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Der Eiserne Thron
Bewertung:
(4.7)
Von: G. Gurray, P. Pricken
Alias: Talamar, Berandor
Am: 28.02.2006
Autor:Christian T. Petersen
Typ:
System:Fantasy-Brettspiel für 3 bis 5 Spieler
Setting:Westeros (Lied von Eis&Feuer-Welt)
VerlagHeidelberger Spieleverlag
ISBN/ASIN:Artikelnr.: HE052
Inhalt:Große Farbkarte, 70 Spielkarten, 198 Pappmarker, 200 Spielfiguren aus Holz, Anleitung, FAQ/Errata
Sprache:Deutsch

Der Eiserne Thron

Die englische Version des „Der Eiserne Thron“-Brettspiels wurde bereits von Berandor vor einiger Zeit getestet und rezensiert (Rezi findet ihr hier). Da das Spiel in der deutschen Übersetzung sich nicht geändert hat, habe ich die Inhalts- uns Regelbeschreibungen von Berandor übernommen und gehe nur auf die Übersetzung ein und habe die Meinungen von Berandor gegen meine eigene Meinungen und Erfahrungen mit diesem Spiel ausgetauscht.

 

Erster Eindruck

Das Spielbrett ist eine sehr schön gearbeitete Faltkarte des Kontinents Westeros, in dem die Bücher spielen. Städte, Grenzen, und alle übrigen Infos sind sehr übersichtlich auf der Karte dargestellt. Am Rand des Spielfelds befinden sich der Rundenzähler, die Versorgungsleiste sowie die Einflußleiste, allesamt grafisch sehr ansehnlich. Am oberen Ende der Karte ist noch der Truppenzähler für die Wildlinge untergebracht.

Die Markierungsplättchen, die in diesem Spiel gebraucht werden, sind ebenfalls aus dicker Pappe hergestellt. Sie lassen sich sehr gut aus dem Vordruck lösen. Jedes Adelshaus hat eigene Plättchen, die auf einer oder beiden Seiten mit dem Schild des jeweiligen Hauses und der Spielfarbe versehen sind. Die vier verschiedenen Plättchen haben alle unterschiedliche Formen, was die schnelle Unterscheidung erleichtert (Einflußplättchen sind kleine Schilde, Befehlsplättchen sind rund, das Versorgungsplättchen ist ein kleines Faß, und die Counter für den Status sind sechseckig). Während die meisten dieser Counter ziemlich gut in die dafür vorgesehenen Fächer der "Bank" passen, sind die Einflußplättchen ein wenig zu klein. Auch ist es nicht immer einfach, die letzten Counter aus der Bank heraus zu holen, weshalb ich empfehle, alle Plättchen vor dem Spiel am Tisch bereit zu legen.

Es gibt noch einige zusätzliche Counter: Den Rundenzähler (eine Sanduhr), den Truppenzähler für die Wildlinge (ein Mammut), sowie drei große (und ich meine große) Marker, die den Eisenthron, das Schwert der Könige und den Raben symbolisieren (und dementsprechend genau so aussehen).

Die Spielsteine, die als Truppen fungieren, sind aus einfachem Holz gemacht. Auf den ersten Blick wirken sie unscheinbar, da einfarbig, aber sie sind dafür sehr widerstandsfähig und fallen nicht um.

Des weiteren gibt es 35 Figurenkarten, 5 Hauskarten und 30 Ereigniskarten (3x 10). Die Hauskarten kennzeichnen die Startgebiete und den anfänglichen Status der Adelshäuser, die um den Thron von Westeros streiten, und die Figurenkarten sind besondere Figuren, die in der Schlacht das Glück wenden können. Die Karten sind mit wirklich ausgezeichneten Illustrationen versehen, ein Augenschmaus.

Schließlich sind in der Box noch eine zwanzigseitige farbige Anleitung enthalten, sowie ein Blättchen, daß häufig aufkommende Fragen beantwortet.

 

Spielbrett & Zubehör

Die Regeln

Die Regeln sind grundsätzlich einfach genug, daß man sie nach der ersten Spielrunde (ein Spiel ist in zehn Runden á drei Phasen aufgeteilt) verstanden hat, aber doch pfiffig genug, um eine Vielzahl von Finessen und Raffinessen zu ermöglichen. Das Spiel ist für fünf Spieler ausgelegt, es gibt jedoch Sonderregeln, um ein Spiel zu dritt oder zu viert zu ermöglichen.

In der ersten Phase werden Ereigniskarten aufgedeckt, die für die aktuell in Westeros herrschende Situation steht. Dies ist ein willkommenes Element des Zufalls. Nur mit dem richtigen Ereignis werden neue Truppen ausgehoben, der Versorgungsstand überprüft, oder z.B. der Verteidigungsbefehl unwirksam gemacht. Manche Karten erhöhen die Truppenstärke der Wildlinge, und eine Karte bringt sie aus ihren Unterschlupfen und läßt sie angreifen. Die vielen Möglichkeiten, wie diese Ereigniskarten das Spiel verändern, läßt wohl nur selten zwei Spiele gleich ausfallen. Was nützt einem alle mögliche militärische Macht, wenn man keine Truppen ausheben kann?

Die Zweite Phase ist die Befehlsphase. Nun gibt jeder der Spieler allen seinen Truppen verdeckte Befehle, aus einer Auswahl von fünf Möglichkeiten: Sie können den Trupp vorrücken (und angreifen), sich verteidigen, einen anderen Trupp unterstützen, ein Nachbarfeld plündern, oder einfach nur Macht sammeln lassen. Alle Spieler drehen gleichzeitig die Befehlskarten um, damit alle sehen, was in der dritten Phase geschehen wird.

Phase drei ist die Aktionsphase. Nach der im Statusfeld angegebenen Reihenfolge beginnt nun der erste Spieler, und führt einen Befehl aus. Dann kommt der zweite Spieler, dann der dritte, irgendwann wieder der erste Spieler, mit seinem zweiten Befehl, usw. Dabei werden zuerst alle Befehle zum Plündern ausgeführt, dann alle Marschbefehle, und schließlich die Befehle, Macht anzusammeln (Unterstützung und Verteidigung sind reaktive Befehle, die automatisch passieren). Durch die Abfolge der Aktionen ist die dritte Phase enorm spannend und flexibel. Schließlich kann man kurzfristig entscheiden, wen man denn Plündern will, wohin man seine Truppen ziehen lassen will (und ob man sie dabei aufteilt, oder einen Teil zurückläßt), usw. Mit der letzten Aktion endet die dritte Phase, und eine neue Runde beginnt.

 

Sonderregeln: Versorgung

Die Versorgungsleiste bestimmt im Spiel, wie viele Armeen man unterhalten kann. Dabei unterscheidet das Spiel zwischen Trupps (Einheiten, die nur aus einem Spielstein bestehen), und Armeen (von zwei oder mehr Steinen). Trupps benötigen keine Versorgung, sie leben vom Land. Armeen müssen aber versorgt werden. Die Menge an Truppen ergibt sich aus der Menge an Landstrichen, die man unter Kontrolle hat, die ein entsprechendes Versorgungssymbol aufweisen. Allerdings wird die Versorgungsleiste nur dann aktualisiert, wenn das entsprechende Ereignis gezogen wird. So kann man eine Zeitlang unter oder über seinen Verhältnissen agieren. Im Spiel darf man niemals über die in der Versorgungsleiste angegebene Truppenstärke kommen. Überzählige Einheiten werden vernichtet. Besonders nach einer verlorenen Schlacht kann das gefährlich werden.

 

Sonderregeln: Wildlinge

Wenn die Wildlinge losziehen, haben sie eine Stärke zwischen 2 und 12. Nun müssen alle Spieler verdeckt Einflußkarten abgeben. Insgesamt müssen so viele Einflußkarten zusammen kommen, wie Wildlinge angreifen, um sie zurück zu schlagen. Gelingt es, bekommt der Spieler, der den meisten Einfluß aufgewandt hat, einen kleinen Vorteil. Mißlingt es aber, müssen alle Spieler 2 Einheiten abgeben (im Kampf gegen Wildlinge gefallen), und der Spieler, der am Wenigsten Einfluß gegeben hat, noch einmal zwei. Da wird das Pokern zum Riesenspaß.

 

Sonderregeln: Statusleiste

Der Rangfolge eines jeden Adelshauses, das man als Spieler übernehmen kann, wird in drei Leisten gemessen.

Die erste Leiste kennzeichnet die Nähe zum Thron aus; je näher man am Eisernen Thron ist, desto rechtmäßiger scheint der eigene Anspruch darauf. Der Führende in der Rangfolge bekommt eine Pappkarte mit dem Eisenthron darauf. Er kann nun bei jedem Unentschieden entscheiden, wer das Patt gewinnt (mit Ausnahme von Unentschieden im Kampf). Dies ist eine sehr nützliche Fähigkeit, da bei verdecktem Einsatz von Einfluß immer wieder mal gleiche Anzahlen gesetzt werden.

Die zweite Leiste steht für Motivation und Treue des Heeres; der Führende erhält entsprechend einen Marker für das "Schwert der Könige". Bei Unentschieden im Kampf gewinnt jeweils das Heer, das vor dem gegnerischen auf dieser Leiste steht. Der Besitzer des Schwertes kann zudem einmal pro Runde, nachdem alle anderen Kampfwerte bestimmt sind, sich selbst einen Bonus auf den Kampfwert geben, um die Schlacht für sich zu entscheiden.

Die dritte Leiste bezeichnet die verdeckte Macht bei Hofe, die Spione und Gefallen, die man einfordern kann. Je weiter oben man in der Rangliste steht, desto mehr besondere Befehle kann man verteilen (diese besonderen Befehle sind etwas besser als die üblichen, gewähren z.B. einen höheren Bonus oder erlauben, zwei Felder zu plündern). Der Erste erhält zudem den Raben, ein Marker, der es ihm erlaubt, nach dem Aufdecken der Befehle noch einen Befehl bei sich zu ändern - ebenfalls sehr nützlich.

 

Der Kampf

Der Kampf ist bei diesem Spiel noch sehr wichtig. Für seine Kampfstärke zählt man seine Truppen und die womöglich unterstützenden Truppen zusammen, zzgl. etwaiger Modifikationen durch Befehlskarten. Dann kann man noch eine Karte legen. Diese Karten sind mit Figuren aus dem Buch illustriert (in angesprochener Qualität) und können den Truppenwert erhöhen, bringen aber noch andere Vorteile. Manche Karten ermöglichen es, bei einem Sieg gegnerische Einheiten zu vernichten - andere verhindern dies -, aber manche haben auch ganz spezielle Fähigkeiten, wie z.B. die Stärke von Fußtruppen zu erhöhen oder unterstützende Einheiten nicht zu werten. Alles in allem bringen diese Karten eine gehörige Portion Taktik ins Spiel. Jedes Haus hat sieben solcher Karten, und ist eine gespielt wird sie abgelegt. Erst, wenn alle Karten gespielt wurden, kann man sie alle wieder auf die Hand nehmen. Man hat also immer mindestens eine Figur, die man spielen kann.

 

Drei und vier Spieler

Grundsätzlich spielen fünf Adelshäuser um den Thron mit. Wer welches Haus spielt, wird dabei verdeckt ermittelt. Wenn nun nur drei oder vier Spieler teilnehmen, werden entsprechende Häuser nicht verteilt sondern werden zu freien Truppen (es gibt noch andere freie Truppen im Spiel). Diese bewegen sich nicht und werden einfach geschlagen, indem man entsprechend starke Truppen ins Feld schickt. Freie Truppen spielen keine Karten.

 

Spielbarkeit

Wie also spielt sich "Der Eiserne Thron"? Der geschickte Mix aus Taktik, Strategie und reinem Glück begeistert selbst so Anti-Strategen wie mich recht schnell. Die Ereignisse, Statusmarker und Spielkarten bringen eine Ungewißheit ins Spiel, ohne überlegte Handlungen völlig zu entwerten. Besser gesagt: im Spielverlauf ändert sich die Situation sehr schnell, aber das Spiel bietet dem Spieler die nötige Flexibilität, darauf zu reagieren.

Die Drei-Spieler-Variante ist dabei am wenigsten zu empfehlen, da sich das Spielfeld dann doch als recht groß erweist, und man lange Zeit ungestört Macht ansammeln kann. Auch passiert es immer leicht, daß sich zwei Spieler bekriegen, und der dritte sich letztendlich freuen kann. Ab vier Spielern geht es aber richtig los. Die Spielzeit liegt zwischen zwei und drei Stunden.

 

Übersetzung & Qualität

Die Übersetzung der deutschen Version durch den Heidelberger Spieleverlag ist auf jedenfall professionell umgesetzt worden. Die komplexen, aber dennoch einfach zu verstehenden Regeln, wurden sehr gut übersetzt und sind leicht zugänglich. Auch hier hat man den Dreh sehr schnell raus. Dabei wurde auch gute auf bestimmte Termini geachtet, die Westeros als einzigartige Welt definieren. Eigentlich gibt es dazu nicht viel mehr zu sagen, denn einen Grund zum meckern habe ich an dieser Übersetzung nicht entdecken können. Die Qualität des Spiels steht der englischen Version in nichts nach und ist eben so professionell gefertigt, wie das Original.

 

Fazit:

Ich war Anfangs recht skeptisch, was dieses Brettspiel anging. Zum Einen mag ich die Buchreihe von George R.R. Martin sehr und halte sie für eine der besten Fantasy-Werke, die je durch die Druckmaschinen gegangen sind, zum anderen aber, habe ich eher eine Abneigung gegenüber zu strategischen Spielen, vor allem, wenn sie eine längere Spielzeit als 60-90 Minuten haben. Doch ich wurde sehr positiv überrascht. Schon nach der ersten Runde war ich begeistert von diesem Spiel, denn es bietet tatsächlich einen gesunden Mix aus Strategie, Glück und Taktik. Auch adhoc und situatives Spielen sind Elemente, die in dieses Brettspiel Einfluß gefunden haben. Das Spiel ist einfach stimmig und dabei auch noch hervorragend optisch gestaltet. Allein schon die schönen Illustrationen (FFG hat da einfach ein Händchen für) sind grandios. Die Regeln sind zwar komplex, aber leicht zugänglich, was ein weiterer Pluspunkt ist. Die deutsche Übersetzung ist ebenfalls hervorragend gelungen und bringen den Westeros-Flair sehr gut rüber. Der Wiederspielfaktor von „Der Eiserne Thron“ ist hoch, selbst ich bin weiteren Partien nicht abgeneigt, zumal der Abwechslungsreichtum recht hoch ist. Der Preis von ca. 39,90 € erscheint erst einmal hoch, ist aber bei der Fülle an enthaltenem Material durchaus gerechtfertigt.

 

Info:

In Kürze erscheint auch die erste Erweiterung zum Spiel in Deutsch, die den Namen „Thronkriege“ trägt und im März verfügbar sein sollte. Eine weitere Expansion ist bei FFG bereits angekündigt. Diese wird „Storm of Swords Expansion“ heißen und im April 2006 erscheinen. Wann eine deutsche Version kommt ist noch nicht bekannt. Was diese Add-Ons mit sich bringen, erfahrt ihr dann zu gegebener Zeit.

Außerdem gibt es noch reichlich Material auf der Webseite vom Heidelberger Spielerverlag (siehe Infobox) und auch auf der von Fantasy Flight Games.