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Poisoncraft
Bewertung:
(4.6)
Von: Patrick Pricken
Am: 19.02.2005
Autor:Justin D. Jacobson
Typ:
System:d20 (3.5)
Setting:universell
VerlagBlue Devil Games
ISBN/ASIN:n/a da PDF
Inhalt:98 Seiten PDF / Softcover
Sprache:Englisch

Vorwort

Blue Devil Games ist ein relativ neuer Verlag, und eines seiner ersten Bücher ist Poisoncraft. Es wurde direkt zum GameWyrd-Preis vorgeschlagen, in der Kategorie „Am besten geeignet, ein Lächeln auf das Gesicht des Spielleiters zu zaubern“. Sehr vielversprechend. In der Druckversion kostet das Buch 12,95 Dollar, als PDF 6,66. Diese Rezension bezieht sich auf die PDF-Version, die ich gratis vom Verlag bekommen habe.

 

Erster Eindruck

Im gezippten Ordner sind drei Dateien. Das Front- und Backcover in einer, das Buch in jeweils einer Druckversion und einer Fassung mit Farbe und Illustrationen in den beiden anderen. Die fehlenden Illustrationen in der Druckversion sind sehr tintensparend – gut mitgedacht. Leider gibt es keine Bookmarks in der PDF-Datei. Die Schrift ist deutlich, aber recht klein. Die Bilder sind nahezu ausschließlich schwarzweiß und von sehr guter Qualität – mit ein paar Ausnahmen könnten sie auch in einem Buch von WotC oder zumindest Malhavoc zu finden sein. Der Schreibstil ist nüchtern, aber leicht verständlich. Das Buch ist in sieben Kapitel und einen Anhang unterteilt.

Das Vorwort gibt uns einen kleinen Einblick in das Kommende. Blue Devil Games wollen mit der „Complete“-Reihe Themen wirklich vollständig abdecken. Das ist ihnen mit diesem Buch nicht gelungen, wie sie selber zugeben, weil zum Zeitpunkt der Drucklegung das Revised Psionics Handbook noch nicht fertig war. Deshalb gibt es ein Web Enhancement mit Psi-Regeln (siehe unten und Link rechts).

 

Kapitel 1: The Craft of Poison

Im ersten Kapitel führt uns der Autor in das Vokabular des Giftmischers ein und erklärt die Grundzüge eines jeden Gifts: aus welchen Eigenschaften es sich zusammensetzt, wie man die Stärke des Gifts erkennt, auf welche Weise und wie lange es wirken kann, usw. Um ein Gift zu erstellen, muss man eine Probe auf Handwerk: Giftmischen ablegen (Craft: Poisonmaking). Der Schwieirgkeitsgrad ist die Summe aller Bestandteile des Gifts.

Mit diesen Regeln kann man bekannte Gifte nachmischen, aber auch neuartige Wirkungen erzielen. So kehrt die Möglichkeit zurück, mit Gift Trefferpunkteschaden oder direkt „Tod“ zu verursachen. Aber auch exotischere Möglichkeiten wie z.B. „Stumm für 2w6 Runden“ oder „Verlust von 1w10 Punkten Zauberresistenz“ sind möglich. Die Regeln sind umfassend und sehr felxibel (man kann sogar Gift erstellen, dass nur einmal oder gar dreimal Schaden macht). Zu guter Letzt kommt ein episches Gift ins Spiel: „Signature Poison“ wird für eine einzige Person gemacht, die dann auch nur mit einer gewürfelten 20 widerstehen kann.

Auch die Erstellung von Gegengiften wird behandelt, sowie der Gewinn von Rohmaterialien (von giftigen Wesen oder Pflanzen), giftige Fallen und sogar die Haltbarkeit von Giften. Alles in allem ein sehr gutes Kapitel, umfassend, verständlich. Die Gifte können sehr stark werden – das liegt im Sinne des Autors, der Gift gerade auf hohen Stufen zu seinem Recht verhelfen will – aber das wird durch die Kosten und den hohen, auf niedrigen Stufen nicht zu erreichenden SG begrenzt.

 

Kapitel 2: Feats of Poisoncraft

„Überraschenderweise“ behandelt dieses Kapitel über 40 neue Talente, die man für die Giftmischerei benutzen kann. Hier gibt es normale Talente, mit denen man neue Gifte, Gegengifte, magische Gifte oder sogar Signatur-Gifte (ein Episches Talent, wie oben erwähnt) erstellen kann, neue Gifte lernt, oder sogar seinen Zaubern eine Giftwirkung verpassen kann (ein metamagisches Talent). Und dann gibt es Metagift-Talente, mit denen man stärkere, bessere oder sonstwie andere Gifte herstellen kann. So kann man gesegnete Gifte herstellen die Untoten schaden, oder Gifte verstärken, sodass man zwei Heilzauber benötigt, um sie zu neutralisieren. Auch hier findet sich wieder ein Episches Talent. Ebenfalls ein gutes Kapitel, dessen Talente so ziemlich alles abdecken, was man sich denken kann.

 

Kapitel 3: Toxic Magic

Nun geht es an die Magie. Hier finden wir über 30 Zauber, die allesamt mit Gift zu tun haben. Manche machen direkten Giftschaden, andere wiederum verstärken Gifte, wieder andere neutralisieren Gift und machen evtl sogar ihre Wirkung rückgängig. Es gibt sogar einen Zauber, der ein vergiftetes Opfer Rache nehmen lässt. Kurz gesagt: Wieder eine große Vielfalt von Zaubersprüchen, wobei außer Barden und Paladine alle Klassen viele Zauber abbekommen (es gibt sogar noch zwei neue Klerikerdomänen).

Aber es gibt auch noch einen Abschnitt über die Erstellung magischer Gifte, also Gifte, die einen Zauberspruch als Wirkung haben (maximal 6. Grad). So könnte ein Gift z.B. „Person Beherrschen“ bewirken oder auch „Auflösung“. Die Zauber und auch die Regeln scheinen mir allesamt durchdacht zu sein und wenn, dann eher schwächer als zu stark. Einzig eine kleine Inkonsistenz fiel mir auf: Zuerst heisst es, alle Zauber mit Giftschaden hätten einen Rettungswurf-SG in Höhe der halben Zauberstufe anstelle des Zaubergrades, aber einzelne Zauber halten sich nicht an diese Regel.

 

Kapitel 4: Tools of the Toxic Trade

Wie zu erwarten folgen hier Gegenstände zum Thema. Angefangen von nichtmagischen Gegenständen wie z.B. vergiftete Rauchstäbe (Smokesticks – ja, da lächelt der Spielleiter), über magische Fähigkeiten für Waffen und Rüstungen bis hin zu anderen magischen Gegenständen gibt es hier eine kleine Reihe von Nützlichkeiten. Nett ist z.B. ein Buch, dessen Seiten – sobald beschrieben – automatisch vergiftet sind und nur vom Autoren sowie benannten Vertrauten gelesen werden kann. Das Buch hat natürlich „Zauberbuchgröße“.

 

Kapitel 5: Poisoncrafters of Prestige

Hier folgen nun sechs Prestigeklassen:

• Darkblade: ein Assassine, der mit Gift tötet und Boni auf Leise Bewegen/Verstecken bekommt.

• Ki Corrupted: ein Mönch, der vergiftete Schläge austeilt.

• Master Poisoncrafter: Ein Giftmischer-Spezialist

• Toxomancer: Ein Zauberwirker, der seine Zauber mit Gift verstärkt

• Tribal Huntsman: Ein Stammeskrieger, dem die Benutzung von Gift selbstverständlich ist

• Venomous Changeling: Druiden, die mit Vorliebe die Gestalt giftiger Wesen annehmen

 

Schön finde ich die Tatsache, dass immer auch ein Absatz zur Rolle der Prestigeklasse in einer Kampagne verloren wird, sowie ein „Schneller Weg“, der die üblichsten Anwärter auf eine Prestigeklasse aufzeigt. Die Klassen selbst sind stimmig und m.E. nicht zu stark. Außer dem Kleriker (der dafür Domänen bekommt) geht allenfalls der Paladin in dieser Liste leer aus. Und der Master Poisoncrafter eignet sich hervorragend für einen Experten.

 

Kapitel 6: Creatures of the Fang

In diesem Kapitel haben wir 14 neue Wesen, darunter 10 Monster, drei Schablonen und eine Spielerrasse, den Bleak Gnome. Leider haben nicht alle Wesen eine Illustration bekommen, was m.E. bei Kreaturen immer sehr von Vorteil ist. Ansonsten fiel mir noch auf, dass in manchen Fällen die Erklärung einer Fähigkeit beinahe zu vollständig geriet, sodass sie schon wieder Fragen aufwarf. Im Grunde aber hielten sich die negativen Punkte auch hier in Grenzen. Wir haben verschiedene Kreaturen (von Tieren über Konstrukte, Humanoide, Schwarm, Untote) verschiedenster Herausforderungsgrade (durch die Schablonen, aber auch sonst von 4 bis 17.

 

Kapitel 7: Adventures in the Dark

In diesem Kapitel finden wir fünf Abenteueransätze, die mit Gift zu tun haben. Diese Ansätze sind nicht viel mehr als die Zusammenfassung des Abenteuers und vollständige Werte von einem oder zwei NSC, aber sie können als Inspiration sehr hilfreich sein. Die Ideen sind mit einer Ausnahme relativ direkt, Gut und Böse sind klar verteilt. Da hätte man sich teuflischere Ideen gewünscht. Aber allein die Tatsache, dass sie überhaupt auftauchen, finde ich schon positiv.

 

Appendix

Der Anhang beinhaltet zunächst eine umfassende Konvertierungshilfe für Monte Cook’s Arcana Unearthed (demnächst Arcana Evolved). Und mit umfassend meine ich das auch – selbst der Name einer Prestigeklasse wird geändert. Außerdem gibt es ein neues Talent und drei neue Gifte, die speziell für AU konzipiert wurden. Dann gibt es eine Tabellenhilfe, um Gifte zu benennen, eine Übersicht über die Giftfamilien (Kategorien von Giften, z.B. „Spinnengifte“), und welche Gifte dazu gehören. Und danach werden 42 neue und 28 bekannte (aus dem DMG) Gifte ausgeführt, wobei die bekannten Gifte um die notwendigen Werte erweitert und umbenannt wurden. Black Lotus ist z.B. jetzt „Black Death“. Dazu bekommen wir eine Tabelle, in der die Gifte nach Wirkungsmethode (Kontakt, Wunde, etc.) und Stärke (Schwierigkeitsgrad) geordnet sind, und eine andere, in der sie nach Schwierigkeit der Herstellung (SG für Handwerksprobe) aufgelistet sind. Zum Schluss noch zwei leere Bögen, die einerseits die Herstellung eines Giftes erleichtern und andererseits für einen Gift mischenden Charakter zum Charakterbogen gehören könnten. Es folgen Index und OGL.

 

Web Enhancement

Im Web Enhancement findet man einerseits nach dem Vorbild der „Races of“-Reihe (oder auch Arcana Unearthed) Rassenstufen für die Bleak Gnomes, andererseits ein fünfseitiges (+2 Seiten OGL/Werbung) Extra über Psikräfte und Gift: neue Schadensarten, neue Talente, neue Kräfte, eine neue Kreatur und drei neue Gifte.

 

Fazit:

„Alles, was Sie schon immer über Gift wissen wollten und nicht zu fragen wagten.“ So könnte man dieses Buch umschreiben. Poisoncraft ist tatsächlich „complete“. Der Umfang der Informationen ist beeindruckend, und deckt so ziemlich alle Bereiche ab, die man abdecken kann. Sogar Episches Spiel, Psiregeln (im Web Enhancement) und AU sind berücksichtigt. Hinzu kommt, dass der Stil verständlich, die Regeln sauber und anscheinend ausgeglichen sind, und mir bleibt nichts anderes übrig, als absolut begeistert zu sein.

Spieler finden die üblichen Verdächtigen hier: Prestigeklassen, Zauber, Talente, Gegenstände. Und Spielleiter haben wirklich genug Grund, ein Lächeln aufzusetzen. Habe ich erwähnt, dass ein Talent bzw. ein Zauber ein Gift derart verändern, dass es einen Willenswurf anstelle eines Zähigkeitswurfes verlangt? Da fangen die Kämpfer wieder an zu zittern. Trotzdem ist durch die Erstellungsregeln ein Missbrauch sehr schwer, da potente Gifte schnell sehr schwierig werden. So läuft auch kein niedrigstufiger Charakter herum, der Todesgifte links und rechts verteilt.

Ein paar Illustrationen hätte ich mir noch gewünscht (bei den Kreaturen), die Plotideen könnten etwas ausgefallener sein, aber ansonsten gibt es wenig auszusetzen. Wenn man irgendwie Gift in seiner Kampagne benutzen will, kommt man an diesem Buch nicht vorbei.