verräterische Dorfbewohner.

 

Im vierten Teil macht sich die Gruppe auf den Weg in den Fahlen Turm. Bei dieser Festung aus purem Eis, die sich unweit von Waldsby befindet, handelt es sich um den Ursprung des Winterportals, welches Irrisen mit der Heimat der Charaktere verbindet. Es folgt ein klassischer Dungeoncrawl durch die Räume der Festung, bis man sich am Ende einer Winterhexe stellen muss, welche den Fokus zum Portal verteidigt. Am Ende des Abenteuers stehen die Charaktere vor dem großen Dilemma, dass sie zwar das Portal in ihre Heimat schließen und es so vor dem ewigen Winter bewahren können, sie dies aber nur vom Fahlen Turm aus bewerkstelligen können. Sie würden also in Irrisen festsitzen. Außerdem finden sie heraus, dass dieses Portal nur eines von hunderten ist, welche sich in ganz Golarion geöffnet haben.

Heldren und Waldsby

Im Anhang an das Abenteuer werden die beiden Dörfer Heldren und Waldsby beschrieben, die geographisch so weit voneinander entfernt sind und doch so viel gemeinsam haben. Heldren ist dabei ein traditionelles Dorf in Taldor, welches man nach Belieben auch in jede andere Nation mit gemäßigtem Klima verlegen kann, solange sich ein größerer Wald in der direkten Nähe befindet, während Waldsby ein verschlafenes Nest in der irrisischen Eiswüste ist. Beide Dörfer sind in gleichem Umfang ausgiebig beschrieben und gerade Heldren ist auch außerhalb dieser Kampagne für ein Startdorf brauchbar. Was die Dörfer jedoch so besonders macht, ist ihre magische Verbindung, wodurch es zu so vielen Ähnlichkeiten kommt. Diese kann man in der Kampagne selbst nach Belieben ausspielen, wobei dies auch voraussetzt, dass die Charaktere Heldren entweder sehr gut kennen oder mehr Szenen als im Abenteuer vorgesehen im Dorf ausgespielt werden.

Chroniken der Kundschafter – Der Wintermarkt

Wie bei jedem Abenteuerpfad gibt es auch hier wieder eine Geschichte, die in diesem und den nächsten fünf Bänden erzählt wird. In diesem Abenteuerpfad geht es um einen angehenden Kundschafter, einen Alchemisten, der ausgesandt wird um das Geheimnis der mysteriösen Porzellanpuppen aus Irrisen aufzudecken. Seine Suche beginnt er dabei auf dem Marktplatz von Weißthron, dem so genannten Wintermarkt. Gerade die Szenen auf dem Markt sind sehr anschaulich beschrieben und sollten für einen SL eine gute Inspiration für beschreibende Texte darstellen, wenn die Abenteurer die Hauptstadt Irrisens aufsuchen.

Bestiarum

Das Bestiarum schließt den Band ab. Dem Thema des Abenteuers entsprechend, werden nur Kreaturen vorgestellt, welche in Irrisen beheimatet sind. Angefangen von arktischen Tieren (Eisbären, Riesenwiesel, Timberwolf), über Frosttannen (eine kleine Art von Ents), über Hausgeister bin hin zur Hexenkrähe. Alle Monster sind für den Stufenbereich, indem sich Charaktere dieses Abenteuers bewegen geeignet. Außerdem – was ich persönlich als Vorteil empfinde – sind sie alle soweit normal, als man nicht irgendwelche Kreaturen genommen und ihnen zusätzliche Extremitäten oder Köpfe verpasst hat. Ausgefallene Gegner dieser Art hat Pathfinder nämlich schon zu genüge.

Deutsche Übersetzung

Die deutsche Übersetzung ist durchweg gelungen. Ein paar Fehler stechen wie üblich ins Auge, aber die sind zu verkraften. Leider wurde wieder einmal beim Texten etwas geschludert. Diesmal sind es einige schmerzhafte Trennungen von Wörtern am Zeilenende (zB: Pferdes – teak). Positiv hervorzuheben ist wiederum, dass man den verbliebenen freien Platz – der dadurch entsteht, dass Ulisses keine Werbung in seinen Produkten abdruckt – genutzt hat, um alle Bodenpläne in unbeschrifteter Form am Ende des Bandes noch einmal zusammen zu fassen.

Fazit (praktisch spoilerfrei)

Ein schönes Eröffnungsabenteuer für einen neuen Abenteuerpfad. Von Anfang an macht das Abenteuer klar, worauf der Fokus des Pfades liegt und man erfährt auch bereits im zweiten von vier Kapiteln, was die große Aufgabe des Pfades sein wird.

 

Der Wald, der in den ersten zwei Kapiteln als Handlungsschauplatz dient, würde sich prinzipiell gut als kleine Sandbox spielen, ist nur leider vom Abenteuer selbst nicht so vorgesehen. Hier reihen sich vielmehr die Ereignisse und Begegnungen direkt aneinander und man fährt auf einer schönen Zugstrecke durch den Wald, bis man sein Zentrum und den Schlusskampf erreicht. Mit etwas Arbeit kann man dem sicherlich entgegen wirken, aber das hätten auch die Autoren selbst machen können.

 

Den Tiefpunkt erreicht das Abenteuer am Ende des zweiten Teils, wenn den Charakteren ein Geas aufgezwungen wird. Zumal die Charaktere genug Antrieb haben sollten von sich aus weiter dem Abenteuer zu folgen, immerhin steht genug auf dem Spiel! In einem Seitenbalken sprechen die Autoren sogar das Problem an und empfehlen den Geas sein zu lassen, wenn der SL der Meinung ist, ihn nicht anwenden zu müssen. Warum schlagen sie ihn dann vor?

 

Kapitel drei gefällt mir persönlich am besten, da es die Charaktere relativ rasch und drastisch an die Kultur und die Zustände des ihnen fremden Landes heranführt. Zudem hat man mit dem Anhang aus dem Abenteuerpfad genug Informationen beisammen, um zusätzliche Szenen in dem Dorf zu spielen. In diesem Kapitel gibt es auch mehrere Möglichkeiten für die Charaktere zu verschiedenen Problemen Stellung zu beziehen, was wiederum Auswirkungen auf Kapitel vier hat. Etwas, was leider viel zu selten vorkommt.

 

Teil vier ist inhaltlich klar und linear. Gut gemacht und spannend und bietet für die Charaktere einige fiese Herausforderungen, von denen aber keine unmöglich zu schaffen ist. Mit dem Schluss des Abenteuers bietet sich dann auch noch ein schönes Dilemma, welches charaktertechnisch sicherlich spannend ausgespielt werden kann.

 

Das erste Abenteuer macht somit zwar ein paar Sachen falsch, aber auch sehr viel richtig und macht auf jeden Fall Lust auf mehr. Anzumerken ist noch, dass es sich empfiehlt sowohl für diesen als auch den nächsten Band als ergänzendes Material noch den Almanach zu Irrisen zu kaufen, der zahlreiche Informationen enthält, die ein Spielleiter zum besseren Darstellen der Spielwelt ausschlachten kann.