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Dragonmech: Campaign Setting
Bewertung:
(3.9)
Von: Gernot "Cyrell" Deutenberg
Am: 11.11.2004
Autor:Joseph Goodman
Typ:
System:D20 v3.5
Setting:Dragonmech
VerlagSword & Sorcery
ISBN/ASIN:1-58846-988-3
Inhalt:230 Seiten, Hardcover
Sprache:Englisch

 

Allgemeines

Dragonmech ist ein Steampunk-Setting für D&D und, wie mittlerweile selbstverständlich ist, baut es voll auf 3.5. Wie der Name schon vermuten lässt, geht es in dem gut 230 Seiten starken Werk um Mechs, angetrieben durch Mechanik oder Magie, Menschen oder Untote. Bevor wir uns den insgesamt sieben Kapiteln im Einzelnen widmen, widmen wir uns erst einmal dem technischen Teil.

 

Optisches und Äußeres

Das Cover zeigt ein Schlachtfeld, wie man es in der Welt von DragonMech vorfinden könnte. Im Fokus stehen zwei Mechs, die gegeneinander kämpfen, weitere Mechs sind im Hintergrund zu erkennen, sowie ein "Giant Worm" und auch einzelne Humanoide. Der Zeichenstil setzt sich im Buch fort, wie gewohnt in schwarz-weiß. Die Atmosphäre wird gut von den Illustrationen transportiert, wobei manche Darstellungen zu schwammig und dunkel sind, so dass man eigentlich nur erraten kann, was dargestellt wird. Insgesamt können nur Ausreden in der Art von "Geschmackssache" oder "Künstlerische Freiheit" hier etwas besseres als ein befriedigendes Gesamturteil bewirken. Ein breiter Balken aus dicht gedrängten Zahnrädern mit der Seitenzahl auf der Außenseite ziert jede Seite, der strukturierte Hintergrund vom Titelbild wird – in schwarz-weiß – auch als Rahmung im gesamten Buch benutzt. Das dreispaltige Layout ist sehr übersichtlich und die Schriftart ermüdungsfrei zu lesen. Verarbeitung und Bindung lassen keine Wünsche offen.

 

Introduction

In der Welt von DragonMech stürzt der Mond auf die Erde zu. Tag für Tag nähert er sich ihr und ein Schauer aus Partikeln bombardiert die Oberfläche des Planeten. Der Anfang dieser Katastrophe liegt schon weit zurück und nichts hat oberhalb überlebt. Alles was an das Leben an der Oberfläche gewohnt war ist entweder ausgelöscht worden oder unter die Erde geflohen, um Schutz zu suchen - in der Nacht vor dem tödlichen "lunar rain" und tagsüber vor den Monstern, die mit und von dem Mond kommen. Die Rettung kam in Person eines Zwerges, der seinem Volk die Konstruktion von Mechs lehrte und somit ein Wissen vermittelte, dass die Rückkehr an die Oberfläche möglich machen sollte. Nun beherbergen fünf "city-mechs" den Großteil der an der Oberfläche lebenden Individuen und bieten Schutz vor dem "lunar rain" und den "lunar dragons", den beiden größten Gefahren dieser Tage. Soziale und religiöse Strukturen haben sich an die neue Situation angepasst, Mechs und Technik bestimmen den Alltag.

Für mich klang und klingt das alles sehr konstruiert und unausgereift. Hier macht sich bereits bemerkbar, dass der Schwerpunkt des Flairs auf der Gegenwart beruht.

 

Characters

Alle Standardrassen und –klassen werden hier mit einer Motivation für DragonMech versorgt und außer den offensichtlichen Einflüssen der Vergangenheit ist hier nicht viel zu erwähnen. Bemerkenswert bleiben jedoch Kleriker und Paladine. Denn auch die Ebenen der Götter wurden nicht verschont. Von den Mondgöttern überrannt, schwindet ihre Macht mit jedem Tag. Und jetzt kommt der Hammer: Wer als Kleriker oder Paladin zaubern will, muss einen Weisheitswurf gegen Schwierigkeit 6 schaffen, um Sprüche gewährt zu bekommen. Für jeden Tag, an welchem keine Sprüche gewährt wurden, steigt der SG um 2. Erfolgreiche Bekämpfung der Mondgötter und ihrer Diener oder große Dienste für die eigenen Götter senken den SG wieder. Eine ziemlich unglückliche Lösung; sollte man sich daran halten, könnte man nach ein paar verpatzten Würfen schnell einen Charakter ohne Zugriff auf Zauber haben. Nachfolgend werden sechs neue Grundklassen vorgestellt. Der "Clockwork Ranger" ist eine an die neue Umwelt adaptierte Version des Waldläufers, der "Coglayer" ein Mechaniker und Erfinder, der mittels "Steam Powers" in der Lage ist, noch stärkere Maschinen aller Art zu bauen. Mit dem "Constructor" wird eine Variante für den Wizard vorgestellt, der "Mechjockey" ist, wie der Name vermuten lässt, der geborene Pilot für einen Mech und "Stalker" sind Saboteure, die sich natürlich gerne an Mechs zu schaffen machen. Als letztes erwartet uns der "Steamborg". Auf dreieinhalb Seiten wird diese neue Klasse vorgestellt: Menschen, Zwerge oder Gnome, die sich selbst in eine Maschine verwandeln und immer mehr von ihrem ursprünglichen Körper ersetzen, bis sie schließlich so viel Maschine sind, dass sie nicht mehr aufgrund des Alters sondern höchstens aufgrund von fehlender Reparatur sterben können.

Obligatorisch sind natürlich auch neue Prestigeklassen. Sieben Stück enthält der nächste Abschnitt des Kapitels. Ob "Anklebiter", "Gearwright" oder "Mechdevil", hier sollte man vor allem als Spieler der neuen Klassen fündig werden. Erwähnenswert sind vielleicht "Assimilated", Mech Jockeys, welche sich in einen Mech haben einbauen lassen und die "Vessel of Dotrak". Wer sein Leben vollkommen dieser neuen Pseudo-Gottheit gewidmet hat und nach dessen Grundsätzen lebt hat die Chance, eine Stufe in dieser Prk zu nehmen. Diese Chance beträgt 10%, und jede weitere Stufe die man aufsteigen will muss ebenfalls ausgewürfelt werden, indem man gegen die aktuelle Stufe als Vessel würfelt. Auf Stufe 6 darf man wählen, ob man in einer andern Kasse aufsteigen oder weiter die Prk wählt, wobei man mit Erreichen der siebten Stufe nur noch als Vessel aufsteigen kann. Auf diese Art und Weise elementare Regeln zu ändern halte ich für keine gute Idee.

Ergänzungen zu Skills und ein paar neue Feats sowie ein paar neue Sprüche finden sich auf den nächsten 14 Seiten. Erstaunlich und erholsam, wie man mit so wenig Neuerungen in dieser Kategorie auskommt. Mit knapp 40 "Steam Powers" erhält man dann jedoch wieder eine Masse an Möglichkeiten um Mechs, Steamborgs oder sonstige mit Dampf betriebene Gerätschaften zu verbessern, bzw. neue zu bauen. Nur Coglayer, Gearwrights und Steamborgs haben Zugriff auf diese Kräfte. Man könnte sich z.B. mit einem "spark generator", einer "pump" und einem "amplifier" ein Gerät bauen, das gerade noch mittelgroß ist und auf 5ft Entfernung Blitze mit 1d4 Schaden abfeuert. Weitere Verstärker und zusätzliche "steam powers" wie "Targeter", "Discriminator" etc. könnten daraus ein riesiges, automatisches Blitz-Geschütz machen. Mit ein wenig Intervention des Spielleiters hat man hier nette Regeln für neue Erfindungen zur Hand. Am Ende werden noch einige lustige Kombinationen vorgestellt, wie z.B. die "elf-slaying automatic crossbow".

Zwei Seiten zur Religion schließen das Kapitel. Eine neue "mechanische" Gottheit namens Dotrak, kurze Ausführungen zu den Mondgöttern, viel mehr gibt es hier nicht. Interessant: Für Wiederbelebung muss man einen Willenskraft-Rettungswurf schaffen, welcher sich durch Stufen als Kleriker oder Paladin erhöht. Verpatzt man diesen, wurde die Seele des Charakters als Fußsoldat für den Krieg der alten Götter gegen die göttlichen Invasoren vom Mond "rekrutiert". Zukünftige Versuche der Wiederbelebung scheitern somit automatisch.

 

Mechs

Fast 60 Seiten umfasst dieses Kapitel, und es ist unmöglich hier ins Detail zu gehen. Von den verschiedenen Antriebsarten (steam, man, clockwork, animated, undead) über Konstruktion bis hin zu einem kompletten Kampfsystem und schließlich 21 Mechs sollte man hier alles finden. Für meinen Geschmack ein paar Tabellen zu viel, gerade das Trefferzonensystem für kritische Treffer an Mechs (animated und undead mechs sind immun gegen Kritische Treffer… ) wird hier ungewohntes Nachschlagen erfordern. Hier liegt eindeutig der Schwerpunkt des Buches.

 

Equipment

Hier gibt es Waffen für Mechs, von der "steamcannon" bis zur "ballista" und dem "sword blade" bis zur "buzzsaw" sowie kleinere Versionen davon für Charaktere und drei neue Rüstungen, darunter die "hydraulic armor", komplett mit Luftfilter, Muskelverstärker und eigenem Talent: armor proficiency (hydraulic). Fazit: Gelesen, alles nötige da, weiter im Text.

 

The World of DragonMech

Das einzige wirkliche Flair-Kapitel konzentriert sich auf Highpoint, einen Kontinent von DragonMech. Hier erfährt man dann endlich mehr von der Welt. Einige Karten, deren Informationsgehalt nicht gerade von dem Stil der Illustrationen profitiert, detaillierte Informationen zu Regionen und den Mechdoms, die an die Stelle von politischen Gebilden wie Königreichen getreten sind, und jeweils knapp eine Seite zu jedem der fünf "city-mechs" schaffen hier eine Grundlage für das Verständnis der Welt. Abgerundet wird das Kapitel durch Beschreibungen der vier wichtigsten Organisationen. Auf nicht ganz 40 Seiten vermisse ich allerdings ein wenig den Tiefgang. Gut, es ist Material vorhanden, hier bieten andere Settings aber viel mehr. Wie am Anfang schon angemerkt konzentriert sich DrangonMech auf die Gegenwart und lässt die Vergangenheit ein wenig zu stark im Dunklen und gibt mehr Anlässe für Vermutungen als wirkliches Hintergrundwissen. Insgesamt gerade noch Durchschnitt.

 

Creatures

Einige neue Kreaturen, die aber angesichts der Fülle an Monstern aus bereits erschienen Büchern nicht mehr wirklich zu Begeisterung verhelfen. Ein Beispiel: "Lunar Dragons". Der Name und die Bezeichnungen für das Alter – damit hat es sich mit den Gemeinsamkeiten zu Drachen. Sie töten und zerstören ohne Motivation, haben ein paar Resistenzen und eine Odemwaffe, die alle Elementar-Resistenzen überwindet. Dafür, dass diese Monster immer wieder erwähnt werden, ist die Beschreibung und Umsetzung ernüchternd. Gut dass mit anderen, wie dem "lunar skinstealer", dem "iron shambler" und den "smoking dead" wenigstens ein bisschen Flair vermittelt wird. Die Kreaturen wirken im wahrsten Sinne des Wortes wie vom Mond gefallen. "Cannon fodder" wäre die korrekte Bezeichnung für dieses Kapitel gewesen, und es erhält eindeutig ein mangelhaftes Urteil.

 

The Dragonmech Campaign

Hier finden sich mehr oder weniger intuitive "adventure themes", die man als Spielleiter aber wohl, wenn man in diesem Kapitel angelangt ist, längst selbst gefunden hat. Trotzdem findet man hier eine Quelle an Informationen, die möglicherweise weiterhilft, wenn man denn mal gar keine Ideen mehr hat. Am Ende kommt noch eine kurze Anleitung, wie oder warum man Mechs in andere Settings einbauen kann.

 

City-mech Nedderpik

Dieses Kapitel beschreibt auf fünf Seiten kurz einen der City-Mechs, Nedderpik. Alle wichtigen Statistiken sowie Informationen zu Regierung, Wirtschaft und Gesellschaft bis hin zum Militär sind vorhanden.

 

Fazit:

Nur um eines vorweg zu nehmen: Ich mag Steampunk. Und ich mag auch die Idee, in einer mittelalterlichen Welt Mechs zu haben. DragonMech ist meiner Meinung nach ein sehr gutes Buch, wenn man nach einer Umsetzung dieser Idee sucht, nach Regeln für den Bau und Einsatz von Mechs sowie den passenden Klassen. Man bekommt alles an die Hand gegeben was man benötigt, um mit Mechs zu spielen. Was allerdings auf der Strecke bleibt, ist die Welt darum herum. Ich kann einfach den Gedanken nicht loswerden, dass hier um die Grundidee, nämlich Mechs, eine Welt konstruiert wurde, die, genau wie die Mechs selbst, irgendwann angefangen hat zu existieren. Die Vergangenheit ist schlichtweg nicht da. Auch die fehlenden Informationen zu den anderen Kontinenten schaden dem Ansehen. Auch wenn es erst einmal unmöglich erscheint, dort zu spielen, sollte man dem Leser diese Informationen nicht einfach vorenthalten. Man bekommt das Gefühl, dass die Welt wegen den Mechs existiert und nicht umgekehrt, wie es eigentlich sein sollte, nicht zuletzt nach Aussage des Buches selber. DragonMech hat eindeutig Potential, was die Umsetzung der Technik angeht. Als eigenständiges Setting hat es aber leider seine Schwächen und man darf hier auch nicht auf zukünftiges Erweiterungsmaterial hoffen müssen.

Insgesamt ein gut gelungenes Buch, dass durch die Illustrationen und schwachen Flair-Teil aber deutliche Abzüge in der Note hinnehmen muss.