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HARP - High Adventure Role Playing
Bewertung:
(4.0)
Von: Matthias Lich
Am: 04.03.2005
Autor:Tim Dugger, Heike Kubasch
Typ:
System:HARP
Setting:Fantasy, eigenes Setting folgt
VerlagIron Crown Enterprises
ISBN/ASIN:1- 55806-602-0
Inhalt:192 Seiten, Softcover
Sprache:Englisch

Das neue Projekt von ICE wurde von Rolemaster- und MERP (Middle-Earth-Roleplaying- Game, dt. MERS) Fans euphorisch erwartet. Nachdem die Firma die Rechte an der Vermarktung des Mittelerde Rollenspiels verloren hat und die Reaktivierung von Rolemaster nur zögerlich ablief, setzt man alle Hoffnungen auf das neue „High Adventure Role Playing Game“ (HARP).

HARP hat sich zum Ziel gesetzt, die Tugenden aller bekannten Rollenspielsystem zu vereinen; angefangen von Rolemaster und MERP bis hin zu GURPS und D20. Das Vermischen eines D20 Systems mit Rolemaster hat im Vorfeld gemischte Gefühle hervorgerufen: einige waren begeistert, andere sehr skeptisch - viele Rolemaster Fans wollten nichts mit D20 zu tun haben. Das Spiel verspricht außerdem, für Anfänger und Hardcore Spieler gleichermaßen geeignet zu sein. HARP wurde im Jahr 2004 veröffentlicht und hat einen Silber-ENnie für das zweitbeste Nicht-D20-Spiel erhalten.

 

Inhalt und Aufmachung

HARP gibt vor, ein eigenständiges Spiel zu sein. Alle für das Spiel benötigten Regeln befinden sich in einem Buch. Das Buch ist Softcover, 192 Seiten, einfarbig mit mittelmäßiger Papierqualität, etwa vergleichbar mit den alten Rolemaster Produkten. Drucklayout, Gesamtqualität und Umfang erinnern an die „Complete“-Reihe von Mongoose. Das Artwork ist solide aber ein wenig blass und charakterlos.

 

Charaktere

Die acht HARP-Charaktereattribute werden zufällig mit einem W100 ausgewürfelt, es gibt aber wie bei D&D Zusatzoptionen für alternative Bestimmungsmethoden, darunter auch ein Punkte-Kauf-System. Zusätzlich können die Attribute auf Wunsch mit sogenannten Entwicklungspunkten modifiziert werden. Jeder Charakter kann zwischen Rassen und Klassen auswählen, zur Auswahl stehen die Genre üblichen Fantasy-Rassen und Klassen. Die Klassen unterscheiden sich untereinander lediglich durch die Priorität ihrer Fertigkeitspunkte und jeweils einer individuellen Spezialfertigkeit (z.B. Zugang zur speziellen Spruchbereichen bei Magiern). Mit der Einführung einer Blutlinie ist auch eine Art Mischrassen-Option gegeben. Die Regeln erlauben ebenso einen Mischklassen-Stufenaufstieg. Zusammenfassend ist die Charaktererschaffung flexibel und interessant, im Vergleich zu D&D-Charakteren haben die einzelnen Klassen aber wenig Profil und Unterscheidungsmerkmale.

 

Regeln und Gameplay

Das HARP-Spielsystem basiert prinzipiell auf dem aus Rolemaster bekanntem W100-Spielsystem. Mit den durch Klassen vorgegebenen Prioritäten und Einschränkungen kann man mit Entwicklungspunkten Fertigkeiten erwerben. Zu den Fertigkeiten gehören neben den aus D&D bekannten allgemeinen Fertigkeiten auch die Waffenfertigkeiten, Spruchfertigkeiten und Trefferpunkte. Alle wichtigen und spielrelevanten Fähigkeiten und Eigenschaften werden

auf diese Weise festgelegt, was eine große Flexibilität und Individualität ermöglicht. Erfolgschancen werden mit W100-Würfen bestimmt. Ergänzt wird das System durch Talente, Spezialfertigkeiten, die mit den Talenten aus D&D vergleichbar sind.

 

Kampf

Die HARP Kampfregeln erfolgen in alter Rolemaster Tradition. Durch Addition von Waffenfertigkeiten, Waffenboni, Talenten, Attributen etc. erhält man einen Offensivwert, Addition von Schnelligkeit und Rüstung ergeben einen Verteidigungswert. Der Ausgang des Kampfes wird durch einen W100-Wurf eingeleitet. Im Folgenden wird der Offensivwert addiert und der Defensivwert des Gegners subtrahiert. Das Ergebnis vergleicht man mit einem Tabellenwert, der auch vom Waffentyp abhängig ist. Aus der Tabelle ist letztendlich der Kampfausgang ersichtlich. HARP bedient sich eines schlanken und gekürzten „Critical“-Systems aus Rolemaster, mit weniger Waffentabellen und Resultatmöglichkeiten. Geblieben ist die von einigen ungeliebte Rechenproblematik. Im Gegensatz zu D20 muss bei HARP bei jedem Wurf intensiv gerechnet werden, für einen Kampfausgang beispielsweise 84+47-32. Echte Rolemaster Fans hat die Kombination aus Rechnen und Tabellenvergleichen aber noch nie gestört – eher begeistert. Als Ergänzung sieht HARP noch eine Alternative zu diesem Tabellenvergleich vor. Als Zusatzregel wird auch die Umrechnung von diesen kritischen Treffern in normale Trefferpunkte vorgestellt. Die Verwendung dieser Regel wird im Rest des Spiels aber nicht unterstützt und macht daher nur im Notfall Sinn.

 

Magie

Die Magie wird bei HARP in Spruchlisten eingeteilt. Jede Klasse hat auf bestimmte Spruchlisten Zugriff. Es gibt auch eine allgemeine Spruchliste, auf die alle Klassen – auch Kämpfer – Zugriff haben können. Hauptprinzip von HARP ist es, dass Sprüche wie Fertigkeiten erworben werden. Für einen Krieger sind Spruchfertigkeiten teuer (ähnlich wie D&D-Cross-Class-Skills) aber von der entsprechenden Spruchliste möglich. Die Anzahl der verfügbaren Zauber für eine Klasse ist durch dieses System zwar flexibel aber insgesamt doch sehr eingeschränkt. Dafür kann man die Sprüche bezüglich Wirkung, Reichweite und Dauer skalieren. Die grundlegenden Sprüche sind im Buch aufgeführt, in Qualität und Menge allerdings für echte Magieliebhaber nicht ausreichend. Die Häufigkeit der Spruchanwendung wird durch Spruchpunkte festgelegt.

 

Weitere Inhalte

HARP erfüllt das Versprechen, dass alle benötigten Regeln sich in diesem einen Buch befinden. Das Spiel beinhaltet Kapitel über Ausrüstung, Monster, Erfahrungstabellen, Schätze, magische Gegenstände und Kräuter. Diese Abschnitte sind allerdings alle sehr kurz geraten. Das betrifft insbesondere den Abschnitt über Monster, wo lediglich 2-3 Niedrig-Stufen-Kreaturen aufgeführt werden. Für einen Einstieg in das System ist das ein empfindlicher Nachteil und erfordert intensive Vorbereitung vom Spielleiter. Nebensächliche Fragen werden nicht besprochen., daher kann HARP seinen Anspruch auf Vollständigkeit nicht ganz erfüllen – auch im Hinblick auf die bereits angekündigten Ergänzungsbände.

 

Fazit

HARP ist eine leicht umgewandelte und mit einer Schlankheitskur versehene Version von Rolemaster. Das System hat einige Ideen von D20 übernommen und sinnvoll integriert. Erlaubt wird eine sehr flexible und individuelle Charaktererschaffung mit dem Nachteil einer gewissen Profillosigkeit der Klassen, die sich lediglich durch Fertigkeitsprioritäten unterscheiden. Der entscheidende Punkt, ob das System zu gefallen vermag, liegt wahrscheinlich beim Kampfsystem. Vollständig überzeugen kann das Kampfsystem nicht. Die Ausgänge ähneln sich zu sehr und führen nach einigen Schlägen schnell zur Frustration.

Auch das Magiesystem ist sehr flexibel und formbar, kommt aber an Quantität bei weitem nicht an Spiele wie D&D heran. Neue Möglichkeiten oder Spielprinzipien eröffnet das Spiel nicht. Dennoch kann HARP begeistern. Es bereitet Freude beim Lesen und lässt ein gewisses „old-school-Gefühl“ aufkommen.

Mittlerweile ist das Regelwerk durch ein Kampfbuch und ein Magiebuch ergänzt worden. Eine eigene Kampagnenwelt sowie eine limitierte Hardcover Edition sind bereits angekündigt.