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Races of the Wild
Bewertung:
(4.7)
Von: Simon Müller
Alias: Ness
Am: 13.09.2005
Autor:Skip Williams
Typ:
System:D&D 3.5
Setting:Core Supplement
VerlagWizards of the Coast
ISBN/ASIN:0-7869-3438-7
Inhalt:192 Seiten, Hardcover
Sprache:Englisch

Das vorliegende Quellenbuch (Supplement) Races of the Wild behandelt die wildlebenden Völker des Dungeons and Dragons-Universums anhand von Hintergrundinformationen und Charakteroptionen.

 

Aufmachung und Stil

Das Hardcover erscheint in perfekter Aufmachung mit vielen farbigen Bildern. Die Zeichnungen sind ansehnlich und teilweise im Comicstil gehalten, was aber nicht weiter unangenehm auffällt. Chuck Lucaks, der neuerdings die kapiteleinleitenden Zeichnungen entwirft, scheint von Publikation zu Publikation besser zu werden und Tom Baxa bietet erneut gewöhnungsbedürftige Kunst. Auffallend ist in den „Races of“ Büchern der zum Einheitsbrei der Regelerläuterungen sehr frisch wirkende unterhaltsame und spannende Sprachstil.

 

Die flauschigen Kapitel eins bis drei

Wie in den „Races of“-Büchern üblich wurden die ersten drei Kapitel des Buches für detaillierte Informationen über zwei der Völker aus dem Spielerhandbuch und einem in diesem Buch neu vorgestellten Volk eingerichtet.

 

Yondalla besucht die Elfen und findet sie zu „wankelmütig“

Das erste Kapitel ist den Elfen gewidmet und bespricht dieses Volk im standardisierten Rahmen. So erhält der Leser ausführliche Beschreibungen, Erläuterungen und Geschichten zu den Themengebieten Erscheinungsbild, Psychologie, Lebenslauf, Gesellschaft, Kultur, Diplomatie, Religion, Geschichte, Legenden, Sprache, Siedlung und Wirtschaft. Schließlich werden noch einige Tipps zur Erschaffung eines Charakters des jeweiligen Volkes gegeben. Es lässt sich fast so etwas wie eine Klimax erkennen, da das Kapitel mit einer zähen und arg klischeebedachten Alltagserfahrung und einer langweiligen Beschreibung der äußeren Erscheinung, Schmuck und Kleidung beginnt, die wohl nur weiterhilft, falls man seinen Charakter bis ins kleinste Detail zeichnen oder ihn sich sonstwie vorstellen will. Wie gesagt steigert sich dann allerdings die Qualität, weil nun tiefere Einblicke in das Verhalten des jeweiligen Volkes gewährt werden, welches auch im Rollenspiel viel mehr bedeutet als das Aussehen. Auch die Legenden sind viel interessanter geschrieben als die einleitende Erzählung und lohnen sich sogar im Spiel den Gefährten vorgetragen zu werden. Der Namensgenerator im Abschnitt Sprache taugt zwar eigentlich nichts, gibt aber trotzdem erstaunliche und lustige Kombinationen preis, wie etwa Mairolyth „Tödliches Blumenkind“. Abschließend laden noch vorgefertigte, typische Siedlungen und Unterkünfte dazu ein in einem Abenteuer Verwendung zu finden und die Tipps zur Charaktererschaffung sollte sich jeder ernsthafte Spieler zu Herzen nehmen, weil sie nicht nur für Anfänger hilfreich sind. Unangenehm ins Auge fällt wieder mal, daß, wie in einigen Publikationen zuvor, zahlreiche neue, alternative Gottheiten aus dem Boden gestampft werden, die zwar einerseits doch innovativ und vielseitig, aber andererseits auch eher nutzlos sind. Ausführlichere Informationen zu beispielsweise Corellon Larethian und Lolth hätten wohl mehr gebracht statt dieser, der unlöblichen Pionierarbeit der Vergessenen Reiche folgenden Überflutung des DnD-Himmels, nur um jedem kleinsten, anbetungswürdigen Aspekt gerecht zu werden. Auffallend ist noch, dass nur ein standardisiertes Bild der Elfen abgebildet wird und nach Sonnen-, Mond-, Wild-, Wald, Grau- und Hochelfen nicht genauer unterschieden wird. Nur ein paar Worte findet man zu Drow und aquatischen Elfen.

Aufgabe des Halblingskapitel ist es, wie es wörtlich heißt, die „am wenigsten verstandenen Völker in DnD-Kampagnen“ näher zu definieren. Damit gestaltet dieses sich zum interessantesten und informativsten Kapitel des Buches, da die Halblinge wohl nur die geringe Größe mit den Hobbits teilen und man nur mit den Infos im Spielerhandbuch wenig über dieses Volk weiß. Darüber hinaus ist deren Gesellschaft mit interessanten Ansätzen versehen, sie bilden eine utopische Zusammengehörigkeit ähnlich der Elfen und fördern antithetische Eigenschaften wie Individualismus und Gruppengefühl, Gastfreundlichkeit und Diebstahl. Letzterer ist durchaus plausibel erklärt und soll nicht mit Kleptomanie verwechselt werden. Leider wird dieses positive Gesamtbild wiederum vom Abschnitt Religion getrübt, da - sei es vergessen worden oder gewollt - fünf neue Gottheiten nur mehr durch ihren Namen, Rang, Interessensgebiete, Domänen und persönlicher Waffe vertreten sind und keinerlei Hintergundinformationen aufweisen. Immerhin gelingt es noch mit Dallah Thaun, die praktisch wie Lolth zu Corellon eine Art Antagonistin zu Yondalla ist, eine tiefgründigere Gottheit zu entwickeln, diesmal erfreulicherweise auch mit einer verhältnismäßig umfassenden Beschreibung.

 

Der Traum vom Fliegen

Bei den Raptoranern wurde viel Potential vertan. Zwar erlaubt es die arkane und klerikale Magie schon verhältnismäßig früh zu fliegen oder sich in der Luft zu bewegen, jedoch ist ein humanoides Volk mit Flügeln trotzdem eine Innovation. Allerdings ist die Ausarbeitung mehr schlecht als recht. Ein Raptoran sieht fast aus wie ein Engel mit einer hässlichen Halbglatze, verhält sich dank seiner chaotisch guten Gesinnung, seiner Weltfremdheit und Bescheidenheit auch ungefähr so und besitzt weiße, federe Flügel und krallenartige Finger und Zehen. Die gewohnt ordentlichen Hintergrundinformationen bewirken aber nur halb so viel, wenn das Volk keine Grundlage für einen interessanten Charakter bildet.

 

Neues und altbewährtes

Im verhältnismäßig kleineren Rahmen werden im Kapitel vier Gnolle, Zentauren und die neuen Völker Katzenmenschen und Killoren behandelt. Wie ein Faden ziehen sich auch hier die Tipps fürs Rollenspiel durch das Buch. Für die Völker, die auch schon im Monsterhandbuch aufgetaucht sind, gibt es nun die hervorragende Alternative der Monsterklasse, welche Stufenanpassung und Trefferwürfel zu einer Klasse kombiniert und somit erlaubt Gnolle und Zentauren auch ab der ersten effektiven Charakterstufe zu spielen (ECL). Als angenehmen Bonus findet man in diesem Kapitel auch noch die Tabellen mit Startalter, Alterstufen, Gewicht und Größe für alle Völker, die im Buch auftauchen.

 

Die knusprigen Kapitel fünf bis sieben

Kein Dungeons and Dragons Quellenbuch wäre ohne Regel- und Charakteroptionen vollständig.

 

Brot und Prestigeklassen

Auf den ersten Blick fällt das neue in-depth Prestigeklassenformat auf. Hier gilt neuerdings das Motto Qualität statt Quantität und so versucht man mit hübsch ausgearbeiteten Klassen zu überzeugen. Diese Rechnung geht auf. Die Anzahl wurde in etwa halbiert und dafür findet man auf den frei gewordenen Seiten zusätzliche Hintergrundinfos. Somit wird das Augenmerk mehr auf den rollenpielerischen Aspekt einer Prestigeklasse gelenkt und weniger auf die Vielzahl der Charakteroptionen. Als angenehme Nebenwirkung dieser Reformation scheinen die gegebenen Klassenoptionen besser ausgearbeitet und im Vergleich mit anderen durchaus wieder relativ stark. Der Champion of Corellon Larethian sei hier als Beispiel genannt. Dank des neuen Formates lohnt es sich wohl auch kurz auf jede Prestigeklasse einzugehen:

Der Arcane Hierophant kombiniert im Stile eines Mystic Theurge Hexenmeister und Druide.

Für Elfen bietet der Champion of Corellon Larethian Möglichkeit ihre Schwertkunst zu verbessern. Diese Prestigeklasse hat dank ihrer Optimiermöglichkeiten eine hohe Reputation erlangt, da man mit einer ihrer Fähigkeiten Geschicklichkeit auf den Schaden rechnen kann, was eben vor allem im Zweiwaffenkampf unangenehme Ausmaße annehmen kann. Da allerdings ähnliche Ansprüche ans Rollenspiel wie bei einer Book of Exalted Deeds-Prestigeklasse gestellt werden, diese nur bei überdurchschnittlich hohen Attributen effektiv spielbar und vom Kraftniveau einem Dervish ähnlich ist, bleibt sie akzeptabel.

Der Luckstealer ist für Halblinge eine Alternative zum Fatespinner.

Etwas unglücklich ist allerdings der Ruathar. Dieser „Elfenfreund“ lässt sich von jeder Klasse ab der sechsten Stufe erreichen und ist scheinbar die Adaption eines Elfenposers aus Shadowrun. Für Klassen ohne Spezialfähigkeiten, wie Kleriker oder Hexenmeister, warten auf den drei Stufen ein paar deftige Schmankerl zum Abstauben, alle anderen werden sich schon zweimal überlegen diesen Weg zu nehmen.

Der Skypledged und der Stormtalon bilden für einen Raptoran Kleriker oder Kämpfer Möglichkeiten sich auf die Beeinflussung des Luftelements oder den Luftkampf zu spezialisieren.

Für den auf Wurfwaffen spezialisierten Halbling'schen Kämpfer/Schurke bietet der Whisperknife eine interessante Option.

Die Klasse des Wildrunners wiederum versucht den Elfen jeglichen Sinn für Eleganz und Einfühlungsvermögen zu rauben, indem sie ihnen einen Kampfstil aneignet durch welchen diese sich wie im Urschrei brüllend und beißend zu einer wildlebenden Bestie (Fey) hin- oder auch zurück verwandeln.

 

Tausendundeine Charakteroption

Zu den Prestigeklassen kommen noch weitere Regeloptionen hinzu, wie Fertigkeiten, Talente, alternative Klassenstufen, Ausrüstung, Zauber und Psi-Kräfte. Zum Thema des Buches passen natürlich genauere Beschreibungen der Fertigkeiten Überleben und Umgang mit Tieren. Balancieren und Klettern weisen zusätzlich an natürliches Terrain angepasste Modifikatoren auf. Die Talente präsentieren sich diesmal erfreulicherweise im überschaubaren Rahmen und scheinen alle recht nützlich zu sein. Vier davon ergänzen die innovative Reihe der taktischen Talente. Genauso einladend sind die alternativen Klassenstufen, welche es beispielsweise einem Elfischen Paladin erlauben, Böses mit dem Bogen niederzustrecken, oder einem Halbling‘schen Schurken ermöglichen mit der Schleuder mehr verheerenden, hinterhältigen Schaden anzurichten.

Das Ausrüstungskapitel ist überraschend gut gelungen. Es finden sich verschiedenartige Pfeilspitzen und neue modische Waffen wie beispielsweise der von der Katana angehauchte Elfische Zweihänder. Äußerst praktisch ist eine Tabelle mit Rüstungen, die mit bereits mit den neuen, im Buch vorgestellten Materialien zuzüglich Mithril modifiziert sind. Des weiteren wird allerlei Gerät vorgestellt, welches zum besseren Überleben in der Wildnis beiträgt, darunter auch stilvolle magische Rüstungen, die dem Träger Aspekte von Tieren übertragen. Abgerundet wird das Kapitel mit ein paar wenigen neuen Zaubern.

 

Wilde Kampagnen

Das letzte Kapitel befasst sich noch mit dem Spielleiter und weist Möglichkeiten und Ideen auf Kampagnen in der Wildnis zu meistern. Durch Verwendung von allerlei Tabellen lassen sich Begegnungen mit Elfen und Halblingen auswürfeln und erholsame Tage in der Natur verbringen. Einige tierische Gefährten geben ihr Stelldichein, allerdings sind die Möglichkeiten diese mit sich zuführen teilweise seltsam eingeschränkt. So kann ein Raptoran Druide ohne jegliche weitere Begründung einen majestätischen Schreckensfalken ab Stufe vier mit sich führen, alle anderen erst ab Stufe sieben. Abschließend werden noch einhundert Abenteuerideen aufgelistet über die sich jeder Spielleiter in Zeit- und Ideennot freuen dürfte. Andere dürfen über deren Nutzen streiten.

 

Fazit:

Das Races of the Wild wirkt sehr erfrischend auf die Wüste, die die „Complete“-Reihe hinterlassen hat. Der Fokus fällt für mich erfreulicherweise verstärkt auf Rollenspiel und nicht darauf, dass man seinen Charakter mit Unmengen an Prestigeklassen und Talenten „frisieren“ kann. Trotzdem bleiben diese Möglichkeiten, jedoch eben im bescheidenen Maße erhalten und dadurch, dass auf weniger Optionen geachtet werden muss, sind diese besser gestaltet. Die Informationen über die Völker sind insgesamt gut und das Halblingskapitel ist sehr ordentlich gelungen Da Angehörige dieses Volkes von mir am häufigsten gespielt werden, habe ich natürlich hohe Anforderungen gestellt, die allesamt erfüllt, beziehungsweise übertroffen wurden. Die Raptoraner sind allerdings etwas missraten, hier hätte meiner man Ansicht nach, da der Ansatz einer Abhängigkeit zum Luftelement gegeben ist, die Gesinnung auf böse legen sollen. Mischt man dazu ein furchteinflößenderes Äußeres, wie zum Beispiel das schwarzgraue Gefieder einer Krähe, hätte man zumindest als Spielleiter etwas womit man arbeiten kann. Bei den Drow funktioniert die Mischung aus schwarz, böse und einer unheimlichen Fähigkeit auch. Trotz einiger, weniger Schwachstellen ist dieses Buch eine absolute Kaufempfehlung, da es meiner Meinung nach alle Erwartungen erfüllt und darüber hinaus einen Schritt in die richtige Richtung darstellt.