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Unter dem Schirm des Jadekaisers – Quellenbuch KanThaiPanUnter dem Schirm des Jadekaisers
Bewertung:
(4.8)
Von: Kai Grass
Am: 14.01.2006
Autor:Isolde und Harald Popp
Typ:
System:Midgard
Setting:Midgard
VerlagPegasus Press
ISBN/ASIN:3-930635-91-7
Inhalt:304 Seiten, Hardcover
Sprache:Deutsch

Unter dem Schirm des Jadekaisers – Quellenbuch KanThaiPan

„Beginne am Anfang, fahre fort in der Mitte, höre auf am Ende.“ (Meister Li)

 

Vorab muss ich sagen, dass ich nicht zu den Fans gehöre, die lange auf das Erscheinen dieses Buches gewartet haben, denn ich bin kein besonderer Liebhaber von asiatischer Kultur in Fantasyrollenspielen. Trotzdem werde ich versuchen eine einigermaßen neutrale Rezension abzugeben.

 

Unter dem Schirm des Jadekaisers (SJ) ist ein umfangreiches Quellenbuch über die Provinz KanThaiPan, die den Fernen Osten der Midgardwelt darstellt. Im Folgenden werde ich es einer näheren Betrachtung unterziehen.

 

Äußeres:

Dieser Quellenband bringt es auf über 300 Seiten, die mit ihren Informationen auf den Leser warten. Standesgemäß ist es ein Hardcoverbuch im gewohnten und tadellosen Design der 4. Edition: farbiger Einband mit großem Titelbild, zweispaltiger Textsatz mit verzierten Rändern und vielen schwarz-weiß Abbildungen im Inneren.

Die Abbildungen sind allesamt von überzeugender Qualität und fügen sich harmonisch in das Gesamtbild ein.

Bei einem Werk dieser Dicke ist auch das Lesezeichenband gern gesehen.

 

Absolut umwerfend ist die beiliegende farbige Posterkarte von KanThaiPan. Auf festem, strukturierten Papier hat C. Wolf großformatig (ca. DINA1) die Region mit allen ihren wichtigen Städten und Verkehrwegen gemalt. In meinen Augen ist es die schönste Karte, die ich je als Beilage in einem Rollenspielbuch gesehen habe. Händler könnten gut daran tun, SJ nur eingeschweißt in ihrem Laden zu präsentieren ...

 

Inhalt:

Der Inhalt des teilt sich in 11 Kapitel. Allgemein läßt sich sagen, dass die Anleihen an der frühen Chinesischen Kultur in allen Aspekten unverkennbar sind. Dies geht bis zur direkten Übernahme des Yin-Yang-Prinzips.

 

Geschichte

 

Das erste Kapitel erzählt die Geschichte KanThaiPans von der überlieferten Gründung durch einen Gott, über unzählige Dynastien, die das Reich gespalten und wiedervereint haben, bis hin zur heutigen Öffnung des Reiches nach außen hin.

 

Die geschichtliche Darstellung ist in sich schlüssig und von einer Zeitleiste begleitet. Aufgelockert wird der Text durch gelegentliche Mythen und Sagen der entsprechenden Epochen. Insgesamt sind diese 16 Seiten eine gelungene Einführung.

 

Gesellschaft

 

Das zweite Kapitel beschreibt die verschiedenen Gesellschaftsschichten von KanThaiPan in jeweils kurzen Abschnitten. Angefangen von der regierenden Kaiserlichen Familie und den Schwarzen Adepten, die im Hintergrund die Macht ausüben, über die im Fernen Osten großes Ansehen genießenden Beamten und Gelehrten hin zu den Kriegern, um schlußendlich beim Volk bestehend aus Bauern, Handwerkern und Kaufleuten zu enden. Dem untergeordnet sind dann noch die Frauen, die im öffentlichen Leben kaum Rechte genießen.

 

Dem Recht und dem Gesetz widmet sich dann auch der nächste Abschnitt. Nach der Auflistung einiger technischen Errungenschaften wie Flugapparaten bilden nicht weniger als 11 Geheimgesellschaften den Abschluss des Gesellschaftsüberblicks.

 

Auch dieses Kapitel kann durchaus als gelungen bezeichnet werden. Persönlich sehe ich besonders die Flugapparate als eine interessante Neuerung an.

 

Glaube und Mystik

 

Die folgenden 24 Seiten sind ganz der fernöstlichen Mystik verschrieben und führen von Yin und Yang über die Götter und Glaubensrichtungen bis hin zum Erreichen der Unsterblichkeit.

 

In diesem Kapitel überwiegen die Übernahmen der chinesischen Philosophien von Budhismus bis Taoismus. Darüber hinaus wird kaum etwas interessantes geboten.

 

Sitten und Gebräuche

 

Die Sitten der Bewohner KanThaiPans sind fußen auf ihrer Geisteshaltung – dem Streben nach innerer und äußerer Harmonie. Hiervon ausgehend wird Bezug auf Heilkunde, Kleidung, Essen und Spiele genommen. Auch Geburt, Ehe und Tod werden aus der Sicht der KanThai beleuchtet. Eine wichtige Rolle im Leben spielt auch der Handel und die Reise im Land.

 

Obwohl auch hier die Parallenen mehr als offensichtlich sind, liegt der Schwerpunkt dieses Kapitels mehr auf der spieltechnischen Umsetzung, welche sehr gut gelungen ist.

 

Land

 

Unabdingbar für einen Quellenband ist die ausführliche Beschreibung der Geographie und der Orte des Landes. Dies wird in gut strukturierter Form auf den nächsten 20 Seiten nachgeholt.

 

Erwähneswert sind in diesem Abschnitt die fünf ganzseitigen Abbildung, die Grundrisse von für die Region typische Tempel und Häuser zeigen. Im Gegensatz zum Kapitel über die Mystik hätte dieser Abschnitt ruhig etwas länger sein können. So wird dem Spielleiter noch viel Freiraum gelassen, KanThaiPan mit seinen Ideen zu füllen.

 

Abenteurer

 

Dieses Kapitel gibt alle notwendigen Informationen über die Einbindung der Abenteurertypen in die fernöstliche Welt. Besonders Zauberer- und Priestertypen müssen dabei natürlich der Philosophie angepaßt werden. Im Folgenden werden 50 Figuren vorgestellt, die als Nichtspielercharaktere oder als Inspiration für Spielerfiguren gleichermaßen dienen können. Als neue Typen werden die DokuUba (Gifthexe), FuschiHata (Priester), KiDoka (Meister im waffenlosen Kampf), NinYa (Assasine) und XueDsche (Gelehrter) eingeführt.

 

Gerade bei den neuen Abenteurertypen bekommt man das, was man bei einem Rollenspielbuch über ein fernöstlichen Land erwarten würden. Wäre doch auch schlimm ohne Ninyas und waffenlos kämpfende Mönche. Spieltechnisch sind die neuen Typen gut durchdacht und problemlos anwendbar.

 

Fertigkeiten

 

Natürlich dürfen auch besondere kanthanische Fertigkeiten nicht fehlen. Hier findet sich von Meditation, dem Wissen über Feng Shui, diversen Kampfkünsten (allen voran KiDo, dazu später mehr) alles bis hin zur korrekten Ausführung der Teezeremonie.

 

Auch dieses Kapitel ist spielmechanisch tadellos gelungen.

 

KiDo

 

Dieses Kapitel widmet sich ausführlich dem in Klöstern von Lehrmeistern unterrichteten Kampfstil, der zumeist Waffenlos oder mit exotischen, dem Bauernalltag entlehnten Waffen durchgeführt wird und auf die innere Stärke des Kriegers, das Ki zurückgreift.

 

Abhängig von Schule und Waffe können verschiedenen Fähigkeiten gelernt werden, die im Spiel zauberähnliche Effekte haben. Der Einsatz dieser Fähigkeiten kosten den Charakter eine vorgegebene Zahl von AP (0-6). Insgesamt werden ungefähr 100 solche Fähigkeiten in den Kategorien Angriff, Verteidigung und allgemeiner Körperbeherrschung vorgestellt. Abschließend werden die 17 verschiedenen Schulen des KiDo vorgestellt.

 

Dieses Kapitel ist sowohl umfangreich als auch gut strukturiert und erläutert. Das KiDo-System lässt sich gut in das bestehende Kampfsystem eingliedern. Durch die AP Kosten werden KiDo-Kämpfer auch nicht spürbar stärker als herkömmliche Kämpferfiguren.

 

Magie

 

Magie wird in KanThaiPan bis auf wenige Ausnahmen nur im Verborgenen ausgeübt. Eine dieser Ausnahmen sind die schamanistischen Dorfpriester oder Wanderprediger, die kleine Wundertaten beherrschen. Aber auch im Versteckten konnten sich eine Vielzahl neuer Zauberformeln und –tänze entwickeln, die in diesem Kapitel aufgelistet sind.

 

In dem Bereich der Thaumaturgie lassen sich auch die magischen Schriftzeichen und Zaubermittelchen aus Kräutern und Drogen einordnen. Nach magischen Waffen und Artefakten bilden Kanthanische Feuerwerkskörper und Explosivwaffen den Abschluss dieses Kapitels.

 

In Silvesterlaune fand ich besonders diesen Abschnitt sehr reizvoll zu lesen, aber auch die vorgestellten Zauber wissen zu überzeugen.

 

Waffen

 

In diesem Kapitel findet man alle fernöstlichen Waffen wieder: Bo, Katana, Shuriken und auch sonst alles. Zu nahezu jeder Waffe findet sich eine Abbildung und eine ausführliche Beschreibung über ihren Einsatz im Spiel.

 

Dieses Kapitel enthält nichts Besonderes, aber das enthaltene erfüllt alle Erwartungen in tadelloser Form.

 

Bestiarium

 

Keine fremden Welten ohne fremde Kreaturen. Die gut 40 vorgestellten Wesen sind der asiatischen Mythologie entnommen oder dieser angelehnt und überspannen dabei alle Grade von 1 bis 20. Die Darstellung entspricht der aus dem Bestiarium.

 

Obwohl natürlich auch einige wohlbekannte Wesen in KanThaiPan anzutreffen sind, ermöglichen erst diese einzigartigen Kreaturen das Gefühl von einer gänzlich anderen Welt zwischen den KanThaiPan begrenzenden Berghöhen.

 

Anhang

 

Der Anhang enthält die Lehrpläne zur Erschaffung stimmiger kanthanischer Abenteurer der verschiedensten Typen, eine Übersicht über das Lernen und Verbessern der neuen Fertigkeiten und einen Überblick über die neuen Waffen und KiDo-Techniken. Den Abschluss bildet wie immer ein alphabetischer Index, der die wichtigsten Stichworte enthält.

 

Fazit:

 

Unter dem Schirm des Jadekaisers ist ein ausgezeichnetes Quellenbuch, welches meines Erachtens nach alle Erwarten erfüllen sollte. Mit wenigen Abstrichen kann das Buch inhaltlich und auch formal überzeugen. Nach dem Studium der prallgefüllten Seiten hat ein ambitionierter Spielleiter mehr als genug Material für eine interessante Reise seiner Gruppe in den Fernen Osten Midgards. Genau genommen hat er genug Material für Kampagnen, die einzig und allein in dieser Region spielen.

 

Ich würde – wenn schon asiafantasy – diesen Ansatz bevorzugen, da Fremde es doch sehr schwer in der gewachsenen Tradition KanThaiPans haben könnten. Aber vielleicht ist das ja auch gerade der Reiz.

 

Kurzum, mit SJ bekommt man ein umfangreiches Midgardquellenbuch über eine fernöstliche Kultur, welches kaum Wünsche offenläßt. Die wunderbare Farbkarte trägt ihr übriges dazu bei, dass ich trotz meiner Ablehnung gegenüber des Themas ansich, guten Gewissens eine hohe Note vergeben kann.