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The Witcher Abenteuerspiel
Bewertung:
(3.8)
Von: Gunnar Hönig
Alias: Luther Engelsnot
Am: 29.06.2015
Autor:Ignacy Trzewiczek
Übersetzer:Susanne Kraft
Typ:Brettspiel
Setting:The Witcher
VerlagHeidelberger Spieleverlag
ISBN/ASIN:4015566021136
Inhalt:
Preis:42,95
Sprache:Deutsch

In einer düsteren Fantasy-Welt, in der eine Handvoll Gold über Leben und Tod entscheiden kann, bedrohen Monster selbst die zivilisiertesten Lande. Vier Helden stellen sich der Finsternis entgegen – ein Wettlauf beginnt. Wer findet zuerst heraus, welche dunkle Verschwörung hinter allem steckt?

 

CD Projekt Red, die Macher der The Witcher-Computerspiele und Fortsetzung des Hexer-Zyklus von Andrzej Sapkowski, sind mit Fantasy Flight Games eine Kooperation eingegangen, um den Hexer auch in die Brettspielwelt zu bringen. Angesichts der wachsenden Beliebtheit der Computerspiele und der Welt könnte dies auch nur ein cleverer Schachzug sein, um von einem schnell gemachten Spiel zu profitieren. Hinter dem The Witcher–Abenteuerspiel verbirgt sich jedoch tatsächlich ein unterhaltsames Spiel, wenn man nicht das Falsche erwartet. Wie bei FFG-Spielen üblich, bringt der Heidelberger Spieleverlag die Übersetzung nach Deutschland und liefert dabei eine ordentliche Arbeit, die im Einklang mit den Bücherübersetzungen steht.

Was für eine Art Brettspiel ist das The Witcher–Abenteuerspiel aber nun? Im Grunde ist es ein Wettlauf für zwei bis vier Spieler. Dabei gewinnt derjenige, der am Ende der Partie die meisten Siegespunkten hat. Wer jedoch erwartet, dass man andere Spieler damit stark behindern oder direkt gegen sie vorgehen kann, wird jedoch enttäuscht. Manchmal bietet sich zwar die Möglichkeit, anderen kleinere Unannehmlichkeiten zu bereiten, aber im Grunde spielt man, von einigen Schnittpunkten abgesehen, nur nebeneinander her. Direkte Auseinandersetzungen zwischen den Spielern würden rein vom Thema her auch gar nicht passen. Erwartet man im Gegensatz dazu ein kooperatives Spiel, liegt man wohl auch falsch. Man kann hin und wieder einander helfen, und wird sogar an einigen Stellen dazu ermuntert, aber letztendlich kann es nur einen klaren Gewinner geben. Wenn man sich dennoch darauf einlässt, entwickelt sich schnell ein Rennen darum, die meisten Siegespunkte zu sammeln und das Ende herbeizuführen. Doch was erwartet uns alles in der Box und macht es wirklich Spaß? Das finden wir hoffentlich heraus.

 

Inhalt

Beim Öffnen der Box erwarten uns die beiden Regelhefte, das große Spielbrett, unzählige Marker zum (problemlosen) Herausdrücken, mehrere Kartenstapel sowie eine Handvoll Würfel und Figuren. Insgesamt beläuft sich das Material neben Spielbrett und Anleitungen auf 4 Heldenbögen, 4 Heldenfiguren, 8 Aktionsmarker, 48 Questkarten, 9 Spezialwürfel, 120 Ermittlungskarten, 30 Monstermarker, 40 Unglückskarten, 20 Glückskarten, 4 Gefährtenkarten, 24 Beweismarker, 27 Orenmarker, 21 Unglücksmarker, 36 allgemeine Marker, 60 Trainingskarten, 48 Hinweismarker, 8 Heldenmarker und 16 Wundmarker.

Wie man sieht, ist es eine ganze Menge, die für einen Anfänger etwas überwältigend sein kann. Wer jedoch regelmäßig Brettspiele aus dem Hause FFG spielt, wird davon kaum überrascht werden. Dennoch ist hier auch ein Manko versteckt. Die Karten und Würfel kommen zwar in kleinen Plastikbeuteln verpackt, aber für die vielen kleinen Marker gibt es keine extra Lagerungsmöglichkeiten. Wenn man nicht gerade selbst etwas zur Hand hat, hat man viele lose Kleinteile in der Schachtel. Das ist bei Spielen dieser Art zwar normal, wäre aber eine gute Gelegenheit gewesen, einige Beutel mitzuliefern.

Das Spielbrett besteht aus sechs zum Teil verbunden Quadraten aus stabilem Material, sodass es in der Packung klein zusammengelegt werden kann. Ausgeklappt ist es recht groß, weswegen man eine entsprechend breite Spielfläche benötigt, da neben dem eigentlichen Spielbrett noch die Karten und Marker ausgelegt werden müssen. Das Spielfeld zeigt einen durchaus hübsch gestalteten Ausschnitt der The Witcher–Spielwelt mit verschiedenen Städten und Routen, die man während des Spiels bereist. Kenner der Welt werden alle Orte wiedererkennen und allein deshalb schon ein wenig Freude empfinden. Dabei sind die Schrift wie die Symbole angenehm groß - es sollte für Niemanden ein Problem sein, etwas zu erkennen. Angesichts der Größe des Brettes hätte man es aus Platzspargründen auch ruhig etwas kleiner anlegen können.

Die Qualität des sonstigen Materials ist wie gewohnt hochwertig, allerdings gibt es bei den Plastikfiguren kleinere Mängel. Die Miniaturen sind zwar schon detailliert, die Verbindungsnaht ist jedoch etwas offensichtlicher, als man es von Produkten des Heidelberger Spieleverlags gewohnt ist. Wenn man darauf wert legt, sollte man die überstehenden Teile der Naht abfeilen. Viele der Karten sind mit Illustrationen versehen, die aus dem Fundus der Computerspiele stammen. Dadurch ist der Stil jedoch wenig einheitlich. Es wechseln sich gezeichnete Bilder, wie sie in The Witcher 1 vorkamen, mit eher stilisierten Comiczeichnungen, die später Einzug gehalten haben. Kennern werden die Bilder allesamt vertraut vorkommen. Trotzdem fühlen sich die Bilder nicht wie aus einem Guss an, was gerade Settingfremden auffallen mag.

 

Regeln

Die Regeln kommen wie bei Spielen von FFG inzwischen üblich in zwei getrennten Heften. Vorbildlich wie immer, kann man sich beide auch online unter Spielregeln und Referenzhandbuch ansehen und muss damit nicht einmal die Katze im Sack kaufen. Jeder kann sich vorab ein Bild von den Regeln machen. Das Regelheft erklärt die grundlegenden Mechanismen wie Spielaufbau, Züge, das Erfüllen von Quests, das Sammeln von Siegespunkten und auch Kämpfe. Das Ganze ist mit Bildern und Beispielen unterlegt. Angesichts von lediglich acht Seiten entpuppt sich das Spiel als relatives Regelleichtgewicht. Ein Anspielen ist also nach kurzem Studium der Regeln sehr fix möglich. Die Züge an sich sind eher kurz, die meisten Sonderregeln finden sich zum gegebenen Zeitpunkt auf den Karten selbst wieder.

Im Referenzhandbuch hingegen sind alle Regelbegriffe alphabetisch sortiert und können so schnell nachgeschlagen werden. Zusätzlich enthält es eine Variante für ein längeres Spiel und zum Schluss noch vier Seiten an Informationen über die Welt von The Witcher. Insgesamt umfasst das zweite Heft nur 16 Seiten und klärt lediglich einige Sonderfälle ab, die nicht in den Spielregeln abgedeckt werden.

 

Spielverlauf

Am Anfang wählt jeder Mitspieler den Helden, mit dem er oder sie in die Schlacht ziehen wird. Kenner der Welt sind mit diesen Charakteren bereits vertraut. Zur Auswahl stehen Geralt, der namensgebende Hexer, Monsterjäger und Hauptheld der Spiele und Romane, Triss Merigold, eine Magierin und Beraterin von König Foltest, der Frauenheld und Barde Rittersporn sowie der tapfere Zwerg Yarpen Zigrin mit seinen treuen Zwergengefährten. Alle vier Charaktere haben unterschiedliche Arten von Quests und auch unterschiedliche Schwerpunkte. Obwohl der Grundstock an Aktionen im Spiel sehr ähnlich ist, haben die Macher es geschafft, jedem Helden ein leicht anderes Spielgefühl zu geben und ihn passend zu seiner Vorlage zu gestalten. Dies spiegelt sich vor allem darin, dass sie bestimmte Quests und Hinweise (dazu später mehr) einfacher sammeln können und natürlich unterschiedliche Fertigkeiten entwickeln.

Nach der Wahl des Helden, dem Aufbau des Spielfeldes sowie dem Vorbereiten aller Kartenstapel werden die Helden auf ihren Startpunkt gesetzt. Jeder bekommt einige Orens (die Währung der Welt) zieht zwei Quests von seinem passenden Stapel und wählt eine aus. Geralt hat dabei eher kämpferische Aufgaben, Rittersporn Intrigen, Triss Diplomatie und Yarpen darf frei wählen zwischen Intrigen und Kampfquests wählen.

Jede Quest hat eine Hauptaufgabe, für die man Hinweise der passenden Farbe sammelt und in Beweise umwandelt, sobald man genug davon zusammen hat. Rot steht dabei für Kampf, Blau für Diplomatie und Violett für Intrigen. Es werden stets zwei Beweise und die Reise zu einem bestimmten Ort zum Abschluss benötigt, wobei es mehr Siegespunkte gibt je schwerer die Beweise für den Charakter zu erlangen sind. Rittersporn bekommt also für eine Quest, die Kampf und Intrigen braucht, mehr Siegespunkte, als für eine, die zwei Intrigenbeweise benötigt. Dadurch muss man sich entscheiden, was einem wichtiger ist - schnelle Questerfüllung oder mehr Punkte. Das Spiel endet nämlich, sobald ein Spieler drei Quests abgeschlossen hat; deshalb ist diese Entscheidung durchaus bedeutsam. Zusätzlich besitzt jede Quest auch drei Nebenaufgaben, die meist aus der Ausgabe von Orens oder Hinweisen oder der Reise zu einem bestimmten Ort bestehen. Damit kann man weitere Siegespunkte verdienen. Eine dieser Nebenaufgabe ist stets eine so genannte Unterstützungsquest. Diese kann ein anderer Spieler erfüllen, sobald er am selben Ort ist und die Hinweise oder die Orens ausgeben kann. Dafür bekommen beide Spieler Siegespunkte, wobei der Helfer mehr bekommt. Dies ist eine der Möglichkeit zur Zusammenarbeit. Außerdem darf man auch Hinweise oder Orens tauschen und andere Absprachen treffen. Mehr aktive Zusammenarbeit gibt es zwischen den Spielern jedoch nicht. Die Quests selbst sind mit kleineren Texten unterlegt, welche die Aufgabe sowie den Ausgang bei ihrer Erfüllung beschreiben. Es gibt immer eine Belohnung, allerdings können manche Quests nach Abschluss auch Nachteile mit sich bringen. Gerade bei kämpferischen Quests steht häufig ein Endkampf an. Diesen muss man zwar nicht unbedingt gewonnen, bei Niederlage drohen aber oft nachteilige Konsequenzen. Nach Ende der Quest werden wieder zwei gezogen und eine ausgewählt, bis der erste drei Quests erfüllt hat.

Sobald alle Helden und Startquests feststehen, geht es los. Reihum ist jeder Spieler mit zwei Aktionen dran. Jede Aktionsart darf jedoch nur einmal pro Runde genutzt werden. Questabschluss und manche Karteneffekte sind freie Aktionen und können während eines Zuges beliebig oft ausgelöst werden. Die erste Aktionsart zur Auswahl ist Reisen – damit bewegt man seinen Helden an anderen Ort und erhält dort einen Hinweis entsprechend der Farben auf dem Spielbrett. Reisen ist vor allem wichtig, um bestimmte Nebenquests und Aufgaben abzuschließen. Man kann auch schnelleres Reisen riskieren, allerdings kommen dann Unglückskarten zum Einsatz. Diese sind fast immer nachteilig - nur mit etwas „Glück im Unglück“ können sie harmlos sein. Die Nutzung muss also gut überlegt sein.

Weitere mögliche Aktionen sind Rasten – damit heilt man Wunden - und Ermitteln. Beim Ermitteln wählt man eine der drei Questfarben aus und zieht vom entsprechenden Ermittlungsstapel. Die Ermittlungskarten beinhalten kleine, thematisch sehr passende Ereignisse und stellen aktive Nachforschung dar. Rote Ermittlungskarten bringen meist rote Hinweise ein, blaue hingegen blaue und so weiter. Alle Stapel können dabei auch kleine Aufgaben und Belohnungen erhalten. Interessanterweise hat jede Farbe seine eigenen kleinen Besonderheiten. Rote Ermittlungskarten beinhalten zum Beispiel oft Kämpfe, blau können Erfolgswürfe erfordern oder Stichworte wie „Loge der Zauberinnen“ besitzen, deren Zugeffekte stärker werden, je mehr man davon angesammelt hat. Unter den violetten Karten finden sich sogenannte „wertvolle Informationen“, die gegen große Boni getauscht werden können. Da nur positive Karten langweilig wären, kann auch ein Rückschlag einen Helden ereilen - diese Karten sind rein negativ. Damit ist je nach Charakter immer etwas Vorsicht beim Ermitteln geboten. Es gibt jedoch auch Fähigkeiten und Karten, die dies aushebeln. Jede Ermittlungskarte beinhaltet auch einen Beschreibungstext; einem Kenner werden viele bekannte Elemente der Welt ins Auge springen.

Weiterhin kann man eine Aktion zum Trainieren aufwenden. Dafür zieht man zwei Trainingskarten vom entsprechenden Stapel seines Charakters und darf eine davon behalten. Diese Karten formen den Charakter und machen ihn vor allem stärker. Geralt hat Tränke, Hexerzeichen und Hexerausrüstung, die gerade im Kampf nützlich sind. Triss hat Zaubersprüche und magische Ausrüstung, die sowohl im Kampf als auch beim Reisen und Ermitteln hilfreich können. Yarpen hingegen bekommt neben Kampffähigkeiten auch andere besondere Effekte und kann in unterschiedliche Richtungen ausgebaut werden. Rittersporn brilliert darin, Gefahren zu umgehen, von den Taten anderer zu profitieren und Leute dafür zu bezahlen, ihm zu helfen - ein echter Barde also. Er spielt sich daher sehr interessant, da man als Rittersporn Kämpfen lieber aus dem Weg geht und im Kielwasser der anderen fährt. Damit ist er allerdings bei wenigen Spielern etwas im Nachteil, kann sich aber auch auf andere Fähigkeiten spezialisieren.

Die letzte Aktionsart ist charakterspezifisch. Geralt kann Tränke brauen und damit entsprechende Tranktrainingskarten aufladen, Triss bereitet Zauber vor, die im Schnitt sehr mächtig, aber nicht so leicht aufladbar wie Geralts Tränke sind. Rittersporn singt für Geld, und Yarpen kann seine Zwergengefährten befehligen, um zwei von vier verschiedenen Effekten auszulösen. Dadurch spielen sich alle vier Helden wirklich unterschiedlich, obwohl man mit denselben Grundmechaniken arbeitet. Die Begriffe der meisten Trainingskarten werden Neulingen völlig unbekannt sein, Buch- wie Spielekenner werden jedoch zu ihrer Freude vieles wiedererkennen.

Nach den Aktionen wird immer geprüft, ob in der Region des Charakters Gefahren lauern. Jede Region ist farblich gekennzeichnet und kann Monster wie Unglück enthalten. Sind beide Gefahrensorten vorhanden, darf der Spieler entscheiden, welche er abwickeln möchte. Sollten keinerlei Gefahren da sein, wird der Kriegsanzeiger vorgestellt und neue Gefahren erscheinen in der Region. Unglückskarten stellen Hindernisse und negative Umstände dar, die einen oder sogar alle Helden betreffen können. Stürmisches Wetter, Pestausbrüche, Monsteraktivitäten und alte Feinde der Charaktere können diese einholen. Sie alle zeichnen die düstere Welt und bringen spielmechanische Nachteile, aber auch Würze in die Geschichte. Monster kommen in drei Stufen vor: Bronze, Silber und Gold. Je edler die Farbe, desto mächtiger ist das Monster.

In den Kämpfen kommen die Spezialwürfel zum Einsatz. Diese generieren verschiedene Symbole: Schwerter für den Angriff, Schilde zur Verteidigung und Ritualsymbole für besondere Geistermonster. Zusätzlich gibt es die Möglichkeit, Schwerter in Schilde umzuwandeln oder mit den Heldenwürfeln (von denen jeder Held unterschiedliche hat) Sondersymbole zu erwürfeln. Um ein Monster zu besiegen, muss man immer genug Schwerter generieren. Fehlende Schildsymbole führen meist zu Verwundungen. Verwundungen sperren Aktionen, bis man sie durch Rasten geheilt hat. Manchmal können Aktionen durch Monster oder andere Umstände mit Unglücksmarkern belegt werden. Das bedeutet, dass bei der nächsten Benutzung dieser Aktion eine Unglückskarte gezogen wird. Aufgrund der diversen Würfelergebnisse kann man Kämpfe nicht einfach nur gewinnen oder verlieren. Monster können auch unter Verletzungen besiegt werden, oder man verliert, wendet aber etwaige Schäden ab. Höhere Monster können auch Siegespunkte einbringen, was gerade für Geralt den Monsterjäger eine gute Möglichkeit ist, welche zu verdienen. Natürlich können auch andere Helden das tun, nur Rittersporn wird dabei große Mühe haben. Aber wozu Monster besiegen, wenn man darüber singen kann, wie andere es getan haben, und dafür ebenso belohnt wird? Letztendlich sind aber die meisten Kämpfe für die echten Kämpfercharaktere keine große Herausforderung, vor allem wenn man einige Aktionen ins Training investiert hat.

So wechseln sich die Züge ab, die Helden verbessern sich, reisen durch das Land und erfüllen Quests, bis jemand drei abgeschlossen hat. Dann darf jeder andere noch einen Zug machen, und anschließend gewinnt der Spieler mit den meisten Siegespunkten. Obwohl im Hintergrundtext von der Aufdeckung einer Verschwörung die Rede ist, geht dieser Part trotz aller atmosphärischen Beschreibungen unter. Es wäre nett gewesen, wenn die Erfüllung der dritten Quest so etwas wie eine Endquest auslösen würde, an der alle gemeinsam teilnehmen können, und die Siegespunkte erst danach gezählt würden. Immerhin sind alle Helden ja befreundet, und es würde einen passenderen Abschluss bilden, wenn auch das Spiel etwas in die Länge ziehen.

 

Spielgefühl

Mit den falschen Erwartungen darf man tatsächlich nicht an dieses Spiel herangehen. Es ist weder ein kooperatives Abenteuerspiel, bei dem man gemeinsam gefährliche Aufgaben meistert, noch ein Spiel, bei dem man in direkter Konkurrenz steht und seine Mitspieler verhaut. Es ist tatsächlich mehr ein klassisches Siegespunkte-Sammeln und Nebeneinander-Herspielen. Man entscheidet sich lediglich für eine Strategie, versucht auf optimalem Wege, der je nach Charakter unterschiedlich ausfallen kann, den Sieg zu erreichen, und passt sich an die Spielweise seiner Mitspieler an. Damit ähnelt das The Witcher-Abenteuerspiel in gewisser Weise mehr Siedler von Catan als Descent oder Talisman. Es kann sehr interessant sein, all die kleinen Texte zu lesen, die ihre eigene Geschichten erzählen, und manchmal fiebert man auch einfach mit seinen Gefährten mit, obwohl es kaum echte unüberwindbare Gefahren gibt. Es ist ein eher entspanntes Spiel, das dennoch Spaß machen kann, wenn man sich auf die nett verzahnten Mechaniken und die Welt einlässt und nicht unbedingt die größte Herausforderung sucht oder verbissen seine Mitspieler ärgern will. Die vier Helden spielen sich auch ohne viele komplizierte Regeln angenehm unterschiedlich, und ihre verschiedenen Trainingskarten unterstreichen den jeweiligen Charakter. Die Zeitangabe für eine Partie rechnet mit einer bis zwei Stunden, mit einer vollen Runde ist das jedoch kaum schaffbar. Schon mit zwei Spielern dauert eine Partie meist knapp zwei Stunden - mit mehr Spielern nimmt die Zeit proportional zu. Es kann natürlich sein, dass es mit steigender Erfahrung flotter wird, aber bei der Handvoll Testspiele zeichnete sich dies nicht ab.

Die Umsetzung der Welt und die Einarbeitung der Charaktere finde ich allerdings sehr schön. An allen Ecken und Enden findet man Referenzen auf die Bücher und Spiele, was jeden Fan natürlich erfreut und zusammen mit den Bildern auch passende Assoziationen knüpft. Bei einem Nichtkenner mag es unter Umständen die Neugier auf den Rest der Welt wecken. Wem das Gefühl des Wiedererkennens fehlt, dem entgeht sicherlich etwas, aber das ist ja auch zu erwarten. Alles in allem bleibt einem ein schönes Spiel übrig, welches als Gesamtpaket aus Mechaniken, Hintergrund und Wettrennen verstanden werden sollte. Wenn niemand durch das Erfüllen der Quests Druck aufbaut, kann es bisweilen drohen, etwas langweiliger zu werden. Das ist allerdings eher den Mitspielern geschuldet, denn wenn keiner zum Sieg vorstößt, fühlt sich auch keiner herausgefordert. Durch den Effekt der Trainingskarten - man verhaut nicht erst Monster und erfüllt Aufgaben und wird dann stärker, sondern kann sich sofort verbessern - ergibt sich ein besonderes Spielgefühl. Man ist gleich ein Held und muss sich lediglich entscheiden, ob man die Aktionen fürs Trainieren aufbringt.

Für Abwechslung ist ebenfalls gesorgt, denn es gibt genug Quests für mehrere Durchgänge, ohne dass sie sich sofort wiederholen. Nach genügend Runden wird man aber auch hier alles gesehen haben und sicherlich tritt irgendwann eine Sättigung ein. Die Mechaniken bleiben allerdings und wissen auch dann noch zu gefallen.

Im Ganzen hatte ich sehr viel Spaß mit dem The Witcher–Abenteuerspiel. Sogar viel mehr als erwartet, was vor allem daran lag, dass ich im Vorfeld eine andere Vorstellung gewonnen hatte und es mehr als einen Talisman/Relic-Ableger wahrgenommen habe. Wie ich oben dargelegt habe, ist das allerdings nicht der Fall, und gerade ein Kenner der Welt wird hier gut bedient.

 

Fazit

Das The Witcher–Abenteuerspiel ist ein spaßiger und kurzweiliger Wettlauf zwischen zwei bis vier Spielern, der tief in der Welt von The Witcher verwurzelt und damit eine wahre Freude für Fans ist. Obwohl man Abenteuer besteht, Monster bekämpft und in Konkurrenz miteinander steht, ist das Spiel nichts für Leute, die eine kooperative Erfahrung, ein abgespecktes Rollenspiel oder ein Spieler-gegen-Spieler-Erlebnis erwarten. Sucht man einfach ein nettes und leicht zu erlernendes Brettspiel, ist man beim The Witcher-Abenteuerspiel richtig. Die wichtigsten Entscheidungen sind dabei die Wahl des Charakters und das generelle Vorgehen. Durch den Einfluss des Glücks und der Karten ist ein Sieg auch für den erfahreneren Spieler nicht unbedingt sicher. Auch für Nichtkenner der Welt ist es empfehlenswert, denn das Spiel an sich macht auch unabhängig vom Kenntnisstand der Spieler Spaß, auch wenn es sich in erster Linie an die Fans richtet.